In diesem Bereich werden alle Poster (auch die Poster, die in einer Sitzung präsentiert werden) vom 23.04.2020 bis zum 24.04.2020 ausgestellt.
09:13 Uhr
PO34:
Mumps-Erkrankungen nach zwei Rockkonzerten in Köln und Hamburg im Mai 2019 - Die Rolle von sozialen Medien bei der Erkennung von Infektionsgeschehen (Präsentation entfällt)
M. Meincke (Stuttgart, DE)
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Autor:innen:
M. Meincke (Stuttgart, DE)
C. Wagner-Wiening (Stuttgart, DE)
Hintergrund:
Klinisch und labordiagnostisch bestätigte Mumps-Infektionen sind seit März 2013 nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Wir beschreiben eine Mumps-Häufung in Zusammenhang mit zwei Konzerten einer US-amerikanischen Rockband in Köln und Hamburg im Mai 2019, und die Rolle von sozialen Medien bei der Aufklärung dieses Infektionsgeschehens.
Methoden:
Mumpserkrankungen erfolgen nach IfSG §6 und §7 an die zuständigen Gesundheitsämter. Hier werden die weiteren Ermittlungen zum Infektionsweg durchgeführt. Informationen zu möglichen bundeslandüberschreitenden Infektionsgeschehen werden im Rahmen der Epidemiologischen Lagekonferenz (EpiLag) durch die zuständigen Landesbehörden geteilt.
Ergebnisse:
Im Rahmen der EpiLag-Konferenz konnten vier Mumps-Fälle (ein Fall aus Baden-Württemberg und drei Fälle aus Hamburg) zu einem Ausbruchscluster zusammengeführt werden. Aufgrund einer Instagram und Facebook-Nachricht des Sängers der Rockband, der von seiner Mumps-Erkrankung Tage nach den Konzerten berichtete, konnte ein epidemiologischer Zusammenhang zwischen den Fällen ermittelt werden. Alle vier Fälle berichteten von der Nachricht des Sängers; eine Erkrankte suchte aufgrund des Instagram Posts einen Arzt auf, der die Mumps-Labordiagnostik veranlasste. Alle vier Fälle sind Erwachsene, zwei sind weiblich. Drei der Fälle sind zweimal geimpft, eine Person ungeimpft. Die Erkrankungen erfolgten im Schnitt 19 Tage nach Besuch der Konzerte in Köln oder in Hamburg.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen:
Die Facebook und Instagram-Nachricht des Sängers führte zum Erkennen einer weiteren Mumps-Erkrankung und zum Zusammenführen der Fälle zu einem Ausbruchsgesehen. Die Nutzung sozialer Medien für die aktive Fallsuche in Ausbruchssituationen kann sich als hilfreich gestalten und sollte daher bei Bedarf in die Arbeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) einfließen.
09:23 Uhr
PO11:
Motorische Zusatzerhebung der Einschulungsuntersuchung (ESU) in Baden-Württemberg (BW)
C. Lämmle (Ravensburg, DE)
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Autor:innen:
C. Lämmle (Ravensburg, DE)
S. Kobel (Ulm, DE)
O. Wartha (Ulm, DE)
Hintergrund: Die Entwicklung von adäquaten motorischen Fähigkeiten gilt im frühen Kindesalter als eine der zentralen Entwicklungsaufgaben (Bös & Ulmer, 2003), da sie als Ressource für verschiedene Gesundheitsbereiche gesehen werden können (Luz et al., 2017; Cattuzzo et al., 2016; Haga, 2009) und damit ein niederschwelliges Förderpotential aufweisen. Derzeit wird die Körpermotorik in BW durch das Einbeinhüpfen getestet. Dieser Test birgt verschiedene mögliche Fehlerquellen und bildet somit nicht verlässlich die tatsächlichen motorischen Fähigkeiten der Kinder ab. Dadurch wird eine bedarfsorientierte und zielgerichtete Förderung verhindert. Die Landkreise Ravensburg, Ulm, Alb-Donau und Bodenseekreis in Süd-Ost-Württemberg haben in Kooperation mit der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin der Universität Ulm die motorische Testung überarbeiten.
Methode: Die ESU wird durch den Einbeinstand (Überprüfung des statischen Gleichgewichts, Koordination bei Präzisionsaufgaben) und durch das seitlichen Hin- und Herspringen (Messung Ganzkörperkoordination; Schnelligkeit, Kraftausdauer der Beinmuskulatur) ergänzt. Alle teilnehmenden sozialmedizinischen Assistentinnen werden durch die Universität Ulm geschult. Zudem findet eine begleitende Prozessevaluation statt, zur Prüfung der Durchführbarkeit innerhalb der ESU. Start der Pilotphase ist der 1. Oktober 2019. Über einen Zeitraum von sechs Monaten sollen insgesamt mindestens 500 Kinder untersucht werden.
Zielsetzung: Es soll eine Standardisierung der motorischen Tests und der Testdurchführungen der ESU erreicht werden, um einheitliche Bewertungskriterien mit geringen Anteilen von subjektiven bzw. qualitativen Bewertungen zu schaffen. Dadurch sollen vergleichbare, aussagekräftige und valide Daten für eine landkreisweite Gesundheitsberichtserstattung generiert werden, um langfristig bedarfsorientiert planen zu können.
09:49 Uhr
PO48:
Datenqualität und Arbeitsaufwand bei der Bearbeitung von Meldungen gemäß Infektionsschutzgesetz – Ergebnisse der Onlinebefragung der Gesundheitsämter
A. Marquis (Berlin, DE)
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Autor:innen:
A. Marquis (Berlin, DE)
M. Diercke (Berlin, DE)
Hintergrund
Mit der Einführung des Deutschen Elektronischen Melde- und Informationssystems für den Infektionsschutz (DEMIS) wird sich die Arbeitsweise in den Gesundheitsämtern (GÄ) verändern. Um Auswirkungen auf Datenqualität und Arbeitsaufwand nach DEMIS-Einführung evaluieren zu können, haben wir Informationen zum derzeitigen Status dieser Meldesystemattribute auf Gesundheitsamt (GA)-Ebene erhoben.
Methoden
In Zusammenarbeit mit dem DEMIS-ÖGD-Fachkreis entwickelten wir einen Onlinefragebogen mit 29 Fragen zu den Meldesystemattributen Datenqualität und Arbeitsaufwand. Die Befragung war vom 07.06.-31.07. 2019 online zugänglich. Die erhobenen Daten wurden deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse
Insgesamt nahmen 81% der GÄ (324/398) aus 16 Bundesländern teil, davon bearbeiteten 68% (229/324) den Fragebogen vollständig. Von den GÄ gaben 56% an, für eine Bevölkerung von < 200.000 Personen zuständig zu sein, 54% verwenden SurvNet. Die Geschwindigkeit und Verlässlichkeit des Internets im GA wurde auf einer Skala von 0-100 im Median mit 65 bzw. 81 eingeschätzt. Der mediane Anteil GA-übergreifender Ermittlungen von allen Ermittlungen lag bei 10%. Ein möglicher Datenverlust bei GA-übergreifender Zusammenarbeit wurde von 22% der GÄ angegeben.
Vollständigkeit und Validität der Angaben auf Arztmeldungen wurde im Median mit 70% bzw. 80% und auf Labormeldungen mit 90% bzw. 95% von den GÄ geschätzt.
Die Meldebereitschaft von Ärzten wurde von 37% der GÄ als „schlecht“, die von Laboren von 75% als „sehr gut“ bewertet. Für die Ermittlung fehlender Angaben wurde die Kooperation mit Ärzten von 35% der GÄ als „gut“ und mit Laboren von 46% als „sehr gut“ bewertet.
Der Arbeitsaufwand mit telefonischen Meldungen wurden von 40% der GÄ als hoch und für Meldungen per Fax und Email von 49% bzw. 48% der GÄ als „durchschnittlich“ eingeschätzt. Für die Meldekategorien Masern (91%), invasive Meningokokken-Infektion (89%) und Tuberkulose (88%) wurde ein hoher Arbeitsaufwand angegeben.
Diskussion
Die Ergebnisse zeigen eine große Varianz im bestehenden Meldesystem auf GA-Ebene. Hinsichtlich der Datenqualität bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Meldergruppen. Eine Standardisierung von Meldebedingungen und -abläufen, die mit DEMIS umgesetzt werden kann, ermöglicht die Verbesserung der Datenqualität und Verringerung des Arbeitsaufwands insbesondere im Zusammenhang mit Ermittlungen fehlender Angaben.
10:03 Uhr
PO49:
Webbasiertes Informationssystem für Kontaktpersonen in biologischen Lagen (Point of Entry- Software)
B. Böddinghaus (Frankfurt am Main, DE)
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Autor:innen:
B. Böddinghaus (Frankfurt am Main, DE)
U. Götsch (Frankfurt, DE)
A. Werum (Frankfurt am Manin, DE)
A. Walczok (Frankfurt am Main, DE)
R. Gottschalk (Frankfurt am Main, DE)
Eine Besonderheit biologischer Gefahrenlagen besteht in der potentiell unkontrollierten Ausbreitung einer Infektionskrankheit. Daher ist eine gute Kommunikation bei biologischen Gefahrenlagen besonders wichtig, um über angemessene Verhaltensweisen aufzuklären und Ängste zu nehmen.
Das Gesundheitsamt Frankfurt betreibt einen Webserver zur zielgerichteten Information von betroffenen Personen in besonderen Lagen. Beispielsweise können die Passagiere in einem Flugzeug als Kontaktpersonen kategorisiert werden (Color coding).
Die Personen erhalten ein allgemeines Informationsblatt mit einem Zugangskode. Anschließend können sie je nach Risiko differenzierte, nicht öffentliche und dynamische Informationen erhalten.
Dieses Verfahren hat sich in einer Großübung im praktischen Einsatz bewährt.
10:15 Uhr
PO50:
Sexualverhalten bei Klientinnen in der HIV-Sprechstunde des Gesundheitsamtes der Landeshauptstadt Düsseldorf mit dem Angebot eines Vaginalselbstabstrichs auf Chlamydia trachomatis (CT)
M. Drubel (Düsseldorf, DE)
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Autor:innen:
M. Drubel (Düsseldorf, DE)
P. Thülig (Düsseldorf, DE)
K. Göbels (Düsseldorf, DE)
Im Zeitraum vom Juli 2018 bis Juni 2019 wurden 420 Klientinnen (Median 30Jahre) der HIV-Sprechstunde, mittels anonymisierter und standardisierter Fragebögen über ihr Sexualverhalten befragt. Die Mehrzahl der Frauen 88%(n=369) bezeichneten sich als heterosexuell. Von den Befragten befanden sich 43%(n=181) in einer Partnerschaft. Am häufigsten wurde die Beratungsstelle zum Ausschluss einer HIV-Infektion aufgesucht (57%, n=240). Über einen zurückliegenden ungeschützten Geschlechtsverkehr (GV) berichteten 44% (n=184), 29% (n=123) wollten zukünftig ungeschützte Sexualkontakte mit ihrem neuen Partner haben und 9%(n=38) der Klientinnen berichteten, dass der Partner einen Sexualkontakt außerhalb der Partnerschaft gehabt habe. Die Klientinnen wurden sowohl zu den ausgeübten Sexualpraktiken als auch zur Häufigkeit des hierbei angewandten Schutzes vor sexuell übertragbaren Infektionen befragt. Beim Vaginalverkehr nutzten 17% (n=70) immer und 46% (n=192) meistens ein Kondom bzw. Femidom. Den Analverkehr praktizierten 35% (n=149) der Klientinnen, wobei 35% (n=52) dieser Frauen angaben, sich hierbei immer zu schützen. Dipping /Coitus interruptus wurde von 58% (n=242) der Klientinnen angegeben. Oral aktiv-ausführende Kontakte praktizierten 92% (n=388) der Frauen, davon 52%(n=220) stets ohne Schutz. Oral passive Sexualkontakte immer ohne Schutz wurden von 71% (n=297) der Frauen angegeben.
Nach ungeschütztem GV gefragt, teilten 63% (n=266) mit innerhalb einer Partnerschaft auf einen Schutz zu verzichten. Außerhalb der primären Partnerschaft hatten 53% (n= 222) mindestens einen Kontakt ungeschützten GV. Bei 40% (n=166) waren es 1-4 Kontakte, bei 8% (n=35) 5-9 Kontakte, bei 2% (n=9) 10-19 und bei 3% (n=12) mehr als 20 Kontakte ohne Schutz. Über 25-jährige Frauen erhielten die Möglichkeit ein Screening auf Chlamydia trachomatis (CT) mithilfe eines Vaginalselbstabstrichs durchzuführen. In 5,6% (n=320) dieser Proben wurde CT nachgewiesen. Die neuen Erkenntnisse zum Sexualverhalten von Frauen werden in der Fachstelle für sexuelle Gesundheit des Gesundheitsamtes Düsseldorf Beachtung finden. Ein entsprechendes Screening auf CT sollte bei Risikoverhalten empfohlen werden.
10:33 Uhr
PO51:
Zwei Jahre ProstSchG: Was hat sich getan?
S. Minkwitz (Reutlingen, DE)
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Autor:innen:
S. Minkwitz (Reutlingen, DE)
E. Thumm (Reutlingen, DE)
L. Eichner (Reutlingen, DE)
Hintergrund
2017 trat bundesweit das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft, welches eine gesundheitliche Beratung und Anmeldung für Prostituierte fordert. In Baden-Württemberg (BW) trat am 01.11.17 das Ausführungsgesetz zum ProstSchG in Kraft, welches den Gesundheitsämtern die gesundheitliche Beratung zuweist. In BW orientiert sich diese Beratung an einem Leitfaden, welcher am Landesgesundheitsamt Stuttgart entwickelt wurde.
Methoden
Die Daten der gesundheitlichen Beratung wurden vom 01.11.17 - 31.10.19 anonym erfasst und deskriptiv ausgewertet. Von allen Prostituierten wurden Geschlecht, Alter, Geburtsland, Arbeitsbereiche, Beratungssprache und Übersetzungsbedarf, Beratungsdauer, Ausstiegswunsch sowie besondere Lebensumstände erhoben. Anstelle von Kalenderjahren wurden 12-Monats-Perioden vom 01.11. bis zum 31.10. des Folgejahres („Untersuchungsjahr“) festgelegt.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 274 Beratungen durchgeführt, davon 53 Zweitberatungen. Die Anzahl der Beratungen im zweiten Untersuchungsjahr (85) ging im Vergleich zum Vorjahr (189) deutlich zurück. 3 Prostituierte waren Transsexuelle, die übrigen Frauen. Das mittlere Alter war 34 Jahre. Die Prostituierten stammten aus 30 Ländern - 27% aus Spanien/Lateinamerika, 26% aus Rumänien, 12% aus Deutschland und 9% aus Bulgarien. Da die Beraterinnen selbst 4 Sprachen sprechen, waren nur in 16% der Fälle Übersetzerinnen notwendig. Die Prostituierten arbeiteten zumeist in Laufhäusern (41%), Bordellen (24%), Wohnungen (9%) und im Escortservice (6%). 66 Prostituierten gaben eine finanzielle Notlage an, 18 psychische Probleme (davon 4 Substanzmissbrauch). Bei 8 Prostituierten wurde Zuhälterei vermutet.
Die 16 Ausstiegsberatungen dauerten im Mittel 70 min, die regulären Beratungen 44 min (ohne Vor- und Nachbereitungszeit).
Diskussion
Die Anzahl der Beratungen war sehr rückläufig. Viele Prostituierte kamen aus armen Ländern und waren in finanziellen Notlagen. Viele berichteten, selbstständig zu arbeiten ohne sozial- oder krankenversichert zu sein. Nur 50% der Prostituierten sprachen Deutsch, einige waren Analphabeten. Obwohl das ProstSchG schützen soll, befürchten wir, dass die von Menschenhandel Betroffenen kaum erreicht werden. Andererseits ermöglicht die Beratung Einblicke in die oft schwierigen Lebenslagen der Prostituierten und ihre Bedürfnisse. Häufig sind notwendige Fachberatungsstellen nicht vorhanden. Diese sollten flächendeckend ausgebaut und vernetzt werden.