Autor:innen:
Prof. Dr. med. Andreas Schwarting | Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ACURA Rheumakliniken Rheinland-Pfalz GmbH | Germany
Matthias Dreher | Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz | Germany
Prof. Dr. med. Gunter Aßmann | Universitätsklinikum des Saarlandes | Germany
Prof. Dr. med. Torsten Witte | Medizinische Hochschule Hannover | Germany
Dr. Kirsten Hoeper | Regionales Kooperatives Rheumazentrum Niedersachsen e.V. | Germany
PD Dr. med. Konstantinos Triantafyllias | ACURA Rheumakliniken Rheinland-Pfalz GmbH | Germany
Dr. Jan Zeidler | Leibniz Universität Hannover | Germany
Prof. Dr. Harald Binder | Universitätsklinikum Freiburg | Germany
Prof. Dr. med. Reinhold E. Schmidt | Medizinische Hochschule Hannover | Germany
Hintergrund
Die Rheumatoide Arthritis (RA), die Psoriasis Arthritis (PsA) und die Spondylarthritis (SpA) zählen zu den häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Bei allen drei Erkrankungsbildern scheint sich das „window of opportunity“ [1,2,4] im Zuge der Therapie als ausschlaggebend herauszukristallisieren. Daher ist eine möglichst frühe Diagnose entscheidend.
Fragestellung
Die prospektive Studie verfolgt das Ziel, entzündlich-rheumatische Erkrankungen (RA, PsA und SpA) so früh wie möglich zu erkennen. Es stellt sich die Frage, ob dies mithilfe von Koordinationsstellen möglich ist und ob die Versorgungsqualität dadurch verbessert werden kann.
Methode
Der primäre Endpunkt ist der Anteil von Fällen mit tatsächlicher Indikation für eine unverzügliche Facharztüberweisung an allen gemeldeten Fällen.
Insgesamt kooperieren die Universitätsmedizin Mainz, die Medizinische Hochschule Hannover, das Rheumazentrum Niedersachsen, das Rheumazentrum Saarland des Universitätsklinikums des Saarlandes, das ACURA Rheumazentrum Rheinland-Pfalz, die niedergelassenen rheumatologischen Spezialisten, die Hausärzteverbände und die Landesverbände der Deutschen Rheuma-Liga e.V. und der Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V., um die ca. 13 Millionen Einwohner zu erreichen.
Hierzu erhalten Primärversorger Zugang zu Screeningbögen, um eine mögliche Verdachtsdiagnose von Rheumatoider Arthritis, Psoriasis Arthritis und Spondylarthritis zu dokumentieren. Diese werden in der bundeslandspezifischen Koordinationsstelle gesichtet und der Patient bei manifestiertem Verdacht schnellstmöglich an den Facharzt weitervermittelt. Dieser bestätigt oder verwirft die Diagnose. Bei einer diagnostizierten rheumatischen Erkrankung erhalten die Ärzte und Patienten Fragebögen zu den Bereichen Soziodemografie, Lebensqualität, Funktionalität, Medikation, Diagnose, Wohlbefinden und Depressiver Symptomatik, um die sekundären Endpunkte zu überprüfen.
Um die Zuweisungsqualität weiter zu steigern, wurde für alle Patienten aus Rheinland-Pfalz, deren Verdachtsdiagnose durch die Koordinationsstelle bestätigt wurde, eine 15-minütige rheumatologische Sichtungssprechstunde im ACURA Rheumazentrum eingeführt. Die Fragebögen werden nach einem zwölfmonatigen Follow-up erneut ausgefüllt und mit einer gematchten Referenzgruppe des deutschen Rheumaforschungszentrums abgeglichen.
In der seit Oktober 2017 angelaufenen 30-monatigen Erhebungsphase sollen bis zu 8700 Personen gescreent werden.
Ergebnisse
Es werden vorläufige Daten (28.02.2019) vorgestellt. In Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Niedersachsen wurden mittlerweile fast 2750 Verdachtsdiagnosen von 1191 unterschiedlichen Zuweisern gemeldet. Insgesamt wurden 1402 Patienten durch die drei Koordinationszentralen zu einem der 49 teilnehmenden rheumatologischen Spezialisten überwiesen. Bei 547 Patienten wurde eine der drei Erkrankungen diagnostiziert. Rund 45 Patienten haben bereits den Follow-up- Termin nach einem Jahr wahrgenommen. Im Zuge der Sichtungssprechstunden wurden bis dato 182 Patienten gesichtet. Die Patienten warten durchschnittlich 41 Tage von der Verdachtsdiagnose bis zur verworfenen oder bestätigten rheumatologischen Diagnose. Aktuelle Ergebnisse werden auf der Tagung präsentiert.
Diskussion
Obwohl die durchschnittliche Wartezeit aktuell fast doppelt so lang ist wie die 23,9 Tage im rheinland-pfälzischen Vorgängerprojekt ADAPTHERA, sind die gegenwärtigen Studienergebnisse im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt als sehr positiv zu bewerten [3]. Ziel ist es, weiterhin die Screeningqualität und Screeningzahlen vor allem im 1-Jahres-Follow-up zu steigern.
Praktische Implikation
Bisherige Studien zeigen positive Ergebnisse. So befanden sich innerhalb des landesweiten Netzwerks ADAPTHERA ca. 75 Prozent der diagnostizieren Früharthritis-Kohorte nach 2 Jahren in Remission (DAS28 < 2,6) [3]. Entsprechende Entwicklungen werden bei allen Erkrankungsbildern innerhalb von Rheuma-VOR erwartet. Bei erfolgreicher Evaluation der Studie ist geplant, das Rheuma-VOR-Modell auf weitere Bundesländer auszudehnen.
Literatur
1. Boehncke WH, Menter A (2013) Burden of disease: psoriasis and psoriatic arthritis. Am J Clin Dermatol 14:377-388
2. Claudepierre P (2014) Spondyloarthritis: a window of opportunity? Joint Bone Spine 81:197-199
3. Lauter A, Triantafyllias K, Leiß R et al. (2019) ADAPTHERA - Landesweit transsektorales Versorgungsnetzwerk für Patienten mit früher rheumatoider Arthritis zeigt anhaltende Remissionen in der Regelversorgung. Wunder Punkt: Die Triage. Zeitschrift für Rheumatologie (In Print)
4. O'dell JR (2002) Treating rheumatoid arthritis early: a window of opportunity? Arthritis Rheum 46:283-285
Der Aufbau von Rheuma-VOR wird aus Mitteln des Innovationsfonds über drei Jahre gefördert.Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss fördert in den Jahren 2016 – 2019 neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen und diese nachhaltig verbessern.