In den ambulanten, teil- und stationären Bereichen der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung werden immer wieder Menschen beschrieben, die aufgrund verschiedener Faktoren nicht oder nur unzureichend von den bestehenden Behandlungs- und Unterstützungsangeboten profitieren. Häufig zeichnen sich die Betroffenen durch multiple psychische Störungen und komplexe Hilfebedarfe aus. In der Literatur werden diese PatientInnen unter dem „Hard-to-reach-Begriff“ zusammengefasst. Das Symposium soll sich dieser besonderen Zielgruppe zuwenden, aktuelle Versorgungsproblematiken beschreiben und adäquate Handlungsstrategien aufzeigen. Lisa Große und Karsten Giertz geben einen Überblick zum Forschungsstand der „Systemsprenger-“, Heavy-user-Problematik sowie Wohnungslosenforschung und zeigen Konsequenzen für die psychosoziale und sozialpsychiatrische Praxis auf. Gunter Groen und Astrid Jörns-Presentati widmen sich der Gruppe der psychosozial belasteten Kinder und Jugendlichen. Sie präsentieren die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Grenzgänger“, das Schnittstellenprobleme und gelingende Kooperationsstrukturen zwischen Kinder- bzw. Jugendpsychiatrie und Kinder- bzw. Jugendhilfe in den Fokus nimmt. Barbara Bräutigam beschäftigt sich mit den Forschungsstand und den Zugangsbarrieren niedrigschwelliger psychosozialer Interventionen für geflüchtete Menschen. Ausgehend von qualitativ gewonnenen Erkenntnissen wird ein Einblick in die Themenvielfalt und das Erleben der Beratungsprozesse aus der Perspektive der KlientInnen gegeben. Anschließend werden gelingende bzw. misslingende Faktoren bei Beratungsprozessen dargestellt, mit dem Ziel, die Zugangsmöglichkeiten und die Qualität des Angebotes zu verbessern. Abschließend stellt Viola Balz erste Ergebnisse einer Studie zur psychischen Gesundheitskompetenz von Migrant_innen in Sachsen dar, skizziert Hilfevorstellungen der Zielgruppe und gibt einen kurzen Einblick in die Entwicklung eines kompetenzorientierten Peer-Schulungskonzeptes.
Hard-to-reach-Patienten und -Klienten
Karsten Giertz, Berlin (Germany)
Lisa Große, Dresden (Germany)
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Autor:innen:
Karsten Giertz, Berlin (Germany)
Lisa Große, Dresden (Germany)
Die psychiatrische Versorgungslandschaft veränderte sich im Zuge der Auflösung der psychiatrischen Großanstalten durch die Psychiatrie-Enquete grundlegend. Der Ausbau des sozialpsychiatrischen Unterstützungssystems ermöglichte die Entstehung von ausdifferenzierten und spezialisierten Einrichtungen, welche auf den individuellen Bedarf der KlientInnen und PatientInnen ausgerichtet sind. Trotz dieser positiven Entwicklung wird immer wieder ein Personenkreis beschrieben, welcher aufgrund von schweren psychischen Störungen, multiplen Problemlagen, einem komplexen Hilfebedarf und verändertem Hilfesuchverhalten nicht oder nur unzureichend von den bestehenden Behandlungs- und Unterstützungsangeboten profitiert. In der Literatur wird dieser Personenkreis unter dem „Hard-to-reach-Begriff“ zusammengefasst. Der Vortrag von Karsten Giertz und Lisa Große geht auf den „Hard-to-reach-Begriff“ näher ein und verdeutlicht diesen anhand von Praxisbeispielen aus der ambulanten sozialpsychiatrischen Beratung. Im Anschluss wird ein Überblick über die aktuelle psychiatrische Versorgungsforschung zu "Hard-to-reach-PatientInnen" gegeben und Ergebnisse aus der psychiatrischen Obdachlosenforschung sowie der Forschung zur „Heavy-user-Problematik“ und “Systemsprenger-Problematik“ zusammengefasst. Zuletzt werden Konsequenzen für die psychiatrische und psychosoziale Versorgung diskutiert.
Grenzgänger – kooperative Abstimmung von Hilfen zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Kinder- und Jugendhilfe
Gunter Groen, Hamburg (Germany)
Astrid Jörns-Presentati, Hamburg (Germany)
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Autor:innen:
Gunter Groen, Hamburg (Germany)
Astrid Jörns-Presentati, Hamburg (Germany)
Viele psychosozial belastete Kinder und Jugendliche sind auf die Hilfe der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) und der Jugendhilfe angewiesen. Insbesondere in den stationären Bereichen der beiden Versorgungssysteme besteht eine große Überschneidung der Klientel. Zum besten Wohle der betroffenen jungen Menschen ist eine gemeinsame Verantwortungsübernahme und die Abstimmung von Hilfen zwischen den Systemen erforderlich. Allerdings zeigen sich, trotz verschiedener positiver Entwicklungen, oft noch Verantwortungsdiffusion, Schnittstellenprobleme und Verschiebebahnhöfe.
Im Modell-Projekt „Grenzgänger“ haben sich die Leitungskräfte einer Klinik für KJP und zweier Jugendämter in Schleswig-Holstein zu einem systematischen Austausch verabredet. In einer systemübergreifenden Clearinggruppe werden besonders heraufordernde Fallverläufe regelmäßig besprochen und Hilfen abgestimmt.
Im Vortrag wird zunächst der Bedarf der systemübergreifenden Kooperation zwischen KJP und Jugendhilfe verdeutlich. Ebenso werden die Hintergründe der häufig noch bestehenden Konflikte in der Zusammenarbeit erörtert. Regional bereits bestehende Ansätze werden im Überblick vorgestellt, bevor schließlich detaillierter die qualitativen und quantitativen Ergebnisse der Evaluation des Grenzgänger-Projektes präsentiert werden: Inwieweit erleben die Fachkräfte eine Verbesserung der Zusammenarbeit durch die gemeinsame Clearinggruppe? Was sind die wesentlichen Wirkfaktoren in der Kooperation bzw. wie kann Kooperation gelingen?
Psychosoziale Beratung für geflüchtete Menschen in Mecklenburg Vorpommern
Barbara Bräutigam, Neubrandenburg (Germany)
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Autor:in:
Barbara Bräutigam, Neubrandenburg (Germany)
In dem Vortrag wird zunächst ein kurzer Überblick zu dem Forschungsstand niedrigschwelliger psychosozialer Interventionen für geflüchtete Menschen in Deutschland gegeben. Weiterhin werden anhand der Arbeit der psychosozialen Beratungsstelle an der Hochschule Neubrandenburg zum einen konkret die Zugangsmöglichkeiten aber auch die Hürden beschrieben, die geflüchtete Menschen überwinden müssen, um psychosoziale Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Es werden qualitativ gewonnene Ergebnisse anhand von Klient/inneninterviews und Dokumentenanalysen in Bezug auf die Themenvielfalt und das Erleben der Beratungsprozesse aus Klient/innenperspektive dargestellt. Anhand von zwei Fallbeispielen werden vertieft jeweils ein positiver und ein negativer Beratungsverlauf dargestellt. Ziel ist es insgesamt, gelingende und misslingende Faktoren bei den Beratungsprozessen besser identifizieren und analysieren zu können, um so die Zugangsmöglichkeiten und die Qualität des Angebotes zu verbessern.