Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) den §39 Absatz 1 SGB V neu gefasst und das Wort „stationsäquivalent“ an einschlägigen Stellen ergänzt. Die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung (StäB) ist eine Krankenhausbehandlung im häuslichen Umfeld durch mobile fachärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams. Sie entspricht hinsichtlich der Inhalte, Flexibilität und Komplexität einer vollstationären Behandlung. Seit Januar 2018 kann StäB in Fachkrankenhäusern eingeführt werden. Die StäB kommt zum Einsatz, wenn auf diese Weise das Therapieziel am ehesten zu erreichen ist oder man Erkrankte erreicht, die sonst nicht in die Psychiatrie gekommen wären, weil vielleicht Kinder oder Haustiere zu versorgen sind. Auch stellen chronisch Erkrankte mit häufiger Hospitalisierung und gerontopsychiatrische Patientinnen und Patienten Zielgruppen dar, da sie für die Behandlung nicht aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen werden müssen. Nach erfolgreichen Verhandlungen mit der DKV stehen seit April dieses Jahres 19 Plätze in der LWL-Klinik Dortmund für STäB zur Verfügung. Im ZfP Südwürttemberg wurde bereits im Jahr 2017 eine Bedarfsanalyse durchgeführt. Aktuell können im ZfP an 4 Standorten insgesamt 15-28 Patient*innen in StäB behandelt werden. Seit Mitte des letzten Jahres behandelt ein multiprofessionelles Team bestehend aus Ärzten, Pflegefachkräften, Physiotherapeuten und Sozialarbeitern der Hochschulklinik Psychiatrie und Psychotherapie an der Immanuel Klinik Rüdersdorf Menschen in einer akuten psychischen Krise im häuslichen Umfeld. Am Helios Park-Klinikum Leipzig stehen primär psychisch schwer erkrankte ältere Menschen im Fokus des stationsäquivalenten Behandlungsangebotes. Im Rahmen des Symposiums stellen diese 4 Kliniken erste Erfahrungen mit diesem Versorgungsmodell vor.
StäB im ZfP Südwürttemberg: Wo stehen wir?
Gerhard Längle, Zwiefalten (Germany)
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Autor:in:
Gerhard Längle, Zwiefalten (Germany)
Einführung:
StäB ist seit Jahresbeginn 2018 gesetzlich leistbar und in den Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie (ZfP Südwürttemberg) sowie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Reutlingen (PP.rt) seit Beginn an in das Behandlungsangebot integriert. Diese innovative Form aufsuchender Behandlung stellt alle Beteiligten immer wieder vor neue Herausforderungen. Bis heute können wir bereits auf Erfahrungen mit über 500 behandelten Patient*innen an sechs Standorten in dem neu etablierten Behandlungssetting zurückgreifen und somit einen Überblick über den aktuellen Umsetzungsstand geben.
Methode:
Hierzu erfolgt eine Beschreibung des Patientenkollektivs sowie auch der Intensität der Behandlung. Ebenso wird die Strukturierung der Versorgung und auch die Finanzierungs- und Verhandlungssituation thematisiert.
Ergebnis/Diskussion:
Entgegen anfänglicher Befürchtungen zeigt sich, dass auch schwer kranke Patient*innen stationsäquivalent behandelt werden. Es zeichnet sich eine breite Streuung im Diagnosespektrum ab, was die Anforderungen an die generalistisch ausgebildeten Teams weiter erhöht. An ersten Standorten entstehen daher fachspezifische StäB-Teams, um eine bestmögliche Versorgung gewährleisten zu können. Auch der kontinuierliche Ausbau an Behandlungsplätzen in StäB unterstützt diesen Ansatz. Innerhalb der Teams wird eine zunehmende multiprofessionelle Zusammensetzung beobachtet. Spezialtherapeuten übernehmen inzwischen rund 21% der Kontaktzeit und immer mehr Fachbereiche werden in die Behandlung einbezogen.
Zusammenfassung:
Erste Erfahrungen zeigen, dass StäB in den unterschiedlichsten Strukturen machbar ist und neue bislang unversorgte Patient*innen erreicht werden können. Trotz eines erhöhten organisatorischen Aufwandes den die Bildung neuer Teams oder die Änderung vorhandener Strukturen erfordern, zeigt sich StäB als lohnend. Dies bestätigen auch Ergebnisse erster Zufriedenheitsbefragungen, wozu bereits verschiedene Forschungsprojekte begonnen wurden.
StäB im Aufbau – welche Hürden müssen für die Behandlung im häuslichen Umfeld genommen werden?
Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
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Autor:innen:
Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
Thomas Herzog, Leipzig (Germany)
Als die erste Einrichtung in Sachsen hält die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Parkklinikums Leipzig seit April 2019 ein stationsäquivalentes Behandlungsangebot explizit für Menschen im höheren Lebensalter und schweren psychiatrischen Erkrankungsverläufen vor. Damit wird dem spezifischen Versorgungsbedarf älterer Menschen, die in Notfall- und Krisensituationen einer stationären Behandlung bedürfen, im häuslichen Umfeld der Betroffenen entgegengekommen. Bislang konnten zumeist ausgesprochen positive Erfahrungen mit den Betroffenen, ihren Angehörigen, anderen Akteuren aus dem komplementären Versorgungssystem, aber auch den beteiligten Kolleg/innen innerhalb der Klinikstruktur und den bisherigen Bezugssystemen gemacht werden. Im Vortrag sollen Hürden und Barrieren sowohl hinsichtlich inhaltlicher Schwerpunkte mit dieser spezifischen Patientengruppe, als auch administrative und organisatorische Herausforderungen für Personal, Klinikstruktur und –träger vorgestellt werden. Ebenso soll die Diskussion Raum für Perspektiven zu StäB allgemein, aber auch im Hinblick auf spezifische Patientengruppen oder geographisch-versorgungspolitisch relevante Regionen geben.