Autor:innen:
Kerstin Stoklasa | Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München | Germany
Sabine Dallmann-Sieber | Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München | Germany
Dr. med. Thomas Stadlbauer | Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München | Germany
Prof. Dr. med. Hans-Henning Eckstein | Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München | Germany
Hintergrund:Die akute Extremitätenischämie (ALI) stellt einen häufigen Notfall in der Gefäßmedizin dar. In einer vorherigen Analyse unserer konsekutiven monozentrischen Serie zeigte sich eine signifikant höhere periprozedurale Krankenhausmortalität bei Frauen (12% bei Frauen, 5% bei Männern).
Fragestellung:Ziel dieser Analyse ist es, geschlechtsabhängige klinische und morphologische Variablen genauer zu identifizieren.
Patienten und Methoden: im Zeitraum Jan. 2004 - Dez. 2016 wurden 708 Patienten mit der Hauptdiagnose einer akuten Extremitätenischämie (ICD-10 Code I74.0, I74.3, I74.5) und einer operativen oder endovaskulären Therapie erfasst. Neben klinischen Variablen (Alter, Komorbiditäten, ASA-Klassifikation) wurden Ätiologie (Embolie/Thrombose/Poplitealarterienaneurysma), Schweregrad der Ischämie (TASC Klassifikation), vaskuläre Voroperationen, sowie Therapie und periprozedurale Komplikationen dokumentiert. Primärer Endpunkt war die 30-Tage (d) Mortalität, sekundäre Endpunkte waren die 30d-Amputations- und Revisionsrate. Die statistische Auswertung erfolgte mittels t- und Chi-Quadrat-Test.
Ergebnisse:318 (45%) der Patienten waren weiblich (medianes Alter 78 Jahre, SD 14,6), 55% männlich (68 Jahre, SD 12,8). Bei Frauen lagen folgende klinische Variablen signifikant häufiger vor: Vorhofflimmern (44% vs. 24%, p < 0.001), Herzklappenerkrankung (11% vs. 6%, p=0.016) und Tumorleiden (25% vs. 17%, p=0.009); bei Männern eine pAVK (43% vs. 33%, p=0.0066), sowie eine endovaskuläre oder offen-chirurgische Vor-OP im Bereich der betroffenen Extremität (51% vs. 36%, p=0.001). Männer wurden signifikant häufiger präoperativ mit Statinen behandelt (44% vs. 27%, p < 0.0001).
Die Ursache der ALI war bei Frauen in 48% vs. 28% bei Männern eine kardiale Embolie (p < 0.0001), bei Männern kam es signifikant häufiger zu einem thrombotischen Verschluss im Rahmen einer pAVK (63% vs. 52%, p=0.003) oder einem Poplitealarterienaneurysma (9% vs. 0.3%, p < 0.001). Bei Frauen lag häufiger ein fortgeschrittenes TASC-Stadium vor: 17% TASC I, 41% TASC IIA, 36% TASC IIB, 6% TASC III vs. 26%, 36%, 34% und 4% bei Männern.
Therapeutisch erfolgte bei Frauen signifikant häufiger eine alleinige Thrombembolektomie (45% vs. 34%). Gefäßrekonstruktive Eingriffe (Interponat, Bypass, TEA) wurden mit 25% vs. 16% signifikant häufiger bei Männern durchgeführt. Die 30d-Mortalität der behandelten Frauen lag bei 11% vs. 5% bei Männern (p=0.0029, OR 1,9). Hinsichtlich der 30d-Amputations- und Revisionsrate zeigten sich keine Unterschiede. Bei Frauen kam es allerdings häufiger zu renalen (13% vs. 6%, p=0.001) und pulmonalen (14% vs. 8%, p=0.01) Komplikationen, sowie zu einer Rhabdomyolyse (6% vs. 3%, p=0.05).
Schlussfolgerungen:Unsere Daten zeigen, dass Frauen im Vergleich zu Männern im Durchschnitt 10 Jahre älter sind, mit einer weiter fortgeschritten Extremitätenischämie die Klinik erreichen und ein deutlich erhöhtes 30-Tages-Mortalitäts- und Komplikationsrisiko aufweisen.