Mit der Methode des Individual Placement and Support (IPS) liegt ein evidenzbasierter, in den S3 Leitlinien mit A empfohlener und international realisierter Ansatz zur beruflichen Integration für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen vor. In Deutschland ist IPS bisher wenig umgesetzt. Anhand von vier Referaten werden aktuelle Studien- und Evaluationsergebnisse von IPS-nahen Interventionen aus der (klinischen) Routineversorgung städtischer und ländlicher Regionen in Deutschland präsentiert. Die Wirksamkeit von IPS unterliegt Veränderungen über die Zeit wie Richter et al. in ihrer Analyse zeigen konnten, die Gegenstand des fünften Vortrags im Symposium ist.
Effektivität und Praktikabilität eines IPS-Projekts im Landkreis Konstanz
Daniel Nischk, Reichenau (Germany)
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Daniel Nischk, Reichenau (Germany)
Hintergrund: „Individual Placement and Support“ (IPS) bezeichnet einen beruflichen Rehabilitationsansatz, bei dem Menschen mit psychischen Erkrankungen direkt mit Hilfe eines fortdauernden Coachings auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert („Place Train“-Ansatz) werden. In Deutschland wird dieser Ansatz trotz beindruckender internationaler Evidenz kaum angewendet. Um die Praktikabilität und Effektivität IPS in Deutschland exemplarisch zu überprüfen, wurde 2015 ein IPS-Projekt im Landkreis Konstanz durch das Zentrum für Psychiatrie ins Leben gerufen. Ziel des bis 2020 laufenden Modellprojekts ist die Überprüfung der Umsetzbarkeit von IPS in Deutschland. Methode: Bislang 99 Klienten wurden unter verschiedenen Bedingungen (Job finden (n = 61) und Job erhalten (n = 17)) untersucht. Darüber hinaus wurden junge Menschen mit Psychosen (n = 21) mit einer Kontrollgruppe (n = 19), die in anderen Landkreisen mit den üblichen Rehabilitationsverfahren betreut wurden, verglichen. Ergebnisse: Zwischen 67,9% (Arbeitsplazsuche), 76,4 % (Arbeitsplatzerhalt) sowie 81,1% vs. 21,1% (Junge Psychosebetroffene vs. Kontrollpersonen) waren während der 18-monatigen Beobachtungsperiode auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig. Dauerhafte, sozialversicherungspflichtige Anstellungen konnten bei 38,1% (Job finden), 76,5% (Job erhalten) sowie 47,6% vs. 0% (Junge Psychosebetroffene vs. Kontrollpersonen) erreicht werden. Die Probanden in der IPS-Gruppe arbeiteten signifikant mehr Tage und Stunden als die Vergleichspersonen; keine Unterschiede ergaben sich hinsichtlich der Fehltage oder Krankenhausbehandlungstage. Folgerungen: Die IPS-Integrationsquoten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechen den internationalen Erfahrungen. Im Vergleich zu „Rehabilitation as usual“ zeigte sich IPS in allen beruflichen Indikatoren signifikant überlegen. Die vorläufigen Ergebnisse unserer Studie bestätigen die Praktikabilität und Effektivität von IPS in Deutschland.
Nutzungsmuster und Outcome eines klinikintegrierten IPS-Programms in Berlin
Dorothea Jäckel, Berlin (Germany)
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Dorothea Jäckel, Berlin (Germany)
Mit der Methode des Individual Placement and Support (IPS) liegt ein wirksamer, in den S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen“ mit Evidenzgrad 1a, Empfehlungsgrad A eingestufter und international realisierter Ansatz zur beruflichen Integration für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen vor. In Deutschland ist IPS bisher wenig umgesetzt. Seit 2016 wird IPS am Vivantes Klinikum am Urban, Berlin im Rahmen der stationären, tagesklinischen und ambulanten Behandlung den Patient*Innen angeboten. Seit 2016 gelangten über 350 Patient*Innen in das IPS. Zudem wird seit 2017 wird im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie IPS erweitert mit einer Adherence Therapie für junge Erwachsene mit Psychosen (early psychosis) untersucht (n=84). Das Referat zeigt die Ausgangsvoraussetzungen der IPS Teilnehmer*Innen, die Nutzungsmuster sowie den arbeits-/ausbildungsbezogenen Outcome. Darüber hinaus werden Förderfaktoren und Barrieren der Implementierung von IPS in der klinischen Versorgung an einer psychiatrischen Klinik mit Pflichtversorgungsauftrag dargelegt.
IPS aus der Klinik: Gestaltung beruflicher Integration in der psychiatrischen Versorgung am Beispiel des Projekts RECOVER
Michael Schweiger, Hamburg (Germany)
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Michael Schweiger, Hamburg (Germany)
RECOVER ist ein Hamburger Modellprojekt zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und wird gefördert aus dem Innovationsfonds. Ein zentraler Aspekt hierbei ist die frühzeitige Einbindung des Themas Arbeit in das Behandlungskonzept. Im Rahmen von RECOVER wird Arbeit nicht als Ergebnis des Genesungsprozesses, sondern als integraler Bestandteil dessen betrachtet. Der Workshop stellt die Einbettung des Supported Employment in das Modell RECOVER vor. Dabei liegt der Fokus auf der Verzahnung von psychotherapeutischer Behandlung und beruflicher Rehabilitation. Welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus? Dabei wird die bisherige Projekterfahrung reflektiert und unterschiedliche Formen der Unterstützung sowohl bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz als auch bei einer beruflichen Neuorientierung dargestellt. Im Workshop sollen inhaltliche, methodische und strukturelle Voraussetzungen erörtern werden um, um ein Supported Employment im med. psychiatrischen Leistungsgeschehen zu verankern.
Die Düsseldorfer Integrationsmaßnahme des Vereins arbeit und Integration: eine regelfinanzierte Supported-Employment-Maßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
Gerda Maibach, Düsseldorf (Germany)
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Gerda Maibach, Düsseldorf (Germany)
Das vielfältige und sehr differenzierte berufliche Rehabilitationssystem in Deutschland weist derzeit nur wenige Angebote aus, die auf einem direkten Zugang zum ersten Arbeitsmarkt basieren. In dem stark fragmentierten und von Schnittstellen geprägten Versorgungssystem orientieren sich die Teilhabeleistungen zum Arbeitsleben überwiegend am „first train then place Prinzip“, bei dem zunächst vorbereitende Arbeitstrainingsmaßnahmen im geschützten Rahmen stattfinden. Eine wesentlich höhere empirische Evidenz findet sich international bei der Vorgehensweise „first place then train“. Die Implementierung solcher Ansätze –„Supported Employment“ bzw. in einer manualisierten Version „Individual Placement and Support“ (IPS) – wird daher von Fachgremien für Deutschland gefordert. Ungeachtet des in Deutschland vorherrschenden „first train then place“-Prinzips, haben einige wenige Anbieter bereits seit vielen Jahren einen „Supported Employment Ansatz“ im vorhandenen deutschen Versorgungssystem verwirklicht. So arbeitet die Integrationsmaßnahme des Düsseldorfer Bildungsträgers „arbeit & integration e.V.“ unter Kostenträgerschaft der Deutschen Rentenversicherung seit mehr als 22 Jahren ausschließlich mit Direktplatzierungen und verzichtet auf Vortraining. Übereinstimmungen und Unterschiede zum IPS dieser bereits lange vor Veröffentlichung der IPS-Fidelity Scale existierenden Maßnahme werden dargestellt. Es folgen Fallberichte aus der praktischen Arbeit, eine Übersicht der Eingliederungszahlen der letzten Jahre und eine Beschreibung der alltäglichen Herausforderungen, eine solche Maßnahme in einem von herkömmlichen Angeboten großer Anbieter geprägten Umfeld zu betreiben.
Die weltweite Effektivität von Supported-Employment-Programmen zwischen 1990 und 2015: Meta-Regressions-Analyse
Dirk Richter, Bern (Switzerland)
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Dirk Richter, Bern (Switzerland)
Systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen von randomisierten Studien sowie von Routineinterventionen haben eine deutliche Überlegenheit von Supported Employment (SE) gegenüber konventionellen Arbeitsrehabilitationsprogrammen ergeben. Angesichts der erheblichen Wandels in der Arbeitswelt der letzten Jahrzehnte mit Digitalisierung und Automatisierung haben wir untersucht, ob die Effektivität von SE-Programmen sich verändert hat.
Auf der Basis sämtlicher jemals durchgeführter verfügbarer Studien, die zwischen 1990 und 2015 durchgeführt wurden, haben wir eine Meta-Analyse und eine Meta-Regression durchgeführt. Sowohl in der univariaten wie in der multivariaten Analyse zeigte sich, dass die Effektivität der SE-Programme rückläufig war. Wir nehmen an, dass dieser Rückgang der Efektivität mit einer veränderten Arbeitsmarktstruktur zusammenhängt, die Skills verlangt, welche von vielen Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht ausreichend erbracht werden können. SE-Programme sollten sich zukünftig den veränderten Anforderungen des Arbeitsmarkts verstärkt widmen.