Der technische Fortschritt in der Medizin ist evident und relevant, die Möglichkeit der Digitalisierung von Daten in der Schmerzmedizin und Schmerzpsychologie eröffnen viele hervorragende Behandlungsmöglichkeiten. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Technologien intelligent entwickelt und eingesetzt werden. Sie sollten z.B. über eine reine 1:1 Analog-Digital-Übersetzung bisheriger Therapietools (z.B. Erfassung von Schmerzdaten Schmerztagebuch-Aufzeichnungen anstatt auf Papier) hinausgehen. Im Idealfall sollten sie eine neue Dimension für die Schmerzbehandlung ermöglichen, deren primäres Ziel es ist, sowohl das Behandlungsteam im Klinikalltag zu erleichtern, die Interaktion zwischen Behandler und Patienten zu unterstützen, für beide Seiten innovative und sichere Schmerzbehandlungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Die Entwicklungsrealität digitaler Technologien sieht aber derzeit anders aus. Kaum eine Applikation, die auf Basis einer empirischen klinischen Studie entwickelt wurde, findet Zugang in den klinischen Alltag, stattdessen werden massenhaft banale Apps zur Messung physiologischer Parameter, z.B. Herzrate beim Freizeitsport, entwickelt, veröffentlicht und für den Klinikalltag als Ersatz medizinscher Leistungen vorgeschlagen. Diese Entwicklung ist in Folge dann oft auch Basis für die irrige Annahme, dass digitale Technologien den persönlichen Kontakt zu Medizinern, Psychologen, Pflegekräften oder Physiotherapie ersetzen können. Im Symposium wird diskutiert, welche Fallstricke und Gefahren eine so verstandene digitale Medizin in sich birgt. Es wird aufgezeigt, auf welchem Wege die wichtigste Ressource der Schmerzmedizin, nämlich Empathie und zwischenmenschlicher Kontakt, nicht vergeudet, sondern in Verbindung mit den digitalen Technologien intelligent und sinnvoll in der Schmerzmedizin eingesetzt werden kann, um Zuversicht, Sicherheit und Heilungserfolg zu vermitteln.
C. Nau gibt einen Überblick über neue digitale Technologien in der Schmerzmedizin, deren Einsatzmöglichkeiten sowie deren Nutzen und Gefahren. J. Stuhlreyer stellt anhand von Daten einer von der DFG-geförderten Studie die Möglichkeiten der Verbesserung postoperativer Schmerzmedikation mithilfe einer Applikation zur „Open-Medication“ dar. Sie zeigt die Einsatzmöglichkeiten der Applikation als technisches Tool, welches die Interaktion zwischen Behandler und Patient erleichtert und durch ergänzende Empathie und Zuwendung die postoperative Schmerztherapie verbessern kann. Die Digitalisierung kommt auch in der Schmerzeinschätzung zum Einsatz. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Hoffnungen in diese Technologie erfüllt werden können, denn pflegerische Entscheidungen basieren auf der Verknüpfung von Regelwissen mit der professionellen Expertise und dem Abgleich mit den individuellen Bedürfnissen der PatientInnen. In dem Vortrag von E. Sirsch wird ein Überblick über die aktuellen technischen Möglichkeiten der Schmerzbestimmung geben und Chancen und Risiken beleuchtet.
Im Zuge der Effektivierung gesundheitlicher Versorgungsleistung erheben sich hohe Ansprüche an die Effektivitätsbestimmung einzelner Versorgungsleistungen. Ziel ist die Reduktion von unnötigen Kosten für die Gesellschaft, vor allem aber auch aufseiten der Patienten, die weniger Leid erleben, wenn sie rechtzeitig bedarfsgerechten Therapien zugeführt werden können. Die Erfassung von Effektivitätsparametern sowohl in klinischen Studien als auch in der Versorgung (auch im Hinblick auf Qualitätsindikatoren) erhält daher große Bedeutung. Die Schmerztherapie bleibt davon nicht ausgenommen. In den letzten Jahren wurde zunehmend deutlich, wie wichtig die richtige Wahl geeigneter Effektivitätsparameter ist bzw. wie ausschlaggebend valide und reliable Messinstrumente für die zuverlässige Bestimmung von Therapieeffekten sind. Diesem Sachverhalt wurde allerdings in der Umsetzung von klinischen Studien bzw. in der Versorgungsforschung, leider auch in der Schmerztherapie, bisher zu wenig Rechnung getragen. Dabei spielen auch methodische Aspekte eine wesentliche Rolle: ob bspw. Patienten bereits zur Entscheidung von Effektivitätsparametern einbezogen wurden, wie die Wahl dieser Parameter berichtet wurde, und nicht zuletzt, wie die Messinstrumente entwickelt wurden. Auf Grundlage neuer Empfehlungen führender Arbeitsgruppen muss derzeit zusammengefasst werden, dass weder die Wahl der Parameter und der sie erhebenden Messinstrumente, noch die Qualität der Messinstrumente an sich, auch in der Schmerztherapie, den Anforderungen ihrer Einsatzfelder genügen. Dies hat erheblichen Einfluss auf spätere Schlussfolgerungen über den Einsatz von Therapieleistungen, die im schlimmsten Falle entgegen den Bedarfen von Patienten stehen und damit weder zu einer Verbesserung der Versorgung noch zu einer Verbesserung der Lebenssituation von Patienten führen.
Im Rahmen des Symposiums werden anhand zweier Schmerztherapiefelder, des postoperativen und des chronischen Schmerzes, zum einen die aktuelle Situation dargestellt, entsprechend relevanter Empfehlungen (Williamson et al., 2017) kritisch eingeordnet, zum anderen auch Handlungsfelder für weitere wissenschaftliche Arbeit abgeleitet. Dabei wird deutlich, dass die Wahl bzw. Entwicklung geeigneter Messinstrumente nicht technisch bleiben darf, sondern in hohem Maße durch praktisches Wissen über Mechanismen, Krankheitsbilder und klinische Erfahrung geleitet sein muss. Das Messinstrument am Ende, das eine patientenrelevante Veränderung durch eine bestimmte Therapie zuverlässig abbilden soll, kann nur in enger Zusammenarbeit aller beteiligter Fachgruppen und Patienten entstehen und fußt auf den jeweils aktuellen Wissensständen der Fachgemeinschaft. Der Diskurs beeinflusst damit auch das praktische Handeln im Alltag mit den Patienten. Die in der Schmerztherapie gelebte Interdisziplinarität ist dabei ein maßgeblicher Vorteil dieses Forschungsfeldes.
Williamson, P. R., et al. (2017). "The COMET handbook: version 1.0." Trials 18(3): 280.
Die Pathophysiologie des Fibromyalgie-Syndroms (FMS) ist weiterhin unvollständig verstanden, aber es mehren sich die Hinweise auf eine mögliche Mitbeteiligung des Nervensystems an der Entstehung von FMS Schmerzen. Der Befund einer Small fiber Pathologie bei Subgruppen von FMS Patienten hat das pathophysiologische Verständnis zum FMS verändert und hat auch nachhaltige Wirkung auf den Umgang mit dem FMS – dies sowohl bei Patienten als auch den behandelnden Ärzten. Die vergangenen Jahre waren geprägt von immer neuen Studien, die mit ähnlichen und analogen Methoden den Befund der Kleinfaserpathologie bei FMS Subgruppen bestätigen konnten und von der Diskussion um den Stellenwert dieser Befunde, etwa im Sinne einer Small fiber Neuropathie als Ursache für ein FMS. Die Befunde zur pathophysiologischen Bedeutung der Kleinfaserpathologie bei FMS Patienten werden zugleich herausgefordert durch das Wissen um die hohe Prävalenz von psychischen Komorbiditäten und die Bedeutung psychosozialer Risikofaktoren in diesem Patientenkollektiv.
Vor diesem Hintergrund stellt sich zunehmend die Frage nach dem diagnostischen Wert und der therapeutischen Konsequenz, wenn bei FMS Patienten eine Small fiber Pathologie festgestellt wird. In einer großen monozentrischen Studie, bei der fünf Small fiber Tests an einer großen FMS Patientenkohorte angewendet wurden, konnten bisherige Befunde bestätigt und um die Dimension der differenziellen Hautinnervation bei FMS Patienten erweitert werden. Zudem ergeben sich Hinweise auf eine mögliche Reflexion der FMS Schwere in der Hautinnervation. Parallel erschien die zweite Aktualisierung der FMS S3-Leitlinie, die evidenzbasiert die medikamentösen Behandlungsoptionen bei FMS aktualisierte.
In unserem Symposium möchten wir nun im Dialog zwischen Klinik und Grundlagenwissenschaften die aktuellen Erkenntnisse zum Thema Kleinfaserpathologie und klinischer Phänomenologie bei FMS präsentieren und zusammen mit dem Auditorium eine kritische Diskussion zu möglichen neuen Perspektiven bei der Diagnostik und Therapie des FMS auf der Basis der Kleinfaserpathologie führen. Das Symposium soll in intensiver Interaktion mit den ZuhörerInnen zum Erkenntnisgewinn rund um das Thema kleine Fasern bei FMS beitragen, die bestehenden Erkenntnislücken identifizieren und Impulse für künftige klinische und experimentelle Forschungsansätze geben, um Patienten mit FMS künftig schneller diagnostizieren und effektiver behandeln zu können.
Bei bis zu 90% der Tumorpatienten im fortgeschrittenen Stadium stellt Schmerz ein führendes Symptom dar. Bei etwa 40% der Patienten liegt eine neuropathische Schmerzkomponente vor, oftmals kombiniert oder überlagert von nozizeptiven Schmerzen. Formal können tumorbedingte (z.B. durch infiltratives Wachstum, therapiebedingte (z.B. Chemotherapie-induzierte PNP), tumorassoziierte (z.B. Herpes Zoster) aber auch tumorunabhängige (z.B. Arthrose) unterschieden werden. Diese klinisch sinnvolle Unterscheidung erlaubt jedoch keine direkten Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden Pathomechanismen.
Tumorschmerz, eine eigene Entität mit spezifischen Mechanismen?
Spezifisch für Tumorschmerz ist die Induktion tumorabhängiger peripherer und zentraler Sensitivierungsmechanismen, die einer genetischen Variation unterliegen können. Interleukine und TNF als Mediatoren mit schmerzinduktiven Eigenschaften zeigen diese genetische Variabilität deutlich. So lässt sich bei bestimmten Genotypen beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom und Pankreaskarzinom eine verstärkte Expression der von Interleukinen nachweisen, was phänotypisch mit einer erhöhten Schmerzwahrnehmung assoziiert ist. Hinsichtlich der genetischen Variabilität von Tumorschmerzen wurden neben den zytokincodierenden Genen weitere identifiziert. Bei ossären Metastasen konnte gezeigt werden, dass die genetische Regulation der microRNA sensorischer Neurone mit dem Schmerzniveau korreliert. Es kommt zu einer Überexpression von nozizeptiven Rezeptoren, elektrophysiologischen Veränderungen und zu einer glialen und mikroglialen Aktivierung. Tumoren können spinale Astrozyten stimulieren und zu einer Astrogliose fuhren, was mit zentralen Sensibilisierungsprozessen einhergeht. Zur Therapieoptimierung sollte das Chronifizierungs- wie Abhängigkeitsrisiko bei chronischem persistierendem Tumorschmerz künftig mehr in den Fokus rücken.
Noziplastischer Schmerz, lässt sich dieser Begriff auf den Tumorschmerz übertragen?
Ausgehend von obigen neuronalen Schädigungs- und Sensibilisierungsprozessen werden aktuelle Möglichkeiten aufgezeigt, die oft komplexe Schmerzsymptomatik strukturiert klinisch zu erfassen und neuropathische und myofasziale Aspekte therapeutisch zu berücksichtigen. Dies erfolgt im Kontext der verbesserte Darstellbarkeit chronischer Tumorschmerzen einerseits in Zusammenhang mit der neuen Nomenklatur im Rahmen des ICD-11 und andererseits hinsichtlich der IASP Nomenklatur (nozizeptiv, inflammatorisch, noziplastisch). Traditionell werden diese Konzepte isoliert betrachtet, bzw. als „mixed pain“ bezeichnet. In diesem Symposium werden die Interaktionen aufgezeigt, mit denen inflammatorische, nozizeptive und therapieassoziierte Mechanismen zu Neuroplastizität führen.
Ziele: Das Ziel des Workshops ist , Sexualität in Krankheit und Behinderung mehr Beachtung zu schenken. Dabei bieten wir drei Foki an: jenen der Betroffenen in Form einer kurzen literarischen Lesung, jenen von schmerztherapeutischer Seite und von der Sichtweise eines Psychanalytikers.
Zielgruppe : Speziell Ärztinnen und Ärzte, aber auch KollegInnen aus anderen Berufsgruppen, die schmerztherapeutisch tätig sind und sich dem Thema Sexualität von verschiedenen Blickwinkeln nähern wollen.
Die besondere Rolle der quantitativen sensorischen Testung (QST) bei der Diagnose von Dünnfaser-Neuropathien ist seit langem etabliert. Darüber hinaus wurde untersucht, inwieweit spezifische sensorische Profile, die mithilfe der QST bestimmt werden, Hinweise auf Schmerzmechanismen geben können und auch für die Schmerztherapie von Bedeutung sein könnten. Tatsächlich lassen sich bei Patienten mit Neuropathien unabhängig von der eingesetzten Klassifizierungsmethode spezifische sensorische Profile bestimmen und reproduzieren. Darüber hinaus zeigten Patienten mit einem sogenannten „irritable Nozizeptoren“ QST-Profil eine bessere analgetische Wirkung auf systemische Gabe von Natriumkanalblockern. Andererseits zeigen jüngere Studien, dass die QST Profile nicht geeignet sind, um schmerzhafte von nicht-schmerzhaften Neuropathien zu unterscheiden. Patienten mit neuropathischem Schmerz und gesicherten irritablen Nozizeptoren zeigten zudem in keinem Fall das QST Muster von irritablen Nozizeptoren.
In diesem Symposium sollen die Erfolge der QST bei der Diagnose von Dünnfaser-Neuropathien verdeutlicht und die Rolle der QST bei der klinisch relevanten Risikovorhersage einer Schmerzchronifizierung dargelegt werden, um die Position „PRO“, d.h. QST ist eine Möglichkeit zur Untersuchung von Schmerzmechanismen, zu stärken. Andererseits sollen die Limitationen dieses Ansatzes aufgezeigt werden und die Position „CONTRA“, d.h. QST ist nicht geeignet, um Schmerzmechanismen zu untersuchen, dargestellt werden. Im letzten Schritte wird dann in einer Podiumsdiskussion mit dem Plenum versucht, gemeinsame Positionen zu erarbeiten.
Ziel dieses Symposiums ist es, durch die kontroverse Diskussion die Möglichkeiten und Grenzen der QST abzugrenzen.
Die Einführung des ICD-10 Codes F45-41 hat die statistische Erfassung chronischer Schmerzen in Deutschland ebenso revolutioniert wie die Indikationsstellung zur multimodalen Schmerztherapie und letztlich auch deren Vergütung. Bei der World Health Assembly im Mai 2019 liegt der neue ICD-11 zur Entscheidung vor, in dem weltweit erstmalig chronische Schmerzen systematisch klassifiziert sind. Diese Sub-Klassifikation könnte auch für Deutschland eine bessere Erfassung von Schmerzpatienten und deren Behandlung ermöglichen. Neu sind im ICD-11 einerseits die Unterscheidung chronischer primärer Schmerzen von chronischen sekundären Schmerzen, und andereseits die Integration der IHS-Klassifikation von Kopf- und Gesichtsschmerzen in das gleiche System. Diese Thematik soll in drei Vorträgen vorgestellt und mit den Teilnehmern diskutiert werden:
1. Was sind chronische primäre Schmerzsyndrome? (Winfried Rief oder Antonia Barke, Marburg)
2. Was sind chronische sekundäre Schmerzsyndrome? (Rolf-Detlef Treede, Mannheim)
3. Was bringt die neue Klassifiaktin von Kopf- und Gesichstschmerzen (Arne May, Hamburg, oder Stefan Evers, Münster)
In diesem Symposium soll durch kurze Videosequenzen ein typisches Merkmal einer Erkrankung bzw. einer Symptomatik verdeutlicht werden. Die Krankheitsbilder werden dann kurz diskutiert und die wesentliche Literatur dargestellt. Fragen und Diskussionsbeiträge werden ausdrücklich erwünscht.
wie im Jahr 2018 sollen anhand von kurzen Videosequenzen typische bzw. seltenen Schmerz-Syndrome bzw. Kopfschmerz-Syndrome vorgestellt werden. Dabei können anamnestische Schilderungen aber auch typische klinische Untersuchungsbefunde demonstriert werden. Geplant ist aus Einsendungen, zu denen durch eine gesonderte Mail aufgerufen werden soll ca. 6 Beiträge auszusuchen, die diesen Ansprüchen entsprechen. Neben den Videosequenzen soll der Referent noch kurz einen Überblick über das Erkrankungsbild und der Pathophysiologie geben. Ziel soll die Darstellung eines in der klinischen Praxis relevanten Sachverhaltes sein.
Zwischen 50 und 80% der Bevölkerung sind in ihrem Leben mindestens einmal von Rückenschmerzen im unteren Lumbalbereich (Kreuzschmerz) betroffen. Während sich einige Patienten davon innerhalb eines Monats nach erstmaligem Auftreten erholen, wiederholen oder persistierten jedoch bei Anderen die Schmerzepisoden. In ca. 90% der Fälle kann die Entwicklung chronischer Rückenschmerzen als eine funktionelle Störung erklärt werden (nichtspezifischer Rückenschmerz). Neben dem nicht-spezifischen Kreuzschmerz (NVL 2017) gibt es auch spezifische Ursachen für Rückenschmerzen, deren Diagnostik und Therapie 2018 in der Leitlinie „Spezifischer Kreuzschmerz“ veröffentlicht wurden. Rückenschmerzen – spezifisch wie nicht spezifisch - gehen mit Veränderungen der motorischen Kontrolle einher, sodass auch bei spezifischen Rückenschmerzen funktionelle Veränderungen vermutlich für die Therapie bedeutsam sind. Hierzu wurde von Panjabi et al. das klinische Bild der funktionellen Instabilität beschrieben, das auf der Analyse der Symptome, klinischen Zeichen sowie der Beurteilung der aktiven segmentalen Bewegungskontrolle basiert.
Ziel dieses interdisziplinären Symposiums ist es aufzuzeigen, dass die strikte konzeptionelle Trennung zwischen spezifischem und nicht-spezifischem Kreuzschmerz Unschärfen aufweist und daher eher als Kontinuum angesehen werden kann.
Viszerale und urogenitale Schmerzen haben eine hohe Relevanz in vielen klinischen Bereichen, sind jedoch im Vergleich zu somatischen Schmerzen weit weniger gut untersucht. Sie stellen in ihrer Heterogenität und Komplexität sowohl aus klinischer als auch aus wissenschaftlicher Perspektive eine Herausforderung dar und sind häufig „Randthemen“, vielleicht weil sie Schnittstellen zwischen Gynäkologie, Urologie, Gastroenterologie, Psychosomatik und Psychologie und damit tradierte Grenzen zwischen Disziplinen berühren. Psychologische Faktoren, insbesondere psychologischer Stress, sind traditionell eng mit der Ätiologie verknüpft. Stress spielt aber auch heute in aktuellen Konzepten zur Ätiologie, Pathophysiologie und auch der Therapie eine wichtige Rolle. Auch wenn inzwischen klar ist, dass Stress nicht alleiniger Faktor ist, sind belastende Lebensereignisse, Traumata sowie chronischer Stress und psychiatrische Komorbidität im bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell als Risikofaktoren integriert. Stress ist bei Patientinnen und Patienten mit dem Schweregrad der (Schmerz)symptomatik, reduzierter Lebensqualität und verändertem Krankheitserleben und -verhalten assoziiert. Auch bei Gesunden beeinflussen akuter und chronischer Stress die Funktionen der Gehirn-Darm Achse, insbesondere die Perzeption und Interozeption.
In dem Symposium des Arbeitskreises „Viszerale Schmerzen“ der Deutschen Schmerzgesellschaft werden aktuelle Erkenntnisse zur Bedeutung psychologischer Faktoren für die Ätiologie, Pathophysiologie und Therapie chronischer viszeraler und urogenitaler Schmerzen aus verschiedenen grundlagenwissenschaftlichen und klinischen Perspektiven vorgestellt und kritisch diskutiert. Die verschiedenen Krankheitsbilder werden vorgestellt, ebenso wie die Forschungsansätze und interdisziplinären methodischen Herangehensweisen, um bei Gesunden und Patientinnen und Patienten den Einfluss von akuten und chronischen Stressfaktoren auf viszerale Schmerzen zu adressieren. Therapieansätze mit Bezug zu Stress werden dargestellt, reichend von Strategien zur Stressvermeidung, Entspannung und Krankheitsbewältigung über die Psychotherapie bis hin zur Psychopharmakotherapie. Ziel ist es, in diesem Symposium den Forschungsbedarf aber auch die Perspektiven aufzuzeigen und die Notwendigkeit interdisziplinärer Forschungs- und Behandlungskonzepte mit ihren Chancen und Herausforderungen darzustellen. Schmerzforschung und Schmerztherapie mit und für die vielen Patientinnen und Patienten mit chronischen viszeralen und urogenitalen Schmerzen soll nicht länger „Randthema“ sein. Das gebieten klinische Relevanz und wissenschaftliche Perspektiven gleichermaßen.
Beschreibung: Der Workshop greift wichtige Themen der Symptomkontrolle und Interaktion zwischen beteiligten Bereichen auf, die für die Schmerzmedizin spannend sind. Dabei wird es unter anderem um die Kriterien, Interventionen und Herausforderungen bei der Verlegung von der Intensiv- auf die Palliativstation gehen. Hier kann es für den einzelnen Patienten wichtig sein, dass „end-of-life“-Fragen im Intensivsetting offen angesprochen und auch der berufsgruppenübergreifende Austausch im Behandlungsteam gefördert werden, um Erschöpfung im Team vorzubeugen. Im Bereich Symptomkontrolle bietet der Workshop ein Update zum Management eines Delirs am Lebensende und betrachtet Chancen und Risiken des Einsatzes medizinischer Cannabinoide in der Palliativsituation.
Ziele: Die Lernziele des Workshops adressieren die Aspekte Kommunikation in „end-of-life“-Situationen, das Management von Verlegungssituationen auf eine Palliativstation und den Umgang mit Belastungen im Team der Intensivmedizin. Weitere Lernziele sind an Updates zur Symptomkontrolle bei Delir (medikamentös und nicht-medikamentös) und dem Einsatz von medizinischen Cannabinoiden ausgerichtet. Dabei werden die Indikationsstellung, die Antragsstellung und das richtige Verordnen von Cannabinoiden beschrieben.
Zielgruppe: Alle Berufsgruppen, die an palliativmedizinischen Ansätzen und der Schmerz- und Intensivmedizin interessiert sind.
• Neurobiologische Schmerzedukation - die wissenschaftliche Basis! Speed-update (Julia Wager, Datteln)
• Compliance-Steigerung durch Witz und Verstand in der Schmerztherapie von Kopf- und Bauchschmerzen bei Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendarzt Michael Printz und Dipl.-Psych. Dr. rer. nat. Julia Wager, Datteln)
• Kindgerechte Edukationsmaterialien für pädiatrische Patienten mit Muskel- und Gelenkschmerzen (NN)
Eine Schmerzedukation, die neurobiologische Grundlagen chronischer Schmerzen altersgerecht erklärt, ist die Basis einer erfolgreichen Behandlung. Eltern und Kinder müssen verstehen, was der Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen ist sowie, dass beim chronischen Schmerz nicht zwangsläufig eine Organschädigung vorliegen muss, sondern neuro-biologische Veränderung ausschlaggebend sind.
Jedoch fühlen sich der akute und der chronische Schmerz für den Patienten nicht unterschiedlich an, weswegen die meisten Patienten und deren Eltern der evidenzbasierten Schmerz-Edukation nicht ohne Widerstände folgen. Zur Compliance-Steigerung können wissenschaftlich korrekte aber spannendgemachte sowie witzige Animationen, Filme und Cartoons helfen. Auch Metaphern und plastische Bilder werden genutzt, um die Patienten und deren Eltern für unsere Sicht chronischer Schmerzen und die daraus folgenden Therapieempfehlungen wie die aktive Teilnahme am Schulalltag zu gewinnen.
Im Workshop wird die Schmerz-Edukation mit Witz und Verstand plastisch dargestellt und eingeübt.
Die aktuelle Gesetzeslage erlaubt seit dem 9. August 2019 den Wechsel zwischen Substanzen/Produkten (cannabisbasierte Medikamente wie Dronabinol, Nabiximols, Nabilon oder Medizinisches Cannabis wie Blüten und Extrakte). Sind bei Unverträglichkeit und/oder Unwirksamkeit einer oder mehrere weitere Behandlungsversuche sinnvoll? Und wann ist ein Therapieversuch definitv zu beenden? Die Pro- und Contra Diskussion will diese Aspekte kritisch beleuchten.
Das Thema zervikogene Kopfschmerzen wird weiterhin kontrovers in den verschiedenen Fachrichtungen diskutiert. Dies zeigt sich einerseits in den verschiedenen pathophysiologischen Erklärungen, die sich in der Literatur finden, anderseits in der Häufigkeit der Diagnosestellung auch unter Kopfschmerzexperten, die sehr stark variieren und deutlich geringer sind als unter manualtherapeutisch erfahrenen Schmerztherapeuten. Pathophysiologisch fußt das Konzept auf einer Rolle der Afferenzen der oberen Halswirbelsäule einschließlich der trigeminozervikalen Bahnen, die der Entstehung mutmaßlich zugrunde liegen. Die Diagnose wird gemäß den Kriterien der Cervicogenic Headache International Study Group (CHISG) und der International Headache Society gestellt. Das wichtigste Diagnosekriterium ist das Verstärken oder das Auslösen des bekannten Kopfschmerzes durch Nackenbewegungen, ständige ungünstige Nackenhaltungen oder durch äußeren Druck auf die ipsilaterale obere zervikale oder okzipitale Region, unilateral ohne seitliche Verschiebung. Dieses Kriterium besitzt jedoch nur eine eingeschränkte Trennschärfe zu anderen Kopfschmerzentitäten.
Das Modell der Placeboanalgesie nimmt mittlerweile eine zentrale Rolle in der Schmerzforschung ein. Schmerzen können über Placeboeffekte signifikant gelindert werden, indem eine Kaskade der Ausschüttung an endogenen Opioiden und Nicht-Opioiden ausgelöst wird, die die Schmerzerfahrung direkt verändern. Die aktuelle Forschung konzentriert sich intensiv auf die einhergehenden klinischen Implikationen und zielt dabei insbesondere auf den zusätzlichen Placebo-Effekt bei „richtigen“ Behandlungen ab. Ein wirksames Medikament kann durch den zusätzlichen Placeboeffekt in seiner Wirksamkeit noch gesteigert werden.
Um Placeboeffekte klinisch einzusetzen, ist es erforderlich, deren Mechanismen genau zu verstehen, diese reliabel herzustellen und ihre Effektivität an Schmerzpatienten im klinischen Kontext nachzuweisen. Als wesentliche Placebo-Mechanismen kennen wir bisher die Erwartungsmodulation über Lernprozesse der klassischen Konditionerung und über verbale Instruktionen. Neuerdings wird in diesem Zusammenhang auch der Lernmechanismus „Soziales Lernen“ genauer untersucht. Diese Prozesse und Mechanismen der Placeboanalgesie sind eng verbunden mit emotionalen Faktoren und Einflüssen: Ob sich bei einem Patienten während einer Schmerzbehandlung ein Placeboeffekt aufbauen lässt, hängt sehr stark von der persönlichen Interaktion mit dem Untersucher bzw. Behandler zusammen. In einer empathischen Behandlungsatmosphäre ist der Placeboeffekt höher als wenn diese eher neutral – sachlich gestaltet ist. Bei Kindern ist anzunehmen, dass speziell die Bezugspersonen von Bedeutung sind.
Das Symposium bietet Einblick in die aktuelle Forschung zur Placeboanalgesie, speziell der Forschung zu den zugrundeliegenden Mechanismen. Beleuchtet wird die Rolle der Empathie bei dem Aufbau von Placeboeffekten, sowohl bei Erwachsenen wie bei Kindern.
U.Bingel gibt einen Überblick über die aktuelle Placeboforschung im Bereich des Schmerzes unter besonderer Berücksichtigung sozialer Interaktionen, Zuwendung und des moderierenden Einflusses von Oxytocin.
M.Schwartz stellt Daten einer klinischen Studie zum Sozialen Lernen und der Ausbildung von Placeboeffekten anhand einer Studie mit Patienten mit chronischen Rückenschmerzen dar. Hier zeigte sich, dass sich über soziales Lernen, nämlich die Beobachtung von einem positiven Behandlungseffekt an anderen Patienten, die Behandlungseffekte medikamentöser Therapie verbessern ließen.
C. Hermann und E. Kamper-Fuhrmann berichten von experimentellen Studien, in denen bei Kindern im Vorschulalter und Schulalter in Analogie zu einem Behandlungssetting Placeboeffekte v.a. mittels Instruktion induziert wurde. Vor dem Hintergrund von Befunden, dass die situative Empathie der Mutter Einfluss auf das Schmerzempfinden des Kindes hat, werden Daten zum Einfluss der mütterlichen Empathie und Behandlungserwartungen auf Placeboeffekte insbesondere bei den sehr jungen Kindern vorgestellt.
Beschreibung / Ziele: Grundkenntnisse neurologisch-topischer Diagnostik. Praktische
Durchführung der neurologischen Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung
schmerztherapeutischer Fragestellungen. Vermittlung von gezielten Untersuchungstechniken
in Abhängigkeit von der klinischen Fragestellung (z.B. Kopfschmerz, neuropathischer
Schmerz, radikulärer Schmerz, zentraler Schmerz, Myopathie/Myositis,
zentral-nervöse Nebenwirkungen einer Schmerztherapie). Das praktische Üben der
Untersuchungstechniken (gegenseitiges Untersuchen) steht im Vordergrund des Kurses.
Der Kurs vermittelt keine Grundkenntnisse zu elektrophysiologischen oder bildgebenden
Verfahren der neurologischen Diagnostik.
Zielgruppe: Ärzte, die ihre Grundkenntnisse in der körperlichen neurologischen Untersuchung
und topischen Diagnostik auffrischen möchten.