Für Patienten geeignet.
Hintergrund:
In der inter- sowie intrasektoralen Koordination der Versorgung von Patient_innen bestehen besondere Herausforderungen. In einer Interventionsstudie werden in der Versorgung zusammenarbeitende Akteure anhand von Routinedaten identifiziert und miteinander vernetzt. Die Intervention besteht aus halbjährlich stattfindenden, moderierten Netzwerktreffen sowie netzwerkbezogenen Feedbackberichten zu häufigen Indikationsgruppen (z.B. Diabetes Mellitus, Ischämische Herzkrankheiten). Ergänzend zur Wirksamkeitsstudie wird eine Prozessevaluation durchgeführt, auf die sich der vorliegende Beitrag bezieht.
Fragestellung:
Welche Faktoren beeinflussen die Umsetzung und Implementierung der Intervention aus Sicht der Moderator_innen und Netzwerkärzt_innen?
Methode:
Die Prozessevaluation besteht aus einer Kombination von quantitativen und qualitativen Methoden.
Die ersten Erhebungen zu Erwartungen/Motivation der Moderator_innen und möglichen Hürden bei der Durchführung der Netzwerktreffen erfolgten im Anschluss an das Moderatorentraining. Fortlaufend werden nach den Netzwerktreffen sowohl die Moderator_innen als auch die Teilnehmenden schriftlich zur Umsetzung und Wahrnehmung des Treffens durch die Studiengruppe befragt.
Zusätzlich werden einzelne Netzwerkärzt_innen mittels qualitativer Interviews telefonisch befragt. Die leitfadengestützten Interviews werden von erfahrenen Interviewerinnen durchgeführt, digital aufgezeichnet und transkribiert. Die inhaltsanalytische Auswertung erfolgt computergestützt in einem multiprofessionellen Team (Medizin, Soziologie, Gesundheitsökonomie).
Aktuell wurden in 99 Netzwerken in vier KV Regionen jeweils ein bis zwei Netzwerktreffen durchgeführt und Netzwerkinformationen zu insgesamt vier Indikationsgruppen an die Netzwerkärzt_innen übermittelt.
Ergebnisse:
Moderator_innen äußern in allen beteiligten KV Regionen eher Skepsis in Bezug auf die Annahme von 2,5-stündigen Netzwerktreffen durch Netzwerkärzt_innen. In der Durchführung zeigt sich, dass es bei der tatsächlichen Teilnahmebereitschaft an Treffen deutliche regionale Unterschiede gibt. Vorbehalte der Teilnehmenden beziehen sich dabei weniger auf die Dauer einzelner Treffen, als auf knappe Zeitressourcen insgesamt. Vorerfahrungen in anderen Netzwerkkontexten nehmen Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft.
Netzwerktreffen mit geringen Teilnehmendenzahlen werden sowohl von Moderator_innen als auch von teilnehmenden Netzwerkärzt_innen als schwierig erlebt. So wird einer kleinen Gruppe weniger Wirkungspotenzial auf die Versorgung in der Region zugeschrieben. Die Befragten erleben kleine Gruppen zwar als engagiert, bewerten aber Netzwerktreffen mit einer größeren Teilnehmendenzahl eher als hilfreich, um konkrete Versorgungsprobleme gemeinsam zu bearbeiten.
Wünsche für die Zusammenarbeit im Netzwerk betreffen die Verbesserung der niedrigschwelligen Zugänge unter ambulanten Akteuren (telefonische Erreichbarkeit, Möglichkeiten zur direkten Ansprache), zuverlässige Informationsweitergabe sowie den fallbezogenen kollegialen Austausch. Auch die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung wird als wichtig bewertet.
Zur Optimierung der Organisation melden die Teilnehmenden zurück, dass ein frühzeitiger Versand, sowie die rechtzeitige Bekanntgabe von Netzwerktreffen die eigene Planung erleichtern und eine Teilnahme trotz Alltagsbelastung ermöglichen. Förderlich für die Teilnahmebereitschaft wird die persönliche Ansprache durch Moderator_innen bspw. in Form von individualisierten Anschreiben beschrieben.
Für den Kongress liegen die Ergebnisse für das erste Jahr der Prozessevaluation vor.
Diskussion:
Eine Kombination aus moderiertem Feedback und kollegialem Austausch im Rahmen von Netzwerktreffen erscheint für die gemeinsame Arbeit im Versorgungsnetzwerk vielversprechend. Um sich im interdisziplinären Netzwerk zu beteiligen, muss für Teilnehmende ein deutlicher Mehrgewinn durch die Vernetzung im Vergleich zur aktuellen Versorgungssituation und bereits bestehenden Angeboten sichtbar sein. Entscheidend für eine positive Einschätzung der Arbeit im Netzwerk ist das Engagement der Netzwerkmitglieder, die direkten Zugänge und der direkte Austausch. Die individualisierte Ansprache von Netzwerkärzt_innen wirkt positiv auf die Teilnahmebereitschaft.
Praktische Implikationen:
Für die Durchführung von Interventionen zur Stärkung von ambulanten Netzwerken gilt es, den individuellen Mehrwert durch die gemeinsame Arbeit im Vorfeld deutlich zu kommunizieren. Der Aufwand für die Beteiligung (Teilnahme an Treffen, Durchsicht von Informationsmaterialien etc.) sollte dabei möglichst gering und in den eigenen Praxisalltag gut integrierbar sein (Umfang der Materialien, Zeitpunkt und Ort von Treffen etc.).
Titel
Informationsbedürfnisse von Patienten mit geplanten bariatrischen Eingriffen aus Sicht von Ernährungsfachkräften – Ergebnisse eines Online-Surveys
Hintergrund
Die Anzahl der bariatrischen Eingriffe in Deutschland steigt. Dabei zeigt sich die bariatrische Chirurgie im Vergleich zur konservativen Therapie als sehr effizient. Chirurgische Verfahren sind jedoch mit einschneidenden Konsequenzen für die Patienten verbunden wodurch ein gesteigertes Informationsbedürfnis bei den Patienten zu vermuten ist. Eine besondere Rolle im Prozess der Weitergabe von Informationen an den Patienten haben neben den behandelnden Chirurgen besonders die Ernährungsfachkräfte (EFK), da die präoperative Ernährungstherapie eine der Voraussetzungen für die Kostenübernahme der Operation durch die Krankenkassen darstellt.
Fragestellung
Ziel der Befragung war die Identifizierung von Informationsbedürfnissen von Patienten sowie der Darstellung der Weitergabe von Informationen seitens der EFKs.
Methode
Der Online-Fragebogen (n=36 Items) wurde mittels SurveyMonkey® im Zeitraum Dezember 2018 - Februar 2019 deutschlandweit durchgeführt. Der Fragebogen enthält eine Mischung aus geschlossenen Fragen (u.a. Eingruppierungsfragen, Likert-Skalen) und offenen Fragen (Freitext) und wurde unter Einbeziehung eines Experten aus der Praxis entwickelt. Die Rekrutierung der EFKs erfolgte sowohl über die Adipositaszentren als auch über den Verteiler des BerufsVerbands Ökotrophologie e.V. (VDOe). Es wurden neben personenbezogenen (z.B. Alter, Geschlecht, Profession, Anstellungsverhältnis) und versorgungsrelevanten (Anzahl Patienten/Jahr, therapierte OP-Verfahren, Zuweisungswege) Daten besonders die Abläufe und Informationsprozesse prä- und postoperativ erhoben. Dazu gehörten Dauer und Frequenz der Termine, Inhalte der Gespräche sowie häufig gestellte Fragen. Aber auch Parameter wie bspw. die Kostenübernahme der Ernährungstherapie durch die Krankenkassen wurden erfragt. Die Ergebnisse wurden quantitativ und qualitativ zusammengefasst.
Ergebnisse
Insgesamt haben 47 EFKs (87,2% weiblich) an der Umfrage teilgenommen. In der Regel finden zwischen 5-7 Termine präoperativ mit der EFK statt (70,4%). Die Dauer des ersten Termins des Patienten bei der EFK liegt überwiegend bei 60 Minuten (52,2%). Die Inhalte des ersten Gesprächs wurden offen erfragt und sind sehr unterschiedlich, lassen sich aber auf einige gemeinsame Parameter zusammenfassen(Mehrfachnennungen möglich): Ernährung post-OP (39,4%), Ernährung-prä-OP (27,3%), Ist-Zustand Ernährung (24,2%), Anamnese (18,2%). Die häufigsten Fragen von Patienten vor der Operation beziehen sich auf die Ernährung nach der Operation sowie auf die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM). Zusätzlich tauchen häufig Fragen zu Risiken sowie Nebenwirkungen der Operationsverfahren auf.
Die häufigsten Fragen, die von den Patienten post-OP gestellt werden, wurden offen erfragt (Mehrfachnennungen möglich) und sind Un-/Verträglichkeiten/Überkeit (34,3%), NEM (28,6%), Proteinen (25,7), Lebensmittel-Auswahl (20,0%). Dauer und Frequenz der postoperativen Termine nehmen im Vergleich zu den präoperativen Terminen tendenziell eher ab. Ein großer Teil der EFKs hält die Kostenerstattung der Krankenkassen für die Ernährungstherapie für nicht ausreichend (79,6%).
Diskussion
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass sowohl prä- als auch postoperativ Informationsbedürfnisse bei den Patienten vorliegen. Diese beziehen sich vorwiegend auf die neue Ernährungssituation und deren Konsequenzen. Zudem tauchen im Erstgespräch vor der Operation häufig Fragen zu der Operation selbst (Nebenwirkungen, Risiken) auf. In der Regel haben die Patienten beim ersten Besuch bei der EFK das ärztliche Gespräch bereits hinter sich. Die Inhalte und Schwerpunkte des ersten Gesprächs mit der EFK stellen sich sehr unterschiedlich dar. Es bleibt zu prüfen, welche Informationen im gesamten Prozess der Ernährungstherapie vermittelt werden.
Die unzureichende Kostenerstattung der Krankenkassen zur Ernährungstherapie prä-/post-OP wird als nachteilig für die Versorgung der Patienten dargestellt.
Diese Ergebnisse sind Teil einer Studie zu Informationsbedürfnissen, welche neben den EFKs auch die behandelnden Chirurgen und die Patienten bzgl. Informationsbedürfnissen befragt. So entsteht ein Gesamtbild über die Informationsvermittlung seitens der beteiligten medizinischen Fachberufe sowie über die Informationsbedürfnisse aus Sicht der Patienten selbst.
Praktische Implikationen
EFKs stellen einen wichtigen Drehpunkt in der Versorgung von bariatrischen Patienten dar und sind somit direkt in die Weitergabe von Informationen an den Patienten involviert. Sie stellen somit auch eine Möglichkeit dar, Informationsbedürfnisse von Patienten zu identifizieren und zu bedienen.
Fragestellung
Weltweit sind Partner*innen-Benachrichtigung (PB) und zum Teil auch Partner Notification wichtige Bestandteile der Maßnahmen zur Bekämpfung von sexuell übertragbaren Krankheiten. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede in der Art und Weise, wie PB umgesetzt wird. Die Weltgesundheitsorganisation, das gemeinsame Programm der Vereinten Nationen (UN-AIDS) und die international agierende NGO International Union against Sexually Transmitted Infections (IUSTI) empfehlen, PB auf freiwilliger Basis durchzuführen. Neuere Studien verweisen auf die Chancen technologiegestützter Methoden in der Umsetzung der anonymen PB. Auch in Deutschland wird PB diskutiert und ist in Leitlinien beschrieben, doch scheinen Kenntnisse und Methoden dazu begrenzt und das Vorgehen insgesamt wenig systematisch zu sein.
In der Strategie der Bundesregierung zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderen sexuell übertragbaren Infektionen wird PB besondere Bedeutung zugemessen, wenn es darum geht, „Infektionsketten zu unterbrechen“. Um nun die Situation in Deutschland genauer einschätzen zu können und Handlungsbedarfe zu identifizieren, hat das Bundesministerium für Gesundheit eine Situationsanalyse zu PB in Auftrag gegeben. Im Fokus stehen drei STI (Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis) und die Umsetzung hierzu erfolgender PB im Rahmen anonymer Testmöglichkeiten im öffentlichen Gesundheitsdienst und durch NGO.
Angesichts des durchaus kontroversen Diskurses um PB und der sehr heterogenen Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedarfen sollen neben einer Angebotsübersicht zunächst die fördernden und hemmenden Faktoren auf Seiten von Praktiker*innen und – erstmals in größerem Umfang – auch von Nutzer*innen von Teststellen untersucht sowie hilfreiche Strategien identifiziert werden.
Beschreibung
1. Zu Beginn steht eine systematische Literaturrecherche. Dabei geht es einerseits um Forschungsergebnisse zu PB (mit Fokus auf Deutschland) und andererseits um Empfehlungen und Leitlinien. Da aktuelle Forschungsarbeiten und Leitlinien zur sexuellen Gesundheit STI und HIV überwiegend zusammen diskutieren, wird man über die Literaturrecherche ebenfalls Aussagen zur PB vor dem Hintergrund einer HIV-(Ko-)Infektion treffen können – allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
2. Die Untersuchung der tatsächlichen Umsetzung von PB in Deutschland erfolgt qualitativ durch Fachgespräche mit Praktiker*innen in Teststellen (Telefoninterviews, persönliche Einzel- und Gruppengespräche). Der aktuelle Forschungsstand deutet darauf hin, dass neben strukturellen Faktoren auch individuelle Haltung und Einstellung der Fachkräfte gegenüber PB und damit die Bereitschaft, ein derartiges Angebot umzusetzen, entscheidend beeinflussen. Die Situationsanalyse zielt nicht auf eine repräsentative Studie, erstreckt sich jedoch auf acht Standorte in Deutschland und betrachtet verschiedene Belastungsschwerpunkte in Groß- und Mittelstädten.
3. Den größten Fokus legt die Untersuchung auf die Sichtweisen der Betroffenen. In diesem Arbeitsschritt sollen Klient*innen der Teststellen in den Mittelpunkt gestellt und ihre Erfahrungen und Bedarfe erhoben werden. Über eine Befragung der Zielgruppen, vermittelt über ausgesuchte Standorte/Einrichtungen, können erstmals belastbare Daten für Deutschland entlang unterschiedlicher persönlicher und struktureller Gegebenheiten (z. B. nach Herkunft und Geschlecht bzw. nach Region) gewonnen werden. Die Befragung wird fragebogengestützt erfolgen, der Fragebogen wird durch offene qualitative Gespräche entwickelt.
Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse der ersten beiden Arbeitsschritte werden aktuell zusammengeführt. Studien aus anderen Ländern zeigen sehr verschiedene Methoden, Zielgruppen und Aussagekraft, zudem sind die Rahmenbedingungen nicht umstandslos auf Deutschland übertragbar. Für Deutschland fehlt bislang eine systematische Übersicht bestehender Ansätze und konkreter Angebote zu PB. Auch Aussagen zu Wirkungen sowie eine Bewertung, ob und wie diese Ansätze, darunter auch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien auf Deutschland übertragen werden können, stehen aus. Im Rahmen des DKVF 2019 können Einblicke in die tatsächliche Umsetzung von PB in Deutschland (hier: öffentlicher Gesundheitsdienst und NGO) sowie eine erste Analyse zu Einstellungen und Haltungen der Klient*innen vorgestellt werden.
Perspektive
Das BMG sieht ab Herbst 2019 Fachgespräche zu PB in Deutschland vor, wo die Ergebnisse der Studie öffentlich vorgestellt und weiter diskutiert werden sollen.
Hintergrund
Die Versorgung von Patient*innen in ihrem letzten Lebensjahr stellt besondere Anforderungen an die patientenzentrierte Ausgestaltung der Versorgung. Beispielsweise ist die Morbidität der Patient*innen sehr hoch, die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen im letzten Lebensjahr steigt und es kommt häufig zu Übergängen zwischen unterschiedlichen Versorgern (häusliche Pflege, Pflegeheim, Krankenhaus, ambulante ärztliche Versorgung etc.). Verschiedene Versorger*innen müssen in gemeinsamer Abstimmung angemessen auf komplexe medizinische, pflegerische und/oder psychosoziale Bedürfnisse und Bedarfe der Patient*innen parallel oder nacheinander eingehen. Hierbei eine patientenzentrierte Versorgung zu gewährleisten stellt eine Herausforderung dar. Da Patient*innen je nach Schwere der Erkrankung im letzten Lebensjahr oftmals selbst nicht mehr dazu in der Lage sind an Erhebungen zu ihrer Versorgung teilzunehmen und im Voraus nicht immer klar absehbar ist oder kommuniziert wird, wann eine Person ins letzte Lebensjahr eintritt, kann eine retrospektive Befragung von Nahestehenden helfen, die Patientenzentrierung der Versorgung zu bewerten.
Fragestellung
Ziel der Studie war es, die Anwendbarkeit und Validität einer adaptierten PACIC-Kurzversion (PACIC: Patient Assessment of Chronic Illness Care) für Nahestehende kürzlich Verstorbener als Proxybefragungsinstrument zu untersuchen.
Methode
Zwischen November 2017 und August 2018 wurde eine Querschnittsbefragung von Nahestehenden von im Großraum Köln kürzlich verstorbenen Personen durchgeführt. Unter anderem enthielt postalisch verschickte Fragebogen eine adaptierte Version der deutschen PACIC-Kurzversion mit neun anstatt elf Items. Als Antwortskala wurde nicht diejenige der aktuellen deutschen PACIC-Kurzversion verwendet, sondern die 5-Punkte-Skala der Langversion (Skalierung: "so gut wie nie" bis "fast immer"), da diese als verständlicher eingeschätzt wurde. Außerdem wurden Item drei und sechs der PACIC-Kurzversion ausgelassen, da sie weniger relevant für die Versorgung im letzten Lebensjahr erschienen. Eine Gesamtbewertung der Zufriedenheit mit der Versorgung erfolgte mittels einer 5-Punkte Skala von „überhaupt nicht zufrieden“ bis „völlig zufrieden“. Die adaptierte Version wurde in acht kognitiven Pretests überprüft. Alle Fragebögen, bei denen mindestens fünf Items ( > 50 %) der adaptierten PACIC-Kurzversion beantwortet wurden, wurden in die Hauptanalyse eingeschlossen. Fehlende Werte wurden durch Mittelwerte ersetzt. Es wurde eine explorative Faktorenanalyse durchgeführt.
Ergebnisse
Von den 351 befragte Nahestehende, haben 230 die verstorbene Person als chronisch krank eingeschätzt. Von diesen haben 193 Nahestende mindestens fünf der neun Items beantwortet, so dass die Bewertungen aus diesen Fragebögen dem Einschlusskriterium der Validierungsstudie entsprachen. Die Befragten schätzten die Zufriedenheit mit der Versorgung der verstorbenen Personen als „mittelmäßig zufrieden“ bis „ziemlich zufrieden“ ein (Itembewertung (IB) 3,5 von 5). Die meisten Befragten gaben an, dass die verstorbenen Personen „meistens nicht“ (IB 1,7 von 5) dazu ermutigt wurden eine Selbsthilfegruppe oder Schulung aufzusuchen, um besser mit der Erkrankung umgehen zu können, was der niedrigsten Bewertung unter den abgefragten Items entsprach. Im Gegensatz dazu haben die Befragten mehrheitlich angegeben, dass den verstorbenen Personen „meistens“ ein Medikationsplan ausgestellt wurde (IB 4 von 5) und dieses Item somit am besten bewertet wurde.
Die Faktorenanalyse konnte die ursprüngliche und beabsichtigte Eindimensionalität vorausgegangener PACIC-Versionen bestätigen mit einer erklärten Varianz von 45,12 % (KMO: 0,86; Bartlett-Test auf Sphärizität: p < 0,001). Die Faktorladungen bewegten sich zwischen 0,46 und 0,82. Darüber hinaus wies der Fragebogen eine hohe interne Reliabilität von 0,84 (Cronbach‘s α) auf.
In einer Sensitivitätsanalyse wurden nur diejenigen Fragebögen eingeschlossen, bei denen alle Items der adaptierten PACIC-Kurzversion ausgefüllt waren (N=94). Es zeigten sich dabei die gleichen Ergebnisse wie bei der Hauptanalyse.
Diskussion
Die adaptierte PACIC-Kurzversion eignet sich als Instrument zur retrospektiven Erhebung der Patientenzentrierung in der Versorgung im letzten Lebensjahr chronisch kranker Personen. In weiteren Studien sollte untersucht werden, inwiefern die Bewertungen von Nahestehenden deckungsgleich mit denen der Patient*innen im letzten Lebensjahr sind.
Praktische Implikationen
Mit der adaptierten PACIC-Kurzversion steht ein Instrument zur Verfügung, das den Versorgern ermöglicht, die Patientenzentrierung ihrer Versorgung auch retrospektiv zu erheben und Bereiche zu identifizieren, in denen Verbesserungen in der Versorgung angestrebt werden sollten.
BMBF-Strukturförderung Versorgungsforschung #01GY1606
Hintergrund: In vielen medizinischen Entscheidungen gibt es keine Option, die eindeutige klinische Vorteile birgt. In diesen Fällen spricht man von einer präferenzsensiblen Entscheidung. In solchen Situationen können Entscheidungscoachings Patienten bei ihrer Entscheidung unterstützen. Ein solches Entscheidungscoaching dient der Werteklärung, der Wissensvermittlung über die verschiedenen Handlungsoptionen, als auch der Unterstützung der Kommunikation der gewünschten Entscheidung gegenüber dem Behandler. Für Frauen mit einer Mutation der Brustkrebshochrisikogene BRCA-1 und BRCA-2 soll im Rahmen des EDCP-BRCA Projekts ein solches Entscheidungscoaching entwickelt werden. Dafür wird eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, die Aufschluss darüber geben soll, welche Aspekte bei der Entwicklung eines Entscheidungscoachings besondere Berücksichtigung finden sollten und auch für welche Frauen ein Entscheidungscoaching besonders hilfreich sein kann.
Fragestellung: Welche Aspekte müssen für die Entwicklung eines Entscheidungscoachings für Frauen berücksichtigt werden? Welche Frauen profitieren besonders von Entscheidungscoachings?
Methode: Es wurde eine systematische Übersicht zu dem Einfluss von Entscheidungscoachings auf medizinische Entscheidungen bei Frauen unter besonderer Berücksichtigung patientenbezogener Endpunkte erstellt. Dazu wurden im August 2018 die elektronischen Datenbanken Pubmed, Web of Science und PsycInfo durchsucht, sowie eine ergänzende Handsuche in Studienregistern durchgeführt. Die erzielten Ergebnisse sollen auf Frauen mit einer Mutation der Brustkrebshochrisikogene BRCA-1 und BRCA-2 übertragen werden.
Ergebnisse: Es wurden 1460 Referenzen durch Datenbankrecherche identifiziert. Zusätzlich wurden 92 Referenzen durch die Handsuche identifiziert. Nach der Entfernung der Duplikate verblieben 1291 Referenzen für das Titel- und Abstractscreening. Nachdem durch zwei unabhängige Reviewer 1231 Referenzen mit einer Übereinstimmung von 80% ausgeschlossen wurden, blieben 60 Referenzen im Volltext-Screening. Hiervon wurden 51 Referenzen ausgeschlossen. Neun Referenzen wurden insgesamt in die systematische Übersicht einbezogen. Die Studientypen, Interventionen und gemessenen Endpunktparameter stellten sich als sehr heterogen heraus. In den eingeschlossenen Studien und Reviews wurden die Endpunkte Entscheidungskonflikt, Status der Entscheidung, sowie das Patientenwissen am häufigsten betrachtet. Der Entscheidungskonflikt wurde in allen eingeschlossenen Studien, die diesen Endpunkt betrachteten, durch die Intervention reduziert. Das Wissen der Studienteilnehmer in der Interventionsgruppe wurde durch das Entscheidungscoaching ebenfalls erhöht. Bei dem Status der Entscheidung zeigt sich ebenfalls eine deutliche Abnahme der Unentschlossenheit. Hierbei zeigten Patienten, die ein Entscheidungscoaching erhalten haben sogar einen weiteren Status der Entscheidung als Patienten die eine Entscheidungshilfe erhalten haben.
Diskussion: Die umfassende Literaturrecherche veranschaulicht den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Evidenz zu dem Thema Entscheidungscoaching bei medizinischen Entscheidungen bei Frauen. Trotz der Heterogenität der Studien lassen sich einige Aussagen über den Einfluss des Entscheidungscoachings treffen. So gibt es zum Beispiel Hinweise darauf, dass vor allem Frauen mit einem hohen Entscheidungskonflikt und in einer komplexen Entscheidungssituation besonders von einem Entscheidungscoaching profitieren können.
Praktische Implikationen: Die Heterogenität der Interventionen sowie die unzureichende Dokumentation der einzelnen Entscheidungscoaching Interventionen erschweren die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Frauen mit einer BRCA-1 oder BRCA-2 Mutation. Es lässt sich jedoch abschließend festhalten, dass ein großer Forschungsbedarf im Bereich des Entscheidungscoachings besteht als auch, dass eine größere Homogenität der Endpunktparameter die Vergleichbarkeit der Studien zukünftig leichter gestalten würde.
Titel
Dialyse und psychosoziale Belastung – Eine Analyse von Alltagsproblemen und Unterstützungsmöglichkeiten auf der Grundlage qualitativer Patienteninterviews
Hintergrund
Die Prävalenz der terminalen Niereninsuffizienz (ESRD) steigt in Deutschland stetig und nimmt daher einen bedeutenden Stellenwert im Gesundheitssystem ein. Patienten mit diesem Krankheitsbild sind langfristig an eine Dialysebehandlung gebunden. Trotz ihrer lebensverlängernden Funktion geht die Dialyse häufig mit Veränderungen einher, welche sich als psychisch belastend auf die Betroffenen auswirken können.
In den im Projekt MAU-PD („Multidimensionale Analyse der Ursachen für die niedrige Prävalenz der ambulanten Peritonealdialyse in Deutschland“) durchgeführten qualitativen Patienteninterviews traten psychosoziale Themen offen zutage. Diese wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit weiter analysiert, um psychosoziale Belastungen und Ressourcen zur Krankheitsbewältigung im Alltag mit der ESRD zu eruieren.
Fragestellung
Ziel der Arbeit war es entsprechend, psychosoziale Belastungen und unterstützende Faktoren aus Patientenperspektive explorativ mit einer qualitativen Analyse zu erfassen:
Welche psychosozialen Belastungen werden von den Patienten beschrieben? Wie wirken sich diese auf das psychosoziale Erleben im Alltag der Patienten aus und wo lassen sich Ressourcen zur Bewältigung identifizieren?
Methode
Mittels der inhaltlich strukturierenden Analyse nach Kuckartz und Unterstützung durch die Analysesoftware MAXQDA 12 wurde eine kategorienbasierte Auswertung der im Projekt MAU-PD entstandenen Patienteninterviews (n=11; MW: 56 min.) durchgeführt. Die im Auswertungsprozess generierte Kategorie „Dialyseerleben und -bewältigung“ wurde anschließend vertiefend analysiert. Dabei wurden sechs weitere Unterkategorien gebildet.
Ergebnisse
Im Auswertungsprozess wurden die sechs Unterkategorien „Sozialleben”, „Dialysemodalität”, „körperliche Funktionalität”, „Psychotherapie”, „Kontakt zu anderen Dialysepatienten” sowie „psychisches Krankheitsempfinden” generiert.
Die Interviews zeigten, dass primär nachfolgende psychosoziale Aspekte eine Rolle im Alltag der Erkrankten spielen können: Ein stabiles soziales Umfeld wird von den Patienten als relevant erachtet. Dabei gilt besonders ein partnerschaftlicher Rückhalt als essentiell für eine mentale Stabilität. Auch die Fortführung der bisherigen beruflichen Beschäftigung beeinflusst die psychosoziale Situation der Befragten positiv. Als entscheidende Ressource im Alltag mit der Dialyse werden vor allem psychotherapeutische Sitzungen hervorgehoben. Weitere positive Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden konnten durch den Kontakt zu anderen Dialysepatienten, bspw. in Form von Selbsthilfegruppen festgestellt werden.
Psychosoziale Belastungsquellen wurden vorwiegend im Zusammenhang mit körperlichen und zeitlichen Einschränkungen im Alltag genannt. Diese Veränderungen bewirken ein negatives Krankheitsempfinden, welches sich durch diverse Ängste und einen psychischen Leidensdruck äußert.
Diskussion
Die inhaltliche Analyse wies auf eine bisherige Vernachlässigung psychischer Belastungen von ESRD-Patienten hin. Vor allem die negative Krankheitswahrnehmung aufgrund der Dialyse sowie fehlende psychosoziale Begleitungsangebote zeigen Versorgungslücken auf psychosozialer Ebene auf.
Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass sich die Patienten vor allem in der Adaptionsphase, d. h. zu Anfang der Dialyse bzw. bei Beginn einer neuen Dialysemodalität psychisch und sozial belastet fühlten. Hier zeigt sich ein Ansatzpunkt für potentielle Unterstützungsangebote. Die Analyse zeigte außerdem, dass die Stärkung von Bewältigungsressourcen vor allem durch eine partnerschaftliche Unterstützung, einen Austausch in Selbsthilfegruppen sowie eine Psychotherapie gelingen kann.
Praktische Implikationen
Die explorative Untersuchung bietet eine Grundlage für eine quantitative Befragung, welche Aspekte der psychosozialen Belastungen quantifizieren und weiter vertiefen könnte. Weiter könnten damit konkrete Bedarfe in der psychosozialen Versorgung von ESRD-Patienten identifiziert werden und ggf. entsprechende Maßnahmen entwickelt werden.
Hintergrund:
Keratinozyten-Karzinom (KC) ist eine der weltweit häufigsten Krebserkrankung der weißen Bevölkerung und die Prävalenz soll sich in Deutschland bis 2030 verdoppeln. Der hauptsächliche Risikofaktoren sind natürliche und künstliche UV-Strahlung, weswegen es in Deutschland unter Hochrisikogruppen teils als Berufskrankheit anerkannt ist. Landwirte stellen eine dieser Hochrisikogruppen dar. Eine spezifische Form der Prävention oder spezielle Aufklärungsprogramme zum Thema Sonnenschutz in dieser schwer betroffenen Berufsgruppe sind derzeit noch nicht etabliert.
Fragestellung:
Ziel dieser Studie war es, die Effektivität von Sonnenschutzkampagnen mittels verschiedener Fachzeitschriften für Landwirte darzustellen.
Methode:
Spezifische Informationen zum KC und zum Sonnenschutzverhalten wurden sowohl in einer nationalen (an 1,35 Millionen Haushalte in Deutschland versandt), als auch einer regionalen (an 100.008 Haushalte in Bayern versandt) Zeitschrift für Landwirte veröffentlicht. Mit dem Artikel ging eine Einladung auf die extra für die Studie eingerichtete Internetseite einher. Auf dieser befand sich ein Fragebogen, bestehend aus 11 Fragen. Die Artikel wurden jeweils national im Juni 2017 und regional im September 2017 veröffentlicht. Alle Aufrufe, in einem einmonatigen Beobachtungszeitraum nach Erscheinen des Artikels, wurden erfasst und mit einer einmonatigen Vergleichsperiode (Dezember 2017) verglichen. Patientencharakteristiken (Alter, Geschlecht, Ort des Zugriffes) wurden mittels „Google Analytics dashboard“ ermittelt.
Ergebnisse:
In der Gesamtdauer der Nachbeobachtung wurde die Website 140 mal aufgerufen. Hierbei handelte es sich um 128 Aufrufe nach dem nationalen Erscheinen und 12 Aufrufe nach dem regionalen Erscheinen des Artikels. Die mittlere Verweildauer der Besucher auf der Website lag bei durchschnittlich 1 min 2 s national und 1 min 49s regional. Insgesamt füllten 3 Besucher nach dem nur in Bayern erschienen Artikels den Fragebogen zur Studie aus.
Diskussion: Da die beworbene Internetseite von den adressierten 1,45 Millionen Haushalten nur 140 mal (0,01%), aufgerufen wurde, ist das Treffen einer Aussage über die Vermittlung von Wissen nicht möglich. Der Versuch einen großen Anteil der Hochrisikopopulation mittels Printmedien zu erreichen ist als Fehlschlag anzusehen.
Praktische Implikationen:
Es ist wichtig weitere Studien unter Hochrisikogruppen für KC durchzuführen um deren Erreichbarkeit besser einschätzen zu können. Die Erkenntnis über einen Weg zur bestmöglichen Erreichbarkeit von Hochrisikogruppe, am Beispiel der Landwirte, könnte essentiell für den Erfolg zukünftiger Präventionsmaßnahmen sein und einen essentiellen Beitrag zur Senkung der Belastung durch das KC leisten.