Raum:
Saal Paris 1
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 01: Neurokognitive Erkrankungen, organische psychische Störungen, Demenz, F0
Topic 10: Gerontopsychiatrie
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Durch den demographischen Wandel steigt der Bedarf an Frühdiagnostik, aber auch an medizinischer Forschung im Bereich der Demenz. In diesem Zuge gewinnt die Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit in sowohl diagnostische Maßnahmen als auch in Forschungsvorhaben in der Versorgung und der Forschung als auch im öffentlichen Diskurs an Bedeutung. In diesem Symposium wird diese Thematik durch konzeptuelle Vorträge und empirische Studien vorgestellt und eröffnet den Raum für weiterführende Diskussionen.
Hierzu wird Tanja Müller das Thema der interdisziplinären Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit bei Demenz und die sich ableitenden ethischen Herausforderungen adressieren. Astrid Gieselmann schließt sich mit einem Projekt über die ethischen und praktischen Herausforderungen bei Forschungsvorausverfügungen für Menschen mit Demenz an. Ayda Rostamzadeh wird Ergebnisse aus der europäischen PreDADQoL-Studie vorstellen, bei dem die Auswirkungen der Alzheimer-Früherkennung bei MCI-Patienten auf die Lebensqualität untersucht werden. Scott Gossendanner berichte über ethische und praktische Aspekte der Demenzprädiktion für Ausbildung und Beratung. Mit diesem Programm richtet sich das Symposium sowohl an Klinikerinnen und Kliniker, die im diagnostischen Kontext mit Patienten mit einer Alzheimer Krankheit arbeiten, als auch an Forscherinnen und Forscher in diesem Gebiet.
Forschungsvorausverfügungen für Menschen mit Demenz: ethische und praktische Herausforderungen
Astrid Gieselmann, Bochum (Germany)
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Autor:in:
Astrid Gieselmann, Bochum (Germany)
Im Zuge einer Änderung des Arzneimittelgesetzes im November 2016 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass gruppennützige Arzneimittelforschung mit nicht-einwilligungsfähigen Erwachsenen unter bestimmten Bedingungen erlaubt sein soll. Das entsprechende Gesetz wird voraussichtlich im Jahr 2020 in Kraft treten. Das ethische Problem dieser Forschung besteht darin, dass Personen, die nicht in der Lage sind, ihre Einwilligung in die Forschung zu erteilen, nicht vom medizinischen Fortschritt ausgeschlossen werden sollen.
Der Gesetzgeber hat versucht, diesen Konflikt zu lösen, indem er die Zulässigkeit der gruppennützigen Forschung mit nicht-einwilligungsfähigen Erwachsenen an die Voraussetzung geknüpft hat, dass Studienteilnehmer ihre Einwilligung zuvor in einer sogenannten Probandenverfügung erteilen. Gegen die neue Regelung ist eingewendet worden, die Probandenverfügung könne die informierte Einwilligung nicht ersetzen. Diese Forschung verstoße deshalb gegen das Instrumentalisierungsverbot.
Der Beitrag hat das Ziel, die neue Regelung zur gruppennützigen Forschung mit nicht-einwilligungsfähigen Erwachsenen aus ethischer Sicht zu bewerten. Es wird die Auffassung vertreten, dass gruppennützige Forschung mit nicht-einwilligungsfähigen Erwachsenen trotz der genannten Bedenken unter bestimmten Bedingungen ethisch zulässig sein kann.
Ethische und praktische Implikationen der Demenzprädiktion für die Beratung und Ausbildung
Scott Gissendanner, Berlin (Germany)
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Autor:in:
Scott Gissendanner, Berlin (Germany)
Titel: Ethische und praktische Implikationen der Demenzprädiktion für die Beratung und Ausbildung
Abstrakt: Der Umgang mit einer Risikovorhersage bzgl. der Alzheimer Krankheit stellt zahlreiche ethische Fragen in Bezug auf den Nutzen oder aber auch Schaden einer solchen Information. 2017-2019 beförderte das BMBF mit dem Diskursverfahren „Konfliktfall Demenzvorhersage“ die Diskussion zu voraussichtlichen Auswirkungen der Demenzprädiktion unter den vielfältigen Berufsverbänden und Fachorganisationen („Stakeholder“), welche Entscheidungen über prädiktive Demenzdiagnostik treffen oder deren Mitglieder von gesellschaftlichen Entscheidungen in Bezug auf Demenz, Gesundheitsversorgung oder Altersvorsorge betroffen sind. Ergebnis dieser neuen Form des gesellschaftlichen Diskurses—für die Demenzprädiktion weltweit einmalig—war eine gemeinsame Stellungnahme (www.demenzvorhersage.de), und der Vortrag fokussiert die darin enthaltenen Themen und Forderungen, vor allem den dringende Bedarf nach künftigen Standards für Patientenberatung.