Raum:
Saal London 3
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 02: Psychische Störungen durch psychotrope Substanzen, Verhaltenssüchte, F1
Topic 11: Notfallpsychiatrie und Suizidalität
Topic 19: Früherkennung, Prävention und Gesundheitsförderung
English programme
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
B. Scheider et al. stellen im Beitrag „Medikamentenabhängigkeit und Suizid“ Studien sowie Reviews in einer Übersicht vor. Die Referenten schlussfolgern, dass im Sinne der erfolgreichen Suizidprävention sich Interventionen mit gemeinsamen Ursachen und Risikofaktoren befassen sollten, z. B. durch verbesserten Zugang zur Psychotherapie und der medikamentengestützten Behandlung von Störungen durch Opioidkonsum. U. Preuss zeigt auf der Basis des „National Survey on Drug Use and Health” aus dem Jahr 2017, dass Abhängigkeitserkrankung durch verordnete Medikamente signifikant mit Suizidversuchen korreliert sind, auch wenn für depressive Episoden und andere potenzielle beeinflussende Faktoren korrigiert wird. Suizidversuche in der Anamnese können wichtige Indikatoren für die Schwere von komorbid vorliegenden anderen psychiatrischen Erkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen sein. Bischoff et al. zeigen im „Beitrag Suizidalität und pathologisches Glücksspiel“ auf, dass pathologische Glücksspieler oftmals unter Komorbidität, insbesondere affektiven Störungen, substanzbezogenen Störungen und Cluster-B Persönlichkeitsstörungen - die alle drei als Risikofaktoren für Suizidalität darstellen, leiden. Überdies stellen sie jüngere Forschungsarbeiten vor, die nahelegen, dass Glücksspiel selbst ein potentieller Risikofaktor für Suizidalität darstellt. Erkenntnisse über eine sinnvolle suizidpräventive Arbeit in der Behandlung von Suchtkranken liegen vor. Inwieweit diese Kenntnisse und Fertigkeiten in der Praxis der Suchthilfe geläufig sind und wie PraktikerInnen ihre Rolle in Bezug auf die Suizidprävention sehen, untersuchten Milin et al. und stellen die Ergebnisse vor. Hier wird deutlich, dass bei für den im Umgang mit PatientInnen so wichtigen Berufsgruppen wie den Pflegekräften Defizite bei den Kenntnissen, den Fertigkeiten und hinsichtlich der selbst berichteten Sicherheit vorliegen und daher in der Psychoedukation entsprechend stärker repräsentiert sein sollten.
Suizidalität und pathologisches Glücksspiel
Anja Bischof, Lübeck (Germany)
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Autor:in:
Anja Bischof, Lübeck (Germany)
Aus internationalen Studien ist bekannt, dass Suizidgedanken und -versuche bei Menschen mit Glücksspielproblemen weit verbreitet sind. Suizidalität tritt oftmals im Kontext von komorbiden psychiatrischen Erkrankungen auf. Pathologische Glücksspieler leiden oftmals unter Komorbidität, insbesondere affektiven Störungen, substanzbezogenen Störungen und Cluster-B Persönlichkeitsstörungen - die alle drei als Risikofaktoren für Suizidalität darstellen. Überdies haben jüngere Forschungsarbeiten Hinweise gefunden, dass Glücksspiel selbst ein potentieller Risikofaktor für Suizidalität darstellt. Der Beitrag fasst in einer Übersicht jüngste Erkenntnisse aus der internationalen Forschung zu Suizidalität bei pathologischem Glücksspiel zusammen. Deutlich wird, dass in Abhängigkeit vom Studiendesign bis zu einem Viertel der untersuchten Individuen mit Glücksspielproblematik im Laufe ihres Lebens versucht haben, sich zu suizidieren. Weit mehr als die Hälfte der untersuchten Personen berichtete Suizidgedanken. Dieses erhöhte Risiko sollte bei Hilfeangeboten für Menschen mit Glücksspielproblemen in stärkerem Maße als bisher berücksichtigt werden, insbesondere bei Vorliegen von psychiatrischer Komorbidität.
Prescription medication use (PMU) and use disorders (PMUD) and suicidal behaviors: results from an NSDUH 2017 data analysis
Ulrich Preuss, Herborn (Germany)
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Autor:in:
Ulrich Preuss, Herborn (Germany)
Einleitung: Bisher liegen nur wenige epidemiologische Daten zum Konsum (PMU) oder Konsumstörungen (PMUD) bei verschreibungs- oder rezeptpflichtigen Substanzen vor. Ebenso fehlen Angaben zur Komorbidität mit psychischen Erkrankungen und Suizidalität. Das Ziel dieser Präsentation ist es, die Ergebnisse der NSDUH (“The National Survey on Drug Use and Health”) Befragung zu Raten der PMU/PMUD und deren Komorbidität darzustellen.
Methoden: Der “National Survey on Drug Use and Health (NSDUH)” sammelt Informationen zu Indikatoren des Gebrauches und Störungen von verschiedenen Substanzen wie auch psychischen Erkrankungen bei Personen im Alter von 12 Jahren und darüber. Die relevanten Daten wurden über ein Audio-Computer-gestützte Selbstinterview erfasst (ACASI). Für das Jahr 2017 wurden mehr als 56.000 Individuen. Kategorien der PMU und PMUD schließen Schmerzmedikamenten (inkl. Opiode), Sedativa, Stimulantien und Hypnotika ein. Außerdem wurden Daten zu Depressionen und suizidalen Ideationen sowie Verhaltensweisen erhoben.
Ergebnisse: Etwa 2.3% der untersuchten, repräsentativen Stichprobe wiesen einen Konsum (PMU), 0.8% eine Konsumstörung (PMUD) von Opioiden auf. Für Sedativa betragen die Raten 2.8% bzw. 0.4%, für Stimulantien 3.0% bzw. 0.3% und für Hypnotika 0.5% bzw. 0.1%. Suizidversuche waren signifikant mit depressiven Episoden (in den letzten 12 Monaten) und PMU bzw. PMUD assoziiert, auch nach statistischer Kontrolle für Alter und Geschlecht (logistische Regression).
Diskussion: Die Rate von PMU und PMUD sind insgesamt zwar im einstelligen Bereich, aber signifikant mit psychischer Komorbidität und Suizidalität assoziiert. Die Daten sind nur eingeschränkt auf Deutschland übertragbar, geben aber Hinweise auf die Intensität von PMUD und damit assoziierten psychischen Komplikationen.
Suizidalität bei Suchtkranken – Erfahrungen, Kenntnisse und Fortbildungsbedarf bei Fachkräften der Suchthilfe
Sascha Milin, Hamburg (Germany)
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Autor:innen:
Sascha Milin, Hamburg (Germany)
Barbara Schneider, Köln (Germany)
Lisa Eilert, Köln (Germany)
Tatjana Steinhaus, Duisburg (Germany)
Ingo Schäfer, Hamburg (Germany)
Einleitung
Studienergebnisse legen nahe, dass 19-63% aller Suizidopfer unter einer Suchterkrankung litten. Es existieren umfangreiche Erkenntnisse, wie eine sinnvolle suizidpräventive Arbeit in der Behandlung von Suchtkranken aussehen kann. Inwieweit diese Kenntnisse und Fertigkeiten in der Praxis der Suchthilfe geläufig sind und wie PraktikerInnen ihre Rolle in Bezug auf die Suizidprävention sehen, wurde bislang noch nicht untersucht.
Methode
Im Rahmen von SuizidundSucht.NET, einer Online-Schulung (Förderung: BMG) wird die Befragung von N=300 Fachkräften der Suchthilfe zum Thema Suizidalität ausgewertet. Neben geschlossenen Fragen zur Berufsgruppe, dem Setting und der Sicherheit im Erkennen von Suizidalität wurde von den Teilnehmenden mit narrativen Fragen umfangreiches Textmaterial generiert. Einbezogen wurden neben MedizinerInnen und PsychologInnen auch Pflegekräfte, ErgotherapeutInnen und nicht-therapeutisches Personal. Die Auswertungen erfolgten mittels Gruppenvergleichen und qualitativer Inhaltsanalyse.
Ergebnisse/Diskussion
Es zeigt sich, dass berufsgruppen- und settingübergreifend die Sicherheit bei Suizidalität häufig in mittleren und niedrigen Bereichen liegt. Bei ärztlichem und psychologischem Personal betrifft dies v.a. jüngere KollegInnen und solche mit wenigen Berufsjahren, während bei anderen Berufsgruppen die hohe Unsicherheit eher altersunabhängig ist. Settings, in denen Suizide häufiger vorkommen, sind mehr sensibilisiert für das Thema als Einrichtungstypen mit wenig Suiziden.
Schlussfolgerung
Bei für den im Umgang mit PatientInnen so wichtigen Berufsgruppen wie den Pflegekräften haben sich Defizite bei den Kenntnissen, den Fertigkeiten und hinsichtlich der selbst berichteten Sicherheit deutlich gezeigt. Mit Blick auf den distalen Zusammenhang – Suchtkranke bringen sich nicht unbedingt während oder zeitnah nach der Entwöhnungsbehandlung um – sollte überlegt werden, ob Suizidalität bislang ausreichend in der Psychoedukation repräsentiert ist.