Die interdisziplinäre Zentrale Notaufnahme in Allgemeinkrankenhäusern hat sich in den letzten 10 Jahren zunehmend zu einer eigenständigen Versorgungseinheit entwickelt. Diese stellt die Schnittstelle zwischen der präklinischen und der stationären Versorgung dar. Trotz der ca. 20 Millionen Patientenkontakte in den deutschen Notaufnahmen jährlich, gibt es bisher kaum Studien, die sich mit dem psychiatrischen Patienten, insbesondere mit dem Patienten mit niedriger Dringlichkeitsstufe auseinandersetzen. Obwohl die psychiatrischen Notfallkontakte häufig an dritter oder vierter Stelle des Diagnosespektrums in dieser Versorgungseinheit zu finden sind. In diesem Zusammenhang werden noch einmal Faktoren, die möglicherweise das Inanspruchnahmeverhalten der Zentralen Notaufnahme beeinflussen dargelegt ( sog. „Pull- und Pushfaktoren“). Abseits des alkoholassoziierten Patientenkontaktes finden sich jedoch in der aktuellen deutschsprachigen Literatur nur wenige Studien, die sich mit der gesamten Charakteristik von psychiatrischen Patienten in einer Zentralen Notaufnahme wissenschaftlich auseinandersetzen. Die wenigen Publikationen zum psychiatrischen Patienten in der Notaufnahme beleuchten häufig den Aspekt des psychiatrischen Notfalls oder die alkoholbedingte ZNA-Vorstellung. Vor diesem Hintergrund werden in dieser Präsentation erste eigene Studienergebnisse zum sog. psychiatrischen „Walk-in-Patienten“ mit niedriger Dringlichkeitsstufe in einer interdisziplinären ZNA in einem Allgemeinkrankenhaus vorgestellt. Was macht diese Patientengruppe aus und welche möglichen Rückschlüsse können für den klinischen Alltag hieraus gezogen werden.
Psychiatrisch geleitete Aufnahmestation für akute Syndrome mit interdisziplinären Herausforderungen – ein Modellprojekt
Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
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Autor:innen:
Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
Stefan Topf, (Germany)
Psychische Krisen und Notfallsituationen sind häufige und meist interdisziplinäre Herausforderungen für das Versorgungs – und nicht selten auch für das öffentliche Gesundheitssystem. Spezialisierte Notfalldienste, die umfänglich das breite Spektrum an Notfallbedarfen für Menschen in psychischen und somatischen Krisen gleichermaßen versorgen könnten, existieren wohl nur vereinzelt in Deutschland. Meist sind entweder administrative Hürden (z.B. Öffnungs- und Vorhaltezeiten, formale Zuständigkeiten) oder inhaltliche Herausforderungen entlang der fachlichen Zuordnung zu somatischen und/ oder psychischen Belangen verantwortlich dafür, dass Betroffene nicht, zu spät oder qualitativ unzureichend versorgt werden. Nicht unwichtig dabei ist die typisch deutsche sozialrechtliche Konstellation der konsequenten Trennung zwischen Sozial- und Gesundheitswesen auf der einen Seite und Abgrenzung somatischer von psychiatrischen Krisendiensten auf der anderen Seite – dies bedeutet gerade für die Gruppe der schwer psychisch Kranken, notwendige Hilfen aus einer Hand nicht oder schlecht zu erhalten. Im vorgestellten Leipziger Modell wurde ein psychiatrischer 24/7 Dienst in einem somatischen Notfallzentrum etabliert, um im Rahmen eines primären Triage-Systems gemeinsam mit internistischer und chirurgischer Kompetenz eine adäquate - gleichberechtigte Versorgung für alle, auch für psychisch erkrankte Menschen mit somatischem Akutversorgungsbedarf (z.B. Delir, Intoxikation etc.) vorzuhalten. Zudem wurde in unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft zum Notfallzentrum und zur somatischen Intensivstation eine 8-Betten-Akuteinheit der Psychiatrie neu geschaffen, die eine entsprechende Überwachungsmöglichkeit – psychiatriespezifisch für die ersten 24-48h vorhält. Erste Erfahrungen innerhalb des psychiatrischen Systems, der interdisziplinär neu aufgestellten Kooperation aber auch der neu gestalteten Zusammenarbeit mit Polizei und Notarztsystem in Leipzig werden berichtet und zur Diskussion gestellt.