Hintergrund
Bereits seit mehreren Jahren werden in Deutschland kontroverse Diskussionen um einen drohenden Ärztemangel durch Abwanderung und Nachwuchsmangel junger Mediziner geführt.
Fragestellung
In den Absolventenbefragungen der Jahre 2009-2018 untersuchten wir, welche Pläne die Medizinabsolventen nach Beendigung ihres Studiums tatsächlich haben und ob die Befürchtungen einer sinkenden Zahl an Jungmedizinern, die nach Abschluss des Studiums den ärztlichen Beruf ergreifen möchten, berechtigt sind. Ferner soll festgestellt werden, welche Tendenzen bezüglich einer Tätigkeit im ambulanten oder stationären Berufsfeld zu erwarten sind und ob sich die Motive und Kriterien für eine ärztliche Tätigkeit im zeitlichen Verlauf unserer Beobachtungen verändern.
Methode
Als Erhebungsinstrument dient ein von uns entwickelter teilstandardisierter Fragebogen, der kontinuierlich weiterentwickelt wird. Die Zielgruppe der seit Herbst 2009 laufenden Befragungen sind alle Absolventen der ärztlichen Prüfung der drei medizinischen Fakultäten in Hessen. Zusammen mit ihren Examensergebnissen erhalten sie unseren Fragebogen und schicken diesen ausgefüllt zurück. Die Fragebögen werden eingescannt, die Daten mithilfe der Software Teleform eingelesen, geprüft und in Microsoft Excel übertragen. Mittels des Statistikprogrammes Sphinx werden Datenauswertung und -analyse durchgeführt. Bisher gab es 19 Befragungswellen. Aus dieser Längsschnittstudie können bislang Daten von 3.963 Absolventen der Ärztlichen Prüfung ausgewertet werden. Die sowohl retrospektiven als auch prospektiv gerichteten Fragestellungen des Fragebogens beziehen sich auf Motive und Pläne der Medizinabsolventen bezüglich ihrer ärztlichen Berufstätigkeit.
Ergebnisse
Im gesamten Beobachtungszeitraum wollen fast alle Absolventen der ärztlichen Prüfung in Hessen (98%) im Anschluss an das Medizinstudium als Arzt tätig werden. Das beliebteste angestrebte Weiterbildungsgebiet ist die Innere Medizin (21%), gefolgt von den chirurgischen Fachgebieten (16%) und der Anästhesiologie (10%). Unmittelbar nach Abschluss des Studiums sehen die jungen Ärzte ihre berufliche Perspektive eher in der stationären Versorgung (40%) als im ambulanten Bereich (37%). Von denen, die eine ambulante Tätigkeit anstreben, wollen mehr fachärztlich (72%) als hausärztlich (28%) tätig werden. Eine Niederlassung im ambulanten Bereich können sich 74% und eine Tätigkeit im Angestelltenverhältnis 26% vorstellen. Als wichtigste Kriterien für einen späteren Arbeitsplatz werden eine interessante/vielseitige Tätigkeit (62 %), eine Weiterbildungsermächtigung der Einrichtung (50 %), die Einhaltung der Arbeitszeiten (41 %) und eine mit dem Arbeitsort verbundene hohe Lebensqualität (38 %) benannt. Die Grundhaltung bezüglich der Gründe für das Studium und die präferierten Fachgebiete halten sich über die Jahre hinweg relativ stabil. Doch gerade in Bezug auf die Form der Beschäftigung und den Kriterien für eine ärztliche Tätigkeit zeigen sich im zeitlichen Verlauf Entwicklungen, die es weiterhin zu beobachten gilt.
Diskussion
Die heutige Arbeitsmarktsituation und Vielfalt von Arbeitsmodellen erlaubt den Absolventen neue Pläne und Prioritäten für ihre zukünftige Tätigkeit und deren Rahmenbedingungen zu setzen. Die Befürchtung, dass die Motivation für den Arztberuf nachlässt und deshalb eine hohe Zahl an jungen Ärzten das deutsche Gesundheitssystem verlassen will, wird durch unsere Ergebnisse nicht bestätigt. Allerdings verändern sich die Vorstellungen und Erwartungen in Bezug auf den ärztlichen Beruf.
Praktische Implikationen
Um auch in Zukunft die ärztliche Versorgung zu sichern, müssen eventuelle Veränderungen und spezifische Bedürfnisse erkannt werden. Diesen Veränderungen muss Rechnung getragen werden – nicht nur in den Krankenhäusern, sondern auch mit neuen Strukturen und verbesserten Möglichkeiten ärztlicher Weiterbildung und angestellter Berufsausübung in der ambulanten Versorgung.
Hintergrund
Nicht selten ist die gängige Schwangerenvorsorge in Deutschland fokussiert auf Diagnostik und Therapie. Dem subjektiven Erleben der Schwangeren mit den damit verbundenen multifaktoriellen Aspekten wird dabei wenig Beachtung geschenkt (Ayerle 2014). Dieser wichtige Bereich bestimmt jedoch auch die Arbeit einer Hebamme in der Begleitung der Schwangeren. Die akademische Ausbildung der Hebammen an der Hochschule für Gesundheit Bochum (hsg Bochum) legt ihren Schwerpunkt auf den Theorie-Praxis-Transfer (Dehnbostel 2007). Seit 2017 erhalten die Studierenden des ersten Semesters im Bachelorstudiengang Hebammenkunde die Möglichkeit sich kurz nach Beginn des Studiums im Wintersemester mit realen Schwangeren zu treffen und sich über das Erleben der Schwangerschaft auszutauschen.
Fragestellung
Welche Bedeutung hat der Austausch mit den Studierenden auf das Erleben der Schwangerschaft und der Geburt für die Schwangere? Inwieweit schließt das Projekt eine Versorgungslücke in der momentan praktizierten Mutterschaftsvorsorge? Welche Bedeutung hat das Angebot auf die fachliche Vorbereitung der Studierenden für die praktische Ausbildung?
Methode
Mit einer weitgefächerten Werbekampagne in lokalen Printmedien, Facebook, Instagram, Twitter und der Verteilung von Informationsflyern wurden Schwangere gesucht, die sich zu Projektbeginn in der ca. 20. Schwangerschaftswoche befanden. Ihnen wurde innerhalb einer Informationsveranstaltung das Projekt vorgestellt. Die Studierenden erhielten innerhalb von zwei Veranstaltungen des Moduls „Physiologie der Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“ Informationen zum Projekt und Lehrinhalte zu Interviewtechniken.
Jeweils zwei Studierende trafen sich monatlich bis nach der Geburt mit einer Schwangeren und erfragten Informationen zu körperlichen, sozialen, beruflichen Veränderungen, Vorbereitungen auf die Geburt und zu Vorstellungen vom Leben mit dem Kind. Die Schwangere fungiert dabei als die Expertin ihrer Schwangerschaft. Die Studierenden verfassten einen Bericht auf einer Portfolioplattform Mahara über die Inhalte der Gespräche. Diese erhalten die Frauen bei einer Abschlussveranstaltung im folgenden Frühsommer. Die Studierenden evaluierten das Projekt innerhalb einer Lehrveranstaltung mit einer Dozentin und anhand eines für das Projekt konzipierten Evaluationsbogens. Die Schwangeren erhielten nach der Geburt einen Fragebogen bzgl. der Rahmenbedingungen des Projektes, den Inhalten der Gespräche und der Bewertung der Erzählplattform innerhalb der Schwangerschaft als zusätzliches Angebot. Von Interesse waren ebenfalls mögliche Effekte auf die Schwangerschaft, die Geburt und die Zeit danach.
Ergebnisse
Im Vergleich zu vorangegangenen Jahren fanden signifikant mehr Treffen zwischen Studierenden und Schwangeren statt. Die Studierenden bewerteten das Projekt als ideale Kombination mit den parallel laufenden Fällen im Problem-based Learning (PBL), wodurch sie die Gespräche mit den Schwangeren fachlich einordnen konnten. Die Auswertung der Fragebögen zeigte ein durchweg positives Resümee. Als Herausforderungen kristallisierten sich zeitliche, mediale und thematische Abgrenzungsproblematiken gegenüber der Schwangeren heraus. Der Arbeitsaufwand, die Portfolioplattform zu pflegen wurde als hoch bewertet. Die Ergebnisse der Befragung der teilnehmenden Frauen wird für Herbst 2019 erwartet.
Diskussion/ Praktische Implikation
Der Bedarf, über das Erleben der eigenen Schwangerschaft zu erzählen, scheint den Schwangeren aufgrund der hohen Nachfrage zur Teilnahme am Projekt wichtig zu sein. Die Auswertung der Fragebögen von den am Projekt beteiligten Schwangeren kann Aufschluss geben, ob dieses Format Auswirkungen auf Geburt und die Zeit danach hat, oder als ein Luxusangebot für eine kleine Gruppe angesehen werden muss. Innerhalb der Reflexionsseminare, die während der Praxisphase stattfinden, werden die Schilderungen der Studierenden zeigen, ob das Projekt als Vorbereitung effizient ist.
Die Ex- Schwangeren treffen im Mai zu einem Dankeschön Nachmittag mit den Studierenden zusammen. Einige von ihnen nehmen an weiteren Angeboten im Studienbereich teil. Die Bewerbung des Projektes für die nächste Studienkohorte beginnt im Juli.
1. Ayerle, Gertrud M (2014): Schwangerenvorsorge für Hebammen. Deutscher Hebammenverband. 3.Auflg. Stuttgart. Hippokrates.
2. Dehnbostel, P. (2007). Lernen im Prozess der Arbeit. Münster. Waxmann.
3. Hebammenstudierende lernen von Schwangeren (2017) unter https://www.hs-gesundheit.de/de/zielgruppe/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/article/hebammenstudierende-lernen-von-schwangeren-2/ (accessed 31.03.2019)
4. Hebammenstudierende lernen von Schwangeren (2017) unter https://www.youtube.com/watch?v=9PDDERqmFlU (accessed 31.03.2019)
Hintergrund: Vor dem Hintergrund sich verändernder Versorgungsanforderungen, wird seit einigen Jahren die Durchführung von interprofessionellen Lehrveranstaltungen (interprofessional education: IPE) gefordert, welche verstärkt auf kollaboratives Arbeiten in multiprofessionellen Teams vorbereiten sollen [1]. Dabei kann IPE unterschiedlich ausgestaltet werden: Interprofessionelle Zusammenarbeit kann explizit als Unterrichtsgegenstand thematisiert werden oder entlang eines für die beteiligten Professionen relevanten fachlichen Schnittstellenthemas eingeübt werden [2]. Wenig Erfahrung wurde bisher mit der Methode des Forschenden Lernens bei IPE gesammelt. Forschendes Lernen zielt darauf ab, Lernende in Lernsituationen zu führen, in welchen sie in aktiver selbständiger Mitarbeit Themen im Zyklus des Forschungsprozesses bearbeiten und reflektieren [3]. Weiterhin werden kaum sektorenübergreifende Bildungsangebote in der Ausbildung der Gesundheitsberufe realisiert, die die Berufsgruppen befähigen sollen Problemstellungen multiperspektivisch wahrzunehmen und zu bewältigen.
Im Rahmen des hier vorgestellten Lehrprojekts wurde eine Lehrveranstaltung für Medizin- und Pflegestudierende zum Schnittstellenthema ‚Mangelernährung‘ entwickelt, evaluiert und als Wahlpflicht bzw. Pflichtveranstaltung implementiert. Die Mangelernährung stellt eine bisher unzureichend bewältigte Herausforderung mit steigender Tendenz dar, die in deutschen Kliniken häufig unentdeckt bleibt und nicht zuverlässig therapeutisch berücksichtigt wird [4]. Gegenstand dieses Beitrags sind der Aufbau und die Evaluation der Lehrveranstaltung im Sommersemester 2017 sowie im Wintersemester 2017/2018.
Fragestellung: Ziel des interprofessionellen Lehrprojektes war, die Machbarkeit von IPE mittels der Methode des Forschenden Lernens exemplarisch am Schnittstellenthema Mangelernährung sektorenübergreifend zu erproben und aus Studierendensicht zu evaluieren.
Methode: Ausgangspunkt im Lehrprojekt war die Auseinandersetzung mit realen Fällen aus unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitssystems, die aufforderten, die Patientenversorgung am Beispiel des Ernährungsmanagements bei Mangelernährung durch interprofessionelles Handeln zu optimieren. Dabei folgte der Aufbau der Lehrveranstaltung dem Zyklus des fallbasierten Forschenden Lernens, dass ein systematisches und reflektiertes Vorgehen sichert und sozial kontextuiert angelegt ist [3]. Das Lehrprojekt wurde quantitativ mittels Fragebogen und vier neuentwickelten Skalen (Breite 1-5) von den teilnehmenden Studierenden zu Sozialklima, der Relevanz des Themas, der Anwendung des Forschenden Lernens sowie zur Lernbilanz evaluiert.
Ergebnisse: Die Medizin- (n=21) und Pflegestudierenden (n=25) evaluierten das Lehrprojekt positiv. Am höchsten wurde das positive Sozialklima (M=4,6) zwischen den Studierenden und die Relevanz des Themas (M=4,47) eingeschätzt. Die Anwendung des Forschenden Lernens (M=3,9) und die Bilanz der Lehrveranstaltung (M=3,9) wurden zufriedenstellend evaluiert.
Diskussion: Fallbasiertes Forschendes Lernen scheint sich insbesondere für die Förderung von interprofessionellen Kooperationskompetenzen zu eignen, da es durch das Agieren in kleinen interprofessionellen (Forschungs-) Teams soziale Kontextuiertheit ermöglicht [3] und damit im Besonderen ein interprofessionelle Lernsetting widerspiegelt, dass das über- von und miteinander Lernen der Gesundheitsberufen fördert [5]. Die Relevanz des Schnittstellenthemas Mangelernährung ist aus Studierendensicht gegeben.
Praktische Implikationen: IPE zu Ernährungsmanagement im sektorenübergreifenden Setting kann bereits in der Ausbildung wichtige Kompetenzen für interprofessionelle Zusammenarbeit und eine evidenzbasierte Versorgung von mangelernährten Menschen bei den zukünftigen Ärztinnen und Ärzten und Pflegenden anbahnen und zu einer höheren Versorgungsqualität beitragen.
Literatur
1. Wissenschaftsrat. Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums in Deutschland auf Grundlage einer Bestandsaufnahme der humanmedizinischen Modellstudiengänge. 2014. Zugänglich unter/available from: https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4017-14.pdf.
2. Nock L. Interprofessionelles Lehren und Lernen in den Gesundheitsberufen. Qualitative Evaluation des Förderprogramms "Operation Team" der Robert Bosch Stiftung. GMS J Med Educ. 2016; 33(2):Doc16.
3. Huber L. Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: Huber L, Hellmer J, Schneider F, editors. Forschendes Lernen im Studium: Aktuelle Konzepte und Erfahrungen. 2nd ed. Bielefeld: UVW Univ.-Verl. Webler; 2013. p. 9–35.
4. Löser C. Malnutrition in hospital – the clinical and economic implications. Dtsch Arztebl Int. 2010; 107(51-52):911-7.
5. World Health Organization. Framework for Action on Interprofessional Education & Collaborative Practice. Geneve: World Health Organization; 2010. Zugänglich unter/available from: http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/70185/1/WHO_HRH_HPN_10.3_eng.pdf?ua=1.
Hintergrund:
In 2017 hatten in der Großstadt Essen 32,4% aller Neugeborenen Mütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit (Stadt Essen 2018). Mögliche Hindernisse im Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung liegen an unterschiedlichen Krank-heitsvorstellungen und mangelnden Sprachkenntnissen (Razum und Spallek 2015). Sprach- und Kulturmittlerinnen (SprInt) unterstützen daher im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen die Kommunikation zwischen Fachkräften, wie Heb-ammen und Schwangeren. Sprachvermittlung wird jedoch durch fehlende Fachkenntnisse und Vorgehensweisen innerhalb der Themen Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett eingeschränkt. Ergänzend dazu ist auch das Wissen zu Interkultu-ralität und Interprofessionalität bei den Akteuren eingeschränkt. Entsprechende Kompetenzen bei Hebammen und der Wissenserwerb bei Sprach- und Kulturmittlerinnen sind jedoch wichtige Voraussetzungen für eine Versorgung der Frauen. Das Kooperationsprojekt zwischen der hsg (Hochschule für Gesundheit Bochum), SprInt (Fördergesellschaft für Kultur und Integration GmbH) und dem BIG (Bildungsinstitut im Gesundheitswesen) zur Förderung dieser Kompetenzen wird finanziert durch Mittel aus dem Europäischen Asyl-, Migrations und Integrationsfond (AMIF) und läuft von Juli 2018 - Juli 2020. Die Projektleitung obliegt dem BIG.
Ziel:
Ziel des Projektes ist die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen von Sprint zu den Themenbereichen Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Zudem sollen Studierende des Studiengangs Hebammenkunde im 6. Und 8. Semester durch den Einbezug in das Projekt ihre interkulturellen und interprofessionellen Kompetenzen weiterentwickeln. Abschließend sollen Informations- und interprofessionelle Netzwerkstrukturen in der Stadt Essen auf Dauer implementiert werden.
Methode:
Die Hochschule hat ein auf die Sprach- und Kulturmittlerinnen abgestimmtes Curri-culum erarbeitet und diese geschult. Die Sprintmitarbeiterinnen und Hebammenstudierenden begleiten zusammen Schwangere und junge Mütter aus Drittländern und reflektieren die Termine gemeinsam. Die Studierenden nehmen dabei die Position der Beobachterin ein. Zusätzlich erhalten beide Personengruppen die Möglichkeit, sich innerhalb eines Workshops über ihre jeweiligen Arbeitsfelder, Rollen in der Sprachmittlung und Transkulturalität auszutauschen. Es werden regelmäßige Supervisionen mit den Sprachmittlerinnen durchgeführt. Zur Evaluation des Projektes werden sowohl sie als auch die Studierenden befragt. Themenbereiche sind hierbei die Herausforderung der Sprachmittlung, die Effizienz der Weiterbildung und Umgang der Akteure aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich mit der Sprachmittlung.
Ergebnisse:
Die Sprachmittlerinnen bewerteten die Möglichkeit, ihre Erfahrungen reflektieren zu können sowie die Vermittlung von geburtshilflichen Fachbegriffen und Kenntnis-sen der Versorgungsstrukturen rund um die peripartale Zeit als sehr positiv. Alle weiteren Ergebnisse werden formativ und summativ nach den unterschiedlichen Projektabschnitten evaluiert.
Fazit/Ausblick:
Das Projekt wird zeigen, ob Sprach- und Kulturmittlerinnen mit fachlichem Hintergrundwissen in der Begleitung von Schwangeren und jungen Müttern aus Drittländern die Effektivität der Übersetzungstätigkeit und die damit verbundene Integration in die Versorgungssysteme erhöhen und ob dies zu höherer Zufriedenheit aller am Prozess Beteiligter beiträgt. Die transkulturelle Kompetenz von jungen Hebammen, die Bedeutung von Sprachmittlung in der Versorgung von Schwangeren und jungen Müttern zu erkennen und zu fördern, kann auch ein Signal für andere Akteure sein, Sprachmittlung als selbstverständlichen Bestandteil der Regelstrukturen zu verankern (Paulus und Kühner 2018). Eine flächendeckende Versorgung mit vergleichbaren Angeboten in deutschen Großstädten kann auch andere Integrationsbereiche positiv beeinflussen.
Background: With almost one quarter of the population having a migration background cultural competence training of mental health care provider have become a growing issue in recent years. In 2016, the Guidelines for Trainings in Inter-/Transcultural Competence for Psychotherapists (von Lersner, Baschin, Wormeck, & Mösko, 2016) have been published to provide quality standards for training concepts and evaluation processes. Since the guideline´s publication only a few training concepts based on the guidelines have been published and no evaluation with a control group design has been conducted in Germany so far. A training concept for psychotherapists in training based on the guidelines with 10 teaching unites of 45 minutes was designed. The training´s main goal was to encourage the development of participant´s cultural sensitive attitude.
Research question: Is a cultural sensitivity training based on the mentioned guidelines effective in enhancing inter-/transcultural competence of psychotherapists in training?
Method: The training was carried out five times in three different training programs for psychotherapists in Germany by two different trainers. The Trainers were licensed psychological psychotherapists with many years of experience in the treatment of patients with a differing cultural background. Trainers were first introduced to the training concept and encouraged to give feedback regarding the concept´s structure and proposed teaching methods. After further revision the two trainers received extensive instructions about the final training concept.
To evaluate the training´s effectiveness we used a mixed-method summative evaluation approach with the following evaluation criteria: Main Criteria (A) inter-/transcultural counseling competence and Subcriteria (B) subjective learning achievement.
Main Criteria A was measured by the Cross-Cultural Competence of Healthcare Professionals (CCCHP; Bernhard et al., 2015). A 2 (pre vs. post) x 2 (cultural sensitive training vs. other psychotherapy related training) mixed design with repeated measure on the first factor was used for examining the main criteria (A). Subcriteria (B) was measured by a general course evaluation questionnaire provided by the Freiburger Ausbildungsinstitut für Verhaltenstherapie (FAVT GmbH) after each training.
Results: The data of four of the five trainings could be included in the analysis so far. Data of the fifth training are currently collected and will afterwards be included in the final analysis. A one-way repeated measured analysis of variance (ANOVA) was conducted to evaluate a change in participant´s cross-cultural competence before and after the training (N = 56). The results of the ANOVA indicated a significant time effect, Wilks´ Lambda = .80, F(1, 55) = 13,74, p < .01, η2 = .20. To test for differences between the intervention and the control group a between-groups ANOVA was performed. The results indicate no significant effect for the full scale, F(1, 105) = 1.01, p = .32., η2 = .01. However, significant effects were found for the subscales Skills F(1, 104) = 4.20, p = .04., η2 = .04 and Knowledge/Awareness F(1, 105) = 16.0, p < .01, , η2 = .13. Qualitative data as well as the data of the general course evaluation (subcriteria B) revealed participant´s overall high satisfaction with the training. However, some participants had wished for more practical applications of the provided training content.
Discussion and practical implications: A one day cultural sensitivity training with 10 teaching units based on the Guidelines for Trainings in Inter-/Transcultural Competence for Psychotherapists (von Lersner et al., 2016) can be effective in enhancing inter-/transcultural competence of psychotherapists in training. Possible improvements of the training concept and parameters of trainings for psychotherapists in training are discussed.
Hintergrund:
Die Sicherung und Verbesserung der ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen beschäftigt Fachvertreter und gesundheitspolitische Akteure des Bundes und der Länder schon seit langem, zuletzt im „Masterplan Medizinstudium 2020“. Für Bayern hat das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) daher schon 2004 mit begleitenden Forschungsarbeiten begonnen und mit der Landesärztekammer eine Befragung von ÄrztInnen vier bis fünf Jahre nach der Approbation durchgeführt (z.B. Gensch 2005a, Gensch 2005b). Seit 2014 wird in Zusammenarbeit mit dem „Kompetenznetzwerk Medizinlehre Bayern“, in dem alle medizinischen Fakultäten des Freistaates zusammengeschlossen sind, die MediBAS (Bayerische Absolventenstudie, Teilstudie Medizin) durchgeführt. Diese regelmässige längsschnittliche Befragung von AbsolventInnen der Human- und Tiermedizin hat drei Ziele:
a) Qualitätssicherung der Fakultäten durch Rückmeldung der ehemaligen Studierenden
b) Informationen für die bayerischen Ministerien zu planungsrelevanten Aspekten
c) Integration von Forschungsthemen der medizinischen Aus- und Weiterbildungsforschung durch Vertreter der beteiligten Fakultäten (z.B. Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen, informelles Lernen im Beruf, Work-Life-Balance).
Im Winter 2018/19 wurde zum zweiten Mal ein Abschlussjahrgang bayerischer HumanmedizinerInnen unter anderem zu ihren beruflichen Ziele und Perspektiven befragt.
Fragestellung:
- Welche Perspektiven haben junge Mediziner für ihre mittelfristige berufliche Zukunft?
- Wie unterscheiden sich diese zwischen Männern und Frauen oder Personen unterschiedlicher Facharztausbildung?
Methode:
Im Winter 2018/19 wurde eine Vollerhebung der AbsolventInnen aller bayerischen Fakultäten für Humanmedizin durchgeführt. Die Teilnehmer bewerteten rückblickend ihr Studium und ihre Kompetenzen, gaben Auskunft über ihre Facharztwahl, Ort und Art ihrer derzeitigen Beschäftigung und darüber, wie und wo sie sich in den nächsten fünf Jahren beruflich sehen: In einer ärztlichen oder nicht-ärztlichen Tätigkeit, in Voll- oder Teilzeit, selbständig/niedergelassen oder angestellt; in einer Großstadt, Kleinstadt oder auf dem Dorf bzw. Land; in Deutschland oder einem anderen Land. Mit einer Rücklaufquote von über 30 Prozent und über 600 TeilnehmerInnen liegt ein belastbarer Datensatz vor, der mit bi- und multivariaten Verfahren ausgewertet wird.
Ergebnisse:
Zu diesem frühen Zeitpunkt in ihrer Laufbahn sind 96 Prozent der Befragten auf eine ärztliche Tätigkeit ausgerichtet. Ein Drittel davon möchte selbständig bzw. niedergelassen arbeiten; bei männlichen Absolventen ist dieser Anteil mit 36 Prozent etwas höher. Bei den Frauen stellen sich über 30 Prozent eine Teilzeittätigkeit vor; unter den Männern sind es immerhin auch knapp 14 Prozent, die nicht 40 Stunden (oder mehr) arbeiten möchten. Ins Ausland (v.a. Schweiz und Österreich) zieht es gut 7 Prozent. Knapp die Hälfte sieht sich in einer Großstadt, weitere 39 Prozent in einer Kleinstadt, nur 12 Prozent in einem Dorf oder auf dem Land.
Diskussion:
In den Antworten zeigt sich bei den Befragten eine starke Bindung an den Arztberuf und auch an eine Tätigkeit in Deutschland; der Gedanke an einen zeitnahen Ausstieg aus der kurativen Tätigkeit oder eine Abwanderung in Ausland verfolgen nur wenige der jungen Mediziner. Die Attraktivität der ländlichen Regionen ist allerdings bei Männern wie Frauen gering. Mit 14 Prozent ist der Anteil der männlichen Absolventen, die mittelfristig nicht in Vollzeit arbeiten möchten und zumindest in ihren Wünschen nicht dem traditionellen Berufsbild früherer Generationen folgen, nicht zu vernachlässigen. Die Befragten befinden sich erst am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn und zumeist noch vor der Phase der Familiengründung. Vor allem für Frauen erwiesen sich bisher die ersten beruflichen Jahre als sensible Phase, in der eine Abkehr von der kurativen Tätigkeit wahrscheinlicher wird (Gensch 2005a).
Praktische Implikationen:
Die Studie zeigt ein erstes Stimmungsbild, das in sich allein noch keine direkten Handlungsempfehlungen ermöglicht. Der Aufbau eines Instrumentariums regelmäßiger Untersuchungen ermöglicht es in Zukunft, Veränderungen über die Zeit in Reaktion auf bildungs- und gesundheitspolitische Maßnahmen sowie Maßnahmen einzelner Fakultäten abzubilden. Auch kann festgestellt werden, wie sich berufliche Präferenzen entwickeln, welche Erfahrungen maßgeblich sind und welche Maßnahmen für eine verbesserte Versorgung vom medizinischen Nachwuchs angenommen und umgesetzt werden (können).
Referenzen:
Gensch, Kristina. (2005a): Veränderte Berufsentscheidung junger Ärzte und mögliche Konsequenzen für das zukünftige ärztliche Versorgungsangebot. In: Gesundheitswesen 69, Thieme Verlag Stuttgart 6, S. 359-370
Gensch, Kristina (2005b): Geld ist nicht alles – Kritik junger Medizinerinnen und Mediziner an ihren Arbeitsbedingungen. In: Bayerisches Ärzteblatt 62, 1, S. 41-42