Die Beschwerdenvalidierung bei der psychiatrischen Begutachtung ist schon immer eine zentrale Aufgabe des Gutachters. Klinische Kriterien, die eine Einschätzung der vorgebrachten Symptome gestatten, sind in der Literatur und in Handbüchern der Begutachtung beschrieben. Zentrale gutachtliche Aufgabe ist die Abgrenzung valider Symptome von Verdeutlichungstendenzen, Aggravation und Simulation. In den letzten Jahren wurde insbesondere von Seiten der Neuropsychologie der verstärkte Einsatz von Beschwerdenvalidierungstests (BVT)gefordert. Die DGPPN hat zum Einsatz dieser Testverfahren auch eine Stellungnahme verfasst. In der gutachtlichen Praxis und auch in der deutschen Rechtsprechung ist der Einsatz dieser Testverfahren immer wieder heftig umstritten. Im Rahmen dieses Symposium werden einerseits Studienergebnisse vorgestellt, die die Bedeutung aber auch die Grenzen dieser Testverfahren aufzeigen. Darüber hinaus werden in zwei Vorträgen aus Österreich und der Schweiz die Praxis und gutachtlichen Standards bei der Beschwerdenvalidierung in diesen Nachbarländern vorgestellt. Die Entwicklungen in der gutachtlichen Beschwerdenvalidierung in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind offensichtlich nicht gleichförmig, was den Einfluss vorgegebener sozialrechtlicher Strukturen auf die ärztliche Gutachtertätigkeit unterstreicht. Diese divergenten Entwicklungen sollen im Rahmen dieses Symposiums diskutiert werden.
Studienergebnisse zu Aggravation und Simulation
Sabrina Weber-Papen, Düsseldorf (Germany)
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Autor:in:
Sabrina Weber-Papen, Düsseldorf (Germany)
Die Diagnostik psychischer Störungen beruht zu einem wesentlichen Teil auf subjektiven Angaben des Betroffenen, was die Gefahr von zweckgerichteten, bewusstseinsnahen Verfälschungstendenzen birgt. Eine erhöhte Gefahr für solche Verfälschungstendenzen ist dann zu erwarten, wenn etwa externe Anreize wie Entschädigungsleistungen oder die Aussicht auf eine Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsminderungsrente bestehen. Prävalenzschätzungen für Aggravations- und Simulationstendenzen im Begutachtungskontext liegen daher recht hoch, sind aber auch sehr schwierig valide zu beurteilen. Ergebnisse einer eigenen retrospektiven Analyse von 105 psychiatrischen Gutachten, die sich zum größten Teil auf die Frage der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderungsrente bezogen, konnten bestätigen, dass die Prävalenz zumindest in Richtung Aggravation recht hoch ist. Der Grad der diagnostischen Sicherheit bei der Feststellung vorgetäuschter Störungen wurde dabei anhand der Slick-Kriterien [1] beurteilt. Nur in knapp 40 % der untersuchten Fälle fanden sich keine Hinweise auf Aggravation oder Simulation im Leistungsverhalten oder der Beschwerdedarstellung. In den anderen 60 % der Fälle war das Vorliegen von Aggravation oder Simulation möglich oder wahrscheinlich. Die Ergebnisse der vorliegenden Prävalenzerhebung verdeutlichen die Relevanz dieses Themas im Begutachtungskontext. Gleichzeitig unterstreichen die Ergebnisse der ebenfalls durchgeführten Korrelationsanalysen zwischen verschiedenen Beschwerdenvalidierungstests und -indikatoren, der Verhaltensbeobachtung und anamnestischen Daten, dass einzelne Testergebnisse immer im Gesamtkontext betrachtet und einer Plausibilitäts- und Konsistenzprüfung unterzogen werden müssen.
[1] Slick DJ, Sherman EM, Iverson GL (1999) Diagnostic criteria for malingered neurocognitive dysfunction: proposed standards for clinical practice and research. Clin Neuropsychol 13: 545-561
Einsatz des SIMS in einer allgemeinpsychiatrischen Population: Studienergebnisse in einem naturalistischen Sample
Peter Praus, Mannheim (Germany)
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Autor:innen:
Peter Praus, Mannheim (Germany)
Harald Dreßing, Mannheim (Germany)