Das 40-jährige Jubiläum der DMKG ist Anlass Meilensteine der Migräneforschung und -Therapie der letzten 40 Jahre Revue passieren zu lassen. Referat 1 skizziert die Entwicklungen der Grundlagenforschung der Migräne, deren Ursache heute in einer modifizierten Verarbeitung trigeminaler nozizeptiver Information auf unklarer genetischer Grundlage gesehen wird. Dabei spannt sich ein weiter kurvenreicher Bogen von der vaskulären über die neuroinflammatorische bis zur zentralen Migränetheorie, wobei von allen Theorien bis heute Hypothesen übriggeblieben sind, die durch neue experimentelle Modelle überprüft und überdacht werden. Die fortlaufenden Erkenntnisse sind Grundsteine für therapeutische Verfahren der Migräne und anderer Kopfschmerzen oder machten Therapien in ihrer Wirkung erklärbar. Am Ende sollen Forschungsansätze dargestellt werden, die zum Schluss der noch bestehenden wissenschaftlichen Lücken erforderlich sind.
Referat 2 stellt die klinischen Forschungsergebnisse vor. Die Möglichkeit Migräne anhand einer international einheitlichen Klassifikation zu definieren, hat ganz wesentlich zum Verständnis des klinischen Bildes beigetragen und erlaubt immer noch weiter verfeinerte Klassifikationskriterien abzuleiten. Der Bogen der klinischen Erkenntnisse reicht von der Pro- und Postdromalsymptomatik, den Auraphänomenen, über die Kopfschmerzcharakteristika u. ihrer Begleitsymptome, den Besonderheiten von z.T. genetisch definierten Subgruppen, den Komorbiditäten der Migräne bis hin zu den vaskulären Risiken. Es wird aufgezeigt, wie die Erkenntnisse der klinischen Wissenschaft das Bild einer komplexen und faszinierenden neurobiologischen Erkrankung gezeichnet haben und welche unscharfe Stellen in diesem Bild noch zu erforschen sind. In diesem Kontext wird auch das große Zukunftsprojekt der DMKG, das Deutschland-weite Migräne-Register vorgestellt.
Referat 3 stellt die Meilensteine der medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapie der Migräne vor. Das Verständnis der Migräne als neurobiologische Erkrankung, insbesondere das Wissen um die Rolle des trigeminovaskulären nozizeptiven Systems und der Neuropeptidfreisetzung in der Attacke ermöglichten die Entwicklung Migräne-spezifischer Substanzen, voran der Triptane, jetzt gefolgt von der Entwicklung von monoklonalen Antikörpern gegen CGRP und PACAP, Ditanen und Gepanten. Gleichzeitig hat sich bei verbessertem Kenntnissen zu Komorbiditäten und Chronifizierungsfaktoren das bekannte bio-psycho-soziale Modell als Behandlungsgrundlage der Migräne etabliert. Die Behandlung erfolgt unter Beteiligung von Psychologie und Physiotherapie. Und trotzdem es ist nur der Anfang. Ganz viele Patienten mit Migräne sind nach wie vor nicht richtig diagnostiziert und nicht ausreichend behandelt. Wir alle Ärzte, Apotheker, Krankenkassen, Pharmaindustrie und Politik sind in der Pflicht die Versorgung von Patienten zu verbessern.