Seltene Erkrankungen sind sehr häufig unzureichend versorgt, betroffene Patienten sind häufig mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert.
Dies liegt nicht zuletzt dran, dass eine Versorgungsforschung in diesem Bereich häufig nicht ausreichend betrieben wird.
Daher haben wir uns an der Universitätshautklinik der Technischen Universität München unter anderem den seltenen Hauterkrankungen Morbus Darier und Morbus Hailey-Hailey gewidmet.
Bei diesen Erkrankungen handelt es sich um autosomal-dominante Genodermatosen, bei welchen ein bestimmter Kalziumkanal defekt ist. Die klinische Präsentation und die aktuellen Therapieansätze ähneln sich sehr.
Die Inzidenz der Erkrankung variiert weltweit zwischen 1-4/100000, geschätzt wird dass ca. 1000 Menschen in Deutschland hieran leiden, eindeutige Zahlen fehlen jedoch, wir gehen aktuell von einer hohen Dunkelziffer aus.
Die klinische Präsentation variiert sehr, einige Patienten sind mild betroffen, einzelne Patienten haben kaum Inseln gesunder Haut am ganzen Körper. Aufgrund des Juckreizes, des unangenehmen Körpergeruches sowie des Aussehens, führen diese Erkrankungen oft zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität und zu sozialer Isolation.
Des Weiteren gestaltet sich die Therapie der Erkrankungen äußerst frustran- sowohl für die Patienten als auch die behandelnden Ärzte. Es gibt aktuell keine Therapien, welche zur Erscheinungsfreiheit führen, der sogenannte „unmet need“ in diesem Bereich ist außerordentlich hoch.
Aufgrund mehrerer Patienten, welchen wir nur in geringem Maße helfen konnten, haben wir ein Register für diese Erkrankungen (MDHHgermany) ins Leben gerufen, welches ab Mai 2019 aktiv sein wird.
Die Genehmigung der Ethikkommission liegt bereits vor, des Weiteren wurde uns durch die Elke Köhler Stiftung eine Förderung von 24,800€ zugesichert.
Hauptziel von MDHHgermany ist der Auf- und Ausbau eines deutschlandweiten klinischen Registers für Patienten mit Morbus Darier und Hailey-Hailey zur Untersuchung der Versorgung von Patienten, zum Einsatz und zur Wirksamkeit der
einzelnen Therapien bzgl. patientenrelevanter Zielkriterien, zu den ärztlichen Beweggründen bei Therapieentscheidungen, bzgl. der Behandlungszufriedenheit und bzgl. von Prädiktoren für eine hohe Ansprechwahrscheinlichkeit auf die zur Verfügung stehenden Therapien. Vor allem aber auch, um die Erkrankungen aufmerksam zu machen und die Versorgung von betroffenen Patienten mittelfristig zu verbessern.
MDHHgermany verfolgt die drei folgenden spezifischen Hauptziele:
1. Medizinische Versorgung von Patienten in Deutschland
Charakterisierung der medizinischen Versorgung und Therapie von Patienten mit Morbus Darier und Morbus Hailey-Hailey. Besondere Berücksichtigung finden hierbei die Patientenperspektive (Nutzen, Ziele, Lebensqualität, Partizipation), ärztliche Beweggründe für oder gegen die Verordnung der unterschiedlichen Therapien, Therapiereihenfolge, Therapiewechsel, Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, Inanspruchnahme alternativer Heilverfahren, Zufriedenheit mit der Behandlung aus Sicht von Arzt und Patient, Einfluss des Morbus Darier und Morbus Hailey-Hailey auf die Produktivität am Arbeitsplatz, somatische und psychische Komorbiditäten sowie Erkrankungskosten. Hieraus möchten wir des Weiteren den Versorgungsbedarf aus Sicht betroffener Patienten eruieren.
2. Effektivitätsforschung, evidenzbasierte Medizin
Erforschung der Effektivität der verschiedenen, angewandten Therapien bei Morbus Darier und Morbus Hailey-Hailey. Da aktuell keine zugelassenen Medikamente für diese seltenen Erkrankungen auf dem Markt existieren, möchten wir anhand von Erfahrungswerten der teilnehmenden Kollegen ggf. neue Therapiemöglichkeiten ausfindig machen.
3. Schaffung einer Plattform für Grundlagenforschung und klinische Forschung
MDHHgermany soll als Grundlage/Basis für weitere klinische (RCTs), (versorgungs-) epidemiologische und immunologische Untersuchungen dienen (Projekte nach gesonderter Vorlage bei der zuständigen Ethikkommission).
Die Datenerhebung im Rahmen der Studie wird über eine App oder elektronisch (REDCAP) erfolgen, um real-life Daten aus Sicht der Betroffenen gewinnen zu können.
Wir denken verfolgen den Gedanken, dass seltene Erkrankungen in Zukunft viel besser erforscht werden müssen, um auch diesen Patienten in besserem Umfang helfen zu können. Dieses würde definitiv zu einer deutlichen Steigerung der Lebensqualität führen, welches uns sehr am Herzen liegt. Seltene Erkrankungen fallen häufig aus dem Raster, dieses wurde vor kurzem ebenfalls im durch den deutschen Ethikrat im deutschen Ärzteblatt erneut betont.
Hintergrund und Fragestellung: Das Ovarialkarzinom ist in der gynäkologischen Onkologie das Karzinom mit der höchsten Mortalitätsrate. Die Rezidive sind sowohl durch eine schlechte Prognose als auch ein schlechtes Gesamtüberleben gekennzeichnet. In der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“ herrscht Einigkeit darüber, dass im Rezidiv auch eine Chemotherapie erfolgen sollte. Der Stellenwert der operativen Therapie im Rezidiv ist dagegen noch ein Gebiet mit vielen offenen Fragen. Die vorliegende Studie soll einen Beitrag zur Qualitätssicherung der Behandlung von Patientinnen mit rezidivierten Ovarialkarzinom liefern. Hierfür wurde die Therapie und das Überleben in der Situation des Rezidivs populationsbezogen in einer retrospektiven Kohortenstudie anhand der Daten eines klinischen Krebsregisters untersucht.
Methode: Daten des regionalen klinischen Krebsregisters am Tumorzentrum Regensburg von Patientinnen mit Wohnort innerhalb der Oberpfalz, die im Zeitraum 1998-2013 die ICD-10-Diagnose C56 Bösartige Neubildung des Ovars gestellt bekamen und ein Rezidiv entwickelten, wurden erfasst, aufbereitet und analysiert. Als Endpunkte wurde das therapieabhängige Überleben nach Rezidiv unter Nicht-Operierten und Operierten mittels Kaplan-Meier-Analysen und multivariablen Cox-Regressionsanalysen ermittelt. Die Ergebnisse dieser Studie wurden außerdem mit den Qualitätsindikatoren der aktuell gültigen S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“ abgeglichen.
Ergebnisse: Für das Patientenkollektiv von 300 rezidivierten Patientinnen mit Ovarialkarzinom ergab sich ein medianes Gesamtüberleben von 21,6 Monaten mit einem 2-Jahres-Gesamtüberleben (2Y-OS) von 47,5% und einem 5-Jahresüberleben von (5Y-OS) von 16,25%. In der Kaplan-Meier-Analyse stellte sich in der Rezidivsituation das Alter, eine platin- und taxolbasierte Chemotherapie sowie eine kombinierte Therapie bestehend aus Operation gefolgt von einer platinbasierten Chemotherapie als signifikante Prognosefaktoren für das Gesamtüberleben dar. Der Überlebensvorteil der operierten und mit adjuvanter Chemotherapie behandelten Patienten konnte in der multivariablen Cox-Regressionsanalyse bestätigt werden (HR:0,162; 95%-KI: 0,094-0,279; p < 0,001). Selbst eine alleinige Chemotherapie wirkt sich günstig auf das Gesamtüberleben aus (HR:0,430; 95%-KI: 0,256-0,723; p = 0,001).
Die günstigsten Überlebenszeiten im Rezidiv zeigten in der multivariablen Cox-Regressions-Analyse die Operierten und adjuvant mit Platin und Taxol behandelten Patienten mit einer medianen Gesamtüberlebenszeit von 53,4 Monaten (HR:0,118; 95%-KI: 0,058-0,242; p < 0,001). Jedoch auch eine operative Therapie gefolgt von einer alleinigen insbesondere platinhaltigen Chemotherapie wirkt sich günstig auf das Gesamtüberleben aus (medianes OS für die Gruppe „Platin mono“ 34,2 Monate p < 0,001 vs medianes OS 29,6 Monate in der Gruppe „andere Chemo“, p = 0,001).
Unter den im Rezidiv Nicht-Operierten Patienten wirkt sich in der multivariablen Analyse im Rezidiv eine platin- und taxolhaltige Kombinationstherapie am günstigsten auf die Überlebenszeit aus (Medianes OS 23,55 Monate HR:0,326; 95%-KI: 0,158-0,673; p = 0,002). Auch eine alleinige Chemotherapie zeigt einen günstigen Effekt auf das Gesamtüberleben, wobei eine platinbasierte Monotherapie einer anderen therapeutischen Substanz überlegen ist (Platin mono vs andere Chemo 16,8 Monate vs 10,8 Monate HR:0,351; 95%-KI: 0,184-0,669; p = 0,001).
Diskussion und praktische Implikationen: Nach den S3-Leitlinien soll bei Patienten im Rezidiv eine Chemotherapie durchgeführt werden. Der positive Effekt einer Chemotherapie - insbesondere einer platin-basierten Kombinationsherapie - konnte in der vorliegenden Untersuchung bestätigt werden. Auch eine operative Therapie im Rezidiv gefolgt von einer platin- und taxolhaltigen Chemoherapie erbrachte einen signifikanten Überlebensvorteil. Während beim primären Ovarialkarzinom eine operative Therapie gefolgt von einer adjuvanten Chemotherapie etablierter Standard ist, ist der Stellenwert der Rezidiv-Chirurgie noch Gegenstand der Forschung. Retrospektive Studien wie auch die vorliegende sprechen für den Nutzen einer operativen Therapie im Rezidiv. Es werden weitere Studien notwendig sein, um den Nutzen einer operativen Therapie für ein selektives Patientengut zu validieren.
Hintergrund und Fragestellung: Das Fehlen von Prognosedaten behindert die Implementierung einer optimalen Therapie für Gebärmutterhalskrebs. Die empfohlene Therapie für FIGO IIB-Gebärmutterhalskrebs ist beispielsweise eine radikale Hysterektomie oder Radiochemotherapie. Da eine Operation mit einer höheren Morbidität verbunden ist, haben wir das Gesamt- und rezidivfreie Überleben nach verschiedenen Therapien und Therapiekombinationen bei Patientinnen mit oder ohne befallene Lymphknoten anhand der Daten eines klinischen Krebsregisters in einer retrospektiven Kohortenstudie untersucht.
Methode: Das Register des Tumorzentrum Regensburg dokumentierte zwischen 2002 und 2015 389 Patientinnen mit Zervixkarzinom in den FIGO-Stadien IIB, IIIA, IIIB und IVA. Die Ergebnisse der Kaplan-Meier Analysen wurden jeweils in 5- Jahres Überlebens- bzw. Rezidivwahrscheinlichkeiten sowie der medianen Überlebenszeit angegeben. Wir schätzten die Hazard Ratios (HR) für das Gesamtüberleben nach verschiedenen Therapien mit univariabler und multivariabler Cox-Regression zur Risikoadjustierung.
Ergebnisse: Wir haben die Notwendigkeit einer gründlichen Beurteilung des Lymphknotenstatus aufgezeigt, um verlässliche Daten für die Behandlungsstrategie zu erhalten. Unsere Analyse zeigte signifikante Unterschiede für das Gesamtüberleben in FIGO IIB in Abhängigkeit von Therapie und Nodalstatus. Das Gesamtüberleben war mit einer Radiochemotherapie ohne Operation für Patientinnen mit N0 im Vergleich zu einer Kombination von Operation und Radiochemotherapie niedriger (HR = 3,012; 95% CI 1,075 - 8,441; p = 0,036). Bei befallenen Lymphknoten (N1) führte die Radiochemotherapie ohne Operation jedoch zu einem vergleichbaren Ergebnis (HR = 0,808; 95% CI 0,189 - 3,403; p = 0,765), während die Operation allein zu einem schlechten Ergebnis führte (HR = 2.889; 95% CI 1.356 - 6.156; p = 0,006). Unabhängig vom Nodalstatus war die Chemotherapie bei Gebärmutterhalskrebs im fortgeschrittenen Stadium (FIGO III) der Operation überlegen.
Diskussion und praktische Implikationen: Unsere Studie weist darauf hin, dass FIGO IIB-Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs im Hinblick auf das onkologische Langzeitergebnis von einer Kombination aus Operation und Radiochemotherapie profitieren. Bei einem Lymphknotenbefall bringt die Operation der Patientin jedoch keinen wesentlichen Vorteil. Im fortgeschrittenen Stadium FIGO III zeigt die Chemotherapie die besten Ergebnisse.
Hintergrund und Fragestellung: Die deutsche Leitlinie für Brustkrebs empfiehlt die Verwendung einer Chemotherapie (CHT) bei Patienten mit hormonrezeptorpositivem und nodalpositivem, invasivem Brustkrebs. Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen von CHT in dieser Patientengruppe auf das Gesamtüberleben (OS) und das fernmetastasenfreie Überleben (DMFS) zu analysieren, insbesondere unter Berücksichtigung des Diagnosealters.
Methode: 1772 Patientinnen aus dem klinischen Krebsregister des Tumorzentrum Regensburg mit zwischen 2003 und 2013 diagnostiziertem hormonrezeptorpositivem und nodalpositivem, invasivem Brustkrebs im Stadium I-III wurden in einer retrospektiven Kohortenstudie untersucht. OS und DMFS in Abhängigkeit von einer eingesetzten CHT wurden mittels der Kaplan-Meier-Methode und der multivariablen Cox-Regressionsmethode geschätzt. Die Ergebnisse wurden weiter nach Alter bei Diagnose untersucht.
Ergebnisse: Der Vergleich von 1544 Patienten mit CHT mit 228 Patienten ohne CHT zeigte einen signifikanten Nutzen für die CHT bezüglich 5-Jahres-OS (91,3% vs. 76,8%) und 5-Jahres-DMFS (86,7% vs. 74,4%, beide p < 0,001). Im Vergleich zu Patienten ohne CHT desselben Alters wurden bei Patienten unter 70 Jahren mit CHT bessere OS und DMFS beobachtet. Patienten im Alter von> = 70 Jahren mit CHT hatten im Vergleich zu Patienten ohne CHT einen minimalen Nutzen in Bezug auf 5 Jahre OS, jedoch keinen Vorteil in Bezug auf DMFS. Alle Ergebnisse wurden in multivariablen Analysen bestätigt, mit Ausnahme von Patienten, die älter als 70 Jahre waren.
Diskussion und praktische Implikationen: Patienten mit hormonrezeptorpositivem und nodalpositivem, invasivem Brustkrebs profitieren von einer Chemotherapie im Hinblick auf ein deutlich besseres Gesamt und fernmetastasenfreies Überleben, obwohl die Verwendung der Chemotherapie bei Patienten über 70 Jahre bei Erstdiagnose zu einem geringeren Benefit führt.
Hintergrund und Fragestellung: Die empfohlene Therapie für Patientinnen mit Typ I FIGO IB Endometriumkarzinom ist die Hysterektomie und die Adnexektomie. Die therapeutischen Vorteile einer zusätzlichen Becken- und Paraaortal-Lymphknotendissektion (LND) werden jedoch noch diskutiert. In dieser Studie untersuchten wir retrospektiv das Gesamtüberleben (OAS) und das rezidivfreie Überleben (RFS) bei Patientinnen mit Endometriumkarzinom Typ I FIGO IB, die sich einer systematischen oder elektiven Lymphadenektomie unterzogen haben im Vergleich zu Patientinnen ohne LND.
Methode: Wir haben 299 Patienten aus der Registerdatenbank des Tumorzentrum Regensburg in die Untersuchung einbezogen, bei denen zwischen 1998 und 2015 ein endometriales Adenokarzinom des Uterus Typ I FIGO IB diagnostiziert wurde. Es wurde eine multivariable Cox-Regression auf die ausgewählten Patientendaten angewendet und die Hazard Ratios für OAS und RFS für die durchgeführten Interventionen geschätzt. Des Weiteren haben wir Risikoanpassungen in Bezug auf klinisch-pathologische Parameter vorgenommen.
Ergebnisse: Wir beobachteten signifikante Vorteile von LND in der univariablen Überlebensanalyse ohne Risikoadjustierung. Wir haben diesen Effekt jedoch nicht in der multivariablen Regressionsanalyse nach Risikoanpassung bestätigt gesehen. In diesem Fall reduzierte sich die Hazard Ratio (HR) für OAS bei Patienten ohne LND im Vergleich zu Patienten mit LND auf 1,214 (95% CI 0,771–1,911; p = 0,402), die HR für RFS auf 1,059 (95% CI 0,689–1,626; p = 0,795). Ebenso konnte ein Nutzen systematischer gegenüber elektiver LND nach Risikoanpassung nicht mehr bestätigt werden.
Diskussion und praktische Implikationen: Im Gegensatz zu früheren Beobachtungen bei Patientinnen mit hochgradigem Endometriumkarzinom liefert unsere Studie überzeugende Beweise dafür, dass LND, insbesondere die systematische Lymphadenektomie, bei Patienten mit Typ I FIGO IB Endometriumkarzinom hinsichtlich Gesamt- und rezidivfreiem Überleben nicht von Vorteil ist.
Hintergrund
Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den Krebserkrankungen mit steigender Inzidenz und schlechter Prognose. Tumore werden oftmals erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, da in frühem Stadium selten Symptome auftreten. Nur bei etwa 20% der Patientinnen und Patienten kommt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Operation als kurativer Ansatz in Frage. Neoadjuvante Therapien mit einberechnet, werden insgesamt 40-50% der Patientinnen und Patienten operativ behandelt. In Niedersachsen gab es 2015 sechs von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Pankreaskrebszentren, inzwischen sind es zwölf (März 2019).
Fragestellung
Wie viele Personen erkranken an Bauchspeicheldrüsenkrebs in der Region Weser-Ems (ehem. Regierungsbezirk, im Vergleich zu Niedersachsen) und wo werden die Patientinnen und Patienten stationär versorgt? Wie hoch ist der Anteil derjenigen, die in zertifizierten Zentren behandelt werden? Können diese Fragestellungen mit den vorliegenden Datenquellen beantwortet werden?
Methodik
Für die Inzidenz von Bauchspeicheldrüsenkrebs (ICD-10 C25) wurden geschlechtsspezifische Fallzahlen und Raten (je 100.000 Einwohner) für die Jahre 2006 bis 2015 des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen (EKN) herangezogen. Die Krankenhausdiagnosestatistik (KHDS) des Landesamtes für Statistik Niedersachsen lieferte Krankenhausbehandlungsfälle mit Diagnose C25 nach Wohnorten (auf Landkreisebene in Niedersachsen, sonst Bundesland) und Behandlungsorten (11 Regionen in Niedersachsen, davon 3 in Weser-Ems) stratifiziert, für die Jahre 2010-2015. Aus den strukturierten Qualitätsberichten der Krankenhäuser (SQBs) standen behandelte Hauptdiagnosefälle (C25) aus den Jahren 2010, 2012-2015 der einzelnen Leistungserbringer zur Verfügung. Dabei werden aus Datenschutzgründen kleine Werte unter vier nicht differenziert aufgeschlüsselt; für diese Untersuchung wurde in solchen Fällen ein Durchschnittswert von zwei angenommen. Die Angaben zu zertifizierten Pankreaskrebszentren stammen von der Deutschen Krebsgesellschaft.
Ergebnisse
2015 erkrankten 860 Männer und 853 Frauen in Niedersachsen (NDS) neu an Bauchspeicheldrüsenkrebs, in der Region Weser-Ems waren es 236 Männer und 233 Frauen. Die Fallzahlen sind seit 2006 stetig angestiegen. Bei den altersstandardisierten Inzidenzraten ist ein leicht ansteigender Trend in Niedersachsen und der Region Weser-Ems zu beobachten. Die Inzidenzraten liegen 2015 in der Region Weser-Ems mit 12,9 (Männer) und 10,0 (Frauen) nahe den Raten für Niedersachsen mit 13,8 und 10,7.
Die Krankenhausbehandlungsfälle mit C25 und Wohnort NDS bzw. Weser-Ems sind von 2010 bis 2015 ebenfalls angestiegen (von 2.837 auf 3.523 bzw. von 812 auf 1.172 für beide Geschlechter zusammen). Auf einen Neuerkrankungsfall in NDS kommen zwei Krankenhausbehandlungsfälle mit Wohnort NDS (2010-2015 gemittelt); für Weser-Ems sind es 2,3. Über die Zeit ist in Weser-Ems das Verhältnis von 1,9 (2010) auf 2,5 (2015) angestiegen (in NDS von 1,9 auf 2,1).
84% der C25-Krankenhausfälle mit Wohnort Niedersachsen wurden auch in Niedersachsen stationär behandelt (2010-2015), 16% in anderen Bundesländern. Aus der Region Weser-Ems wurden durchschnittlich 90% der Fälle in Niedersachsen behandelt, aus den Kreisen Emsland, Grafschaft Bentheim und Wesermarsch dieser Region waren es jedoch nur 80 %.
Behandlungsorte: Rund 39% der C25-Krankenhausfälle mit Wohnort Weser-Ems wurden zwischen 2010-2015 in Westniedersachsen stationär behandelt, 25% im Oldenburger Raum und 25% in Ostfriesland/Nordseeküste (d.h. in einer der drei Behandlungsregionen in Weser-Ems), 1% in anderen Regionen Niedersachsens und 10% außerhalb Niedersachsens.
Aus den SQBs lässt sich ermitteln, dass 14% der Krankenhausfälle mit C25-Diagnose, die 2015 in Niedersachsen behandelt wurden (auch mit Wohnort außerhalb Niedersachsens), in einem von sechs zertifizierten Zentren behandelt wurden. In der Region Weser-Ems, mit drei zertifizierten Pankreaskrebszentren in Oldenburg und Osnabrück, betrug der Anteil 25%.
Diskussion
Deutschlandweit ist aufgrund der demografischen Entwicklung ein Anstieg der absoluten Fallzahlen zu beobachten. Die Inzidenzraten liegen in der Region Weser-Ems, in Niedersachsen und Deutschland auf einem Niveau und die zeitlichen Verläufe ähneln sich.
Methodische Limitationen der Auswertung sind der Fall- statt Patientenbezug in der KHDS und den SQBs sowie eine fehlende Differenzierung in Wohn- und Behandlungsort bei den SQBs.
Das neue Klinische Krebsregister Niedersachsen wird für den onkologischen Bereich zukünftig eine neue Datengrundlage schaffen, mit der Fragen zu Versorgungsaspekten differenzierter beantwortet werden können.
Praktische Implikationen
Um eine Verbesserung für Erkrankte an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erzielen, wäre es wünschenswert, den Anteil der Behandelten in zertifizierten Zentren zu erhöhen. In Niedersachsen gibt es inzwischen zwölf zertifizierte Zentren, in der Region Weser-Ems liegen zwei davon.
Background
Rectal cancer is a frequently diagnosed tumor worldwide. Its curative treatment involves radical surgical resection of the tumor. In the past, open surgery was the first choice for rectal resections, and even today, many surgeons still prefer the conventional approach. Nevertheless, various studies proofed the oncologic safety of laparoscopic resection and have shown its noninferiority or even slight superiority to the open approach. Until now, there does not exist a clear recommendation on whether age should influence the choice of the surgical approach.
Research question
It is known that age can have considerable influence on the perception of different therapeutic modalities. Based on a large pooled database of German cancer registries, the present study investigates whether laparoscopy and laparotomy for rectal cancer are equally suitable in all age groups in terms of short- and long-term survival.
Methods
This population-based retrospective cohort study compared outcomes of laparoscopic and open surgery in rectal cancer patients. Perioperative mortality, 5-year overall, relative, and recurrence-free survival rates were analyzed separately for three age groups (< 60 years, 60–69 years, 70–79 years). Data originate from 30 regional German cancer registries that cover approximately one quarter of the German population. All primary nonmetastatic rectal adenocarcinoma cases with surgery between 2005 and 2014 were eligible for inclusion. To compare survival rates, Kaplan–Meier analysis, a relative survival model, and multivariable Cox regression were used; a sensitivity analysis assessed bias by exclusion.
Results
Finally, 10754 patients fulfilling all inclusion criteria without missing data in important variables were included in the analysis. The mean laparoscopy rate was 23.0% and increased over time. Uni- and multivariable regression analysis of 30-day postoperative mortality revealed advantages for laparoscopically treated patients, although the significance level was not reached in any age group (for age group 70–79, it was missed only slightly: odds ratio, OR 0.559; 95% confidence interval, 95% CI 0.296–1.058). Regarding 5-year overall survival, laparoscopy generally seems to be the superior approach, whereas for recurrence-free survival patients under 60 years benefited more from the minimally invasive approach than older patients (< 60 years: hazard ratio, HR 0.703, 60–69 years: HR 0.787, 70–79 years: HR 0.923). The sensitivity analysis revealed that included patients did not have a significant advantage over patients excluded due to missing data in terms of 30-day postoperative mortality. Looking at 5-year overall survival rates, included patients did have a slightly superior survival rate compared to excluded patients (79.5 vs. 78.1%, p = 0.017).
Discussion
Concerning short-term outcomes, laparoscopic surgery patients in this study had a lower postoperative mortality rate in all age groups. However, the effect size was only moderate and the significance level was not reached in any age group. A possible reason for the minor advantage of the minimally invasive surgical approach could be the lower postoperative complication rate. A significant advantage of laparoscopy could be observed for overall survival in all age groups 5 years after surgery. Taking a closer look at the actual effect sizes after adjustment for confounders, an age-dependent gradient can be seen for recurrence free survival. In the long term, young people obviously benefit most from minimally invasive surgery, while survival and recurrence patterns in older patients seem to depend less on the surgical approach. Future research is indispensable to further investigate the reasons for this observation. The large sample is a considerable strength of this study since all results are based on representative data from 30 regional cancer registries. Nevertheless, some limitations must be considered when interpreting the results presented in this study. Unfortunately, information on nononcologic comorbidities is lacking. However, there is evidence that stratifying by age, as it was done in this study, may partly account for this shortage.
Practical implication
Laparoscopic rectal cancer surgery can be considered safe in daily clinical practice. Laparoscopy shows similar results to the open approach in terms of postoperative mortality in all age groups. Concerning long-term outcomes, younger patients benefitted most from the minimally invasive approach. Increased use of laparoscopy for rectal cancer should be considered in this group.