Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4-6 weiteren Grunderkrankungen; sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maßnahmen und werden regelmäßig mit Entscheidungen zur medizinischen Diagnostik und/oder Behandlung konfrontiert. Da die Einwilligungsfähigkeit der Betroffenen dabei häufig in Frage gestellt wird, werden regelmäßig stellvertretende Entscheidungen getroffen. Um beurteilen zu können, ob eine rechtlich wirksame Einwilligung vorliegt, bedarf es der Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit. Für dieses Vorgehen besteht der dringende Bedarf an Kriterien und Prozeduren, um eine Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz zu optimieren. Hilfestellung soll an dieser Stelle die AWMF-Leitlinie „Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen“ schaffen. Sie soll strukturierte Empfehlungen zur Sicherung der Handlungsfähigkeit von Menschen mit Demenz (insbesondere im Sinne der Selbstbestimmung) bei Entscheidungen über medizinische Maßnahmen (Diagnostik, ärztliche Heilbehandlung, palliativmedizinische Maßnahmen) zur Verfügung stellen.
Im Rahmen des Symposiums sollen verschiedenen Aspekte dieser Leitlinie auch im Hinblick auf Anwendbarkeit und Akzeptanz vorgestellt werden.
Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz – konzeptionelle und klinische Aspekte
Matthé Scholten, Bochum (Germany)
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Autor:innen:
Matthé Scholten, Bochum (Germany)
Astrid Gieselmann, Bochum (Germany)
Jakov Gather, Bochum (Germany)
Jochen Vollmann, Bochum (Germany)
In dieser Präsentation werden das Konzept der Einwilligungsfähigkeit und die Empfehlungen zur Prüfung der Einwilligungsfähigkeit von Personen mit Demenz aus der AMWF S2k Leitlinie „Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen“ vorgestellt und erläutert. Ausgewählte konzeptionelle und ethische Aspekte der Leitlinie werden kritisch im Hinblick auf ihre klinische Anwendbarkeit und Relevanz untersucht.
Maßnahmen zur Unterstützung der Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz
Valentina A. Tesky, Frankfurt am Main (Germany)
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Autor:in:
Valentina A. Tesky, Frankfurt am Main (Germany)
Die Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz wird häufig in Frage gestellt und es werden regelmäßig stellvertretende Entscheidungen getroffen. Es sollten Verfahren eingesetzt werden, um die Selbstbestimmung von Patienten zu fördern. Möglich wäre dies durch z.B. unterstützende Maßnahmen während einer Testdurchführung, bei der die Einwilligungsfähigkeit geprüft wird. Die Forschung zur Unterstützung der Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz ist allerdings rar und weist oft niedrige methodische Qualität auf. Die Ergebnisse der wenigen kontrollierten Interventionsstudien weisen darauf hin, dass Unterstützung den Prozess der informierten Einwilligung im Hinblick auf verschiedene Zielgrößen verbessern kann. Einige Methoden der Unterstützung können auf Basis der bislang vorliegenden Studien empfohlen werden. Die in der S2k-Leitlinie „Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen“ gegebenen Empfehlungen zu konkreten unterstützenden Maßnahmen werden im Vortrag vorgestellt und reflektiert.
Stellvertretung und Vorausplanung
Peter Winterstein, Schwerin (Germany)
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Autor:in:
Peter Winterstein, Schwerin (Germany)
Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen
Stellvertretung und Vorausplanung
Peter Winterstein,
Vizepräsident des Oberlandesgerichts a.D., Vorsitzender des Betreuungsgerichtstags BGT e.V.
Ein besonderes Kennzeichen von Demenzerkrankungen ist die Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit und der Fähigkeit zu selbständiger Lebensführung des Betroffenen. Dies kann ab einem bestimmten Krankheitsstadium mit dem Verlust der Einwilligungsfähigkeit für medizinische Maßnahmen verbunden sein.
Für die Behandlung von Menschen mit Demenz kann daher stets die Frage nach einer wirksamen Einwilligung in eine Behandlung auch mit der Frage der Vertretung des Patienten verbunden sein. Im Frühstadium einer Erkrankung ist dazu eine Vorausplanung sinnvoll, insbesondere die Frage einer Patientenverfügung.
Stellvertretung durch Vorsorgevollmachten und rechtliche Betreuung und Vorausplanung durch Patientenverfügung und Betreuungsverfügung sollten deshalb Gegenstand des Gesprächs zwischen Arzt und Patient sein.
In der S2k-Leitlinie „Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen“ werden u.a. für ein solches Gespräch konkrete Empfehlungen formuliert. Diese werden auch im Hinblick auf die Beachtung des nach dem Erwachsenenschutzrecht des BGB, des Artikels 12 der UN-Behindertenrechtskonvention und den Anforderungen
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen des Vortrags beleuchtet.