Mit dem diesjährigen Referatssymposium möchten wir die Erfahrungen dreier speziell für junge Menschen mit beginnenden psychischen Störungen konzipierter Versorgungsangebote vorstellen und diskutieren.
Für das Angebot niedrigschwelliger, diagnoseübergreifender Früherkennungszentren werden Daten von über 900 jungen Menschen zwischen 15 und 35 Jahren vorgestellt, die sich seit der Gründung 2009 hilfesuchend an das Früherkennungszentrum für psychische Störungen der Universitätsklinik Dresden (ddfrühdran) gewandt haben.
Als Beispiel für ein niedrigschwelliges institutionsübergreifendes Beratungs- und Behandlungsangebot, welches eine städtische Beratungsstelle mit der Früherkennungsambulanz einer Klinik verbindet, wird „Soulspace“ aus Berlin vorgestellt und über die ersten Erfahrungen berichtet.
Das Heidelberger Frühbehandlungszentrum als kooperative Transitions-Einrichtung der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie für junge Menschen zwischen 12 und 28 Jahren kann auf mittlerweile über 15 Jahre gemeinsame Arbeit zurückblicken. Die Langzeiterfahrungen bieten spannende Ausblicke für die zukünftige Gestaltung weiterer Transitionsangebote in der Psychiatrie.
Daten aus zehn Jahren niedrigschwelliger und diagnoseübergreifender Früherkennung in Dresden
Julia Martin, Dresden (Germany)
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Autor:in:
Julia Martin, Dresden (Germany)
Hintergrund: Die Früherkennung und die frühzeitige Behandlung von psychischen Störungen kann den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Mit diesem Ziel wurde vor 10 Jahren am Universitätsklinikum Dresden das Früherkennungszentrum „Dresden früh dran“ gegründet, welches niedrigschwellig und diagnoseübergreifend arbeitet.
Methoden: Hilfesuchende Jugendliche und junge Erwachsene (N=890), die sich im Zeitraum von 2009-2018 im Früherkennungszentrum Dresden vorgestellt haben, wurden zur individuellen Vorgeschichte (inkl. Familien-, Sozial-, und Substanzanamnese) und zum Vorliegen von psychischen Störungen (SKID-I) befragt. Bei Hinweisen auf ein erhöhtes Risiko für bipolare oder psychotische Störungen wurden standardisiert Früherkennungsinstrumente eingesetzt. Die klinische Beurteilung der diagnostischen Informationen erfolgte in multiprofessionellen Fallkonferenzen und die Patienten erhielten eine individuelle Behandlungsempfehlung.
Ergebnisse und Diskussion: Es erfolgt eine Beschreibung der Zugangswege zum Früherkennungszentrum, zu den vorliegenden Diagnosen (inkl. Substanzgebrauch), zu bisherigen Behandlungserfahrungen (psychiatrische und medikamentöse Behandlung sowie Psychotherapie) und zu den Empfehlungen des Früherkennungszentrums. Die Erfahrungen der Arbeit im Früherkennungszentrum werden diskutiert.
Autoren: Julia Martini, Karolina Leopold, Steffi Pfeiffer, Anne Böhme, Christina Berndt, Bettina Soltmann, Michael Bauer, Andrea Pfennig
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und Medizinische Fakultät Dresden
Soulspace Berlin für junge Menschen – Konzept und erste Daten eines niedrigschwelligen und institutionsübergreifenden Beratungs- und Behandlungsangebots
Karolina Leopold, Berlin (Germany)
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Autor:in:
Karolina Leopold, Berlin (Germany)
Schwere psychische Erkrankungen wie Psychosen und affektive Erkrankungen manifestieren sich in den meisten Fällen bereits in der Adoleszenz und dem jungen Erwachsenenalter. Erste Symptome und Einschränkungen bleiben zumeist unbehandelt und der Erstkontakt mit der psychiatrischen Versorgung erfolgt in vielen Fällen im Rahmen von akuten stationären Aufnahmen. Die Verzögerung der korrekten Diagnose und adäquaten Behandlung führt zu einer Verschlechterung der Prognose und das Erleben von Zwangsmaßnahmen verringert die Behandlungsbereitschaft nachhaltig. Die lange Dauer der unbehandelten Erkrankung liegt auch daran, dass nur ein Bruchteil der jungen Menschen mit psychischen Problemen Gesundheitsangebote in Anspruch nimmt. Um Betroffene frühzeitiger zu erreichen bedarf es zielgruppenorientierter, niedrigschwelliger und unbürokratischer Angebote. Auf Grund der erforderlichen Expertise und Komplexität bei Früherkennung und Frühintervention psychischer Erkrankungen sind multiprofessionelle Teams in Kooperation mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie unbedingt sinnvoll. Konzepte für solche Versorgungsstrukturen existieren bereits in vielen Ländern, wie z.B. die Headspace-Zentren in Australien. In Deutschland war es auf Grund der Struktur unserer Versorgungslandschaft bisher schwierig solche Angebote zu etablieren. Das institutionsübergreifende, gemeindebasierte, Früherkennungs-, Beratungs-, und Interventionszentrum soulspace für 15- bis 30-Jährige bietet nach internationalem Vorbild einen niedrigschwelligen, nicht stigmatisierenden Zugang zu Beratung, Unterstützung, therapeutischen und/oder tagesstrukturierenden Gruppen, sowie Diagnostik und Therapie. Die Transition zwischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird innerhalb einer Institution ermöglicht, um somit ein präventives Angebot für diese besondere Zielgruppe zu gestalten.
Im Vortrag wird das Konzept und Daten zur Inanspruchnahme des Projekts nach einem Jahr vorgestellt. Die Übertragbarkeit auf weitere Regionen, Schwierigkeiten und Chancen zur Weiterentwicklung werden diskutiert.
Das Heidelberger Frühbehandlungszentrum: Langzeiterfahrung und Implikationen
Daniela Roesch-Ely, Heidelberg (Germany)
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Autor:in:
Daniela Roesch-Ely, Heidelberg (Germany)
Das Heidelberger Frühbehandlungszentrum (FBZ) wurde 2003 gegründet. Es ist ein Modellprojekt der Kliniken für Allgemeine Psychiatrie und Kinder-Jugend-Psychiatrie des Zentrums für Psychosoziale Medizin der Universitätsklinik Heidelberg. Im FBZ werden Adoleszenten zwischen 12 Jahren und junge Erwachsene bis 28 Jahren behandelt. Ursprünglich wurde das FBZ als Früherkennungs- und Frühinterventionssetting für Patienten mit Psychosen konzipiert. Im Laufe der Jahre passte sich das Konzept an und das FBZ ist aktuell als diagnosenübergreifende Station zu sehen. Ziel des Vortrags ist, einen Überblick der aktuellen Klientelen des FBZ zu präsentieren, sowie das therapeutische Angebot vorzustellen. Außerdem werden die Chancen und Herausforderungen des abteilungsübergreifenden Konzepts diskutiert.