Raum:
Saal Paris 2
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 04: Affektive Störungen, F3
Topic 01: Neurokognitive Erkrankungen, organische psychische Störungen, Demenz, F0
Topic 18: Stimulationsverfahren, internetbasierte Interventionen und andere psychiatrische Therapieformen
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Depressionen gehören neben kognitiven Störungen zu den häufigsten psychischen Störungen im höheren Lebensalter mit einem deutlichen Anstieg des Suizidrisikos insbesondere bei Männern. Die Behandlung der Altersdepression stellt insbesondere hinsichtlich der Multimorbidität vieler Patienten eine besondere Herausforderung im klinischen Alltag da. Neben Pharmakotherapie und Psychotherapie stehen Hirnstimulationsverfahren zur Behandlung zur Verfügung, die in diesem Symposium vorgestellt werden. Die Wirksamkeit der transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) in der Unterstützung adaptiver neuroplastischer Prozesse mit potentiellem Nutzen für die Depressionsbehandlung ist vielfach belegt. Die Kombination von tDCS und dem gezielten Training kognitiver Kontrolle bei älteren Menschen mit subjektiver kognitiver Beeinträchtigung führt zu einer anhaltenden Reduktion dieser Beeinträchtigung. Die Wirksamkeit der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) bei älteren Patienten wird kontrovers diskutiert. In zahlreichen Studien konnte die akute Wirksamkeit der hochfrequenten rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Kortex nachgewiesen werden. Dabei wurde auf die Notwendigkeit insbesondere höherer Stimulationsintensitäten hingewiesen. Ältere Patienten profitieren von einer Behandlung mit Elektrokonvulsionstherapie (EKT) deutlicher und schneller als jüngere. Dies gilt insbesondere für wahnhafte Depressionen. Altersübergreifend ist die EKT hinsichtlich der Wirksamkeit der Pharmakotherapie überlegen. Kognitive Nebenwirkungen treten jedoch häufiger auf. Die Magnetkonvulsionstherapie (MKT), ist ein innovatives, konvulsives Stimulationsverfahren. Wie bei der EKT wird unter Kurznarkose ein Krampfanfall ausgelöst, jedoch mit starken magnetischen Feldern. Bisherige Ergebnisse zeigen wenig kognitive Nebenwirkungen bei guter antidepressiver Wirksamkeit, so dass weiter gehende Untersuchungen insbesondere bei älteren Patienten mit kognitiven Defiziten durchgeführt werden sollten.
Repetitive transkranielle Magnetstimulation bei Altersdepression
Bettina Bewernick, Bonn (Germany)
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Autor:in:
Bettina Bewernick, Bonn (Germany)
Ein Charakteristikum der depressiven Erkrankung bei älteren Patienten sind häufigere Rückfälle und Therapieresistenzen. Die Effekte von Antidepressiva sind variabler und die Anzahl der Nebenwirkungen höher. Deshalb sind Hirnstimulationsverfahren als Alternativ- oder Zusatzbehandlung gerade bei dieser Patientengruppe interessant. Ein wesentlicher Vorteil der rTMS gegenüber der sehr effektiven EKT sind die geringeren Nebenwirkungen, v.a. in Bezug auf die Kognition. Deshalb ist die Akzeptanz durch die Patienten hoch.
Die antidepressive Effektivität der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) ist bei Erwachsenen mit einer Response-Rate von ca. 40% nachgewiesen. Bei älteren Patienten wird die Effektivität kontrovers diskutiert. In einigen älteren Studien wurde das Alter als negativer Prädiktor für das Ansprechen auf die rTMS gefunden. Ursachen könnten die Zunahme atrophierter Hirnregionen im Alter sowie eine größere Kortex-Schädel-Distanz sein. Jedoch ist auch die Aussagekraft älterer Studien aufgrund der meist zu niedrigen Altersgrenzen von 60 Jahren, für die Altersdepression eingeschränkt. In neueren Studien, die altersunabhängig höhere Stimulationsintensitäten verwenden (ca. 120% der Motorschwelle), lassen sich keine signifikanten Effekte der rTMS für Altersunterschiede finden. Auch konnte in diesen Studien eine gute Wirksamkeit der hochfrequenten rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC) bei älteren im Vergleich zu jüngeren Patienten nachgewiesen werden. Pilotstudien weisen zudem auf die Nützlichkeit bilateraler rTMS bei älteren depressiven Patienten hin, wobei rechtsseitig mit niedrigen Frequenzen und linksseitig hochfrequent stimuliert wird. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer adäquat hohen Stimulationsintensität als wichtiger Wirkfaktor der rTMS, auf die besonders bei älteren Patienten geachtet werden sollte. Auch ein möglicher Zusatznutzen durch intensivere, z.B. bilaterale, Stimulationsprotokolle, liegt nahe.