Im Symposium der DG-Sucht werden aktuelle Entwicklungen in Suchtforschung und -therapie thematisiert.
Gemäß dem epidemiologischen Suchtsurvey 2015 weisen 2.65 Mio Personen in der deutschen Allgemeinbevölkerung einen klinisch auffälligen Konsum von abhängigkeitserzeugenden Medikamenten auf. Mit Unterstützung aus Mitteln der DGPPN und der DG-Sucht wird aktuell eine AWMF-S3 Behandlungsleitlinie zu Medikamentenbezogenen Störungen entwickelt. Die Leitliniengruppe setzt sich aus 44 Fachgesellschaften und Organisationen sowie Einzelpersonen zusammen. Insgesamt 12 Arbeitsgruppen sind mit der Abfassung der Einzelkapitel betraut. In eigenen Kapiteln werden Benzodiazepine, Opioide, Gabapentinoide und Psychostimulanzien abgehandelt. Weiterhin sind Cannabis-Präparate sowie Substanzen relevant, die zur Leistungssteigerung eingesetzt werden (NSAID, Hormone, Diuretika etc.). Herr Anil Batra wird die jüngst konsentierten Behandlungsempfehlungen zur Benzodiazepinabhängigkeit vorstellen und Frau Havemann-Reinecke die Empfehlungen zur Opioidabhängigkeit.
In den Jahren 2010–2014 wurden auf Initiative der DGPPN und der DG-Sucht AWMF-S3-Leitlinien zu alkohol- und tabakbezogenen Störungen erstellt, die nun aktualisiert werden. Arbeitsgruppen sollen bis Herbst 2019 die überarbeiteten Kapitel fertig stellen, Konsensus-Konferenzen der Delegierten der Fachgesellschaften sind für das Frühjahr 2020 unter Supervision der AWMF geplant. Im Beitrag von Falk Kiefer werden erste Ergebnisse zu den neuen Behandlungsempfehlungen der Alkoholabhängigkeit vorgestellt.
Im Zuge einer rasanten Entwicklung in der digitalen Welt ist die Nutzung des Internets zur Unterhaltung, zur Kommunikation und zur Informationsgewinnung nicht mehr wegzudenken. Besonders Jugendliche, die als digital natives von ihren ersten Lebensjahren an digitale Medien kennen, weisen eine besondere Affinität zu diesen Medien und dem Internet auf. Das bildet sich unter anderem in hohen Nutzungszeiten ab. Für die repräsentative Studie „Geld für Games“ wurden 1.000 Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren befragt. Neben der Suchtgefahr wurden erstmals auch die Ausgaben für die Anschaffung von Computerspielen und Extras untersucht. Rainer Thomasius wird Ergebnisse dieser Studie vorstellen.
S3-Leitlinie zur Behandlung der Benzodiazepinabhängigkeit
Anil Batra, Tübingen (Germany)
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Anil Batra, Tübingen (Germany)
2015 betrieben rund 2.5 Mio Menschen der deutschen Allgemeinbevölkerung einen klinisch auffälligen Konsum von Medikamenten. Aus diesem Grund wird seit 24.Mai 2018 (Auftaktsitzung in Berlin) von zahlreichen Fachgesellschaften unter Federführung von DGPPN und DG-Sucht die S3-Leitlinie zu Medikamentenbezogenen Störungen entwickelt.
Das Ärztliche Zentrum für Qualitätssicherung, (ÄZQ,) koordiniert die Aktivitäten der 42 Fachgesellschaften an der Erstellung der AWMF S3 Therapieleitlinie, die in 12 Arbeitsgruppen (Begriffsbestimmungen, Benzodiazepine, Opioide, Cannabinoide als Medizin, Gabapentinoide, Nicht opioide Analgetika Stimulantien, Mischformen, Kinder von Abhängigen, Prävention, Komorbiditäten, und Versorgungskoordination) Empfehlungen erarbeiten.
Für alle Arbeitsgruppen wurden Literaturrecherchen durchgeführt, Studien gesichtet und bewertet.
Klinische Fragestellungen wurden in Delphi –Verfahren ermittelt.
Im Januar 2019 wurden die ersten Empfehlungen zum Umgang mit nicht-opioiden Analgetika und zur Therapie der Benzodiazepin-Abhängigkeit diskutiert und konsentiert. Auf einer zweitägigen Konsensuskonferenz Ende September 2019 wurden große Anteile der ausstehenden Themen (Opioide, Gabapentinoide, Stimulantien, Cannabinoide, Komorbidität, Prävention und Versorgungsstrukturen sowie die medikamentöse Therapie der Benzodiazepinabhängigkeit) verabschiedet.
Geld für Games – wenn Computerspiel zum Glücksspiel wird
Rainer Thomasius, Hamburg (Germany)
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Rainer Thomasius, Hamburg (Germany)
Einleitung
In Computerspielen erlangen monetäre Aspekte, die über reine Anschaffungskosten hinausgehen, zunehmende Bedeutung. Zunächst kostenfreie Spiele (free-2-play), erfordern im fortgesetzten Spielverlauf Geldausgaben (für Spielgestaltung, Individualisierung, Erweiterungen, technische Zusatzitems, Loot-Boxen). Diese liegen im Cent- bis Euro-Bereich. Durch eigene Spielwährungen (In-Game-Währung) und direkte (1-click) Käufe kann der Überblick schwierig sein. Gleichzeitig fördern diese Käufe Spielbindungen, die aufgrund des Spiele-Designs (Story, Einbindung sozialer Netzwerke, Graphik, Sounds, Zeitvorgaben, Überraschungskisten im Spielverlauf usw.), ohnehin hoch sind.
Methode
Eine Repräsentativstichprobe mit 1000 Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren wurde mittels computergestützter Telefoninterviews (CATIs) zu ihrem Computerspielverhalten befragt. Uns interessierte dabei vorrangig: Wie viel Geld geben Jugendliche in Deutschland für die Anschaffung von Computerspielen und deren Ausgestaltung aus? Welche Suchtgefährdung zeigen Jugendliche, die regelmäßig Computerspiele nutzen? Wie unterscheiden sich regelmäßige Nutzer mit unauffälligem Konsum von denen mit riskantem bzw. abhängigem Konsum? Berücksichtigt wurden Online- und Offline-Spiele auf allen verfügbaren technischen Endgeräten (wie Computer, Spielekonsole, Smartphone, Tablet). Die Kriterien für eine Computerspielstörung (DSM 5) wurden mit der Internet Gaming Disorder Scale (IGDS) sowie emotionale und Verhaltensprobleme mit Hilfe des Strength and Difficulties Questionnaire (SDQ) erfasst.
Ergebnisse
72,5% der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren in Deutschland spielen mindestens einmal wöchentlich Computerspiele. 15,4% der regelmäßigen Gamer (N=112) zeigen riskantes oder pathologisches Spielverhalten im Sinne einer Computerspielstörung. Sie berichten häufiger emotionale und Verhaltensprobleme als unauffällige Gamer. Mehr als die Hälfte (52%) der regelmäßigen Gamer (89% Jungen) gab im Zeitraum von sechs Monaten vor der Befragung Geld für die Anschaffung von Spielen oder für Extras aus (N=380). Im Mittel lagen die Ausgaben bei EUR 110,65.
Diskussion
Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren sind eine primäre Zielgruppe der Computerspielindustrie. In vorliegender Studie erweist sich der Geldeinsatz als Moderatorvariable einer Computerspielstörung. Daraus leiten sich Vorschläge für die Prävention ab.