Zeitkonflikt bei Frau Nahla Saimeh mit 28473 ist Ordnung!
Lockerungen während des Vollzugs sind ein wichtiger Bestandteil in der Behandlung psychisch kranker Rechtsbrecher. Sie müssen in Deutschland immer dann gewährt werden, wenn die Gefahr eines Missbrauchs oder einer Flucht negiert werden kann.
Diese Vorgaben implizieren gleichzeitig, dass die Einschätzung der deliktbezogenen Rückfallgefahr des Patienten nicht das einzige Kriterium für die Gewährung einer Lockerung sein kann. Wäre eine Rückfallgefahr nämlich zu negieren, dann stünde nicht die Lockerung, sondern eher die Entlassung aus der Klinik zur Entscheidung an.
Im Alltag einer Forensischen Klinik muss deshalb zwischen der Gefahr eines Lockerungsmissbrauchs und der deliktbezogenen Rückfallgefahr eines Patienten unterschieden werden.
Während die forensischen Wissenschaften bei der Prognose von deliktbezogenen Rückfällen in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erreichen konnten, fehlt es im Bereich der Vorhersage von Lockerungsmissbräuchen an begleitender Forschung.
Das ist erstaunlich, weil insbesondere Lockerungen „vor den Zaun“ häufig mit vielerlei Ängsten auf Seiten der Verantwortlichen verbunden sind und ein Missbrauch der gewährten Lockerung zu gravierenden Konsequenzen auf verschiedensten Ebenen führen kann.
Die Klinik Nette-Gut hat sich, nachdem dort Anfang der 90er Jahre ein mehrfacher Frauenmörder entwichen war, schon früh mit Fragen der Lockerungsprognostik beschäftigt und versucht, entsprechende Kriterien zu erfassen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Lockerungsmissbräuche eher „aus der Situation“ heraus motiviert und vielfach durch normalpsychologische Faktoren erklärbar sind.
Nach zwei medienwirksamen Entweichungen im Jahre 2018 wurde das bestehende Lockerungskonzept einer kritischen Analyse unterzogen und eine umfangreiche Fehleranalyse betrieben. Zudem verfügt die Klinik über jahrelange Erfahrungen im Umgang mit der regionalen und überregionalen Presse
Lockerungen als prognostische und therapeutische Notwendigkeit
Frank Goldbeck, Weißenthurm (Germany)
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Frank Goldbeck, Weißenthurm (Germany)
In der Klinik Nette-Gut werden seit den 1990iger Jahre Lockerungen der Patienten im Rahmen eines Lockerungsplans gewährt, welcher zunächst lediglich die Art und Weise der durchzuführenden Lockerungen unter Berücksichtigung der hochgesicherten Situation der Klinik darstellte.
„Lockerungen dienen neben der Motivierung des Patienten der Erprobung von gewachsener Autonomie, vermehrter Selbstverantwortung und Erlernen prosozialen Verhaltensstrategien, der Konfrontation mit neuen, lebensnäheren Konfliktfeldern und der Bewährungserprobung von Copingstrategien in einem zunehmend weniger sicheren Schutzraum“ (Nedopil, 2000, Müller & Nedopil, 2017). Sie setzen immer eine prognostische Einschätzung voraus.
Anfang der 2000er Jahre wurde ein erstes Lockerungskonzept erarbeitet; hierin wurden konkrete Kriterien zur Lockerungseignung benannt, und die LIVELT-Kriterienliste entwickelt.
Wegen der durch die Strukturierung des Lockerungskonzeptes deutlich gesteigerten Validität der Lockerungsentscheidungen konnten mehr Lockerungen bei gleichzeitig weiterer Reduzierung von Lockerungsmissbräuchen gewährt werden.
Das Lockerungskonzept der Klinik wurde weiter differenziert, auch Tools zur Durchführung von Lockerungen und deren Dokumentation im Krankenhausinformationssystem (KIS) wurden eingeführt und machten die statistische Erhebung der Anzahl und Durchführungszeiten von Lockerungen möglich. In den letzten Jahren werden ca. 25.000 Lockerungen pro Jahr „vor den Zaun“ durchgeführt.
Die im Laufe der letzten 25 Jahre entwickelten Spezifikationen der Lockerungssystematik der Klinik Nette-Gut, haben sich insgesamt bewährt.
Nichtdestotrotz gab es gerade in den letzten 2 Jahren insgesamt drei Entweichungen, die aufgrund von Delikt- und Persönlichkeitshintergründen der Patienten von der medialen Öffentlichkeit kritisch berichterstattet und kommentiert wurden. Es bleibt festzustellen, dass es auch bei dem Thema Gewährung von Lockerungen keine 100%ige Sicherheit geben kann. Lockerungen sind und bleiben aber therapeutische und prognostische Notwendigkeit und verbrieftes Recht der Patienten.
LIVELT-Liste zur Vorhersage von Entweichungs- und Lockerungsmissbrauchstendenzen
Christoph Schmitt, Weißenthurm (Germany)
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Christoph Schmitt, Weißenthurm (Germany)
Lockerungen während des Vollzugs sind ein wichtiger Bestandteil in der Behandlung psychisch kranker Rechtsbrecher. Sie müssen in Deutschland immer dann gewährt werden, wenn die Gefahr eines Missbrauchs oder einer Flucht negiert wird.
Diese Vorgaben implizieren gleichzeitig, dass die Einschätzung der deliktbezogenen Rückfallgefahr des Patienten nicht das einzige Kriterium für die Gewährung einer Lockerung sein kann. Wäre eine Rückfallgefahr nämlich zu negieren, dann stünde nicht die Lockerung, sondern eher die Entlassung aus der Klinik zur Entscheidung an.
Im Alltag einer Forensischen Klinik muss deshalb zwischen der Gefahr eines Lockerungsmissbrauchs und der deliktbezogenen Rückfallgefahr eines Patienten unterschieden werden.
Während die forensischen Wissenschaften bei der Prognose von deliktbezogenen Rückfällen in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erreichen konnten, fehlt es im Bereich der Vorhersage von Lockerungsmissbräuchen weitgehend an begleitender Forschung.
Das ist erstaunlich, weil insbesondere Lockerungen „vor den Zaun“ häufig mit vielerlei Unsicherheiten auf Seiten der Verantwortlichen verbunden sind und ein Missbrauch der gewährten Lockerung zu gravierenden Konsequenzen auf verschiedensten Ebenen führen kann.
In der Klinik Nette-Gut für Forensische Psychiatrie kommt seit dem Jahre 2007 eine Checkliste zur Erfassung von Entweichungs- und Lockerungsmissbrauchstendenzen zum Einsatz.
Dabei wird vermutet, dass Lockerungsmissbräuche häufig „aus der Situation“ heraus motiviert und primär durch normalpsychologische Faktoren erklärbar sind.
Die LIVELT hat sich in den letzten Jahren insbesondere als brauchbares Instrument zur Dokumentation bewährt.
Dokumentation von Lockerungsdurchführungen im Krankenhausinformationssystem und deren statistische Erfassung
Wolfgang Weidmann, Weißenthurm (Germany)
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Wolfgang Weidmann, Weißenthurm (Germany)
Nachdem in einem Verfahren zur Genehmigung von Lockerungen diese den untergebrachten Personen im Maßregelvollzug zugestanden werden, sollen diese auch in der Praxis durchgeführt werden. Jede einzelne Gewährung einer Lockerung ist zu dokumentieren.
In der Klinik Nette-Gut wurden im Jahr 2018 ca. 25000 Lockerungen durchgeführt. Diese sind im patientenbezogenen Berichtsteil des Krankenhaus-informationssystems (KIS) als Eintrag festgehalten. In einer Evaluation dieser Dokumentationen zeigte sich, dass sowohl Zeitangaben als auch inhaltliche Aspekte wie Zielsetzung und Ziel der Lockerung, Befindlichkeit des Patienten, Absprachen zu möglichen Krisensituationen uvm. nur unzureichend berücksichtigt wurden.
Lockerungen wurden zusätzlich statistisch über Excel Dateien zur statistischen Auswertung erfasst.
In enger Zusammenarbeit mit der landeskrankenhauseigenen „Abteilung Informationssysteme“ war es möglich, die Darstellung der Lockerungsdurchführungen im KIS (Nexus) zu implementieren. Durch strukturierte Eingabe von Lockerungsstufe, Beginn und Ende der Lockerungsdurchführung wurde es möglich, diese Daten nach Lockerungsstufen, Fachbereichen, Stationen und Einzelpersonen, sowie Anzahl, Datum und Dauer statistisch aus dem KIS auszuleiten.
Ebenfalls sind die Berichtsinhalte nach Oberpunkten wie Lockerungsvorbereitung, Durchführung und Lockerungsreflexion unterteilt. Die aktuellen Daten und der Stand der laufenden Lockerung werden nach Speicherung automatisiert in den Dokumentationsverlauf übergeleitet und stehen allen, an der Behandlung Beteiligten Berufsgruppen zu Verfügung.