Autor:innen:
Prof. Dr. Ulrike Stamer | Inselspital, Universitätsspital Bern | Switzerland
Dr. Thomas Lehmann | Universität Jena | Germany
Béatrice Kobel | Universität Bern | Switzerland
Prof. Dr. med. Winfried Meißner | Universität Jena | Germany
Prof. Dr. Dominique Fletcher | Hôpital Ambroise Paré | France
Einleitung: Chronische Schmerzen nach Operation werden definiert als Schmerzen, die einen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität haben (neuer ICD-11 Code). Die schmerzbedingte Beeinträchtigung nach Operationen wurde bis jetzt selten untersucht.
Methodik: Patienten wurden nach viszeralchirurgischen, orthopädischen, gynäkologischen oder neurochirurgischen (Rückenoperation) Operationen in das internationale Schmerzregister PAIN OUT eingeschlossen [1]. Sechs Monate postoperativ füllten sie den Brief Pain Inventory (BPI) und den DN4 (douleur neuropathique en 4 questions) aus [2,3]. Die schmerzbedingte Beeinträchtigung im Alltag (physische + affektiver Beeinträchtigung) wurde als PITS (Pain Interference Total Score) berechnet. Anhand diese Scores (NRS 0-10) wurden die Patienten vier PITS Gruppen zugeordnet: Keine Beeinträchtigung (PITS=0), leichte (PITS 1-2), mittlere (PITS 3-5), starke schmerzbedingte Beeinträchtigung (PITS ≥ 6). Ein DN4 score ≥ 3 wurde als positiv für neuropathischen Schmerz bewertet. Der Analgetikaverbrauch 6 Monate nach Operation wurde erfasst. Positives Ethikvotum zur Auswertung von Registerdaten; schriftliches Patienteneinverständnis. Statistik: Median (IQR); ordinale Regressionsanalysis (OR (95% CI)).
Ergebnisse: Von 2054 Patienten hatten 59,5%, 22,0%, 13,2% und 5,3% keine, eine leichte, mittlere bzw. starke schmerzbedingte funktionelle Beeinträchtigung mit ausgeprägterer physischer als affektiver Beeinträchtigung. Die Scores für den Durchschnittsschmerz lagen bei 0 (0/0), 1 (0/2), 3 (2/4) und 5 (3/6) für die PITS-Gruppen (p < 0,001). 0,4% der Patienten ohne Schmerzen gaben eine funktionelle Beeinträchtigung an, während dieses 41% der Patienten waren mit Schmerzscores ≥ 6. Sechs Monate postoperativ nahmen 2,7%, 17,0%, 63,8% und 76,9% der Patienten Analgetika ein, WHO III Opioide 0,3%, 0,8%, 5,8% bzw. 18,8%. Präoperativ hatten vor allem orthopädische (7%) und neurochirurgische Patienten (15%) Opioide benötigt. Von den Patienten hatten 1,6%, 21,4%, 39,4% und 58,3% neuropathische Schmerzen (p < 0,001). Das Risiko für einen hohen PITS stieg bei Patienten mit positivem gegenüber negativem DN4 um 29% (OR 1,3 (1,1-1,5)) und um 190% (OR 2.9 (2,7-3,2], wenn der Durchschnittsschmerz ≥ 3 war.
Schlussfolgerung: Bei 18,5% der Patienten lag eine mittlere bis starke schmerzbedingte funktionelle Beeinträchtigung vor. Starke Schmerzen gingen nicht immer mit ausgeprägter Funktionseinschränkung, Patienten mit niedrigen Schmerzscores hatten z.T. stärkere Funktionseinschränkung. Neuropathische Symptome waren assoziiert mit höherem PITS.