In diesem Symposium sollen physiologische sowie pathophysiologische Mechanismen der thermosensorischen Perzeption dargestellt werden. Mechanismen der zentralen Schmerzverarbeitung stehen in enger Verbindung mit der peripheren Modifikation bestimmter Faserklassen. Das Phänomen der zentralen Disinhibition ist ein Beispiel für die integrative Verknüpfung peripherer und zentraler Prozesse. Es sollen daher Erkenntnisse aus experimentellen Arbeiten sowie die aus der humanen Diagnostik resultierenden klinischen Konsequenzen diskutiert werden, sowie deren Bedeutungen auf unterschiedlicher Ebene betrachtet werden.
Frau Forstenpointner wird im ersten Teil des Symposiums über die klinische Bedeutung der zentralen Disinhibition in der Neurologie sprechen. Es soll von einem pathophysiologischen Korrelat dieses Mechanismus, dem Central Post Stroke Pain berichtet werden. Dabei kommt es durch eine Infarzierung bestimmter thalamischer Kerngebiete (z. B. Nucl. ventralis posterolateralis) zu Thalamusschmerz, welcher durch niederschwellige Stimuli erzeugt werden kann. Des Weiteren soll die experimentelle Induktion einer zentralen Disinhibition durch einen selektiven A-Faser Block bei Gesunden mittels funktioneller MRT Bildgebung dargestellt werden sowie von einer A-Faser Blockade bei Patienten mit Oxaliplatin induzierter Kältehyperalgesie berichtet werden.
Im zweiten Vortrag wird Herr Schilder das Phänomen der Schmerzinduktion durch „Thermal Grill Illusion“ (TGI) vorstellen, bei dem ein komplexes dynamisches Perzept ausgelöst wird, welches Schmerz, Kälte und Brennen umfasst. Allodynie auf Kältereize ist eine häufig auftretende Empfindung bei Patienten mit neuropathischem Schmerz. Dieser Schmerzcharakter ist sehr ähnlich dem des induzierten Schmerzes durch TGI. In diesem Vortrag wird auf die supraspinalen Korrelate des TGI Phänomens eingegangen und wie sie möglicherweise mit neuropathischem Schmerz in Zusammenhang stehen.
Im letzten Teil wird Herr Vollert das Phänomen der paradoxen Hitzeempfindung (PHE) vorstellen, welches in Abgrenzung zur TGI nicht durch räumliche, sondern durch zeitliche Abfolge induziert wird und bei dem ein kalter Reiz als warm oder heiß wahrgenommen wird – anders als bei der TGI jedoch in den meisten Fällen nicht als schmerzhaft empfunden wird. Während dieses Phänomen bei Gesunden nur selten auftritt, steigt die Häufigkeit insbesondere bei deafferenzierenden Neuropathien stark an. Anhand experimenteller Ergebnisse und den sensorischen Profilen von über 1.000 Patienten mit zentralen und peripheren Neuropathien soll dargestellt werden, welche Faktoren das Auftreten von PHE begünstigen, und welche Rückschlüsse dies über Mechanismen der Neuropathie zulässt.
Aufgrund des breit angelegten Themenbereiches richtet sich das Symposium damit sowohl an Kliniker als auch an Wissenschaftler, die sich näher mit den Mechanismen thermischer Schmerzverarbeitung sowie der Pathophysiologie einer zentralen Disinhibition beschäftigen möchten.