Autor:innen:
Dr. Timo Klan | Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Psychologisches Institut | Germany
Annabella Vales | Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Psychologisches Institut | Germany
Dipl.-Psych. Eva Liesering-Latta | Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein | Germany
Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul | Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein | Germany
Prof. Dr. Michael Witthöft | Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Psychologisches Institut | Germany
Hintergrund: Der Clusterkopfschmerz ist eine eher seltene, primäre Kopfschmerzerkrankung, die durch sehr starke, einseitig im Bereich der Orbita lokalisierte Schmerzattacken in Verbindung mit autonomen Symptomen gekennzeichnet ist. Es bestehen zum Teil erhebliche psychosoziale Auswirkungen, die Prävalenz psychischer Komorbiditäten (v.a. depressiver Störungen) ist hoch. Bislang ist kein Messinstrument bekannt, welches sowohl die Schmerzaktivität als auch das gesamte Spektrum der möglichen psychosozialen Beeinträchtigung respektive Belastung erfasst. Ziel der Studie war daher die Entwicklung und psychometrische Erprobung eines Selbstbeurteilungsfragebogens zur Erfassung von Belastung, Beeinträchtigung und Bewältigung bei Clusterkopfschmerz – die Clusterkopfschmerz-Skalen (CKS).
Methoden: Die CKS wurden auf Basis von halbstrukturierten Experteninterviews (Patienten und Behandler) sowie unter Berücksichtigung der Literatur entwickelt und bestehen aus drei Teilen: I. Soziodemografische Daten, II. Parameter der Clusterkopfschmerzerkrankung (Art, Dauer, aktuelle Kopfschmerzaktivität, Behandlung, Trigger) und III. Psychosoziale Aspekte mit den vermuteten Bereichen (a) Belastung, (b) Beeinträchtigung und (c) Bewältigung. Die insgesamt 95 Items von Teil III werden auf einer 5-stufigen Skala (starke Ablehnung bis starke Zustimmung) beantwortet (z.B. „Die Clustererkrankung bestimmt mein Leben“). In einer Online-Querschnittsbefragung wurden von insgesamt N = 302 Clusterkopfschmerzpatienten mit dem CKS sowie mit weiteren Messinstrumenten (u.a. Inventar zur Beeinträchtigung durch Kopfschmerzen, IBK, Depressions-Angst-Stress-Skalen, DASS, Epworth Sleepyness Scale, ESS) Daten erhoben.
Ergebnisse: Eine explorative Faktorenanalyse für die 95 Items von Teil III der CKS ergab 5 inhaltlich sinnvolle Faktoren bzw. Subskalen mit einer jeweils guten bis sehr guten Reliabilität: (a) Beeinträchtigung, α = .90, (b) Besorgnis/Angst, α = .91 (c) Aggression, α = .81, (d) Medizinische Versorgung, α = .83 (e) Schlaf, α = .83. Eine jeweils signifikante Korrelation der Subskalen zu anderen relevanten Messinstrumenten kann als Hinweis auf eine gute konvergente Validität gewertet werden: (a) Beeinträchtigung und IBK: r = .67 bzw. r = .79; (b) Besorgnis/Angst und DASS-Angst: r = .37; (c) Aggression und DASS-Stress: r = .57, (e) Schlaf und ESS: r = .21. Unter Berücksichtigung der Itemkennwerte und Faktorenstruktur erfolgte eine Kürzung von Teil III auf 29 Items (Endfassung).
Schlussfolgerung: Mit den CKS steht ein reliables, valides und ökonomisches Diagnoseinstrument zur Verfügung, welches sowohl die Krankheits- respektive Schmerzaktivität als auch wesentliche psychosoziale Aspekte bei Clusterkopfschmerz erfasst. Zukünftige Forschung sollte Aspekte der Veränderungssensitivität der CKS berücksichtigen und eine Konsolidierung mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse anstreben.