Autor:innen:
Anna Lechner | Charité-Universitätsmedizin Berlin CC12 | Germany
Dr. Jan Kottner | Charité-Universitätsmedizin Berlin CC12 | Germany
Dr. Susanne Coleman | University of Leeds | United Kingdom
Delia Muir | University of Leeds | United Kingdom
Dr. Heather Bagley | University of Liverpool | United Kingdom
Prof. Dimitri Beeckman | Ghent University | Belgium
Prof. Wendy Chaboyer | Griffith University and Gold Coast Hospital and Health Service | Australia
Prof. Janet Cuddigan | University of Nebraska Medical Center | United States
Prof. Zena Moore | Royal College of Surgeons in Ireland | Ireland
Dr. Claudia Rutherford | University of Sydney | Australia
Prof. Dr. med. Jochen Schmitt | Technical University Dresden | Germany
Prof. Jane Nixon | University of Leeds | United Kingdom
Prof. Katrin Balzer | University of Lübeck | Germany
Titel
Das OUTPUTs-Projekt: Dekubitusprävention verbessern durch Erhöhung der Qualität und der Vergleichbarkeit von Studien
Hintergrund
Dekubitus sind lokal begrenzte Schädigungen der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes infolge von Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften. Insbesondere bei immobilen, multimorbiden Patienten im höheren Alter stellen Dekubitus ein Gesundheitsproblem dar. Da Dekubitus als vermeidbare unerwünschte Ereignisse angesehen werden, wird die Dekubitusinzidenz als Qualitätsindikator in der Gesundheitsversorgung verwendet. Trotz Erfolge in der Dekubitusprävention zeigt die geschätzte Prävalenz von 2-5 % in deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen, dass die präventiven Maßnahmen noch nicht ausgeschöpft sind.
Es existieren zahlreiche klinische Studien zum Thema Dekubitusprävention. Jedoch werden der sinnvolle Vergleich und die Synthese von Ergebnissen verschiedener Studien dadurch erschwert, dass sich die einzelnen Studien in der Auswahl der Outcomes (Parameter, die zur Bewertung der Intervention in einer Studie vorab definiert und gemessen werden) und/oder der verwendeten Messmethoden unterscheiden. Dies mindert die Stärke der Evidenz. Um dem entgegenzuwirken, wurden und werden in den verschiedensten medizinischen Bereichen sogenannte ‚Core Outcome Sets‘ (COS) entwickelt. Ein COS definiert Outcomes, die als Minimum in jeder klinischen Studie eines definierten Bereiches erhoben werden sollen. Dies umfasst sowohl Empfehlungen dazu „was“ gemessen werden soll als auch „wie“ gemessen werden soll. Sind für bestimmte klinische Gebiete COS verfügbar, so sollen diese konsequent in klinischen Studien berücksichtigt werden.
Das Ziel des OUTPUTs Projektes ist die Entwicklung eines COS im Bereich der Dekubitusprävention, um langfristig die Effektivität von Maßnahmen zur Dekubitusprävention zu verbessern.
Fragestellung
Der Beitrag berichtet über den aktuellen Stand des OUTPUTs-Projektes.
Methode
Die Vorgehensweise des OUTPUTs-Projektes richtet sich nach internationalen methodologischen Empfehlungen und basiert auf folgenden vier übergeordneten Schritten:
1) Die Definition des Anwendungsbereiches.
2) Die Entwicklung von sogenannten ‚COS Domänen‘: Eine Domäne vereint in der Regel mehrere Outcomes und stellt daher eine allgemeinere Angabe dar, was bei einer Studie gemessen werden soll. Um die wichtigsten Domänen im Bereich der Dekubitusprävention festlegen zu können, wird anhand eines Scoping Reviews zuerst eine Übersicht über alle bisher in klinischen Studien berichtete Outcomes erstellt. Zusätzliche Workshops mit Betroffenen sollen sicherstellen, dass patientenrelevante Domänen identifiziert werden. Eine internationale Delphi-Studie ermöglicht im nächsten Schritt die Bewertung der einzelnen Domänen hinsichtlich ihrer Relevanz durch Repräsentanten aller an der Prävention beteiligten Personengruppen. In einem abschließenden persönlichen Treffen der Teilnehmer der Delphi-Studie werden die endgültigen COS Domänen festgelegt.
3) Entwicklung von COS Messinstrumenten: In diesem Schritt soll bestimmt werden, welche Messmethoden für die festgelegten Domänen zukünftig verwendet werden sollen. Auch hier werden zuerst alle bisher in Studien verwendete Messinstrumente identifiziert, um dann in einem mehrstufigen Prozess für jede COS-Domäne eine valide und standardisierte Messmethode zu bestimmen.
4) Als letzter Schritt erfolgt die Dissemination und Implementierung des entwickelten COS.
Ergebnisse
Im Rahmen eines Scoping Review wurden 283 Primärstudien und 55 Reviews identifiziert und extrahiert. Die fünf häufigsten untersuchten Interventionen zur Dekubitusprävention waren spezielle druckverteilende Unterlagen, Implementierung von Fortbildungsprogrammen oder Leitlinien, das Anbringen präventiver Pflaster, Positionsänderungen/Lagerungsregimes und spezielle Ernährung. Das Auftreten von Dekubitus wurde am häufigsten als Outcome herangezogen (67 % aller Studien). Hinsichtlich der Erhebung und der Berichterstattung von Dekubitus ist eine große Heterogenität zu verzeichnen. Druckentlastung, Schmerz, Komfort, Mobilität und die Durchblutung der Haut waren weitere häufig gemessene Outcomes. Alle erfassten Outcomes werden derzeit übergeordneten Domänen zugeteilt, um anschließend nach ihrer Relevanz beurteilt zu werden.
Diskussion
Für die Relevanz klinischer Studienergebnisse ist es wichtig, dass die erhobenen Outcomes für die betroffenen Patienten von Bedeutung sind. Deshalb ist es essenziell, sowohl (ehemalige) Patienten als auch Vertreter der klinischen Praxis bei der Entwicklung eines COS einzubeziehen.
Praktische Implikationen
Evidenzbasierte Medizin und Pflege kann nur so gut sein wie die vorliegende Evidenz. Durch die Verbesserung der Relevanz und Vergleichbarkeit klinischer Studien können klarere und besser begründete Empfehlungen für die Dekubitusprävention in der Praxis gegeben werden