Der technische Fortschritt in der Medizin ist evident und relevant, die Möglichkeit der Digitalisierung von Daten in der Schmerzmedizin und Schmerzpsychologie eröffnen viele hervorragende Behandlungsmöglichkeiten. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Technologien intelligent entwickelt und eingesetzt werden. Sie sollten z.B. über eine reine 1:1 Analog-Digital-Übersetzung bisheriger Therapietools (z.B. Erfassung von Schmerzdaten Schmerztagebuch-Aufzeichnungen anstatt auf Papier) hinausgehen. Im Idealfall sollten sie eine neue Dimension für die Schmerzbehandlung ermöglichen, deren primäres Ziel es ist, sowohl das Behandlungsteam im Klinikalltag zu erleichtern, die Interaktion zwischen Behandler und Patienten zu unterstützen, für beide Seiten innovative und sichere Schmerzbehandlungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Die Entwicklungsrealität digitaler Technologien sieht aber derzeit anders aus. Kaum eine Applikation, die auf Basis einer empirischen klinischen Studie entwickelt wurde, findet Zugang in den klinischen Alltag, stattdessen werden massenhaft banale Apps zur Messung physiologischer Parameter, z.B. Herzrate beim Freizeitsport, entwickelt, veröffentlicht und für den Klinikalltag als Ersatz medizinscher Leistungen vorgeschlagen. Diese Entwicklung ist in Folge dann oft auch Basis für die irrige Annahme, dass digitale Technologien den persönlichen Kontakt zu Medizinern, Psychologen, Pflegekräften oder Physiotherapie ersetzen können. Im Symposium wird diskutiert, welche Fallstricke und Gefahren eine so verstandene digitale Medizin in sich birgt. Es wird aufgezeigt, auf welchem Wege die wichtigste Ressource der Schmerzmedizin, nämlich Empathie und zwischenmenschlicher Kontakt, nicht vergeudet, sondern in Verbindung mit den digitalen Technologien intelligent und sinnvoll in der Schmerzmedizin eingesetzt werden kann, um Zuversicht, Sicherheit und Heilungserfolg zu vermitteln.
C. Nau gibt einen Überblick über neue digitale Technologien in der Schmerzmedizin, deren Einsatzmöglichkeiten sowie deren Nutzen und Gefahren. J. Stuhlreyer stellt anhand von Daten einer von der DFG-geförderten Studie die Möglichkeiten der Verbesserung postoperativer Schmerzmedikation mithilfe einer Applikation zur „Open-Medication“ dar. Sie zeigt die Einsatzmöglichkeiten der Applikation als technisches Tool, welches die Interaktion zwischen Behandler und Patient erleichtert und durch ergänzende Empathie und Zuwendung die postoperative Schmerztherapie verbessern kann. Die Digitalisierung kommt auch in der Schmerzeinschätzung zum Einsatz. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Hoffnungen in diese Technologie erfüllt werden können, denn pflegerische Entscheidungen basieren auf der Verknüpfung von Regelwissen mit der professionellen Expertise und dem Abgleich mit den individuellen Bedürfnissen der PatientInnen. In dem Vortrag von E. Sirsch wird ein Überblick über die aktuellen technischen Möglichkeiten der Schmerzbestimmung geben und Chancen und Risiken beleuchtet.