Autor:innen:
Priv.-Doz. Dr. med. Christine Meyer-Frießem | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum gGmbH | Germany
Robert Rehmann | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH | Germany
Dietrich Sturm | Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal | Germany
Lara Schlaffke | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH | Germany
Melanie Ebel | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum gGmbH | Germany
Tineke Greiner | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum gGmbH | Germany
Dr. med. Andrea Westermann | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum gGmbH | Germany
Lynn Eitner | Kinderklinik – St. Josef-Hospital Bochum | Germany
Prof. Dr. med. Christoph Maier | Ruhr-Universität Bochum | Germany
Prof. Dr. Peter Zahn | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum gGmbH | Germany
Prof. Dr. Martin Tegenthoff | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum gGmbH | Germany
Prof. Dr. Elena Enax-Krumova | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum gGmbH | Germany
Fragestellung
Die Critical-Illness-Polyneuromyopathie (CIPNM) ist eine häufige neurologische Komplikation der modernen Intensivmedizin. Eigene Untersuchungen konnten zeigen, dass die Diagnose einer CIPNM trotz entsprechender Klinik und elektrophysiologischer Auffälligkeiten oft übersehen wird. Ziel der aktuellen Studie ist, im Langzeitverlauf den Zusammenhang verschiedener Beschwerden mit dem Ausmaß funktioneller Einschränkungen im Alltag sowie objektivierbarer struktureller und funktioneller neurologischer Defizite zu untersuchen.
Methodik
Nach positivem Votum der Ethikkommission (Nr. 4905-14 3.0; DRKS 00012491) wurden bisher 28 Patienten (23 männlich; Alter 61±14,9 Jahre) nach einem Intensivaufenthalt (Einschlusskriterien: ≥7d Intensivaufenthalt incl. ≥72h Beatmung) in den letzten 10 Jahren im BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum nach zum Untersuchungszeitpunkt bestehenden CIPNM-Symptomen (distal-symmetrische Schmerzen, Taubheit, Missempfindungen und/oder Muskelschwäche) und ihrer Lebensqualität (Numerische Rating Skala: 0-100) befragt und mittels MRC-Muskel-Skala (additiv 0 - 60 Punkte) sowie multimodaler Diagnostik der CIPNM-assoziierter Funktionsstörungen (Elektroneurographie (ENG), Elektromyographie (EMG), Quantitativ Sensorische Testung (QST) nach DFNS-Protokoll) und struktureller Veränderungen (intraepidermale Nervenfaserdichte in der Hautbiopsie (IENFD), Muskel-MRT, corneale confokale Mikroskopie (CCM)) untersucht. Statistik: deskriptiv, ungepaarter t-Test, Chi2-Test.
Ergebnisse
71% der untersuchten Patienten wiesen zum Untersuchungszeitpunkt (im Mittel 3,8±3,3 Jahre nach Intensivtherapie) mind. ein CIPNM-Symptom, 89% mind. eine funktionelle und 86% mind. eine strukturelle Veränderung auf (gleichzeitig strukturelle und funktionelle Störung 79%, plus- Symptome 97%). Dabei waren Muskelschwäche, Hypästhesie und/oder Parästhesien die führenden Symptome v. a. an den unteren Extremitäten. Nur acht Patienten waren zum Untersuchungszeitpunkt ohne Symptome einer CIPNM, fünf von ihnen erinnerten Muskelschwäche direkt nach der Intensivtherapie und sieben zeigten trotz aktueller Symptomfreiheit mind. einen funktionellen oder strukturellen pathologischen Befund. Patienten mit Symptomlast zeigten verminderte Werte im MRC-Score (56,8±3,2 vs. 59,6±0,7, p=0,025) und bewerteten ihre Lebensqualität als eingeschränkter im Gegensatz zu symptomlosen Patienten (60,3±18,9 vs. 90±12 NRS, p=0,000).
Schlussfolgerungen
Jahre nach einem Intensivaufenthalt zeigen nahezu alle Patienten pathologische strukturelle und/oder funktionelle Befunde in den quantifizierbaren Messparametern (ENG, EMG, QST, IENFD, MRT, CCM). Dabei sind Patienten mit klinisch anhaltenden CIPNM-Beschwerden – ungeachtet der Art ¬¬– im alltäglichen Leben signifikant stärker beeinträchtigt als symptomlose. Interessanterweise scheinen Schmerzen scheinen von untergeordneter Bedeutung zu sein.
Förderung
DGUV-Forschungsförderung FR-285