Für Patient*innen geeignet.
Background: In multidisciplinary team meetings (MDTMs, also called tumor boards) physicians with different specializations and sometimes other health care providers come together to discuss and recommend paths of treatment for a specific patient. MDTMs are considered best practice in can-cer care. However, MDTMs have been found to mostly discuss medical information and pay little attention to the patient’s perspective and psychosocial situation. Hence, the current organization of MDTMs has been argued to not support patient centered-care and shared decision-making (SDM).
Aims: This review aimed to identify recommendations for MDTMs to become more patient-centered and enable SDM.
Methods: A narrative review of existing literature recommending strategies to foster interdiscipli-nary communication and patient-centeredness in MDTMs was conducted. Two researchers with ample experience in SDM research in cancer care, who previously conducted observational studies in MDTMs, reviewed the literature. The two researchers structured the extracted recommenda-tions in order to function as the basis for an implementation strategy to foster SDM in cancer care. Then, the recommendations were discussed with clinical cooperation partners at a comprehensive cancer center in Germany.
Results: We extracted recommendations from 30 publications, which included original research and reviews as well as opinion pieces. This led to 13 recommendations regarding the following areas: 1) routine pathways and quality management standards (e.g., consistent denomination as MDTM recommendation instead of decision); 2) participants (e.g., discussion of a case only if at least one MDTM participant has met the patient); 3) information discussed during MDTMs (e.g., documenta-tion of more than one possible treatment, if uncertainty exists during meeting); and 4) tasks of the MDTM coordinator/chair (e.g., communication and leadership training for MDTM chairs). After dis-cussion with clinical cooperation partners, changes in the setting emerged as a fifth area for change (e.g., changing the seating arrangement into a u-shape).
Discussion and implications: Since MDTMs in their current organization do not foster patient-centered care and SDM, recommendations for changes towards more patient-centeredness and SDM in MDTMs were reviewed and consolidated. Those recommendations can be used to inform implementation efforts to foster patient-centered MDTMs and SDM in cancer care.
Hintergrund: Um in Deutschland eine adäquate Versorgung trotz des demografischen Wandels und zunehmenden Ärztemangels sicherzustellen, gilt die Delegation von ärztlichen Tätigkeiten an Medizinische Fachangestellte (MFAs) als ein Lösungsansatz. Ziel dieser COMPASS-Teilstudie im Rahmen des Berliner Verbundprojekts NAVICARE war es, die Akzeptanz und Beurteilung der Bevölkerung gegenüber der ärztlichen Delegation zu erheben.
Methode: Die Grundlage der Analysen bildet ein bevölkerungsweiter Survey (n=6.105 Personen ab 18 Jahren). Die Items zur Einstellung gegenüber der ärztlichen Delegation wurden uni-, bi- und multivariat auf Zusammenhänge mit soziodemografischen (Alter, Geschlecht, Bildung, Erwerbsstatus, Region) und gesundheitsrelevanten (subjektiver Gesundheitszustand, chronische Erkrankung) Merkmalen geprüft.
Ergebnis: Insgesamt würden 67,2 % der Bevölkerung die ärztliche Delegation im Falle einer kleineren Erkrankung akzeptieren. Personen mit einer anderen Staatsangehörigkeit als der deutschen (Odds Ratio [OR]: 2,96; 95-%-Konfidenzintervall (KI) [2,28–3,85]), über 65-Jährige (OR: 1,87; KI [1,37–2,55]), Frauen (OR: 1,53; KI [1,34–1,74]) und Personen mit einem subjektiv schlechten Gesundheitszustand (OR: 1,37; KI [1,16–1,63]) lehnen im Vergleich zur jeweiligen Referenzgruppe signifikant häufiger diese Form der Delegation ab. Bei chronischen Erkrankungen würden 51,8 % der Bevölkerung die ärztliche Delegation akzeptieren. Auch hier sind Personen mit einer anderen Staatsangehörigkeit als der deutschen (OR: 1,61; KI [1,24–2,10]) sowie über 65-Jährige (OR: 1,64; KI [1,24–2,18]) häufiger ablehnend eingestellt. Weiterhin äußern sich in Westdeutschland Lebende und formal niedrig Gebildete (OR: 1,20; KI [1,04–1,39]) kritischer als Personen der jeweiligen Referenzgruppe.
Schlussfolgerung: Die vorliegenden Ergebnisse liefern Erkenntnisse, die für die Einführung von Delegationsmodellen genutzt werden können, um diese zielgruppenspezifisch zu adressieren. Die Sicht der Bevölkerung auf die ärztliche Delegation ist überwiegend positiv. Weiterführende qualitative Studien, die die Motive für eine Ablehnung untersuchen, sind empfehlenswert.
Hintergrund
Über 90% der dialysepflichtigen Menschen in Deutschland sind auf den Besuch einer Dialyseeinrichtung angewiesen, in der drei Mal wöchentlich über mehrere Stunden eine Hämodialyse (HD) durchgeführt wird. Obwohl mit der Bauchfell- oder Peritonealdialyse (PD) eine medizinisch gleichwertige Option zur Verfügung steht, die selbstverantwortlich zuhause durchgeführt werden kann, hat sich diese bis heute nicht in der Breite durchsetzen können. In einem Innovationsfondsprojekt sollen strukturelle Gründe für das Nischendasein dieses etablierten Verfahrens in Deutschland offengelegt werden. Ein Instrument ist dabei die deutschlandweite Befragung aller niedergelassenen Nephrologen. In dieser Befragung hatten die Teilnehmer die Möglichkeit zur offenen Formulierung der aus Ihrer Sicht größten Probleme hinsichtlich einer stärkeren Rolle der PD in Deutschland.
Fragestellung
Worin sehen Nephrologinnen und Nephrologen als die maßgeblichen Versorger auf dem Gebiet der Dialyse die größten Hürden für eine höhere PD-Quote in Deutschland?
Methode (Studiendesign, Datenerhebung und -auswertung)
Die Nephrologen-Befragung lief in den Monaten um den Jahreswechsel 2018/2019, es wurden 1.501 Personen angeschrieben, 573 nahmen teil, was einem Rücklauf von 38 Prozent entspricht.
In der Form einer offenen Frage wurde um die Nennung der größten Hürden für eine höhere PD-Quote gebeten (stichpunktartig, max. drei Stichpunkte). Die Freitext-Analyse aller hier genannten Einzelaspekte (n = 1.017) erfolgte mittels einer qualitativen Zusammenfassung und der Bildung von thematischen Oberkategorien. Hierzu wurden diese definiert und die Kodierregeln hinterlegt. Abschließend wurden die Nennungen zum einen innerhalb der Einzelkategorien ausgezählt und darüber hinaus in inhaltlich zusammengehörigen Kategorien zusammengefasst.
Ergebnisse
Die häufigsten Nennungen einzelner Aspekte waren: 1. fehlende (finanzielle) Anreize (n = 97), 2. mangelnde Strukturen für PD-Verfahren (n = 88), 3. Alter der Patienten (n = 71), 4. mangelnde Wissensvermittlung in der Facharztausbildung (n = 65), 5. mangelnde ärztliche Fähigkeiten (n = 61).
Nach der inhaltlichen Zusammenfassung mehrerer Einzelkategorien ergibt sich eine folgende Reihung der größten Hürden für mehr PD:
1. Patienteneignung (Alter, Multimorbidität, Wohnsituation, Belastung der Angehörigen), n = 259;
2. Finanzielles (Auslastung der Dialysemaschinen, unbezahlte Pflegeleistungen, Anreize), n = 154;
3. patientenseitige Faktoren (Persönlichkeit, Autonomie, Akzeptanz etc.) n = 149;
4. ärztliche Fähigkeiten (Defizite in Facharztausbildung und in spezifischen Fähigkeiten) n = 126;
5. mangelnde Strukturen für PD-Verfahren (n = 88).
Diskussion
Die von den Nephrologinnen und Nephrologen genannten Hürden bestätigen in großen Teilen die qualitativen Projektergebnisse auf der Basis zweier ärztlicher Fokusgruppen. Die Quantifizierung überrascht nicht bei den am häufigsten genannten Gründen, gelten doch das hohe Alter bzw. nachlassende manuelle Fähigkeiten sowie Multimorbidität noch immer als Kontraindikation für ein selbstverantwortliches Heimverfahren wie die PD. Die wirtschaftlichen Aspekte spielen eine erwartet große Rolle, aus Sicht der meisten Ärzte ist die PD noch nicht so wirtschaftlich zu betreiben wie die Hämodialyse, auch aufgrund unterschiedlicher Vergütungssysteme. Es folgen nach Häufigkeit weitere patientenseitige Faktoren, die eher auf die Persönlichkeit abzielen und weniger klar zu kategorisieren sind. Überraschend stark ausgeprägt zeigt sich der selbstkritische Blick auf die Rolle der eigenen Profession: während der Facharztausbildung im Krankenhaus fehlt oftmals der Kontakt zu PD-Patienten und damit eine Vertiefung der PD-Fähigkeiten, die viele Nephrologinnen und Nephrologen anschließend daran hindert, beiden Verfahren (HD und PD) gleichermaßen offen gegenüber zu stehen.
Praktische Implikationen
Die Freitext-Analyse bestätigt andere qualitative und quantitative Ergebnisse aus dem Innovationsfondsprojekt, die u.a. die Wirtschaftlichkeit (inkl. hoher Anlaufkosten) der PD als auch die PD-Ausbildung in der Nephrologie als konkrete Handlungsfelder aufzeigen. Hier bedarf es in der Folge einer Benennung der einzelnen Hürden und der Entwicklung von Lösungsoptionen.
Hintergrund
Bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen ist eine möglichst frühe Diagnose entscheidend. Aktuelle Studien beschreiben, dass bereits Patienten im Frühstadium verminderte psychische und physische Gesundheitsparameter aufweisen [2,3]. Aufgrund des eklatanten Mangels an rheumatologischen Fachärzten in Deutschland, verzögert sich allerdings die Frühdiagnostik drastisch.
Fragestellung
Gibt es bereits bei einem möglichen Verdacht einer entzündlich rheumatischen Verdacht Unterschiede in der psychsichen und physischen Leistungsfähigkeit?
Methode
Die Rheuma-Bus-Tour ist eine jährliche, zweiwöchige „Open-Access-Screening“-Veranstaltung in drei Bundesländern (Rheinland-Pfalz, Saarland, Niedersachsen), die das Bewusstsein für rheumatische Erkrankungen schärft und Menschen mit potenziellen Frühfällen von rheumatoider Arthritis (RA), Spondylarthritis (SpA) und Psoriasis Arthritis (PsA) identifiziert. Die Querschnittstudie vergleicht psychische und physische Gesundheitsparameter bekannter und vermuteter rheumatischer Frühpatienten, die im Zuge der Bustour erhoben wurden.
Alle Teilnehmer, unabhängig von ihrem Diagnosestatus, wurden gebeten, einen Screening-Fragebogen zur Frühsymptomatik, zur Soziodemografie, zum Status der körperlichen Aktivität (HPA) [1], zur Funktionsfähigkeit, (FFbh-R), zur depressiven Symptomatik (PHQ-9) und zum Wohlbefinden (WHO-5) auszufüllen. Zusätzlich wurden ein CRP-Schnelltest vor Ort und eine medizinische Beratung angeboten.
Ergebnisse
Insgesamt nahmen 853 Teilnehmer an der Umfrage teil. Bei 214 Personen wurde bereits eine rheumatische Erkrankung diagnostiziert, während 626 keine Diagnose hatten. Von 533 durchgeführten CRP-Tests waren 107 positiv. Nach der Konsultation wurden 58 Patienten für einen sofortigen rheumatologischen Termin über das Rheuma-VOR-Netzwerk überwiesen, von denen 16 mit RA, SpA oder PsA diagnostiziert wurden. Die Tabelle 1 zeigt Gruppenunterschiede zwischen den bereits diagnostizierten und den nicht diagnostizierten Gruppen, aufgeteilt nach CRP-Ergebnissen. An der Umfrage nahmen insgesamt 651 Frauen und 186 Männer teil. Das Durchschnittsalter für alle drei Gruppen liegt zwischen 50 und 59 Jahren. Gruppenunterschiede wurden beim PHQ-9, WHO-5 und FFbH-R gefunden, während für die HPA keine ersichtlich waren.
Tabelle 1: Gruppenunterschiede der Gesundheitsparameter
Rheumaerkrankung vs. Rheumaerkrankung vs. Keine Rheumadiagnose +CRP neg
Kein Rheumadiagnose Keine Rheumadiagnose vs.
+CRP neg +CRP pos Keine Rheumadiagnose +CRP pos
BMI 0,374 0,087 0,012*
HPA Arbeit Index 0,223 0,63 0,687
HPA Sport Index 0,817 0,194 0,141
HPA Freizeit Index 0,184 0,442 0,889
HPA Index 0,121 0,867 0,3
FFbH-R 0,000* 0,014* 0,007*
PHQ-9 0,029* 0,023* 0,317
WHO-5 0,017* 0,034* 0,581
* Signifikant bei p ≤ 0,05
Diskussion
Wie erwartet wurde ein Unterschied in den Parametern der psychischen Gesundheit für die Gruppen "bekannte Rheumaerkrankung" und "keine Diagnose+CRP negativ" festgestellt. Die Ergebnisse zeigen auch Unterschiede für die täglichen funktionalen Aufgaben zwischen allen drei Gruppen. Die niedrigsten Werte wurden für die Gruppe "keine Rheumadiagnose+CRP positiv", d.h. Menschen mit hoher Indikation für eine frühe rheumatische Erkrankung, gefunden. Dies unterstützt die Annahme einer reduzierten Funktionsfähigkeit bei Patienten im Frühstadium und die Notwendigkeit einer frühzeitigen Diagnose und Therapie. Das Fehlen signifikanter Unterschiede für die HPA-Parameter könnte auf das generelle sehr niedrige körperliche Aktivitätsniveau in allen drei Gruppen zurückzuführen sein.
Praktische Implikationen
Der Rheuma-Bus ermöglicht fachärztliche Hilfe in ländlich unterversorgten Regionen
Literaturverzeichnis
1. Baecke JA, Burema J, Frijters JE (1982) A short questionnaire for the measurement of habitual physical activity in epidemiological studies. Am J Clin Nutr 36:936-942
2. Branco JC, Rodrigues AM, Gouveia N et al. (2016) Prevalence of rheumatic and musculoskeletal diseases and their impact on health-related quality of life, physical function and mental health in Portugal: results from EpiReumaPt- a national health survey. RMD Open 2:e000166
3. Triantafyllias K, Leiß R, Dreher M et al. (2019) Depressive Symptomatik bei früher rheumatoider Arthritis. Zeitschrift für Rheumatologie (In Print)
Hintergrund: In Deutschland ist jede/r vierte Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung untergebracht [1]. Verglichen mit Menschen, die zu Hause gepflegt werden, sind Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen im Durchschnitt älter und weisen größere Einschränkungen bei Aktivitäten des täglichen Lebens auf [2]. Die hausärztliche Routine kann diesem gesteigerten Versorgungsbedarf nicht mehr adäquat begegnen, häufig kommt es zu vermeidbaren Krankenhauseinweisungen. Im Rahmen des Projektes „SaarPHIR“ (Saarländische Pflegeheimversorgung Integriert Regelhaft) wird eine Versorgungsform (Intervention) geschaffen, die eine Neuorganisation der interprofessionellen Zusammenarbeit im Setting Pflegeheim vorsieht. In der Modellregion Saarland wird unter der Hypothese gearbeitet, dass Bewohner/innen von Pflegeeinrichtungen von einer strukturierten und standardisierten Vorgehensweise im Pflegealltag bzw. an der Schnittstelle zum Hausarzt profitieren. Dies soll sich primär in einer Reduktion von Krankenhauseinweisungen ausdrücken.
Bei SaarPHIR handelt es sich um ein aus der Praxis heraus entwickeltes Versorgungsmodell, das durch den Innovationsfonds gefördert und wissenschaftlich begleitet wird. Die Laufzeit beträgt drei Jahre ab April 2018.
Fragestellungen: Die wissenschaftliche Begleitung beschäftigt sich mit den nachfolgenden Fragen: Kann die neue Versorgungsform zu einer Reduktion von Krankenhauseinweisungen führen? Welchen Einfluss hat sie auf die Lebensqualität der Bewohner/innen? Wie wird sie von den am Versorgungsprozess beteiligten Professionen aufgenommen? Lassen sich die Ergebnisse auf andere Regionen Deutschlands übertragen?
Methode:Für die Beantwortung der genannten Forschungsfragen wurde ein Evaluationskonzept formuliert, das der Intervention in ihrer komplexen Form gerecht wird und sowohl eine Struktur- und Prozess- als auch eine Ergebnisevaluation berücksichtigt. Die Auswertung basiert zum Großteil auf Routinedaten von sieben Krankenkassen. Zusätzlich erhoben werden Primärdaten der Bewohner/innen, der teilnehmenden Ärzte/innen und Pflegekräfte (hier stellvertretend für ihre Einrichtung).
Ergebnisse: Das Evaluationskonzept orientiert sich an den Reifegraden der Intervention; das bedeutet, es begleitet sowohl die Entwicklung und Erprobung als auch die Implementierung bzw. Umsetzung der Intervention. Zusätzlich ist eine Follow-up Phase vorgesehen, in welcher die Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse zur Beurteilung kommen.
Kernstück des Evaluationskonzeptes ist eine cluster-randomisierte kontrollierte Studie im Parallelgruppendesign, mit der über eine Dauer von 12 Monaten patientenrelevante Outcomes erhoben werden. Einbezogen werden 46 Pflegeeinrichtungen im Saarland (Anzahl Bewohner/innen n=4664) mit einer Größe von mindestens 50 Plätzen. Randomisiert wird auf Landkreisebene (n=6): Drei Landkreise erhalten die Intervention, drei Landkreise verbleiben in der Regelversorgung. Verblindungen sind nicht vorgesehen. Das Studiendesign wurde gewählt, da Veränderungen auf Organisationsebene und nicht auf Ebene der einzelnen Patienten begutachtet werden. Primärer Endpunkt sind Hospitalisierungen der beobachteten Gruppen, außerdem wird die Lebensqualität erfragt.
Durch Beobachtung und Bewertung des Entwicklungs- und Implementierungsgeschehens wird ebenfalls die Struktur- bzw. Prozessebene im Evaluationskonzept berücksichtigt. Hier ist speziell von Interesse, welche hemmenden und fördernden Faktoren sich abzeichnen bzw. wie die Akzeptanz unter den beteiligten Professionen einzuordnen ist. Die im Rahmen des Follow-up erhobenen Daten vervollständigen das Bild und ermöglichen die Nachhaltigkeit der Intervention und den damit einhergehenden Organisationswandel zu bewerten.
Die Datenerhebung erfolgt zu drei Zeitpunkten: Baseline (t0), nach sechs Monaten (t1), nach 12 Monaten (t2) und im Follow-up nach 18-21 Monaten (t3).
Diskussion: Bereits in einem frühen Projektstadium zeigt sich, dass die Implementierung bzw. Berichtsqualität der Daten von der Akzeptanz der beteiligten Professionen abhängen. Dies gilt auch für patientenrelevante Outcomes, da z.B. Einblick in die Pflegeakte vorgenommen werden muss. Evaluationsergebnisse stehen zum jetzigen Zeitpunkt aus, jedoch ist eine positive subjektive Einschätzung der teilnehmenden Ärzte/innen und Pflegekräfte dem Projekt gegenüber wahrzunehmen.
Praktische Implikationen: Die ärztliche Versorgung im Pflegeheim ist ein bislang wenig behandeltes Feld, das Optimierungspotential bietet. Durch die ganzheitliche Betrachtung im Rahmen der Evaluation kann eine breite Wissensbasis geschaffen werden, von der sich Erkenntnisse für die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkasse ableiten lassen.
[1] Statistisches Bundesamt. Pflegestatistik 2015 - Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung Deutschlandergebnisse.Wiesbaden (2017).
[2] Statistisches Bundesamt. Pflegestatistik 2015 - Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung - Ländervergleich - Pflegebedürftige.Wiesbaden (2017).
Hintergrund:
Schmerzen sind eine weit verbreitete Gesundheitseinschränkung und bedeuten für die Betroffenen eine Beeinträchtigung im Wohlbefinden und in der Lebensqualität. Probleme im Rücken zählen in den Industrienationen zu den häufigsten Gesundheitsbeschwerden [1], wobei in 85% der Fälle die Schmerzen auf keine spezifische Ursache zurückgeführt werden können [2]. Die Therapie richtet sich daher nach den jeweiligen Symptomen und dem aktuellen Funktionsstatus. Die erste Anlaufstelle für chronische Schmerzpatienten sind dabei häufig ÄrztInnen für Allgemeinmedizin, die jedoch meist nur eingeschränkt eine adäquate Schmerzbehandlung anbieten können [3].
Fragestellung:
Ziel des Projektes war die Entwicklung eines strukturierten Behandlungspfads zur Versorgung von Patienten mit nicht-spezifischem Rückenschmerz auf Primärversorgungsebene, basierend auf Empfehlungen aus aktuellen evidenzbasierten Leitlinien.
Methode:
Die Identifizierung der Leitlinien erfolgte durch systematische Literaturrecherchen in Pubmed sowie in den Leitliniendatenbanken von AWMF, NGC, G-I-N, NICE und SIGN. Zusätzlich wurde eine ergänzende Handsuche auf den Webseiten relevanter Fachgesellschaften durchgeführt. Eingeschlossen wurden aktuell gültige, evidenzbasierte Leitlinien in deutscher oder englischer Sprache zu nicht-spezifischen Rückenschmerzen aus Industrienationen ab dem Jahr 2013. Für alle eingeschlossen Leitlinien erfolgte eine Bewertung der methodischen Qualität mittels AGREE-II Instrument [4]. Alle formal erkennbaren Empfehlungen mit Relevanz für die Primärversorgung wurden unter Angabe des Empfehlungsgrads extrahiert. In einer Leitliniensynopse wurden die Empfehlungen thematisch gruppiert und einander vergleichend gegenübergestellt. Es erfolgte eine Zusammenfassung von inhaltlich kongruenten Empfehlungen zu Kernaussagen, auf deren Grundlage abschließend ein strukturierter Behandlungspfad entwickelt wurde.
Ergebnisse:
Die Recherchen in den unterschiedlichen Quellen ergaben insgesamt 1198 Treffer, aus denen nach Abstract- bzw. Volltextscreening insgesamt 12 Publikationen als relevant identifiziert wurden. Diese konnten 9 unterschiedlichen Leitlinien zugeordnet werden, welche schließlich für die in die Entwicklung des Behandlungspfads herangezogen wurden. Die Beurteilung der Leitlinienqualität ergab einen mittleren AGREE-II Gesamtscore von 5,3 (± 0,9) Punkten auf der 7-stufigen Bewertungsskala, was eine insgesamt moderate bis gute Qualität widerspiegelt. Aus den 9 Leitlinien konnten 482 relevante Empfehlungen, 152 davon mit hohem Empfehlungsgrad, extrahiert werden. Daraus wurden 212 Kernaussagen zu 7 Themenbereichen (Assessment/Diagnostik, nicht-medikamentöse Therapien, medikamentöse Therapien, invasive Verfahren, multimodale Schmerztherapie, Rehabilitation, Nachsorge) abgeleitet. Basierend auf diesen Kernaussagen wurde letztlich ein strukturierter Behandlungspfad nicht-spezifischer Rückenschmerz für Österreich entwickelt, welcher aus einem einfachen graphischen Algorithmus und einem Dokument mit korrespondierenden Infoboxen (mit detaillierten Empfehlungen zum Vorgehen) besteht.
Diskussion:
Auf Grund der Berücksichtigung aller systematisch recherchierten aktuellen evidenzbasierten Leitlinien zu nicht-spezifischem Rückenschmerz, der insgesamt moderaten bis guten Qualität der Leitlinien nach AGREE-II, sowie der weitgehenden inhaltlichen Übereinstimmung der Leitlinien im Hinblick auf das generelle therapeutische Vorgehen, ist eine hohe Robustheit des Behandlungspfads gegeben. Darüber hinaus liegen gerade zum Thema nicht-spezifischen Rückenschmerz sehr viele erst vor Kurzem veröffentliche Leitlinien vor, sodass die Evidenz als hinreichend aktuell anzusehen ist.
Praktische Implementierung:
Mit dem Behandlungspfad steht AllgemeinmedizinerInnen und anderen Gesundheitsberufen in der Primärversorgung ein praktisches und strukturiertes Hilfsmittel für eine leitliniengerechte Versorgung von Personen mit nicht-spezifischem Rückenschmerz zur Verfügung.
Literatur:
1. Mohokum M, Dördelmann J. Betriebliche Gesundheitsförderung: Ein Leitfaden für Physiotherapeuten. Springer-Verlag GmbH, Deutschland; 1. Auflage 2018. S. 57-73.
2. Gobel H. [Epidemiology and costs of chronic pain syndromes exemplified by specific and unspecific low back pain]. Schmerz 2001; 15(2): 92-98.
3. Jaksch W, Likar R, Folkes E, Machold K, Herbst F, Pils K et al. [Quality assurance of pain care in Austria: Classification of management facilities]. Wien Med Wochenschr 2017; 167(15-16): 349-358.
4. Brouwers M KM, Browman GP, Cluzeau F, feder G, Fervers B, Hanna S, Makarski J on behalf of the AGREE Next Steps Consortium. Appraisal of Guidelines for Research & Evaluation II. [online] 2009. URL: https://www.agreetrust.org/wp-content/uploads/2017/12/AGREE-II-Users-Manual-and-23-item-Instrument-2009-Update-2017.pdf