Psychische Erkrankungen haben erhebliche negative Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbssituation. Sie sind die zweithäufigste Ursache von Arbeitsunfähigkeit (AU).
Ein beträchtlicher Teil der schwer psychisch Erkrankten in Deutschland arbeitet unter geschützten Bedingungen. Hieran zeigt sich, dass bestimmte Gruppen bisher zu wenig von beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen profitieren. Insbesondere der methodische Ansatz des Supported Employments („first place then train“-Prinzip) scheint in Deutschland kaum verwirklicht. Auf Basis der internationalen Evidenz wurden Qualitätsparameter für Supported Employment definiert, um die Umsetzung im deutschen Versorgungskontext zu forcieren. Dabei wurden die in Deutschland laufenden Entwicklungen, die zuweilen unabhängig und meist ohne Bezug auf die internationale IPS-Forschung stattfinden, umfänglich einbezogen.
In dem Symposium soll einleitend ein kurzer Überblick des Anliegens und Auftrags der Task Force gegeben werden. Anschließend werden zentrale Ergebnisse aus dem gemeinsamen Positionspapier vorgestellt. In zwei weiteren Beiträgen werden die Ergebnisse aus den Perspektiven der Kostenträger kritisch gewürdigt und diskutiert.
Anliegen und Auftrag der DGPPN-Task-Force Supported Employment
Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
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Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
Im Auftrag der DGPPN haben die Leitungen der DGPPN Referate Rehabilitation und Teilhabe, Gesundheitsfachberufe und Versorgungsforschung eine Task Force zum Thema Supported Employment für Menschen mit schweren psychischen Störungen in Deutschland ins Leben gerufen. Gemeinsam mit ausgewiesenen Experten und Expertinnen in dem damit angesprochenen Versorgungs- und Forschungsfeld sollten Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der beruflichen Integrationsmaßnahmen in Deutschland unabhängig von Setting, sozialrechtlicher Zuordnung, Leistungsanbietern und -trägerschaften evaluiert und vorangetrieben werden. Besonderen Stellenwert sollte dabei die Erarbeitung von in Deutschland anzuwendenden fachlichen Standards und Qualitätsmerkmalen für die in der internationalen Literatur definierten Kernkriterien des Supported Employments (SE) bzw. der manualisierten Form von SE, dem Individual Placement and Support (IPS) haben.
Auch wenn die in der internationalen Studienlage definierten IPS-Angebote im engeren Sinn im deutschen Versorgungskontext derzeit kaum und vor allem nicht regelhaft verwirklicht sind, finden sich IPS-nahe Konzeptmerkmale in vielen Angeboten der etablierten Rehabilitationseinrichtungen, so z.B. in BTZ – oder in RPK-Einrichtungen. Andere Angebotsformen wie z.B. „Jobcoaching-Maßnahmen im Sinne der Integrationsämter“ oder „Unterstützte Beschäftigung (UB)“ (im Sinne ausgeschriebener Arbeitsmarkt-Dienstleistung durch die Arbeitsverwaltung) erfüllen o.g. IPS-Merkmale ebenfalls in unterschiedlichem Maße. Im Ergebnis der Arbeit dieser Task Force wurde eine Publikation vorbereitet, welche über die mit der Task Force verbundenen Ziele und deren Umsetzungsgrad berichtet und die Position der DGPPN zum Thema berufliche Integration schwer psychisch Kranker in Deutschland darstellt.
Umsetzbarkeit des Supported Employment im deutschen Versorgungskontext aus Sicht der Rentenversicherung
Rolf Buschmann-Steinhage, Berlin (Germany)
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Rolf Buschmann-Steinhage, Berlin (Germany)
Ziel der medizinischen und der beruflichen Rehabilitation der Rentenversicherung ist die (Wieder-)Eingliederung der Versicherten in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen stellen die Rehabilitation vor besondere Herausforderungen, auch weil für die Rentenversicherung eine positive Erwerbsprognose Voraussetzung für ihre Rehabilitationsleistungen ist (§ 10 SGB VI).
Zur Rehabilitation bei psychischen Erkrankungen gehören insbesondere die RPK und die BTZ. Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gehört auch die Unterstützte Beschäftigung nach § 55 SGB IX, von der die Rentenversicherung allerdings nur die individuelle betriebliche Qualifizierung, nicht aber die Berufsbegleitung erbringen kann.
Wichtig ist es, Erwerbsarbeit in den Rehabilitationsprozess zu integrieren, dazu gehört eine systematische Vernetzung der Einrichtungen mit Betrieben und Unternehmen.
Wörtlich genommen ist die IPS-Anforderung “zero exclusion“ („IPS Leistungen stehen allen Menschen mit psychischen Erkrankungen und dem Wunsch nach einer beruflichen Tätigkeit offen“) ein Problem. Allerdings könnte ein niedrigschwelligerer Zugang zur Rehabilitation, auch in RPK und BTZ, sinnvoll sein. Rechtliche Rahmenbedingungen unterscheiden sich zwischen verschiedenen Ländern erheblich. Das macht die 1:1-Übertragung des IPS-Modells schwierig.
Vermutlich sind Prevocational Training und Supported Employment/IPS zumindest für Deutschland eine falsche Alternative, da beide Ansätze in Reinkultur nicht sinnvoll bzw. realisierbar sind. Oft kann ein geeignetes Training notwendig sein, um einen angemessenen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bekommen (und ihn auch zu behalten). Andererseits sind die möglichst frühzeitige Aufnahme einer Beschäftigung und die begleitende Unterstützung im Berufsleben ein sinnvolles Vorgehen. Anders formuliert: so viel Prevocational Training wie nötig und so früh Supported Employment wie möglich. Dafür braucht es Indikationskriterien.