Wir stellen Ergebnisse aus dem vom Evangelischen Studienwerk geförderten interdisziplinären Promotionsschwerpunkt „Resilienzfaktoren in der Schmerzverarbeitung“ dar. Im Zusammenschluss von WissenschaftlerInnen und Promovierenden aus Psychologie, Medizin und Theologie erforschen wir warum manche Menschen mit chronischen Schmerzerkrankungen trotz allem ein erfolgreiches privates und berufliches Leben führen, während bei anderen das gesamte Leben vom Schmerz bestimmt wird. Die Gruppe um S. Lautenbacher (Bamberg) untersucht Optimismus als Resilienzfaktor. Im Eiswassertest zeigte sich eine deutliche Reduktion der Schmerzintensität nach experimentell induziertem Optimismus. Wir postulieren, dass die Schmerzlinderung auf einer späten Schmerzverarbeitungsstufe auftritt, da die erste kortikale Verarbeitung, abgebildet durch nozizeptive Hirnpotentiale, keine Optimismuseffekte nachweisen ließ. Eine Studie mit dem Facial Action Coding System zeigte, dass der mimische Schmerzausdruck, der helfendes Verhalten bei Beobachtern auslöst, nach Optimismusinduktion stärker ausfällt. Somit könnte Optimismus gleichzeitig den Schmerz dämpfen und das psychosoziale Coping durch eine verbesserte Schmerzkommunikation optimieren.
J. Wieder und T. Wabel (Bamberg) bearbeiten das Thema „Verbitterung“. Hierunter wird dissoziales und dysfunktionales Phänomen verstanden, das als sich selbst verstärkender Umgang mit schmerzhaften Erfahrungen und dadurch geradezu als nicht-resilienter Mechanismus für den Umgang mit Schmerz gelten kann. Religiöse Traditionen, hier dargestellt am Beispiel des Christentums, können helfen, negative Emotionen zu transformieren und diesem Mechanismus entgegenzutreten. Dabei konzentriert sich der theologische Beitrag auf die konkreten Artikulationen von Schmerzerfahrungen, für die die religiöse Tradition herausgehobene Sprachformen bereithält. Im Wechselspiel körperlicher Erlebens- und mentaler Verarbeitungsprozesse, das den Schmerz kennzeichnet, kommt der hermeneutischen Betrachtung insbesondere der körperbezogenen Metaphern im Kontext von Schmerz eine besondere Bedeutung zu.
Das Team um P. Pauli und P. Reichert untersucht die Rolle von Emotionen bei der Schmerzverarbeitung. Schmerz geht häufig mit dem Erleben von negativen Emotionen einher. Gleichzeitig kann der emotionale Zustand einer Person die Verarbeitung von Schmerz verändern, so dass positive Emotionen in einer Linderung und negative Emotionen in einer Potenzierung von Schmerz resultieren. Ferner führt die Wahrnehmung von Schmerz zu einer veränderten Verarbeitung von Emotionen, das heißt vor allem verstärkten Reaktionen auf negative emotionale Reize. Die erhöhte Prävalenz von Angst und affektiven Störungen bei Schmerzpatienten deutet auf die klinische Relevanz des Zusammenhangs von Schmerz und Emotion hin. Hieraus sollen potentielle Resilienzfaktoren zum Umgang mit Schmerz und der Vorbeugung von Schmerzchronifizierung abgeleitet werden.