Körperliche Erkrankungen sind in einem hohen Maß mit psychischen Störungen assoziiert. Die interdisziplinäre Diagnostik und Therapie und Langzeitprobleme von Komorbiditäten stellen immer noch eine große Herausforderung dar. Menschen mit chronisch verlaufenden psychischen Erkrankungen haben eine um viele Jahre reduzierte Lebenserwartung, was u.a. an der später gestellten Diagnose und einer insgesamt schlechteren Behandlung der körperlichen Erkrankungen liegt. Umso wichtiger ist es für die Psychiater, auch Funktionen im Bereich Gesundheitsmanagement für den psychiatrischen Patienten zu übernehmen. Das Symposium möchte sich aktuellen Erkenntnissen der Schnittstellenproblematik und den wechselseitigen Beziehungen zwischen somatischen und psychischen Erkrankungen widmen. Zunächst soll anhand lehrreicher Fälle aus interdisziplinären Notaufnahmen der Link zwischen der Notwendigkeit der ersten Differentialdiagnostik und möglicher Fallstricke hergestellt werden. In diesem Zusammenhang erfolgt die Vorstellung der nationalen und internationalen Datenlage mit den wichtigsten Empfehlungen für die psychiatrische Notfalldiagnostik und Behandlung der „American Association for Emergency Psychiatry Task Force on Medical Clearance of Adult Psychiatric Patients“. Im Weiteren werden Daten zu dermatologischen Problemen und psychischen Störungen aus der Zusammenarbeit einer großen universitären Hautklinik mit der Psychiatrie vorgestellt. In den letzten Jahren häufen sich Erkenntnisse, dass akute oder chronische Infektionserkrankungen mit Depressionen bis hin zu plötzlichen Suizidversuchen assoziiert sind. Akute und langfristige psychische Folgen bei Entzündungsprozessen im Körper mit pathophysiologischen Modellen und Therapieansätzen werden diskutiert. In einem vierten Vortrag über somatische Erkrankungen bei Menschen mit dementiellen Syndromen sollen diagnostische Probleme sowie wichtige wechselseitige Einflüsse auf psychische und kognitive Funktionen dargestellt werden.
Medical Clearance psychiatrischer Patienten in der Notaufnahme – gelebte Praxis?
Heribert Kirchner, Haltern am See (Germany)
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Heribert Kirchner, Haltern am See (Germany)
Die zunehmende Veränderung in vielen Allgemeinkrankenhäusern hin zu Zentralen Notaufnahmen hat einen Wandel in der Versorgung von psychiatrischen Notfallpatienten nach sich gezogen. In dieser Schnittstelle zwischen präklinischem und stationärem Setting stellt der psychiatrische Patient vor dem Hintergrund der Fallzahlentwicklung der letzten 10 Jahre und dem konsekutiven Risiko vereinzelt auftretender „Overcrowdszenarien“ eine besondere Herausforderung dar. Ein essentieller Baustein in der richtigen fachlichen Zuordnung des Notfallpatienten ist die Triage. Hier gilt es besonders, den Fokus auf mögliche organische Ursachen primär psychiatrisch imponierender Syndrome zu legen.
In diesem Zusammenhang soll anhand ausgewählter lehrreicher Fälle aus interdisziplinären Notaufnahmen der Link zwischen der Notwendigkeit der ersten Differentialdiagnostik und möglicher Fallstricke hergestellt werden. Aus diesem Grund erfolgt die Vorstellung der nationalen und internationalen Datenlage der Versorgungsrealität des psychiatrischen Patienten in Zentralen Notaufnahmen. Angelehnt an die „American Association for Emergency Psychiatry Task Force on Medical Clearance of Adult Psychiatric Patients“ werden abschließend die wichtigsten Empfehlungen für die psychiatrische Notfalldiagnostik und Behandlung dargelegt.
Somatische Erkrankungen bei Demenz: ein interdisziplinäres Problem
Tillmann Supprian, Düsseldorf (Germany)
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Tillmann Supprian, Düsseldorf (Germany)
Menschen mit Demenz können infolge ihrer kognitiven Störungen bei der Behandlung somatischer Erkrankungen im Vergleich zu kognitiven gesunden Menschen benachteiligt sein. So kann es im Zusammenhang mit demenz-typischer Anosognosie und Ablehnung von medizinischer Behandlung dazu kommen, das behandlungsbedürftige körperliche Erkrankungen nicht rechtzeitig diagnostiziert bzw. therapiert werden. Die Verzögerung der Diagnosestellung kann negative Folgen für den weiteren Behandlungserfolg haben. Nicht selten werden bei Menschen mit Demenz, die in gerontopsychiatrische Behandlung kommen, bis dahin unentdeckte somatische Erkrankungen festgestellt, welche weitere medizinische Maßnahmen aus ärztlicher Perspektive erforderlich machen. Hier ergibt sich ein ethisches Spannungsfeld für die interdisziplinäre Zusammenarbeit: nicht alles was medizinisch machbar ist, kann auch umgesetzt werden. Die Entscheidung zur Therapiebegrenzung ist Folge eines komplexen Abwägungsprozesses, in welchen die Betroffenen und ihre Angehörigen maßgeblich involviert werden müssen.