Das Ministerkomitee des Europarats verabschiedete 2006 die dritte Version der European Prison Rules. Darin heißt es, dass beim Vollzug von Freiheitsstrafen und bei der Behandlung Gefangener Erfordernisse der Sicherheit und Disziplin berücksichtigt, gleichzeitig aber auch Vollzugsbedingungen garantiert werden müssen, welche die Menschwürde nicht verletzen und die den Gefangenen sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten und Behandlungsprogramme bieten, damit sie auf ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereitet werden. Weiter wurde als ein Grundprinzip formuliert, dass das Leben in der Justizvollzugsanstalt den positiven Aspekten des Lebens in der Gesellschaft so weit wie möglich anzugleichen ist. Gleiches gilt so auch für den deutschen Maßregelvollzug, welcher unter Zwang für psychisch kranke Straftäter Therapie anbietet. Vor diesem Hintergrund wurden anhand von mehr als 255 Maßregelpatienten einzelne Bereiche, die sich auf die Menschenwürde auswirken, identifiziert und quantifiziert. Zum Einsatz kam dabei das Instrument Measuring the Quality of Prison Life, das für den Maßregelvollzug adaptiert wurde. Die Erfahrungen mit Restriktionen werden anhand eines neuen Fragebogens berichtet und die Bedeutung der Tabuthemen Suizidalität und Sexualität in Unterbringung werden diskutiert. Zusammenfassend gibt das Symposium einen umfassenden Überblick über eine Maßregelbehandlung, die neben dem Zwangscharakter die positiven Aspekte des Lebens ebenso wie das Wohlbefinden mit einschließt.
Einfluss der Lebensqualität auf die psychische Belastung bei Patienten im Maßregelvollzug
Michael Büsselmann, Günzburg (Germany)
Details anzeigen
Autor:in:
Michael Büsselmann, Günzburg (Germany)
Sowohl bei Gefangenen, als auch bei Patienten in Einrichtungen des Maßregelvollzugs ist die psychische Belastung höher als bei der Normalbevölkerung. In Gefängnissen hat sich gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der psychischen Belastung der Gefangenen und verschiedenen Bereichen der Lebensqualität gibt. Bislang gibt es noch keine Studie im deutschsprachigen Raum, die diesen Zusammenhang in Einrichtungen des Maßregelvollzuges untersucht. Wir haben im Rahmen der vorliegenden Studie den Zusammenhang zwischen der psychischen Belastung der Patienten und der Lebensqualität untersucht.
Insgesamt wurden, in der vom Amt für Maßregevollzug geförderten Studie, 255 Patienten aus 13 Maßregelvollzügen in Bayern befragt. Die Lebensqualität wurde mittels, des ursprünglich englischsprachigen Fragebogens, „Measuring the Quality of Prison Life“ (MQPL) erhoben, der von unserer Arbeitsgruppe übersetzt und an die Bedingungen des Maßregelvollzugs adaptiert wurde (MQPL-forensic). Die psychische Belastung wurde mit dem Brief-Symptom Checklist (BSCL) erfasst. Um den Einfluss der Lebensqualität auf die psychische Belastung zu bewerten, verwendeten wir verallgemeinerte Schätzungsgleichungen, sogenannte GEE-Modelle.
Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass die Bewertung der Lebensqualität subjektiv ist. Auf der Patientenebene erwies sich der GSI-T für jede Skala des MQPL-forensic als signifikanter negativer Prädiktor. Genauer, wenn ein Patient psychisch belasteter ist, bewertet er auch seine Lebensqualität bzw. die Bedingungen seiner Unterbringung schlechter. Auf der Krankenhausebene erwies sich der GSI-T des BSCL als signifikanter negativer Prädiktor für die Skala „Aufnahme“. Dieses Ergebnis legt nahe, dass gerade die Betreuung in den ersten Tagen nach der Aufnahme des Patienten sehr wichtig ist und einen Einfluss auf dessen psychische Belastung hat.