Autor:innen:
Dr. med. Cornelia Weidinger | Universität Erlangen | Germany
Lea Hedrich | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Christa Geiß | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Dipl.-Psych. Barbara Ortlieb | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Dr. med. Stefanie Ludwig | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Dr. med. Norbert Grießinger | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Angelika Eichholz | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Hintergrund
Die stationäre interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie (IMST) am Universitätsklinikum Erlangen besteht aus ärztlichen, psychologischen, ergo- und physiotherapeutischen Gruppen- und Einzeltherapien. Sie findet über 3 Wochen hinweg in einer geschlossenen Kleingruppe mit max. 4 Teilnehmern statt. Aufgenommen werden Patienten mit stark chronifizierten Schmerzsyndromen bzw. Übergebrauch von Analgetika. Unter Einhaltung definierter Parameter ist die Wirksamkeit der IMST bei Patienten mit beeinträchtigenden chronischen Schmerzen belegt (Pfingsten et al., 2019). Bei dysfunktionalem Medikamentengebrauch und langfristiger Opioideinnahme bei nicht tumorbedingten Schmerzen wird häufig eine medikamentöse Entzugsbehandlung im stationären multimodalen Rahmen empfohlen (Sens et al., 2017).
Ziel dieser monozentrischen, retrospektiven Studie war es, Veränderungen in Bezug auf therapierelevante Variablen (Schmerzstärke, Beeinträchtigungserleben, gesundheitsbezogene Lebensqualität, Wohlbefinden, Schlaf, Depressivität, Angst, Stress, Schmerzverarbeitung, subjektive Beurteilung des Behandlungserfolgs, Opioidmedikation) zu untersuchen.
Methoden
Es wurden Routine-Daten von 162 (Altersdurchschnitt=58,5 Jahre, SD=14,6) stationär behandelten Patientinnen (n=105) und Patienten (n=57) ausgewertet, die vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 an der IMST teilgenommen hatten. Die zu Therapiebeginn und -ende erhobenen Werte (v. Korff, SF-12, FW7, DASS, FESV, DSF-Items zu Wohlbefinden und Schlaf, Opioidmedikation in Morphin-Äquivalenten) wurden mittels t-Test für abhängige Stichproben (SPSS® Version 21) verglichen und Effektstärken (Cohens d) berechnet. Zudem wurden deskriptive Statistiken (DSF-Item „Beurteilung des bisherigen Behandlungserfolgs“, Opioidmedikation) ermittelt.
Ergebnisse
In den meisten untersuchten Outcome-Variablen konnte im Prä-Post-Vergleich eine hoch signifikante Verbesserung (p < 0.01) festgestellt werden. Die Effektstärken lagen zwischen d=0,36 (FESV-BW; Handlungsplanungskompetenzen) und d=1,08 (FESV-BW; Ruhe-und Entspannungstechniken). Im Beeinträchtigungserleben (nach v. Korff) veränderten sich die Werte nicht signifikant, dagegen erreichte die Reduktion in der Schmerzintensität eine Effektstärke von d=0,53. 51,9% der Patienten kamen mit vorbestehender Opioidmedikation in die Schmerztherapie. Insgesamt konnte die Opioiddosis im Therapieverlauf gesenkt werden (p < 0.01, d=0,27).
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse zeigen erneut die Wirksamkeit eines stationären multimodalen Therapiekonzeptes bei Patienten mit komplexen Schmerzsyndromen. Weitere Studien sind geplant, um langfristige Therapieeffekte zu untersuchen und deren Zusammenhang mit der Analgetika-Einnahme, v.a. der Opioidmedikation, zu erfassen.