Hintergrund:
In der Schweiz werden gesunde Neugeborene (NG) nach durchschn. 3.4 Tagen entlassen und von freiberuflichen Hebammen/ Pflegefachpersonen (PFP) weiterbetreut. Geburten in Geburtshäusern (1.7%) oder zu Hause (0.8%) sind selten.
Die erste Kontrolle beim Kinderarzt (U3) findet mit 4 Wochen statt. Die Fragen in der Zwischenzeit werden in den bestehenden, historisch gewachsenen informellen Netzwerken gelöst, da der designierte Kinderarzt den Patienten nicht kennt oder die bestehenden Telemedizinischen Angebote diese Nische scheuen.
Fragestellung:
Entspricht eine spezifische Beratungsmöglichkeit für Gesundheitsfachpersonen vor/ whd der Neonatalperiode einem Bedürfnis in der Schweiz?
Material/ Methode:
Eine Telemedizinische Beratung in Deutsch und Französisch wurde im August 2017 von einem niedergelassenen Pädiater und Neonatologen lanciert. Das Angebot wurde von der Eidgenössischen Datenschutz Behörde geprüft. Es wurde dem Zentralvorstand und allen kantonalen Sektionen des Schweizerischen Hebammenverbandes, sowie den registrierten PFP welche eine Wochenbettbetreuung anbieten vorgestellt. Die Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie wurde informiert. Es wurden weder öffentliche noch private Gelder beantragt.
Zu der nötigen Dokumentation i.R. einer medizinischen Dienstleistung und deren Abrechnung welche der gesetzlichen Voraussetzungen genügen, wurden die Konsultationsgründe und Anzahl gesammelt.
Diese werden von den gesetzlichen Krankenkassen ohne Kostenfolge für die Familien übernommen.
Ergebnisse:
Zwischen August 2017 und April 2020 wurden insg. 158 Beratungen beansprucht. 80 davon (50.6 %) brauchten mehr als eine Beratung (max. 6). Diese konzentrierten sich auf die Kantone Bern, Zürich, Aargau und Luzern (in abnehmender Reihenfolge).
Beratungen wurden für folgende Themenkreise benötigt:
28% Ausschläge (inkl. Fotos)
20% Ikterus
21% mütterliche Medikamente
11% Still-/ Trinkprobleme
9% unklaren Diagnosen/ Prozedere/ Zweitmeinung/ Rezepte
8% Unsicherheit der Eltern/ Betreuenden
3% Pränatal Beratung.
78% der Beratungen erfolgten nach 1700, an Wochenend- oder Feiertagen. 24% fanden mit elektronischem Bildmaterial statt.
Auf zunehmende Nachfrage, wurde das Angebot auf Hausbesuche zur U2 nach ambulanten Spital- oder Hausgeburten im Raum Bern ausgedehnt. Seither wurden insg. 84 NG untersucht, davon 1 mehrmals (Palliativ Situation). Dies entspricht vorsichtig geschätzt, einem Drittel aller ausserklinischen U2 Untersuchungen im Kanton Bern.
Diskussion/ Konklusion:
Das Bedürfnis nach einer Schweizweiten Neonatale Telemedizinischen Beratung ist inhomogen und moderat, da gewisse Kantone etablierte Unterstützungsprozesse zu haben scheinen. Jedoch gibt es ein Bedürfnis ausserhalb der üblichen Öffnungszeiten.
Ein neu identifiziertes Bedürfnis, sind Hausbesuche zur U2. Call4neo.ch konnte die ausserklinische Wochenbettbetreuung im Sinne von Eltern und Kind im Kanton Bern im Sinne aller Beteiligten ergänzen und sich regional etablieren.
Hintergrund: Behandlungsumfeld, Vorbereitung und Ablenkung des Patienten tragen maßgeblich dazu bei, wie stress- /schmerzbehaftet medizinische Prozeduren empfunden werden. Virtual Reality (VR) als mögliche non-pharmakologische Intervention bei Kindern wird bereits in einigen Bereichen eingesetzt. Anwendungsdetails und Nebenwirkungen sind jedoch bisher nicht systematisch untersucht.
Fragestellung: Ziel ist die Einführung eines VR-Konzepts als Baustein eines „schmerzfreien“ Kinderzentrums. Anhand des klinischen Bedarfs, Bedürfnisse der Kinder/Eltern sowie wissenschaftlich fundierter Technologiebewertung soll das Konzept in bestehende Behandlungsstrukturen integriert werden.
Material und Methoden: Ausgehend von einem Workshop wurde interdisziplinär mit Medieninformatikern der Universität zu Lübeck und der Hochschule Trier ein Konzept zur Nutzung von VR im Kontext Kinderzentrum erarbeitet. In Gruppendiskussionen wurde ein Kriterienkatalog erarbeitet, mit dem geeignete VR-Lösungen für pädiatrische Patienten identifiziert werden können.
Um die Effekte von VR (inkl. Nebenwirkungen) zu präzisieren, wurde eine prospektiv-randomisierte Studie initiiert, die die Wirkungen von VR am Beispiel der K-Draht-Entfernung nach Armfraktur untersucht.
Es erfolgte die Erfassung klinischer Parameter, eine Bewertung der VR-Anwendung durch Patienten und Eltern sowie eine Analyse des Behandlungsablaufs. Es wurde untersucht, wie eine VR-Intervention gestaltet sein muss, um bei Kindern wirksam zu sein, begleitet von einer arbeitswissenschaftlichen Analyse, die den Behandlungsprozess systematisch aus unterschiedlichen Perspektiven erfasst (Rollen, Bedürfnisse, Abläufe, Umgebung).
Ergebnisse: Es wurden Kriterien zur VR-Implementierung ermittelt und bewertet. Im Fokus steht dabei ein soziotechnisches System aus handelnden Personen, Technik und der Frage, welche Faktoren ein erfolgreiches Zusammenwirken bedingen. Der Kriterienkatalog beinhaltet Vorgaben für die VR-Lösung (Gewicht, Größe, Kopfverstellbarkeit, Steuerbarkeit, Elternteilhabe). Die Ergebnisse wurden in einer handlungsleitenden Checkliste zusammengefasst.
Diskussion: Interdisziplinäre Diskussionen ermöglichen die Identifizierung und Bewertung erforderlicher Kriterien aus medizinischen wie soziotechnischen Gesichtspunkten. Unklar sind (kurz- /langfristige) Nebenwirkungen von VR bei Kindern sowie alters- und geschlechtsabhängige Unterschiede. Trotz der subjektiv überzeugenden Wirkung fehlt es an randomisierten Studien, die signifikant zeigen, dass VR bei pädiatrischen Patienten das Schmerz- /Stressempfinden verringert und Behandlungsergebnisse verbessert.
Schlussfolgerung: Zur erfolgreichen Etablierung von VR bei pädiatrischen Patienten ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und das Erarbeiten eines kritischen Implementierungsprozesses mit klaren Kriterien für die verwendete Technologie erforderlich. Die Patienten- /Elternerfahrung vor, während und nach der Anwendung sollte sorgfältig analysiert werden.
Fragestellung: Für die Schilddrüsenchirurgie im Kindesalter wurde letzthin mehrfach eine ansteigende Inzidenz beschrieben und überdies bessere Ergebnisse sofern die Operationen durch Kinderchirurgen erfolgten. Wir untersuchten, ob sich eine vergleichbare Entwicklung auch in Deutschland zeigte.
Material und Methode: Wir fragten über die GENESIS-Onlinedatenbank des Statistischen Bundesamtes die Anzahl der (Hemi-)Thyreoidektomien vor Erreichen der Volljährigkeit für beide Geschlechter ab. Alle verfügbaren Jahre seit Einführung der DRG-Abrechnung im Jahre 2005 wurden eingeschlossen und mittels linearer Regression und Chi-Quadrat-Test für einen linearen Trend verglichen.
Ergebnisse: Die Anzahl der Hemithyreoidektomien nahm um 3,7 Eingriffe (95% Konfidenzintervall: 0,4 – 7; P=0,031) pro Jahr zu, wobei 1,1 (95% Konfidenzintervall: 0,1 – 2,2; P=0,038) auf Jungen und 2,6 (95% Konfidenzintervall: - 0,08 – 5.2; P=0,056) Eingriffe auf Mädchen entfielen. Ein vergleichbarer Trend zeigte sich für Thyreoidektomien mit einer Steigerung von 3,1 Eingriffen (95% Konfidenzintervall: -0,03 – 6,3; P=0.052) pro Jahr. Hiervon wurden 1,2 (95% Konfidenzintervall: 0,2 – 2,3; P=0,028) bei Jungen und 1,9 (95% Konfidenzintervall: -1,1 – 4,9; P=0.2) bei Mädchen durchgeführt. Die Geschlechtsverteilung blieb insgesamt unverändert mit vier Eingriffen in Mädchen auf einen Eingriff bei Jungen. Dies war jedoch bei jüngeren Kindern nicht der Fall: Im ersten Lebensjahr kamen auf einen Eingriff bei Jungen 1,2 bei Mädchen, was sich auf ein Verhältnis von 1:2 in der Altersgruppe unterhalb von zehn Jahren reduzierte. Bei Hemithyreoidektomien ist das Geschlechterverhältnis bis zum Alter von fünf Jahren sogar umgekehrt mit 1,3 Eingriffen bei Jungen pro Operation bei Mädchen, was sich jedoch im Alter unterhalb von zehn Jahren auf 2,3 Eingriffe bei Mädchen pro Eingriff bei Jungen wieder zurückdrehte. Für beide Prozeduren stabilisierte sich das Verhältnis auf einen Eingriff bei Jungen pro drei Eingriffe bei Mädchen im Alter unterhalb von 15 Jahren und ein Verhältnis von 1:4 oberhalb von 15 Jahren, womit sich für das Geschlechterverhältnis ein negativer linearer Trend für den Anteil von Eingriffen an Jungen nachweisen ließ (Thyreoidektomie: χ²=21,992; P < 0,0001; Hemithyreoidektomie: χ²=13,514; P=0,0002).
Diskussion und Schlußfolgerung: Über 300 Kinder werden – mit ansteigender Inzidenz seit 2005 – pro Jahr einer Schilddrüsenresektion unterzogen. Trotz dieser großen Anzahl bleibt unklar aufgrund welcher Diagnose die Operation erfolgt und wer diese letztlich durchführt. Die American Thyroid Association fordert eine Mindestmenge von 30 Schilddrüsenresektionen pro Jahr und Chirurg um eine ausreichende Qualität gewährleisten zu können, was bezogen auf die deutsche Fallzahl weniger als einem Dutzend Chirurgen entspräche. Die vorliegenden Zahlen deuten auf weiteren Forschungsbedarf hin um eine qualitativ hochwertige Versorgung dieser zahlenmäßig geringen Patientengruppe sicherzustellen.
Kasuistik:
Vorstellung eines 16 Monate alten Mädchens mit seit 6 Monaten bestehender Gedeihstörung. Schwangerschaft, Geburt, postnatale Adaptation, Mekoniumabgang und Neugeborenenstoffwechselscreening inklusive Mukoviszidosescreening waren unauffällig. Das Kind wurde bis zum 12. Lebensmonat vorwiegend gestillt und zeigte keinerlei pulmonale Symptomatik.
Im Alter von 12 Lebensmonaten erkrankte das Kind bei sommerlicher Hitze mit Erbrechen und Dehydratation.
Das Labor zeigte zu dem Zeitpunkt folgende Konstellation: pH 7,75, BE – 14,7 mmol/l, HCO3− 33,2 mmol/l, CO2 3,25 kPa (= 24.37 mmHg), Natrium 123 mmol/l, Kalium 2,9 mmol/l, Chlorid 66 mmol/l. Der Chloridgehalt im Schweiß betrug 74 mmol/l (NW < 40 mmol/l), bei Kontrolle mit 16 Monaten 76 mmol/l. Die genetische Testung bestätigte die Verdachtsdiagnose Mukoviszidose.
Diskussion:
Die Laborkonstellation aus Alkalose mit Hyponatriämie, -kaliämie und -chlorämie sprechen für ein Pseudo-Bartter-Syndrom (PBS). In Zusammenschau mit Klinik und Anamnese stellt das PBS im vorliegenden Fall eine Komplikation einer Mukoviszidose dar. Die Laborkonstellation ist Folge eines Salzverlustes über die Haut durch Schwitzen. Ein Defekt des CFTR-Proteins führt zu einer verminderten Chloridrückresorption in die Schweißdrüse sowie nachfolgend einem Natriummangel und Volumenverlust durch den Schweiß. (1) Eine extrazelluläre Volumendepletion aktiviert das Renin-Angiotensin-System, es entsteht ein sekundärer Hyperaldosteronismus mit verstärkter Kaliumausscheidung über den Urin (2-4). Der Chloridverlust bewirkt renal eine verstärkte Bicarbonatreabsorption sowie Protonen-und Kaliumausscheidung (3).
Das PBS ist in Deutschland eine seltene Manifestation einer Mukoviszidose und betrifft vor allem Kinder unter 2,5 Jahren. Anamnestisch bestehen oft fieberhafte Infektionen oder eine Hitzeexposition (3, 5).
Seit September 2016 erfolgt in Deutschland ein dreistufiger Mukoviszidosescreening-Algorithmus bestehend aus primärer Bestimmung des Immunreaktiven Trypsin (IRT) als Ausdruck einer Pankreasschädigung. Bei Erhöhung des IRT folgt eine Messung des Pankreatitis-assoziiertem Protein (PAP) und ggf. ein Screening auf die häufigsten CFTR-Mutationen (6). Daten zur Rate der falsch-negativen Befunde liegen in Deutschland aufgrund einer fehlenden Erfassung in einem zentralen Register nicht vor. In anderen Ländern lag die Falsch-Negativ-Rate des Mukoviszidose-Screenings zwischen 1.7–5.4%. (7)
Bei unserer Patientin war IRT im Screening normwertig, möglicherweise aufgrund zugrundeliegender Mutationen, die i. d. R. nicht mit einer Pankreasinsuffizienz einhergehen. (8)
Schlussfolgerung:
Bei einer metabolischen Alkalose mit erniedrigten Elektrolyten sollte, auch bei negativem Neugeborenenscreening, an ein Pseudo-Bartter-Syndrom i. R. einer Mukoviszidose gedacht werden. Es ist eine akut gefährliche Komplikation und selten auch Manifestation der Grunderkrankung (5).
Hintergrund
Aneurysmatische Knochenzysten mit pathologischer Fraktur sind selten. Eine chirurgische Therapie ist meist das Mittel der Wahl, aber an bestimmten Lokalisationen, wie z.B. der Wirbelsäule riskant. Bei Erwachsenen ist eine Therapie mit dem humanen monoklonalen Antikörper Denosumab zugelassen. Bei Beendigung einer Therapie mit Denosumab wurde bei verschiedenen Indikationen eine ausgeprägte Hyperkalzämie beobachtet.
Das Fallbeispiel zeigt die Nebenwirkungen beim Ausschleichen einer mehrjährigen, hoch dosierten Therapie mit Denosumab im Jugendalter.
Fallpräsentation
Im Alter von 10 Jahren zeigte sich als Ursache einer Wirbelkörperfraktur BWK 7 eine Aneurysmatische Knochenzyste. Bei schwieriger Lokalisation erfolgte eine Therapie mit Denosumab (4 x 60 mg Denosumab über 4 Monate, anschließend 34 x 120mg über 45 Monate).
Im Alter von 15 Jahren, 4 Monate nach der letzten Medikamentengabe, stellt sich der Patient mit einer beidseitigen Fazialisparese vor. Im Labor zeigte sich eine ausgeprägte Hyperkalzämie (Kalzium = 3,24 mmol/l). Es bestand ein akutes nicht-oligurisches Nierenversagen (eGFR = 23 ml/min/1.73m², Eiweiß-Kreatinin-Quotient im Urin = 235mg/g). Eine Knochenflächendichtemessung erbrachte einen Ganzkörper Z-Score (TBLH) von + 4,9 SD.
Trotz Hyperhydratation, forcierter Diurese mittels Furosemid und der Gabe von Prednison stieg das Kalzium auf max. 3,73 mmol/l an. Auch nach Gabe des i.v. Bisphosphonates Neridronat (2mg/kg KG) kam es nicht zum Absinken des Serumkalziums. Er zeigte eine Hyperkalziurie mit 25,8mmol/24h im Sammelurin. Deshalb wurde nach 3 Wochen Zoledronat (0,05mg/kg KG) gegeben wodurch ein Sinken des Serum- Kalzium –Spiegels im Serum erreicht wurde. Unterstützend wurde eine tägliche Therapie mit dem oralen Bisphosphonat Residronat initiiert.
Bei den Nachsorgeterminen zeigte der Patient über Monate stabile Laborwerte, eine langsam verbesserte Nierenfunktion (letzte eGFR = 76 ml/min/1.73m²) und eine rückläufige Fazialisparese.
Diskussion
Eine hochdosierte Behandlung mit Denosumab birgt im Kindesalter das Risiko einer übermäßigen Ansammlung von Kalzium im Skelettsystem durch Hemmung des Remodelling. Nach Absetzten der Therapie kann es durch die Aktivierung der Osteoklasten zu einem beschleunigten Knochenabbau und somit zu einer vermehrten Freisetzung von Kalzium kommen. Das akute Nierenversagen bei unserem Patienten sehen wir in erster Linie als Folge der Hyperkalzämie mit renaler Perfusionsstörung.
Schlussfolgerung
Regelmäßige und engmaschige Kalziumkontrolle wie auch die Kontrolle der Knochenflächendichte sollten fester Bestandteil bei einer hochdosierten Denosumabtherapie über einen längeren Zeitraum sein. Bei Beendigung der Therapie muss eine Rebound Hyperkalzämie beachtet und ggf. durch Gabe eines Bisphosphonates behandelt werden.
Hintergrund Der monoklonale, chimäre (Maus/Mensch) Antikörper Rituximab (RTX) bindet an das CD20-Antigen, welches auf der Oberfläche von B-Zellen exprimiert wird. RTX findet sowohl in der Krebstherapie als auch in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen Anwendung. Bei Kindern erfolgt der Einsatz außerhalb der von den Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsgebiete.
Ziel Untersuchung von Behandlungsprotokollen und deren therapeutischen Auswirkungen.
Material und Methoden In der Universitätskinderklinik Essen wurden von 2008 bis 2016 retrospektiv 76 Patienten (w=35/m=41) im Alter von 1-19 Jahren (Median 13 Jahre) aufgrund eines fehlenden Ansprechens auf konservative Therapieoptionen oder i. R. eines Therapieprotokolls mit dem Präparat MabThera® behandelt. Es handelte sich dabei um Kinder mit Posttransplantations-lymphoproliferativen Erkrankungen (PTLD) (n=12), Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantation (n=13), nephrotischem Syndrom (n=13), Autoimmunhepatitis (n=6), anderen Autoimmunerkrankungen (n=18), onkologischen Krankheitsbildern (n=6) und weiteren seltenen Erkrankungen (v. a. EBV-assoziiert) (n=8). Zielvariablen: n=76, B-Zell-Verläufe, IgG-Spiegel, Auftreten von Infektionen und Nebenwirkungen, und Monitoring des klinischen Outcomes; n=21, Epstein-Barr-Viruslast.
Ergebnisse RTX führte zu einer Verminderung des B-Zell-Anteils auf nahezu 0%. Die Rekonstitutionszeit war inter- und intraindividuell unterschiedlich und betrug, abhängig vom Applikationsintervall im Median 8,5 bzw. 15 Monate. Sie konnte prolongiert sein (bis zu 2 Jahre). 51,9% entwickelten eine Hypogammaglobulinämie. Hierbei war die Wahrscheinlichkeit bei Kindern unter 4 Jahren um das 2,6-fache signifikant höher als bei Älteren. Außerdem stieg das Risiko mit der Anzahl der Applikationen und der Kürze des Intervalls. Rezidivierende Infekte ließen sich bei 15,3% der Kinder beobachten. Bei weiteren 15% kam es zu schweren, invasiven Infektionen (Sepsis, Pneumonie). Nebenwirkungen (v. a. Dyspnoe, Schüttelfrost, Kopfschmerzen oder Fieber) traten mit 31,6% zwar häufig, aber ohne lebensbedrohliche Zwischenfälle auf. Bei 76% der Patienten fiel die Epstein-Barr-Viruslast sofort unter die Nachweisgrenze. Die Therapie der unterschiedlichen Grunderkrankungen erfolgte entweder nach einem festen Schema, symptom- oder B-Zell-gesteuert. Gute Behandlungsergebnisse waren bei der PTLD und dem nephrotischen Syndrom zu verzeichnen. Viele Autoimmunerkrankungen zeigten (teilweise in Kombination mit Plasmapheresen und Begleitmedikation) ein Ansprechen.
Schlussfolgerung RTX hat sich in dieser Erhebung als effektives und gut verträgliches Medikament zur Behandlung unterschiedlicher Erkrankungen erwiesen. Der Off-label-Einsatz ist im pädiatrischen Bereich aufgrund der Wirksamkeit und des tolerablen Nebenwirkungsprofils gerechtfertigt.
Background and Objective.
Sclerosing cholangitis (SC) is a chronic cholestatic liver disease with a serious liver related complication rate of approximately 50% at 10 years from diagnosis. Timely diagnosis and optimal management of children with SC and inflammatory bowel disease (IBD-SC) may improve outcome but is clinically challenging. Importantly, solid data on consistently managed IBD-SC patients is lacking.
Methods.
In this study we report the outcome of two IBD-SC patient cohorts managed at Cambridge University Hospital (CUH) and King’s College Hospital London (KCH). The cohorts are unique in that liver disease was diagnosed either at the same time as IBD or at subsequent follow up and all patients were diagnosed and managed in a consistent manner. We describe the incidence of major liver related complications and analyse predictors for improved outcome.
Results.
55 IBD-SC patients were analyzed – 29 (34% female) in the Cambridge cohort and 26 (27% female) in the London cohort. Importantly, liver and IBD diagnoses were similar in the Cambridge and London group with 69% and 61% diagnosed with autoimmune sclerosing cholangitis (ASC) and 86% and 88% diagnosed with ulcerative colitis (UC)/IBD colitis unclassified (IBDu). Time from IBD to SC diagnosis was significantly shorter at CUH (2.7 ± 6.1 months) as compared to KCH (15.7 ± 26.1 months; p=0.02). Complication free survival rates were 100% at CUH and 91% (5 years) and 64% (10 years), respectively, at KCH. Splenomegaly at diagnosis was the strongest risk factor for the development of liver-related complications.
Conclusion.
Children with IBD-SC may have a better clinical outcome than previously reported. Moreover, our data suggest that earlier diagnosis and treatment may improve outcome in pediatric IBD-SC.
Aims: Congenital anomalies (CAs) are the 5th leading cause of death in children under 5 years, globally. Without emergency surgical care, many gastrointestinal CAs are incompatible with life. We compared, for the first time, management and outcomes of a selection of common gastrointestinal CAs in low-, middle- and high-income countries (LICs, MICs and HICs) globally.
Methods: Children’s surgical care providers across the globe were invited to participate in the study and collect clinical data prospectively on consecutive patients presenting primarily with seven CAs (Table 1) over a minimum of one month between October 2018 - April 2019. The primary outcome was all-cause in-hospital mortality. Univariate analysis was used to identify factors associated with mortality (p 0.01), which were then analysed using multivariate logistic regression, presented as (adjusted odds ratio, p value). All participating centres had study approval.
Results: 1445 collaborators from 272 hospitals (11 LICs, 171 MICs, 90 HICs) in 74 countries contributed data. 3841 patients with 3967 study conditions were included. The following were associated with mortality: country income status (0.35, p < 0.001, Table 1), induced vaginal versus spontaneous delivery (0.42, p = 0.024), weight at presentation (0.61, p < 0.001), unavailability of ventilation when required (3.74, p = 0.009), unavailability of parenteral nutrition when required (2.95, p = 0.001), sepsis on arrival (1.99, p < 0.001), additional CA (1.63, p = 0.001), surgical site infection (1.62, p = 0.034), unavailability of a Surgical Safety Checklist (1.25, p = 0.014).
Conclusion: Significant disparities in mortality exist for common gastrointestinal CAs globally. Rapid action is required through a coalition of global stakeholders to eradicate these inequalities.
Einleitung: Zöliakie ist eine systemische Autoimmunkrankheit mit einer Prävalenz von ~ 1%. Die Zöliakie ist durch eine Enteropathie gekennzeichnet, die mit multiplen Komplikationen und Komorbiditäten einhergeht. Die Krankheit wird häufig verspätet oder gar nicht diagnostiziert, da man sich ihrer unterschiedlichen klinischen Manifestationen oft nicht bewusst ist. Die Erhebung der Belastung der Patienten durch die Erkrankung selbst und deren Komorbiditäten sowie die Erfassung des Bedarfs zur Verbesserung der Versorgungsqualität sollte eine Priorität der Versorgungsforschung hierzu sein. Um diese Lücke zu schließen, haben die Deutsche Zöliakiegesellschaft (DZG e.V.)und das Kompetenznetz Darmerkrankungen ein deutschlandweites Patientenregister für Zöliakiepatienten (GeCeR) initiiert, um die aktuelle Qualität in Diagnose und medizinischer Betreuung der Betroffenen offenzulegen.
Methoden: Das GeCeR ist als ein patientenzentriertes Online-Register für die Gesundheitsversorgung in Deutschland konzipiert, das auf die Aufnahme einer großen Zahl von Patienten mit Zöliakie ausgerichtet ist (zunächst 3.000 bis 5.000, kann im Weiteren auf 10.000 Zöliakie-Patienten erweitert werden). Eingeschlossen werden Betroffene aller Altersgruppen mit einer selbst gemeldeten Zöliakie-Diagnose. Die Fragebögen erfassen Informationen zur diagnostischen Abklärung, zu Symptomen und Komorbiditäten, zur subjektiven und objektiven Belastung der Patienten durch die Zöliakie (Gesundheitszustand, Lebensqualität, psychosoziale und physische Komorbiditäten) sowie zur aktuellen medizinischen Betreuung und Behandlung. Die Verifizierung der Diagnose wird durch einen Fragebogen an den betreuenden Arzt ergänzt. Die Teilnehmer erhalten alle 12 Monate Online- oder Papierfragebögen zur Nachkontrolle.
Ergebnisse: Die Rekrutierung begann am 31. Oktober 2019 durch eine Ankündigung auf der Online-Plattform und der Patientenzeitschrift der DZG und wird durch regionale Patientengruppen, Ärzte, medizinische Fachgesellschaften usw. fortgesetzt. Bis Ende März hatten sich über 2700 Personen registriert, über 900 Fragebögen wurden ausgefüllt zurückgesendet. Eine Zwischenanalyse zur Diagnostik und ersten Ergebnissen zu vorliegenden Teilhabestörungen und Belastungen durch die Erkrankung werden bis Ende August 2020 vorliegen.
Zusammenfassung: Die sehr hohe Registrierungsrate innerhalb der ersten Monate deutet auf ein großes Interesse der Patienten an der Kommunikation ihres Gesundheitszustands hin und bestätigt die jüngsten deutschen Ergebnisse einer Umfrage im Rahmen des EU-geförderten Projekts FocusInCD, die auf eine unzureichende Qualität der Versorgung von Zöliakie-Patienten in der Vergangenheit hindeuten. Die Daten aus diesem Register werden prospektive Daten über die aktuelle Faktenlage in Deutschland liefern, Lücken und Bedürfnisse identifizieren mit dem Ziel, die Versorgungssituation zu verbessern und weitere Forschung einschließlich neuer therapeutischer Optionen zu fördern.
Hintergrund: Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist die häufigste chronische Lebererkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Bislang stellt die multimodale Lifestyle Modifikation mit dem Ziel der Gewichtsreduktion die primäre Therapie dar. Vorklinische Studien weisen jedoch darauf hin, dass Epoxyeicosanoide, eine Klasse von bioaktiven Lipidmediatoren, möglicherweise protektive Effekte bei der Entwicklung beziehungsweise beim Fortschreiten der NAFLD vermitteln. Diese Epoxyeicosanoide werden durch Cytochrom P450 (CYP) Epoxygenasen generiert und durch die lösliche Epoxidhydrolase (sEH) inaktiviert.
Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, mögliche Assoziationen zwischen der Bildung von Epoxyeicosanoiden und dem histologischen Schweregrad der pädiatrischen NAFLD zu identifizieren.
Material und Methoden: Wir führten eine umfassende LC-MS basierte lipidomische Analyse von Fettsäuren und Lipidmediatoren bei 40 pädiatrischen Patienten mit bioptisch gesicherter NAFLD in Lebergewebe, Vollblut- und Serumproben durch. Eine zusätzliche Proteomanalyse in einer Subgruppe von 34 Patienten wurde durchgeführt, um die Expression beteiligter CYP Epoxygenasen und der sEH zu bestimmen. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Kruskal-Wallis Test beziehungsweise mittels einer einfaktoriellen Varianzanalyse mit anschließendem Games-Howell Post Hoc Test.
Ergebnisse: Die Menge an hepatischen Epoxyeicosanoiden zeigte einen signifikanten Anstieg mit höherem Steatosegrad. Die Menge der jeweiligen Stammfettsäuren änderte sich dabei nicht. Allerdings stieg die CYP Epoxygenase Aktivität mit höherem Steatosegrad signifikant an, während die sEH Aktivität und Expression abnahm. Im Gegensatz dazu, sank die Menge der Epoxyeicosanoide mit fortgeschrittener Fibrose, begleitet von einem Abfall der Aktivität und Expression der CYP Epoxygenasen.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieser Studie lassen vermuten, dass die vermehrte Bildung von Epoxyeicosanoiden eine protektive Reaktion auf steatotischen Stress darstellt, um einem Fortschreiten der Erkrankung entgegenzuwirken. Der CYP Epoxygenase/sEH Syntheseweg ist somit möglicherweise ein geeigneter therapeutischer Angriffspunkt in der Behandlung der pädiatrischen NAFLD.
Hintergrund
Pädiatrische Patienten mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) werden mit zunehmendem Alter aktiver in die Behandlung ihrer Erkrankung involviert. Somit ist es von großer Bedeutung die Einschätzungen von Kindern und Jugendlichen zum alltäglichen Krankheitsempfinden und zum Stellenwert der täglichen Arzneimitteltherapie zu kennen.
Fragestellung
Ziel war es, die Einschätzung des alltäglichen Krankheitsempfindens bei pädiatrischen Patienten mit einer CED zu erfassen und zu untersuchen, welche Bedeutung die tägliche Arzneimitteltherapie für die Kinder und Jugendlichen hat.
Methoden
Über einen Zeitraum von 9 Monaten erfolgte in einer universitären Kinder- und Jugendklinik die prospektive Datenerhebung. In die Studie wurden konsekutiv alle pädiatrischen Patienten mit einer CED und mindestens einem Arzneimittel eingeschlossen. Die Datenerhebung erfolgte mittels strukturiertem Interview und anschließender Beobachtung der Arzneimittelanwendung. Die Sorgeberechtigten und die Patienten erteilten zuvor die Einwilligung zur freiwilligen Studienteilnahme.
Ergebnisse
47 Patienten nahmen an der Studie teil, welche im Median 15,89 (Q25/75 14,01/16,88) Jahre alt waren. Im Median erhielten die Patienten 3 (2/3,5) Arzneimittel. 34% (16/47) der Patienten gaben an, dass es ihnen zum Zeitpunkt des Interviews eher schlecht bis sehr schlecht ging. Von dieser Patientengruppe gaben 31% (5/16) diverse Ängste an, wie beispielsweise einen künstlichen Darm zu benötigen oder dass ihre Arzneimittel nicht mehr wirken könnten. Zusätzlich fühlten sich 44% (7/16) von dieser Patientengruppe stark bis sehr stark durch ihre Erkrankung in der Schule beeinträchtigt, beispielsweise durch häufigen Stuhlgang oder das Verpassen von Unterricht. Von den 66% (31/47) der Patienten, denen es nach eigener Angabe zum Zeitpunkt des Interviews eher gut bis sehr gut ging, empfanden dennoch 29% (9/31) ein negatives Gefühl wie Angst, Wut, Trauer, Scham oder Ekel für ihre Erkrankung. Die tägliche Anwendung ihrer Arzneimittel sahen 89% (42/47) der pädiatrischen Patienten als eher wichtig bis sehr wichtig an. 83% (35/42) begründeten ihre Einschätzung mit Aussagen wie „weil es mir hilft“, „weil ich weiß, dass es mir damit besser geht“, „weil ich keine Lust auf einen Schub habe und die Medikamente mir helfen“. Von den 47 befragten Patienten gaben 44 Patienten an ihre Arzneimittel selbstständig anzuwenden. Bei 93% (41/44) dieser Patientengruppe trat in der Arzneimittelanwendung mindestens ein arzneimittelbezogenes Problem auf.
Schlussfolgerung
Pädiatrische Patienten mit einer CED berichten über negative Auswirkungen ihrer Erkrankung und zeigen ein großes Bewusstsein für die Relevanz der täglichen Arzneimitteltherapie. Um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu stärken und die psychosoziale Situation der Betroffenen zu verbessern, sollten die Kinder und Jugendlichen mit einer CED aktiv in die interdisziplinäre Betreuung durch Ärzte und Apotheker miteinbezogen werden.
Einführung
Der M. Wilson ist eine seltene Erbkrankheit des Kupferstoffwechsels mit Beteiligung mehrerer Organe. Die Lebererkrankung bei M. Wilson umfasst eine Lebersteatose, histologische Anzeichen einer akuten und chronischen Hepatitis und schließlich eine Leberzirrhose. Hier berichten wir über einen 9-jährigen männlichen Patienten mit einer negativen Familienanamnese für Lebererkrankungen, der zur diagnostischen Aufarbeitung von Leberfunktionstests in einer Routine-Blutuntersuchung in unser Krankenhaus eingewiesen wurde. Bei der Ultraschalluntersuchung fanden sich multifokalen Leberläsionen.
Fallbericht:
Der Patient berichtete über keine körperlichen Beschwerden. Eine virale und bakterielle Infektion wurde ausgeschlossen, IgG befand sich im Normbereich und leberspezifische Autoantikörper waren negativ. Er hatte ein normales Eisenprofil und eine normale Alpha-1-Antitrypsinkonzentration. Serum-Coeruloplasmin war erniedrigt (0,08 [0,15-0,30 g / l]), aber die 24-stündige Kupferurinausscheidung war normal (23 µg / 24 h [ < 40 µg / 24 h]). LDH lag im Normbereich. Der Leberultraschall zeigte mehrere hypoechogene, oval geformte, fokale Läsionen mit einem Durchmesser von ca. 5 mm, die im Leberparenchym diffus verteilt waren. Die Farbdoppler-Bildgebung zeigte eine normale Perfusion dieser Knötchen. Die Echogenität des Leberparenchyms war ebenso unauffällig wie der Blutfluss in der Pfortader und den Lebervenen. Es wurde eine leichte Splenomegalie festgestellt, jedoch keine periphere oder intraabdominelle Lymphadenopathie. Das MRT ergab in T2-gewichteten Bildern mehrere hypointensive Knoten mit einem signalintensiven retikulären Muster. Es gab keine Kontrastverstärkung dieser Knoten. Die PET-MRT zeigte keine Hinweise auf ein Lymphom. Dann wurde eine Leberbiopsie durchgeführt, die eine portale, teilweise septale und perisinusoidale Fibrose zeigte. Steatosis hepatis wurde in 20-25% der Hepatozyten gefunden. Die Kupferkonzentration im Lebergewebe war deutlich erhöht (1048 µg / g [ < 250 µg / g]. Die genetische Untersuchung auf ATP7A-Mutation steht noch aus. Die Kombination von erniedrigtem Serum-Coeruloplasmin und erhöhtem Kupfergehalt im Lebergewebe war ein Hinweis auf die Diagnose eines M. Wilson. Ein Kayser-Fleischer-Ring wurde nicht festgestellt. Der Ferenci-Wert für die Diagnose eines M. Wilson betrug 4 Punkte. Der Patient wurde anfangs mit D-Penicillamin behandelt und wegen anhaltender Übelkeit auf Trientin umgestellt. Bei seiner jüngeren Schwester wurde ebenfalls ein M. Wilson diagnostiziert, bei ihr jedoch nicht zeigen ähnliche Leberknötchen.
Fazit:
M. Wilson ist oft eine diagnostische Herausforderung, die mit verschiedenen klinischen Symptomen einhergeht. Das knotige Erscheinungsbild der Leber bei unserem Patienten wurde beim M. Wilson selten beschrieben (Akhan et al., European Journal of Radiology 69 (2009) 147–155) und war ein diagnostisches Hindernis. Es bleibt unklar, ob diese knotigen Veränderungen lokale Steatose oder Fibrose repräsentieren.
Hintergrund:
Die Autoimmunpankreatitis (AIP) im Erwachsenenalter ist eine seltene und unterdiagnostizierte Erkrankung, deren genaue Inzidenz und Prävalenz noch unklar ist (1). Die AIP korreliert im Erwachsenenalter häufig mit Auftreten von IgG4 (2). Im Kindesalter existieren nur einzelne Fallberichte, die zeigen, dass die Erkrankung in 22% der Fälle mit einer IgG4-Erhöhung einhergeht (3). Aufgrund der Seltenheit der pädiatrischen AIP existiert keine eigene Leitlinie, weshalb diagnostisch und therapeutisch auf die Erwachsenenleitlinien zurückgegriffen werden muss.
Fallbericht:
Wir sahen eine deutlich beeinträchtigte 13-jährige Patientin mit seit 5 Tagen bestehendem Fieber und starken Kopf- und Gliederschmerzen. Es zeigte sich ein blander klinischer Untersuchungsbefund und unauffällige Befunde in cMRT und Liquorpunktion. In der laborchemischen Diagnostik fanden wir initial mäßig erhöhte Entzündungsparameter, erhöhte Transaminasen sowie ein leicht erhöhtes IgG. Die Lipase zeigte sich hochnormal. Eine initiale Abdomensonographie war unauffällig. Im stationären Verlauf entwickelte die Patientin Bauchschmerzen. Entzündungsparameter und Lipase stiegen deutlich an, sodass wir von einer Pankreatitis ausgingen. Die Symptomatik persistierte unter bereits begonnener Therapie mit Flüssigkeitszufuhr, fettreduzierter Kost und im Verlauf antibiotischer Therapie. Die erneute Abdomensonographie zeigte eine Echogenitätserhöhung des Gallenblasenbettes um den Ductus choledochus und eine prominente Pankreasdarstellung. Eine daraufhin durchgeführte MRCP zeigte eine ödematös-exsudative Pankreatitis mit zunächst reaktiver Cholezystitis, geringer Cholangitis und Cholestase ohne Cholezysto- oder Choledocholithiasis. Eine operative Therapieoption wurde diskutiert. In Zusammenschau der beschriebenen Diagnostik und der unter Therapie persistierenden Symptomatik stellten wir die Verdachtsdiagnose einer Autoimmunpankreatitis- und cholangitis. Trotz fehlendem Nachweis von IgG4 im Serum initiierten wir nach 14 Tagen persistierendem Fieber die immunmodulatorische Therapie mit Prednisolon (0,6mg/kgKG/Tag intravenös). Hierunter zeigte sich eine prompte Entfieberung und Rückgang der beschriebenen Bauchschmerzsymptomatik. Die Weiterbehandlung erfolgt in der pädiatrisch-gastroenterologischen Sprechstunde der Charité.
Fazit:
Es zeigte sich ein gutes therapeutisches Ansprechen auf Prednisolon. Dies ist diagnostisch beweisend für die oben genannte Diagnose und konnte hier eine operative Therapie verhindern. Im beschriebenen Fall fanden wir wie in der Mehrzahl der publizierten pädiatrischen AIP-Fälle keine IgG4-Korrelation. Bei nur 30 publizierten Fällen (2) ist die Erkrankung eine diagnostische sowie therapeutische Herausforderung. Die pädiatrische AIP unterscheidet sich maßgeblich von der Erkrankung im Erwachsenenalter. Jeder Fallbericht zur AIP bei Kindern und Jugendlichen trägt somit zur Verbesserung der Diagnosestellung und Weiterentwicklung von therapeutischen Interventionen bei.
Einleitung:
Das Chorangiom ist ein benigner hamartomatöser Tumor der Blutgefäße der Plazenta, der in ca. 1% der Schwangerschaften auftritt. Das infantile Hämangiom der Leber ist ein vaskulärer Tumor, der insbesondere junge Kinder betrifft. Der klinische Verlauf variiert beim infantilen Hämangiom vom asymptomatischen Zufallsbefund bis hin zu Leber- und Herzversagen.
In der Literatur wird ein möglicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Gefäßtumoren diskutiert.
Fallvorstellung:
Eine 31-jährige IG/0P stellt sich in der 32+3 SSW mit Polyhydramnion und unklarem Plazentatumor vor. In der 35+1 SSW erfolgt die primäre Sectio aufgrund von Beschwerdezunahme der Patientin. In der Plazentahistologie bestätigt sich die Verdachtsdiagnose eines Chorangioms.
Das Neugeborene zeigt multiple kutane Hämangiome. In Sonographie und MRT lassen sich zusätzlich Leberhämangiome mit multifokaler Tumorlokalisation nachweisen. Die Echokardiographie ist ohne relevante Auffälligkeiten, insbesondere ohne Hinweise für ein erhöhtes Shuntvolumen über die Leberhämangiome. Laborchemisch finden sich Zeichen einer Cholestase und Transaminasenerhöhung ohne Einschränkung der Leberfunktion. Es wird eine Behandlung mit Propranolol eingeleitet. Im langfristigen weiteren Verlauf sind die Hauthämangiome vollständig rückläufig und die Leberhämangiome sonographisch nicht mehr nachweisbar.
Ergebnisse:
Die Ätiologie infantiler Hämangiome ist bis heute nicht geklärt. In der Diskussion um die Entstehung infantiler Hämangiome werden z.B. plazentare Progenitorzellen als Ursprung infantiler Hämangiome angenommen. Infantile Hämangiome und Kapillaren der Plazenta zeigen beide mehrere identische Oberflächenmarker, wie z.B. GLUT1, Merosin und Lewis-Y-Antigen, die bisher auf keinem anderen Gewebe in ähnlicher Zusammensetzung gefunden wurden. Darüber hinaus finden sich in den Microarray Genexpressionsanalysen große Übereinstimmungen, die eine Verbindung andeuten könnten.
Zusammenfassung:
In der Literatur wir ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten eines Chorangioms der Mutter und Hämangiom des Kindes kontrovers diskutiert. Zukünftige Studien hierzu sind nötig. Infantile Hämangiome der Leber können zu Herz- und Leberversagen führen, weshalb eine frühzeitige Diagnose wünschenswert wäre. Hier könnte ein breiteres Bewusstsein für einen möglichen Zusammenhang dieser beiden vaskulären Veränderungen hilfreich sein.
Hintergrund:
Congenitale extrahepatische portosystemische Shunts (CEPS) sind seltene Fehlbildungen, bei denen die V. mesenterica superior und die V. lienalis direkt in die V. vaca inferior münden. Damit wird die Leber ganz oder teilweise umgangen. Jedoch existiert in den meisten Fällen eine hypoplastische Pfortader. CEPS werden häufig in Zusammenhang mit Lebertumoren beschrieben. Die Pathomechanismen, die zur Entwicklung von Lebertumoren bei CEPS führen, sind jedoch weitgehend unklar.
Fragestellung:
Anhand des Falles eines 9-jährigen Jungen mit CEPS und hepatozellulärem Adenom erfolgt eine Zusammenfassung der aktuellen diagnostischen und therapeutischen Herangehensweise sowie eine kurze Beschreibung möglicher Pathomechanismen der Tumorentstehung bei Patienten mit CEPS.
Falldarstellung:
Ein 9-jähriger Junge fiel auf mit Harndrang, abdominellen Schmerzen, Kopfschmerzen, Juckreiz sowie einer Verschlechterung der Schulleistungen. Sonographisch konnte ein großer Tumor im rechten Leberlappen diagnostiziert werden. Ein MRT zeigte einen kurzen extrahepatischen Shunt zwischen V. mesenteria superior, V. lienalis und V. cava inferior sowie eine hypoplastische Pfortader. Histologisch ergab sich ein HNF-1alpha inaktiviertes Adenom der Leber. Als Therapieverfahren wurde ein chirurgischer Shuntverschluss gewählt. Dieser wurde aufgrund des hohen Portalvenendruckes von > 35mmHg im “shunt occlusion test” erst in einem zweiten Eingriff komplett verschlossen. Im Anschluss zeigte sich eine deutlich verbesserte Perfusion der Pfortader. Im Verlauf besserten sich Bauch-und Kopfschmerzen, der Juckreiz ging zurück, und auch die Schulleistung verbesserte sich. Eine MRT-Verlaufskontrolle nach 4 Monaten zeigte eine schmale, aber gut durchflossene Pfortader sowie eine deutliche Größenreduktion des Adenoms (von 11.5x10x9cm auf 10x8x6cm).
Diskussion:
Es gibt drei verschiedene pathomechanistische Ansätze, welche bisher in Bezug auf die Entstehung von Lebertumoren bei Patienten mit CEPS diskutiert werden: Eine exzessive Arterialisierung, verbunden mit erhöhter Sauerstoffspannung im Lebergewebe, könnte den verminderten portalen Blutfluss kompensieren und eine Hypertrophie von Lebergewebe verursachen. Auch veränderte Perfusionsdrücke in der Leber werden ursächlich diskutiert. So sieht man auch bei Patienten nach einer Fontan-Korrektur oder mit idiopathischer portaler Hypertension eine Häufung von Lebertumoren. Außerdem wird spekuliert, dass die veränderte Durchblutung der Leber bei CEPS zu hormonellen Dysbalancen im Lebergewebe führt, die ebenfalls zur Tumorentstehung beitragen könnten.
Schlussfolgerung:
Bei Kindern mit Lebertumoren ist es sehr wichtig, dass ein CEPS ausgeschlossen wird. Eine vorzeitige Resektion des Tumors könnte einen späteren Shuntverschluss unmöglich machen und ist auch nicht immer notwendig. Allein ein Shuntverschluss kann zu einer Tumorregression führen.
Einleitung: Schwere Immunzytopenien wie die autoimmunhämolytische Anämie (AIHA), chronische Immunthrombozytopenie (ITP) und das Evans Syndrom (ES) sind häufig mit Immundysregulation assoziiert. Bei einigen angeborenen Immundefekten steht die Immundysregulation in engem Zusammenhang zu frühzeitiger Immunsenescence und einem lymphozytären Exhaustion-Profil. Die Muster dieser Immunprofile können möglicherweise einen Hinweis auf den zugrundeliegenden Pathomechanismus erworbener und angeborener Immundefekte sein.
Patienten und Methoden: Eine longitudinale, prospektive, multizentrische Registerstudie zu schweren Immunzytopenien (sic-reg.org) wurde 2019 initiiert. Das Register schließt pädiatrische und jugendliche Patienten mit Immunzytopenie ein. Aktuell liegt eine frühe Interim-Analyse von Immunphänotyp-Biomarkern der ersten inkludierten Patienten vor. In der ersten Gruppe wurden 12 Patienten (Durchschnittsalter 9 Jahre; Altersverteilung 4-16 Jahre; männlich, n=5) mit ITP, AIHA oder ES eingeschlossen, drei von ihnen bei Rezidiv ihrer Erkrankung als retrospektive Patienten. In der zweiten Gruppe erfassten wir 19 Patienten mit bekanntem angeborenem Immundefekt als Beobachtungspatienten. Bei allen Patienten wurde initial, nach 6 und nach 12 Monaten eine quantitative FACS-Analyse der naiven und Gedächtnis-/T- und B-Subklassen und der altersassoziierten bzw. seneszenten Lymphoyztensubklassen durchgeführt.
Ergebnisse: Zehn von 12 Patienten mit Immunzytopenie zeigen ein pathologisches Verlaufsmuster an allen drei Messzeitpunkten in mindestens einer der naiven bzw. Gedächtnis- oder seneszenten Lymphozytensubklassen. Auch acht der 19 Patienten mit angeborenem Immundefekt zeigen mindestens in einer der Lymphozytensubklassen einen pathologischen Verlauf. Daneben präsentierten einige Patienten im Verlauf einzelne auffällige Abweichungen in bestimmten Lymphozytensubklassen.
Schlussfolgerung/Diskussion: Auf Grundlage der Interim-Daten ist die systematische Analyse von Lymphozyten-Differenzierungsprofilen bei Patienten mit schweren Immunzytopenien indiziert, um diagnostische und prognostische Biomarker-Profile erstellen zu können. Das lymphozytäre Biomarker-Profil kann in Abhängigkeit von der Grundkrankheit jedoch noch spezifischer gestaltet werden. Durch die geplante Kombination unserer Daten mit der single-cell transcriptome Technik und Analyse epigenetischer Faktoren soll der Pathomechanismus der Immundysregulation weiter aufgeklärt werden.
Hintergrund
Trommelschlegelfinger sind ein unspezifisches Symptom chronischer Sauerstoffmangelzustände, assoziiert mit Vitien oder chronischen Lungenerkrankungen. Eine seltene Differentialdiagnose sind Raumforderungen, die zu einer Beeinträchtigung des Sauerstoffaustausches führen. Das Hodgkin-Lymphom (HL) ist die häufigste Lymphomerkrankung des Kindes- und Jugendalters, ca. 180 Neuerkrankungen treten pro Jahr in Deutschland auf. Führende Symptome sind eine schmerzlose, derbe Lymphknotenschwellung und eine B-Symptomatik. Bei mediastinalem Befall können Husten, venöse Einflussstauung und Atemnot auftreten. Die Dauer der Anamnese variiert zwischen Tagen und vielen Monaten. Die Behandlung umfasst eine stadienadaptierte Kombinationschemotherapie, die -abhängig vom Therapieansprechen- durch eine Strahlentherapie ergänzt wird. Die Heilungsraten erreichen z.T. 95%.
Fallbericht
Unsere 11-jährige Patientin wurde mit Fieber, Husten und Luftnot nach negativem SARS-COV2 Test zugewiesen. Bei Aufnahme zeigte sie sich in reduziertem Allgemeinzustand mit Orthopnoe und Sauerstoffsättigungen < 90% im Sitzen. Bei der klinischen Untersuchung fielen neben einer Lymphknotenschwellung Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel auf. Radiologisch zeigten sich eine nahezu vollständige Verschattung der rechten Lunge, ein vom oberen vorderen Mediastinum ausgehender Tumor mit Verdrängung der Mediastinalstrukturen und ein septierter Pleuraerguss. Laborchemisch fielen eine Leuko- und Thrombozytose, Anämie sowie erhöhte Werte für CRP, LDH und eine erhöhte BSG auf. Im peripheren Blut ergab sich kein Hinweis auf Blasten.
Anamnestisch bestand bereits seit > 6 Monaten eine zunehmende Belastungsinsuffizienz. Hinzu traten im Verlauf persistierender Husten und ein Gewichtsverlust. Wiederholte Vorstellungen bei verschiedenen Ärzten resultierten in verschiedenen symptomatischen Therapieansätzen. Unter einer Therapie mit Sauerstoffgabe, Prednisolon (60 mg/m2/d) und einem Erythrozytenkonzentrat konnte das Mädchen stabilisiert und die Diagnostik durch eine PET-CT ergänzt werden. Diese zeigte eine zentral nekrotische, randständig stoffwechselaktive Raumforderung, intrapulmonale Herde, multiple supradiaphragmale Lymphknotenmanifestationen und eine Aktivierung des Knochenmarks. Bei klinisch und radiologisch deutlicher Befundbesserung erfolgte 5 Tage nach Aufnahme die Biopsie eines zervikalen Lymphknotens. Hier zeigte sich in der Schnellschnittdiagnostik zunächst nur eine granulomatöse Entzündung, die Aufarbeitung erbrachte die Diagnose eines klassischen HL. Die Patientin wird seither entsprechend ihres Stadiums (IV) im Treatment-Level 3 des EuroNet-PHL-C2-Protokolls behandelt und hat keinen Sauerstoffbedarf mehr.
Zusammenfassung
Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel sind ungewöhnliche Begleitsymptome der Erstmanifestation eines HL. Inwiefern die Infektsaison und COVID-19-Pandemie die Diagnose verzögert und damit eine frühere Diagnose in einem niedrigeren Stadium verhindert haben bleibt unklar.
Hintergrund
Das Ziel der WHO, die Masern zu eliminieren ist weiter unerreicht: 2018 starben weltweit bei etwa 10 Millionen Infektionen 140.000 Menschen an Masern, davon größtenteils Kinder unter fünf Jahren. [1]
Die erste Impfung gegen Masern mit Masern-Mumps-Röteln-Lebendvakzine wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat, bzw. bei Besuch einer Kindertagesstätte ab dem 9. Lebensmonat, empfohlen. Gegenüber Masern exponierte Kinder können nach dem vollendeten 6. Lebensmonat geimpft werden.
Für Säuglinge, die jünger als 6 Monate alt sind und Masern exponiert wurden empfiehlt die STIKO die intravenöse (i.v.) Gabe von 400mg Immunglobulinen (IVIG) pro Kilogramm Körpergewicht (kg KG) als Postexpositionspropyhylaxe (PEP). [3] Um die Wirksamkeit einer nachfolgenden MMR-Lebendimpfung sicherzustellen, wird diese von der STIKO bisher erst 8 Monate nach IVIG-Gabe empfohlen. [3,4]
Fragestellung
Da die Notwendigkeit mit der Lebendimpfung 8 Monate nach IVIG-Gabe zu warten nie empirisch belegt wurde, soll in der Studie „WIN – Wann Impfung Nach IVIG?“ geprüft werden, ob Kinder bereits vier Monate nach IVIG-Gabe aktiv mit MMR-Vakzine geimpft werden können. Wir vermuten, dass bei einer Halbwertzeit i.v. verabreichter Immunglobuline von etwa 3 Wochen ein Abfall der IgG-Konzentration in den Bereich des insuffizienten Schutzes von 0,2 IU/ml IgG-Antikörper gegen Masern nach etwa 4 Monaten auftritt. Zu diesem Zeitpunkt wären die Kinder nicht mehr gegen Masern geschützt und die Lebendimpfung mit MMR-Vakzine sollte dann einen aktiven Impfschutz vermitteln.
Gleichzeitig soll diese Studie erfassen, ob durch das neue Masernschutzgesetz die Inzidenz von Masern-exponierten Säuglingen rückläufig ist.
Durchführung
Die Studie wird ausgehend von der Charité Berlin und mit Unterstützung durch das Robert-Koch-Institut (RKI) ab Mai 2020 in mehreren deutschlandweiten Kooperationszentren durchgeführt.
Masern-exponierten Säuglingen, die jünger als 6 Monate alt sind, wird vor IVIG Gabe Blut für die Masernserologie (ELISA und Focus Reduction Neutralisation Test (FRNT) (Referenzdiagnostik des RKI)) entnommen. Speichel und Urin werden mit RT-PCR auf Masernviren untersucht. Bei einem Kontrolltermin nach 4 Monaten werden die spezifischen IgG-Konzentrationen gegen Masern erneut bestimmt (ELISA und FRNT). Sofern diese unter 0,2 IU/ml gefallen sind, werden die Patienten mit MMR-Lebendvakzine geimpft. Der Impferfolg wird 6 Wochen später durch erneute Bestimmung der spezifischen IgG-Konzentrationen überprüft.
Korrespondenzautor
Prof. Dr. Horst von Bernuth
Email horst.von-bernuth@charite.de
Tel +4930450566931
Fax +4930450566631
Background: Measles is one of the most infectious diseases, which can cause serious illness, lifelong complications, even death. Since 1998, Germany has been striving to achieve the WHO goal to eliminate measles. Although the implementation of vaccination programs increased vaccination rates, drastically reducing measles incidence in Germany (from 6039 infections in 2001 to 2465 infections in 2015), there has been a global resurgence of measles outbreaks. Due to the high infectivity of measles, vaccination coverage rates must be ≥95% for both doses to break the transmission and reduce its incidence. The 2017 school entrance examination in Germany showed 97.1% measles vaccination rate for 1st dose and only 92.8% for 2nd dose, thereby missing the target.
Objective: This narrative review discusses the latest measure taken by Germany to control measles infections and its possible impact on future vaccinations.
Methods: A rapid appraisal of challenges and solutions to achieve elimination of measles was performed. For this, a comprehensive search of the available literature published up to 2019 in English was executed, using separate terms for public perspectives, hesitancy, challenges. Information from local literature and online SurvStat@RKI 2.0 databank were included in the research.
Results: Observed reasons for insufficient vaccination coverage were hesitancy, parents’ affected perception of the risks of the disease and inadequate compliance (e.g. under-served/unvaccinated populations, non-compliance for 2nd dose). The latest measure taken by Germany to increase vaccination coverage and reduce immunity gap was to introduce mandatory measles mumps rubella (MMR) vaccination, through the Measles Protection Act. In effect as of 01-March-2020, this Act stipulates that all persons born after 1970 who are cared for or work in a community facility, and those working in healthcare facilities must provide proof of measles immunity. While compulsory vaccination avoids putting other people’s health at risk, it may also lead to unintended consequences (e.g. high coverage of mandatory vaccines but lower than needed coverage of recommended ones). Differential programs could negatively affect the vaccine uptake (parents becoming more vaccine resistant). A recent German study showed that mandatory immunization can increase the anger/resistance of some individuals and decrease their intention to accept other recommended vaccines. Credible communication and increased knowledge of diseases amongst the public could avoid such potential side effects.
Conclusion: Despite the availability of safe and effective MMR vaccines, many challenges remain to eradicate measles, insufficient vaccination rates being the main cause for eradication failure. The implementation of mandatory measles vaccination could circumvent this issue, but it also comes with risks. The next years will show how this law will affect vaccination behavior in Germany.
Zielsetzung:
Das Kawasaki-Syndrom (KS) ist eine Erkrankung, an der in der Regel Kinder im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren erkranken. Das Vorhandensein verschiedener Haupt- und Nebenkriterien hilft bei der Diagnosestellung. Die Risikoeinschätzung mittels Kobayashi Score entscheidet über das initiale Therapieregime.
Im vorliegenden Fall berichten wir über ein atypisches KS.
Methoden:
Aufnahme eines bisher unauffälligen und normal entwickelten 3-monatigen männlichen Säuglings mit seit einem Tag bestehendem Fieber bis 38,7 °C, Rhinitis, Diarrhoe und Trinkverweigerung.
Aufnahmebefund: Wach, aufmerksam, Körpertemperatur 37,7 °C, blasses Hautkolorit, dezentes Exanthem im Windelbereich, HF 174/min, sonst unauffälliger Untersuchungsbefund.
Initiale Laborauffälligkeiten: Leukozyten 20,5 /nl, C-reaktives Protein (CRP) 2,70 mg/dl, GOT 609 U/l, GPT 193 U/l, G-GT 133 U/l. Unauffällige Sonographie des Abdomens. Unter dem Verdacht einer Gastroenteritis erfolgte eine supportive Therapie. Im Verlauf von 36 Stunden klinische Verschlechterung mit reduziertem Allgemeinzustand, Irritabilität, Entwicklung eines stammbetonten Exanthems mit Plantar- und Palmarerythem und beidseitiger Rötung der Konjunktiven, sowie Tachykardie bis 210 /min. Laborchemisch Anstieg des CRPs auf 8,9 mg/dl, NT-pro-BNP 6194 ng/l, unverändert erhöhte Transaminasen. Liquorpunktion: Leukozyten 111/µl, Eiweiß 63 mg/dl. Kein Erregernachweis, unauffällige Echokardiographie (Kobayashi Score: 5/11).
Bei Verdacht auf ein atypisches KS Therapie mit Immunglobulinen (Ig) 2 g/kg und ASS 30 mg/kg. Unter der Therapie zunehmende ausgeprägte Sinustachykardie auf maximal 240 /min. Erfolgreiche Senkung der Herzfrequenz mit Volumensubstituton unter Sedierung mit Phenobarbital.
Nach einer zweiten Ig-Gabe und intravenöser Therapie mit Prednisolon anhaltende Entfieberung, Exanthem, Sinustachykardie und die erhöhten Laborwerte rückläufig. Entlassung in gutem Allgemeinzustand am 9. stationären Tag.
Im Verlauf keine Koronaraneurysmen, insgesamt altersgerechte unauffällige Entwicklung.
Diskussion:
Der vorliegende Fall zeigt die Manifestation eines KS in inkompletter/atypischer Form.
Gastrointestinale Beschwerden treten bei diesen Verläufen gehäuft auf, eine Begleithepatitis ist möglich.
Aseptische Meningitiden können auftreten, differentialdiagnostisch ist an eine durch die Ig-Therapie verursachte Liquor-Leukozytose zu denken.
Die Vielfalt der möglichen Organbeteiligungen sowie das junge Alter können zu einer verspäteten Diagnose und schwerwiegenden Komplikationen führen.
Hintergrund: Die ständige Impfkommission (STIKO) empfahl bis August 2015 für alle Kinder bis zu 24 Lebensmonaten (LM) eine Pneumokokken-Konjugatimpfung im sogenannten 3+1 Schema, mit Impfungen im Alter von 2, 3, 4 und 11-14 LM. Im August 2015 wurde das Impfschema für alle reifgeborenen Kinder um eine Dosis reduziert (2+1 Schema mit Impfungen im Alter von 2, 4 und 11-14 LM). Die Rationale hierfür war, dass trotz einer möglicherweise geringeren Effektivität des 2+1 Schemas den Kindern eine Impfung weniger verabreicht werden muss, assoziiert mit Kosteneinsparungen und der Annahme einer besseren Impfakzeptanz.
Fragestellung: Ziel der Studie ist es, Impfraten reifgeborener Kinder der Geburtskohorten 2013 (3+1 Schema empfohlen) und 2016 (2+1 Schema empfohlen) zu ermitteln, sowie die Einhaltung der empfohlenen Impf-Zeitfenster zu prüfen und miteinander zu vergleichen. Dargestellt sind die Ergebnisse der Nachbeobachtung von jeweils 24 LM.
Methoden: Retrospektive Datenbankanalyse (InGef, Institut für angewandte Versorgungsforschung Berlin) von Abrechnungsdaten einer für Deutschland bezüglich Alter und Geschlecht repräsentativen Stichprobe mit mehr als 4 Millionen gesetzlich Krankenversicherten. Studienpopulation waren alle Kinder der Stichprobe, die entweder zwischen 1.1.2013-31.12.2013 oder zwischen 1.1.2016-31.12.2016 reifgeboren und im Beobachtungszeitraum (individuell 24 LM) durchgängig versichert waren. Kinder mit mind. einer Pneumokokken-Impfung (Impfziffer 89118 oder 89120) galten als geimpft. Studienendpunkte waren die Impfrate (Anteil der pro Dosis geimpften Kinder) sowie die Einhaltung der empfohlenen Impfzeiträume.
Ergebnisse: 90,9% (91,2%, in Klammern jeweils die Daten der Geburtskohorte 2013) der Kinder erhielten bis zum Alter von 24 LM mind. eine Pneumokokken-Impfung, 9,1% (8,8%) erhielten keine. Eine Booster-Impfung entsprechend dem 3+1 Schema erhielten 67,7% der in 2013 geborenen Kinder. Insgesamt nur 75,6% der in 2016 geborenen Kinder erhielten eine Booster-Impfung, 71,7% nach dem 2+1 Schema und 3,9% nach dem 3+1 Schema. Von den geimpften Kindern erhielten 51,1% (44,2%) die 1. Dosis gemäß STIKO im Alter von 2 LM. Der Booster im Alter von 11-14 LM erfolgte bei 46,3% (45,1%) der Kinder zeitgerecht entsprechend der STIKO-Empfehlung.
Schlussfolgerungen: Bei reifgeborenen Kindern ist die STIKO-Empfehlung zum 2+1 Schema der Pneumokokken-Impfung weitgehend umgesetzt worden. Der Anteil der ungeimpften Kinder blieb jedoch konstant bei ca. 9%. Bei der Booster-Impfung im 2. Lebensjahr konnte eine leichte Steigerung der Impfrate beobachtet werden. Allerdings erhielten rund 24% der in 2016 reifgeborenen Kinder keine oder eine unvollständige Pneumokokken-Impfung. Beim Anteil der zeitgerecht geimpften Kinder zeigte sich für die 1. Dosis ein signifikanter Unterschied, was jedoch nicht für die Booster-Impfung zutraf. Es gibt somit bisher keinen Hinweis, dass die Reduktion des Impfschemas zu einer substantiell besseren Impfakzeptanz geführt hat.
Problem: Trotz explodierender Fallzahlen von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen gibt es wenig Publikationen zu erkrankten Kindern.
Methodik: Literaturrecherche.
Ergebnis:
COVID-19 ist auch eine systemische Gefäßentzündung.
SARS-CoV-2-Infektionen lösen nicht nur Pneumonie, sondern auch Endothelitis in den verschiedenen Organen aus – mit fatalen Folgen (Autopsie von COVID-19-Patienten).
Normalerweise erkranken in D @ 9/100.000 Kinder/Jahr am Kawasaki-Syndrom. Nun gibt es aus von der Coronavirus-Pandemie besonders stark betroffenen Ländern Warnungen auf steigende Fallzahlen. Festzuhalten ist zunächst: Insgesamt bleibt die Erkrankung immer noch selten u. Kinder sind von Covid-19 deutlich weniger betroffen als z.B. Senioren. Aber ein Zusammenhang zwischen der Zunahme der Fälle des Kawasaki-Syndroms u. SARS-CoV-2 ist naheliegend. Es passt auch gut zu den Hinweisen, dass SARS-CoV-2 offenbar auch bei Erwachsenen die Gefäße befällt u. dort eine Entzündung auslöst.
In UK warnte der NHS, dass in den vergangenen 3 Wochen die Zahl von Kindern mit einer Multisystem-Entzündung, die einer intensivmedizinischen Versorgung bedurfte, gestiegen ist. Es bestehe die wachsende Sorge, dass ein SARS-CoV-2-assoziiertes Entzündungssyndrom bei den Kindern auftritt oder dass ein anderer, noch nicht identifizierter, infektiöser Erreger mit diesen Fällen in Verbindung gebracht werden könnte.
Auch aus Spanien u. Italien gibt es Warnungen. Ravelli/Genua berichtet am 24.04.20 über die italienische Gesellschaft für Pädiatrie über eine Zunahme der Fälle von Kindern mit Kawasaki-Syndrom in den letzten Wochen, v.a. in den am stärksten von Covid-19 betroffenen Gebieten des Landes. Es ist noch unklar, ob SARS-CoV-2 direkt an der Entwicklung beteiligt ist. Auch eine Sekundärinfektion sei möglich. Von einem zufälligen Geschehen sei aber nicht auszugehen u. ein Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie naheliegend.
Die Asociación Española de Pediatría (AEP), informierte am 28.04.20 über seltene Schockfälle bei Kindern. Das Krankheitsbild sei anfangs durch Fieber, Erbrechen o. möglicherweise nur durch Bauchschmerzen, Hautausschlag, rote Augen u. schlechten AZ gekennzeichnet. Man kenne die Ursache noch nicht. Auch die AEP bringt bakterielle Infektionen ins Spiel, die sich als Sekundärinfektion auf die Viruserkrankung entwickeln könnten.
Natürlich stellt sich die Frage, ob es auch in Deutschland ähnliche Beobachtungen gibt. In einem Survey der DGPI zu hospitalisierten Kindern mit Covid-19 an deutschen Kinderkliniken, der seit dem 18.3.20 läuft, wurde bisher von drei Kindern mit vergleichbaren Krankheitsbildern berichtet. Detaillierte Daten mit weiteren Informationen zu diesen Fällen liegen derzeit nicht vor. Aktuell (Stand: 17. Kalenderwoche) Erhebung an 61 Kliniken, insgesamt 114 Kinder, von denen 12% eine intensivmedizinische Behandlung benötigen.
Konklusion:
Entwicklung auf KAWASAKI-Syndrom u. Auftreten schwerer Erkrankungen im Kindesalter wird weiter aufmerksam gemonitort.
Hintergrund:
Die Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) ist eine seltene immunologische Erkrankung, die leicht mit einer Sepsis verwechselt werden kann. Neben genetisch determinierten Formen einer HLH können verschiedene infektiöse Trigger zu einer sekundären HLH führen.
Fallbericht:
Ein 8 Monate alter männlicher Säugling mit antibiotikaresistentem Fieber wurde bei Lungenversagen zur Extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) Therapie verlegt. Leitsymptome und Befunde waren anhaltendes Fieber (> 40 °C), zunehmende Hepatosplenomegalie und zusätzlich einsetzende Panzytopenie (Hb 6,5 g/dl, Thrombozyten 32.000/µl, Leukozyten 2.700/µl, Granulozyten 800/µl). Im Labor zeigten sich ein erhöhtes Ferritin (1.020 µg/l), sCD25 (30.247 U/ml), CRP (195 mg/l) und Triglyzeride (3,58 mmol/l). Zunächst blieben sämtliche infektiologischen und immunologischen Untersuchungen bezüglich eines primären Immundefekts unauffällig. Ein Tumor oder eine Leukämie fanden sich nicht. In der Knochenmarkpunktion sah man eine ausgeprägte Hämophagozytose. Immunologische Hinweise für eine familiäre HLH zeigten sich bei z.B. normaler Degranulation von NK-Zellen und einer regelrechten Perforin Expression nicht. In einer erneuten breiten infektiologischen Diagnostik zeigte sich nach primär unaufälligen Befunden (Tbc-PCR, säurefeste Stäbchen) am 7. Tag unter ECMO ein positiver Gamma Interferon Assay. Auch ohne bestätigten Nachweis einer Tbc erfolgte bei beginnendem Multiorganversagen umgehend eine 4-fach tuberkulostatische Therapie. Im weiteren Verlauf wurde eine Tuberkulose bestätigt (säurefeste Stäbchen, PCR und Kultur in Borstel positiv). Das Kind blieb 4 Wochen an der ECMO und konnte 5 Tage nach Abgang extubiert werden. In den bildgebenden Untersuchungen zeigten sich typische Herde einer Miliartuberkulose (ZNS) sowie im rechten Lungenhilus. Die HLH-typischen Befunde bildeten sich innerhalb von 2 Wochen zurück. Bei der Mutter wurde eine Lungentuberkulose festgestellt. Nach einem Jahr wurde die tuberkulostatische Therapie beendet. Im Follow-up zeigte sich eine moderate, psychomototrische und sich bessernde Entwicklungsverzögerung.
Diskussion:
In diesem Fall eines Säuglings trafen zwei Mimiker aufeinander. Die Tbc ist für die sehr diversen klinischen Ausprägungen, z.B. in der Lunge, Knochen, Lymphknoten u.a. bekannt und die HLH ähnelt zunächst stark einer Sepsis. Tbc kann eine sekundäre HLH triggern und in einer PubMed Suche fanden sich 8 weitere Fälle. Dieser Fall berichtet nach unserer Kenntnis zum ersten Mal von einem erfolgreichen Einsatz einer ECMO bei einem Säugling.
Schlussfolgerung:
Bei Säuglingen sollte bei einem septischen Krankheitsbild mit Lungenversagen und Zeichen der HLH an eine Tuberkulose gedacht werden. Die ECMO kann eine Brückentherapie darstellen, bis die spezifische Infektion ausreichend kontrolliert ist.
Introduction: Persistently raised IL-6 with no resulting CRP-increase was observed in a healthy female term neonate (38+4 weeks of gestational age), that presented 7 hours postpartum with mild signs of respiratory distress. Due to raised IL-6 (1152 ng/l) neonatal infection was suspected and antibiotic treatment (ABx) was given using gentamicin/ ampicillin iv in standard doses for 5 and 7 days, respectively. Since day 2 of treatment the patient was clinically inconspicuous. Blood cultures stayed negative. CRP was below threshold (< 0.3 mg/l) at all times, while IL-6 remained high (48h: 905 ng/l, d5: 723 ng/l, d9: 713 ng/l, d11: 868 ng/l). The parents were non-consanguinous caucasians, the mother was healthy with no signs of immunological disease.
Methods: Since delayed IL-6-degradation has been observed due to diaplacentary transmission of maternal anti-IL-6-autoantibodies (anti-IL-6-AAB), this was the suspicion in our patient. To prove this hypothesis whole blood of the patient and her mother was stimulated in vitro with IL-6 in low (1 ng/ml) and higher concentrations (10 – 1000 ng/ml) and with IL-10 (10 ng/ml) as positive control. Transcription factor STAT3-phosphorylation was measured intracellularly by FACS analysis in monocytes and CD4+ T-cells. This stimulation was repeated using both sera with healthy control peripheral blood mononuclear cells (PBMCs). Finally, an anti-IL-6 antigen-specific ELISA was performed using serum of both patient and mother.
Results: Upon stimulation with IL-6 in low concentrations, no STAT3-phosphorylation was detected in whole blood of the patient or her mother or in presence of either of their sera in control PBMCs. Some degree of STAT3-phosphorylation was detected upon stimulation with IL-6 in higher concentrations. An anti-IL-6-IgG-AAB was detected in serum of both patient and mother by ELISA.
Discussion: Initial results showed functional blockade of IL-6-signaling. We postulated a maternal and diaplacentary transmitted anti-IL-6-AAB blocking the binding of IL-6 to its receptor (IL-6R) or gp130, inhibiting both signal transduction and IL-6-degradation in vivo. In an antigen-specific ELISA this AAB was demonstrated to be of the IgG subtype.
Clinical relevance of anti-IL-6-AABs is currently unclear. Case-reports describe an association with staphylococcal infections and even severe sepsis. In contrast, high titers of anti-IL-6-AABs have been claimed to exist in 0.1% of healthy blood donors, albeit without reporting results of functional assays. Therapeutical blockade of IL-6 or IL-6R does not lead to severe infections in the majority of patients.
We do, however, see a risk of ABx treatment being prolonged unnecessarily in neonates with persisting high levels of IL-6, due to blocked degradation. In patients with clinical signs of infection and/or raised IL-6 and no detectable CRP, testing should be done for anti-IL-6-AAB. Testing for IL-8 and PCT may support the decision to discontinue ABx in these cases.
Hintergrund:
Das COPA Syndrom ist eine 2015 entdeckte Immundysregulation autosomal dominanter Vererbung. Es kommt zu schwerwiegenden autoimmunologischen Krankheitsbildern variabler Ausprägung aus Polyarthritis, Nephritis und pulmonalen Manifestationen mit meist progredienter Lungenfibrose bis hin zu Lungentransplantation und teils tödlichen Verläufen mit Manifestation im Kindesalter. Wir beschreiben das Therapieregime und den Krankheitsverlauf einer Patientin und ihrer ebenfalls betroffenen Mutter. Patienteneinwilligungen lagen vor.
Fallvorstellung:
Bei der heute 15-jährigen Patientin wurde im 5. Lebensjahr eine seropositive Polyarthritis mit kutaner Vaskulitis und Lungenfibrose diagnostiziert. Ihre Mutter erkrankte mit 32 Jahren an ähnlichen Symptomen. Die Großmutter mütterlicherseits verstarb vor dem 50. Lebensjahr an einer unklaren Erkrankung, welche als systemischer Lupus erythematodes mit Lungenfibrose diagnostiziert wurde. 2016 wurde bei Mutter und Tochter ein COPA Syndrom diagnostiziert. Die initiale Therapie der Tochter erfolgte mit Hochdosis-Kortikosteroiden und Azathioprin, ohne dass eine Remission erreicht wurde. Unter B-Zell Depletion mit Rituximab und anschließender Immunregulation mit dem CTLA-4-IgG Abatacept, zeigte sich nach kurzer Remission ein Rezidiv. 2017 wurde die Indikation zur präemptiven B-Zell Depletion bei der Tochter, später auch bei der Mutter gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestand bei beiden Patientinnen ein ähnliches Krankheitsbild mit klinisch und serologisch deutlicher Krankheitsaktivität, Autoantikörperbildung und erhöhten Entzündungswerten. Die Therapie wurde im Verlauf angeglichen und umfasste folgende Medikamente: Prednisolon p.o., Azathioprin, Mykophenolat, Leflunomid und Dapson. Als B-Zell Depletion erhält die Tochter Rituximab, die Mutter Ofatumumab. Die Supportivtherapie beinhaltet Cotrimoxazol und subkutaner Immunglobulinsubstitution. Es zeigt sich ein sehr gutes Ansprechen der Patientinnen: serologisch Normalisierung der Entzündungswerte, deutlich rückläufige Autoantikörper, klinische Remission der Polyarthritis und Vaskulitis. Zudem kam es zu erstmalig gutem Ansprechen der initial rasant progredienten pulmonalen Symptome. Aktuelle Verlaufskontrolle: wird nachgereicht.
Schlussfolgerung:
Das COPA Syndrom ist eine seltene Erkrankung mit Verläufen ähnlich einer Autoinflammation oder einer Overlap-Erkrankung aus Polyarthritis und ANCA-assoziierter Vaskulitis mit Autoantikörperbildung. Schwerwiegende Verläufe machen eine Immunsuppression nötig. Bei unserer Patientin und ihrer Mutter konnten unter Therapie eine deutliche klinische Besserung erzielt werden und der entzündliche Anteil der pulmonalen Problematik gestoppt werden. Verlaufskontrollen müssen zeigen, ob der kleinzystische Umbau der Lunge sistiert oder ggf. weitere Therapieoptionen notwendig werden. Um den genauen Krankheitsmechanismus zu verstehen und Therapieoptionen zu evaluieren sind weitere Falluntersuchungen notwendig.
Background: Antibiotic exposure in early life has been associated with an increased risk of chronic conditions such as childhood obesity as well as with negative effects on the gut microbiota. To avoid inappropriate antibiotic prescribing, antimicrobial stewardship programs have been implemented. However, detailed information on potential changes, e.g., regarding first antibiotic use in life, is lacking.
Objective: To describe the time span between birth and first antibiotic prescription as well as the type of the first prescribed antibiotic agent in different birth cohorts in Germany (2004–2015).
Methods: Using the German Pharmacoepidemiological Research Database (GePaRD), covering ~17% of the German population, we identified children born between 2004 and 2015. Each newborn was followed until 2016 or end of enrolment in the database. Prescriptions of systemic antibiotics were identified based on outpatient drug dispensations. We estimated Kaplan–Meier curves to determine time to first antibiotic prescription in life and assessed the type of the first prescribed antibiotic agent.
Results: Among ~1.5 million newborns included overall, 55% received an antibiotic prescription before the age of two years. Children in more recent birth cohorts received the first antibiotic prescription later than those in less recent birth cohorts: The median age at first antibiotic prescription was 18 months for children born in 2004 and 24 months for those born in 2014. Across all birth cohorts, amoxicillin and the broad-spectrum antibiotic cefaclor were the most frequently prescribed first-in-life antibiotics, and their proportions rose between 2004 and 2014 (amoxicillin: from 31% to 37%; cefaclor: from 20% to 29%). An increasing proportion was also observed for the broad-spectrum antibiotic cefuroxime (2% in 2004 and 6% in 2014), whereas it decreased for the narrow-spectrum antibiotics erythromycin (13% in 2004 and 6% in 2014) and phenoxymethylpenicillin (7% in 2004 and 4% in 2014).
Conclusions: Our study showed that the age at first antibiotic prescription has increased over the years, but the proportion of broad-spectrum antibiotics prescribed as first-in-life antibiotic agents continues to be at a high and further increasing level. The appropriateness of this prescribing behavior requires further monitoring to ensure rational antibiotic prescribing in early life.
Hintergrund
Spontane Milzrupturen im Kindes- und Jugendalter sind extrem selten. Es sind nur ca. 30 pädiatrische Fälle beschrieben. Als Risikofaktoren wurden u.a. Infektionen (z.B. EBV) und maligne Erkrankungen beschrieben.
Fallbericht
14-jährige Patientin mit plötzlich einsetzenden Bauchschmerzen und darauffolgendem Kollaps. Vor einer Woche fieberhafter Infekt ohne Fokus. Keine Vorerkrankungen, kein Trauma.
Bei Aufnahme reduzierter Allgemeinzustand, arterielle Hypotonie (RR 80/40 mmHg) und Tachykardie. Starker Druckschmerz mit Abwehrspannung im rechten Unterbauch, übrige internistische Untersuchung unauffällig.
Sonografisch große Menge freier Flüssigkeit sowie Ovarialzyste rechts. Die parenchymatösen Organe wurden bis auf eine Splenomegalie zunächst als unauffällig beschrieben.
Im Labor Leukozytose (17 000 / µl mit 12% atypischen Lymphozyten), Hb 11,2 g / dl, CRP negativ. Ferner Transaminasenerhöhung (GOT 132 U/l, GPT 58 U/l), restliche Werte unauffällig.
Bei V.a. Ovarialtorsion sofortige Laparoskopie. Intraoperativ Appendix und nicht stielgedrehte Ovarialzyste. Vielmehr konnte eine langstreckige Milzruptur mit aktiver Blutung als Beschwerdeursache identifiziert werden. Daraufhin Laparotomie und Splenektomie. Ein organerhaltendes Vorgehen war nicht möglich.
Postoperativ Überwachung auf der Intensivstation, zwischenzeitlich Hb-Abfall auf 6 g/dl, zweimalige Transfusion, weiterer Verlauf unkompliziert. Antibiotische Dauerprophylaxe und Komplettierung Impfschutz gemäß Asplenie-Empfehlungen des RKI.
Als Ursache der spontanen Milzruptur stellte sich retrospektiv eine vorausgehende, oligosymptomatische EBV-Infektion mit massiver Splenomegalie heraus: Zurückliegender fieberhafter Infekt ohne Fokus, Milzgröße 18 x 9 x 7 cm, Transaminasenerhöhung, positive EBV-Serologie sowie histologisch im Milzparenchym Hinweise auf eine frische EBV-Infektion.
Diskussion
Diagnostische „Pitfalls“ in diesem Fall: 1) Seltenheit einer spontanen Milzruptur: Keine „gängige“ Differenzialdiagnose akuter Bauchschmerzen, wenn ein Trauma verneint wird. 2) Die zurückliegende EBV-Infektion war weder aus Anamnese noch aus dem Aufnahmebefund ersichtlich. 3) Druckschmerz im rechten Unterbauch und Nachweis einer Ovarialzyste ließen eine andere Ursache vermuten 4) Die sonografischen Veränderungen der Milz waren diskret und wurden zunächst übersehen.
Fazit:
1) Eine Milzruptur ist eine seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Ursache eines akuten Abdomens im Kindes- und Jugendalter. Sie sollte auch bei negativer Trauma-Anamnese und negativer EBV-Anamnese differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden.
2) Die sonografischen Veränderungen an der Milz sind gelegentlich nur diskret ausgeprägt und können leicht übersehen werden. Daher sollte bei Nachweis von freier Flüssigkeit unklarer Ursache und Kreislaufinstabilität zügig eine erweiterte Bildgebung (z.B. CT) und / oder eine diagnostische Laparoskopie erfolgen.
Hintergrund: Bei V.a. Meningitis/ Enzephalitis kann eine frühzeitige Identifikation verursachender Pathogene für das Überleben und Vermeidung von Folgeschäden entscheidend sein. Andererseits können kalkuliert verabreichte Breitbandantibiotika Resistenzen begünstigen. Die Sensitivität von Liquor- und Blutkultur bei der Erregeridentifikation ist jedoch gering und Ergebnisse liegen frühestens nach 2-3 Tagen vor. Ein 2015 erstzugelassener Schnelltest (Multiplex PCR Panel, MPP) ermöglicht die Identifikation von 14 versch. Erregern aus einer Liquorprobe in < 2 Std.
Fragestellungen: Führt die zusätzlich zur konventionellen Liquorkultur erfolgende Verwendung eines MPP bei V.a. entzündliche ZNS Erkrankung zu i.) Reduktion des Antibiotikaverbrauchs, ii) Verkürzung der stationären Behandlungsdauer, iii) Verbesserung der Behandlungsergebnisse?
Methoden: Bizentrische, retrospektive Kohortenstudie mit Einschluss von Patienten < 18 J. und klinisch vermuteter entzündlicher ZNS-Erkrankung. Studienzentren: Zwei in Ausstattung, Größe, Einzugsgebiet vergleichbare, ca. 40 km entfernte Kinderkliniken (KK1, KK2), einziger Unterschied ist die MPP-Verfügbarkeit (KK1 ja, KK2 nein). Einschluss aller 2017 und 2018 stationären Patienten, bei denen eine Lumbalpunktion aufgrund des V.a. entzündliche ZNS Erkrankung erfolgte. Das MPP wird in KK1 bei schwerer Erkrankung, HSV-Exposition u. Neonaten zusätzlich angewendet. Datenauswertung gemäß zuvor festgelegtem Statistist. Analyseplan.
Ergebnisse: Studienpopulation: 213 Patienten; 106 aus KK1, 107 aus KK2. Vergleichbares Alter: Median 7,4 J. in KK1, bzw. 6,1 J. in KK2. Keine signifikanten Unterschiede beider Subkohorten hinsichtlich Anteil von Neonaten, CrP bei Aufnahme und Behandlungsfrequenz auf der Intensivstation. Nachweis von 21 ZNS-Infektionen in KK1 (entspr. 19.8 %) bzw. 23 ZNS-Infektionen in KK2 (21.5 %; jew. ohne Neuroborreliose). 23 Direktnachweise pathogener Erreger; 11 in KK1 (7 viral, 4 bakteriell), 12 in KK2 (7 viral, 5 bakteriell). In KK1 9 von 11 Detektionen per MPP, d.h. in < 2 Std. (übrige zwei: 1 Keimnachweis simultan MPP/Kultur, 1 in MPP nicht enth. Borreliennachweis per single-PCR). Per MPP Nachweis 4 konventionell nicht nachweisbarer Erreger (2 HHV-6, 2 Humanes Parechovirus) mit Konsequenz rascher Deeskalation von Diagnostik u. Therapie. Nicht-signifikant geringerer Gesamtverbrauch an Antibiotika pro Patient in KK1 ggü. KK2 (KK1-Median 2,83 Tage, IQR 9,73 T.; KK2 3,33 T. IQR 8,00 T.; p = 0,793). Bei vergleichbarer Zahl mit Aciclovir anbehandelter Patienten (KK1 n =18, KK2 n =17) Nachweis einer signifikant kürzeren Behandlungsdauer mit Aciclovir in KK1 (Median 1.3 T., IQR 2.0 T.) ggü. KK2 (Median 2.7 T., IQR 1.3 T., p =0,0397). Kein Unterschied bzgl. stationärer Aufenthaltsdauer und Folgeschäden.
Schlussfolgerung: In unserem Kollektiv konnte durch die zusätzliche Verwendung von MPP Liquordiagnostik bei vermuteter entzündlicher ZNS-Erkrankung ein signifikant geringerer Aciclovirverbrauch gezeigt werden.
Hintergrund: Akute Ischämien der Akren sind im Kindesalter sehr selten. Sie erfordern rasches Handeln und sorgfältige Differentialdiagnosen, um bleibende Schäden zu vermeiden.
Fallbericht:
Anamnese: Ende März 2020 stellte sich ein 13-jähr. türkisches Mädchen mit Rötung, Schwellung und livider Verfärbung der Zehen beider Füße in der Notaufnahme vor. Trauma, sportliche Überlastung, Kälteexposition und Tragen enger Schuhe wurden verneint. Es bestanden keine Arthralgien, B-Symptome oder verminderte Belastbarkeit. Seit 2 Wochen fiel eine intermittierende Rötung der Wangen und des Dekolletés auf. Seit 2 d zunehmende Symptomatik der Füße. Keine Vorerkrankungen oder Medikamenteneinnahme. Familienanamnese leer.
Klinik: Guter Allgemeinzustand, beide Füße eiskalt. Alle Zehen beider Füße geschwollen, teils gerötet/weiß-blass/livide verfärbt, Motorik eingeschränkt. Dorsal drei dunkel verfärbte, 2-3mm messende Stellen. Rekap um 6 sec, Sensibilität intakt, Berührungsschmerz. Alle peripheren Pulse tastbar. Übriger pädiatrischer Befund unauffällig.
Diagnostik: Differentialdiagnostisch dachten wir an arteriellen Verschluss, Raynaud-Syndrom, Vaskulitis oder familiäres Mittelmeerfieber (FMF). Ein arterieller Verschluss konnte dopplersonographisch ausgeschlossen werden. Hinweise auf eine Vaskulitis gab es laborchemisch und sonographisch (Abdomen, Echo) nicht. Kein Anhalt für ein Antiphospholipid-Syndrom bei unauffälliger Blutgerinnung, Thrombozytenzahl und unauffälligen Autoantikörpern. Bei unauffälligem Serumamyloid-A und fehlenden Hinweisen auf ein FMF wurde auf eine genetische Untersuchung verzichtet. Seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie wurden in Italien gehäuft akute Ischämien der Akren bei Kindern beobachtet [1]. Die erste COVID-19-Serologie unserer Patientin und die Kontrolle nach 3 Wochen waren Ig-M und Ig-G negativ. Ebenso zeigten sich weitere Serologien IgM-negativ. Aktuell gehen wir von einer Typ-1-Interferonopathie, dem Chilblain-Lupus erythematodes aus. Die Genetik steht noch aus. Die Diagnosekriterien der Mayo Clinic (Schwellung > 24h, Erythem der Füße/Zehen, Beginn Ende März) treffen bei unserem Fall zu [2].
Therapie: Es erfolgte eine Therapie mit Amlodipin, Prednisolon und Ibuprofen. Nach wenigen Stunden besserte sich der Lokalbefund deutlich, nach 3 Wochen persistieren einige narbige Veränderungen im Bereich der Ulzerationen bei voller Motorik und Sensibilität.
Schlussfolgerungen: Dieser Fall zeigt, dass eine sorgfältige Abklärung wichtig ist, um die richtige Therapie einleiten und bleibende Schäden vermeiden zu können. Die Typ-1-Interferonopathie ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit chronischer Aktivierung von Typ-1-Interferonen, was zu systemischer Autoinflammation und -immunität führt. Dazu gehört u.a. Chilblain-Lupus [3]. Studien konnten positive Effekte durch Nifedipin und Pentoxyfyllin zeigen [4]. Aktuelle Studien testen den Einsatz der JAK-Inhibitoren Tofaxitinib, Ruxolitimin, die im Signalweg der Typ-1-IFN-Immunantwort eingreifen.
Einleitung:
Eine Infektion mit Influenzaviren ist eine der häufigsten viralen Erkrankungen bei Kindern in der Wintersaison. Meist ist die Symptomatik auf Fieber und Husten begrenzt, selten kommt es zu Komplikationen wie Pneumonien und Myositiden (1). Neurologische Komplikationen zeigen sich zumeist als febrile Anfälle aber auch als akute Enzephalitis. Enzephalopathien treten in sehr seltenen Fällen auf (2). Insbesondere während der pandemischen Grippe 2009 durch Influenza H1N1 gab es jedoch auch gehäuft Berichte von schweren neurologischen Manifestationen (3).
Methode:
Wir berichten über ein zuvor altersentsprechend entwickeltes dreijähriges Mädchen mit einer schweren Enzephalitis nach nachgewiesener Influenza-A-Infektion.
Es erfolgte die Verlegung in unsere Klinik nach 7 Tagen Fieber und zunehmender Somnolenz, Episoden schrillen Schreiens sowie Anarthrie und Dysphagie. Bei dortiger Aufnahme zeigte sich ein positiver Influenza-A Test.
Ergebnisse:
Liquoranalytisch zeigten sich im Status initial 39 Zellen mit nur minimal erhöhten Glucose- und Lactatwerten und normwertigem Protein, im ZNS-Panel kein Nachweis eines Erregers. In der wiederholten Lumbalpunktion nach 3 Tagen zeigte sich ein Normalbefund. Elektroenzephalographisch zeigte sich eine schwere Enzephalopathie.
Im cMRT stellte sich ein Hirnödem mit Diffusionsrestriktion im cerebellären Marklager dar. In Zusammenschau beider Befunde diskutieren wir eine autoimmunvermittelte Demyelinisierung (ADEM), differenzialdiagnostisch musste eine zytotoxische Genese sowie eine Enzephalitis durch Influenzaviren in Betracht gezogen werden. Im Liquor konnten keine ADEM-assoziierten Antikörper und keine Influenza-RNA nachgewiesen werden. Bildmorphologisch und elektroenzephalographisch zeigte sich bereits ab dem 6. Behandlungstag ein deutlicher Rückbildungstrend bei jedoch klinisch sehr zögerlichem Verlauf: Bei Entlassung in die Rehabilitationsklinik nach 16 Tagen waren Schlucken und Fixieren wieder möglich, jedoch zeigte sich weiterhin eine Anarthrie.
Diskussion:
Insgesamt erhärtete sich der Verdacht einer Influenza-Enzephalopathie.
Autoimmuinreaktionen auf der Grundlage von gegen Influenza gerichteten Antikörpern gegen Zellen in den Basalganglien sind in der Literatur beschrieben (4).
Neurologische Auswirkungen dieser Erkrankung zeigen kein einheitliches Bild und erschweren somit die Diagnosestellung (5). Mögliche therapeutische Ansätze (Oseltamivir, Glukokortikoide, Immunglobuline) sollten diskutiert werden.
Hintergrund
Infektionen mit dem pandemischen Sars-CoV-2 verlaufen bei Kindern nicht selten asymptomatisch, jedoch nehmen Berichte über schwere Verlaufsformen bei pädiatrischen Patienten zu. Aktuelle Publikationen zeigen zudem einen substanziellen Anteil von Coinfektionen mit mehreren Erregern zusätzlich zu Sars-CoV-2.
Fallbericht
Ein 10 Monate alter Säugling wurde wegen Schnupfen, Husten und Fieber ambulant vorgestellt. Anamnestisch erwähnenswert waren eine kürzlich aufgetretene fieberhafte Erkrankung beider Eltern und des älteren Geschwisters sowie eine Armenien-Reise wenige Wochen zuvor. Die Sars-CoV-2-PCR aus dem Rachenabstrich ergab ein schwach positives Ergebnis, daher erfolgten die Meldung ans Gesundheitsamt und die häusliche Quarantänisierung der ganzen Familie unter V.a. Covid-10. Drei Tage später berichteten die Eltern über schlechte Trinkleistung und anstoßende Atmung. Im Röntgen Thorax zeigte sich das Bild einer Lobärpneumonie mit Transparenzminderung im rechten Ober- und Mittelfeld ohne sonographischen Nachweis eines Pleurergusses. Daher erfolgte die stationäre Aufnahme unter strengen Insolationskautelen. Die laborchemisch deutlich erhöhten Entzündungszeichen (CRP 404 mg/l) waren mit Covid-19 und bakterieller Superinfektion vereinbar. Daher erfolgte die antiinfektive Therapie mit Imipenem und Vancomycin i.v. über 10 d und die ambulante Fortsetzung mit Amoxicillin/Clavulansäure. Bei hierunter persistierendem Fieber wurde eine niedrig dosierte Corticoidtherapie begonnen, welche zu einer anhaltenden Entfieberung führte. Bei der Kontrolle 5 d nach Entlassung zeigte sich im Thorax-CT das Bild einer karnifizierenden Pneumonie des Mittel- und Unterlappens mit Kontakt zu einer abgekapselten, luftgefüllten Pleuraempyemhöhle über eine Fistel und eine Konsolidierung im rechten Oberlappen. Aufgrund des guten Allgemeinzustands und der respiratorischen Stabilität entschieden wir uns für ein konservatives Vorgehen bei Fortsetzung der Therapie mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol unter engmaschiger Beobachtung.
Nach dem initial schwach positiven Nachweis von Sars-CoV-2-RNA blieben 5 erneute PCR-Untersuchungen aus Rachensekret und Stuhl sowie die Virus-Serologie (Sars-CoV-2-IgG/IgA) negativ , so dass retrospektiv von einem falsch positiven ersten Testergebnis auszugehen ist.
Diskussion/Schlussfolgerung
Die zur zum Nachweis einer Sars-CoV-2-Infektion herangezogenen Methoden weisen ein substanzielles Risiko falsch positiver Ergebnisse auf. Die große Variabilität der klinischen Verläufe und die begrenzten Erfahrungen mit der Krankheit erschweren die Diagnostik zusätzlich. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen in Bezug auf Ressourcenverbrauch, Exposition gegenüber tatsächlich Erkrankten, fraglich erworbenen Immunität und auf andere Familienmitglieder sollte stets auch an die Möglichkeit eines falsch positiven Befundes gedacht werden.
Hintergrund: Blutentnahmen bedeuten für Frühgeborene Stress, können Anämien auslösen und negative Auswirkungen auf die Kurz- und Langzeitentwicklung haben. Eine nicht-invasive Diagnostik bei Frühgeborenen ist daher wünschenswert. Wir wollen prüfen, ob flüchtige volatile Substanzen (volatile organic compounds, VOC), die im Körper bei physiologischen und pathophysiologischen Prozessen entstehen und über Haut, Urin, Stuhl bzw. Ausatemluft an die Umwelt abgegeben werden, als diagnostische Biomarker geeignet sind. Ziel ist es, eine nicht-invasive Methode zur VOC-Analyse von Windelinhalt zu entwickeln. Hierbei sind verschiedene Einflussfaktoren zu berücksichtigen.
Material und Methode: Es wurden VOC-Profile von 133 Stuhl- und Urinproben von insgesamt 12 Frühgeborenen sowie von 35 Pflegemittel- und Medikamentenproben mittels Multikapillarsäulen-gekoppelter Ionenmobilitätsspektrometrie (MCC/IMS) untersucht. Frühgeborene, die auf den neonatologischen Stationen des Universitätsklinikums Homburg betreut wurden und ein Geburtsgewicht < 2.000 g bzw. ein Gestationsalter < 32 Wochen hatten, wurden in die Studie eingeschlossen. Die statistische Auswertung der Daten wurde unter Verwendung des Mann-Whitney-U-Tests mit Bonferroni-Korrektur durchgeführt.
Ergebnisse: Wir konnten zeigen, dass sich mit Hilfe des MCC/IMS Windeln von Frühgeborenen anhand der enthaltenen Ausscheidungen (Stuhl, Urin oder beides) über VOC in einem Signifikanzlevel von p < 0,05 klassifizieren lassen. Es zeigte sich, dass die Dauer der Lagerung der Windel, aber auch Pflegemittel und die verabreichten Medikamente das VOC-Profil beeinflussen.
Diskussion: Wir haben eine Umgebungsluft-unabhängige Methode zur Messung von VOC an Bioproben in Windeln Frühgeborener mittels Multikapillarsäulen-gekoppelter Ionenmobilitätsspektrometrie (MCC/IMS) entwickelt. Die Ergebnisse stellen einen innovativen Ansatz zur nicht-invasiven Diagnostik in der Neonatologie dar. Durch Messung potentieller Einflussfaktoren wie Pflegemittel und Einwegmaterialien (Windeln) können die Signale der Bioproben korrekt zugeordnet werden. Von großer klinischer Bedeutung könnte die Anwendung der VOC-Analyse in der Diagnostik verschiedener Krankheitsentitäten, wie z.B. Infektionen sein. Die Methode birgt großes Potential und wird daher bei der Diagnostik weiterer Krankheitsbilder erprobt.
Schlussfolgerungen: Profile volatiler organischer Substanzen (VOC) können zuverlässig und Umgebungsluft-unabhängig an den Ausscheidungen von Frühgeborenen erhoben werden und könnten sich zur Suche nach Biomarkern in der Neonatologie eignen.
Background
Sacrococcygeal teratoma is the most common solid tumour in the neonatal period. Incidence is 1:30.000 - 170.000 live births with predominantly male patients. In one-third of the cases there is an association with urogenital anomalies like persistent urogenital sinus (UGS) or others like hip dysplasia (1). Non-immunological hydrops fetalis (NIHF) is a possible comorbidity factor.
Case report
This female premature was delivered via cesarean at 31 + 6 weeks of gestational age due to rapidly developing NIHF and anhydramnion with no consanguinity in the family history. The mother showed dyspnea and signs of lung edema as symptoms of mirror syndrome. In former prenatal screenings of the female fetus, there had been the suspicion of a sacrococcygeal tumor mass, which was later confirmed by fetal MRI. Ascites puncture was implemented immediately before cesarean section. After intubation and stabilization with fluid, ascites was drained, and packed red blood cells were transfused. On NICU, physical examination revealed systolic heart murmur, edematous genitalia and a palpable resistance in left lower abdomen. Bilateral renomegaly and hydronephrosis were detected on ultrasound as well as the previously known sacrococcygeal tumour mass. The infant was mechanically ventilated until day of life (DOL) 4. Ascites drainage was removed on DOL 8. On DOL 12 the patient presented a distended abdomen, plain abdominal x-ray showed pneumoperitoneum and the urinary catheter produced meconium, thus an urgent explorative laparotomy was conducted. Intraoperatively, erosion of the urinary catheter into the rectum was found. The extirpation of the mass required an additional perineal approach and the teratoma including the coccyx were resected. Closure of the rectum with a short Hartmann pouch and an end-colostomy were necessary. The eroded UGS was closed and a suprapubic urinary catheter was placed through the umbilicus. Pathology confirmed teratoma. A voiding-cystourethrogram showed UGS with a long common channel. The infant was discharged on DOL 55. Final reconstructive surgery of the intestine and the UGS was postponed until 1 and 2 years of age.
Conclusion
This case shows the functional relation of multiple disease entities of child and mother. NIHF in sacrococcygeal teratoma is usually due to high output failure. Apparently in this patient, fetal ascites evolved to the obstructive component of the tumor mass and contributed to NIHF development. Although, premature delivery is not of proven benefit in cases of NIHF, we chose an early delivery due to severe symptoms in both, child and mother. So far, the combination of Altman type IV sacrococcygeal teratoma with persistent urogenital sinus, associated NIHF and combined mirror syndrome has not been mentioned in current literature.
Methode: Analyse des Outcomes von Neugeborenen Reanimationen nach Einführung von Videobegleitung durch Assistenz- und Fachärzte der Neonatologie, sowie des Stress Levels der Beteiligten durch semistrukturierte Befindlichkeits- und Belastungsfragebögen sowie Reanimationsprotokolle, retrospektive Analyse der Transportfrequenz mittels Auswertung der Transport und Videobegleitungsprotokolle
Das Perinatal Zentrum im Friedrichshain betreut mehr als 6000 Geburten im Jahr an 3 Standorten. Notfalleinsätze bei komplizierter Erstversorgung oder Reanimationen sind der klinische Alltag. Oftmals war es schwierig, die aktuelle Situation des Neugeborenen und die Durchgeführten Interventionen gut einzuschätzen und telefonisch zu begleiten. Verantwortlich für die unmittelbare Erstversorgung der Neugeborenen sind in beiden externen Häusern Geburtsmediziner*innen und Anästhesist*innen. Diese werden 4 x pro Jahr im Neugeborenreanimation von den Kinderärzt*innen unserer Abteilung trainiert. Aufgrund von Kommunikationsproblemen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Fehleinschätzungen. Ein internes Notfallkommunikationstraining für alle Abteilungen verbesserte die Situation nur teilweise.
Unter der Annahme, das eine Videobegleitung der Erstversorgung vor Ort eine Verbesserung der Einschätzung durch unsere Ärzt*innen im Perinatal Zentrum ermöglicht, sowie der Vorstellung, dass eine fachliche Begleitung der Notfallsituation das Outcome des Neugeborenen verbessert, installierten wir in beiden Standorten Videokameras mit Webbasierter Bild -Übertragung, sowie eine telefonische Freisprechanlage. Ebenfalls wurde ein Kommunikationsleitfaden für die telefonische Betreuung erarbeitet.
Fragestellung:
1. Wurden durch die Videobegleitung weniger Notfalltransporte notwendig
2. Konnte das subjektive Sicherheitsgefühl verbessert und der Stresslevel der Kollegen in den zu versorgenden Geburtskliniken, verringert werden
3. Konnte durch die Begleitung eine nachvollziehbare Verbesserung der Erstversorgung oder Reanimation nachgewiesen werden?
Ergebnisse: Befinden sich in der Auswertungsphase und liegen zum Kongress vor. Erste Erhebungen zeigen einen positiven Einfluss auf den Stress Level aller beteiligten sowie die Verringerung der Einsatzfrequenzen
Zusammenfassung:
Begleitung einer komplizierten Erstversorgung durch Assistenz- und Fachärzte mittels Live Video und Audio in Geburtskliniken ohne kinderärztliche Präsenz scheint einen positiveren Einfluss auf die Arbeitsbedingungen, Transportfrequenz und die Einhaltungen der ERC- Richtlinien zu haben.
Fallbericht: Wir übernahmen ein einjähriges, aufgrund einer onkologischen Grunderkrankung immunsupprimiertes Mädchen in deutlich reduziertem Allgemeinzustand mit drohendem respiratorischen Versagen auf unsere Intensivstation. Die Patientin befand sich zum Aufnahmezeitpunkt in einer absoluten Neutropenie und war bereits antibiotisch behandelt. Bei Verdacht auf eine Candida-Sepsis begannen wir zusätzlich eine antimykotische Therapie. Im Verlauf gelang der Nachweis von Candida in der Blutkultur mit ebenfalls positivem Candida-Antigen. Das Mädchen entwickelte ein Multiorganversagen mit notwendiger maschineller Beatmung sowie Hämodialyse. Im Rahmen des Wiederanstieges der Leukozyten entwickelte sich ein ausgeprägtes SIRS mit Vasoplegie, welches katecholaminresistent war. Daher entschieden wir uns für einen individuellen Therapieversuch mit Methylenblau und Terlipressin. Zunächst wurde ein Methylenblau-Bolus (5mg/kg) verabreicht, nach 30 Minuten lag weiterhin eine ausgeprägte Hypotonie vor, weshalb eine kontinuierliche Gabe von Terlipressin erfolgte. Innerhalb der nächsten Stunde stieg der arterielle Mitteldruck deutlich an und die Terlipressin- und Noradrenalindosen konnten über die nächsten Stunden deeskaliert werden. Wir führten diesen Effekt zumindest teilweise auf die Wirkung des Methylenblau zurück und begannen eine kontinuierliche Gabe von 0,45mg/kg/h. Hierunter konnte nach 36h die Gabe von Noradrenalin beendet und die von Terlipressin deutlich reduziert werden. Im weiteren Verlauf kam es nicht erneut zu einer Vasoplegie.
Literaturreview: Für den Einsatz von Methylenblau in der Therapie des vasoplegen Schockes beim Kind liegt keine Evidenz vor. Die spärliche Datenlage besteht aus positiven Fallberichten aus mehreren Jahrzehnten von der Anwendung in der neonatalen Sepsis, im septischen Schock bei einem Kleinkind, sowie im vasoplegen Schock nach Nierentransplantation bei einer Jugendlichen bzw. nach Herztransplantation bei einem Kleinkind.
Betrachtet man die Daten aus der Erwachsenenmedizin fällt auf, dass Methylenblau in der S3-Leitlinie Sepsis von 2018 keine Erwähnung findet, wohingegen die IAG Schock der DIVI 2005 den probatorischen Einsatz von Methylenblau im septischen, noradrenalinrefraktären Schock als gerechtfertigt sieht. Die S3-Leitlinie zur intensivmedizinischen Versorgung herzchirurgischer Patienten von 2018 schreibt, dass Methylenblau ebenso wie andere Vasopressoren zu einem Anstieg des arteriellen Mitteldruckes führt, jedoch bestehe aufgrund der uneindeutigen Studienlage Unklarheit, ob sich die Ergebnisse bei Patienten durch den Einsatz von Methylenblau verbessern.
Schlussfolgerung: Aus den vorliegenden Daten lässt sich keine allgemeingültige Handlungsempfehlung zur Gabe von Methylenblau im katecholaminresistenten, vasoplegen Schock im Kindesalter ableiten. Die Erwägung einer additiven Gabe scheint aber bis zum Vorliegen weiterer Daten, vorallem aufgrund des bisher als gering beschriebenen Nebenwirkungsspektrums, gerechtfertigt.
Hintergrund: Bei der Versorgung von Neugeborenen reicht das Spektrum von einer „natürlichen“ und von Hebammen begleiteten Geburt bis hin zur Maximalversorgung extrem unreifer oder schwerkranker Kinder unter Einbezug entsprechender personeller und technischer Ressourcen. Die Primärstudienlage bei Hochrisikogeburten (u.a. Geburtsgewicht <1500 g) deutet auf einen Zusammenhang zwischen neonatalem Outcome und Fallmenge bzw. Zentralisierungsgrad hin. Mit der dazugehörigen Mindestmenge hat der Gesetzgeber der Studiensituation Rechnung getragen und die Versorgung von Geburten mit Geburtsgewicht <1250 g an eine definierte Menge von 14 Fällen gebunden. Vor diesem Hintergrund wird ebenfalls über das Verhältnis zwischen Fallmenge und Outcome bei Reifgeborenen/ Niedrig-Risiko-Geburten diskutiert.
Fragestellung: Besteht ein Zusammenhang zwischen der Fallmenge einer Geburtsklinik (primäre Exposition) und Behandlungsqualität, definiert als kindliche und/oder mütterliche Sterblichkeit (primäres Outcome) bei explizit reifgeborenen Niedrigrisikogeburten sowie unselektierten Geburtskohorten?
Methode: Von März bis Mai 2018 (Update Mai 2020 geplant) führten die Autoren ein systematisches Review durch. Nach der Registrierung bei PROSPERO erfolgte die systematische Suche in den Datenbanken Medline und Embase. Eingeschlossen wurden Studien, die mindestens maternale oder kindliche Sterblichkeit im Zusammenhang mit der Fallmenge untersuchten. Sekundäre Outcomes waren u.a. Kaiserschnittraten, Geburtskomplikationen, Wiederaufnahmen und Entwicklungsverzögerungen. Um eine Vergleichbarkeit des Settings sowie der Zeiträume zu gewährleisten, wurden nur Studien aus Ländern herangezogen, deren Neonatalsterblichkeit <5/1000 Geburten liegt und mit einem Publikationsdatum zwischen 2000 und April 2018. Die PRISMA-Methodenstandards kamen bei der Durchführung des Reviews zur Anwendung.
Ergebnisse: Von 6.464 Treffern wurden nach einem mehrstufigen Auswahlprozess 10 Studien / 11 Publikationen zu obengenannter Fragestellung eingeschlossen. Die Untersuchungen wurden hauptsächlich in Westeuropa durchgeführt und basierten primär auf Geburtsregistern und deuten nach der qualitativen Analyse auf ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko vor allem in sehr kleinen und kleinen Geburtskliniken hin. Eine Meta-Analyse konnte aufgrund inhaltlicher Heterogenität bei der Bestimmung von Fallschwellen, Mortalitätsdefinitionen und Adjustierungen nicht durchgeführt werden. Ein Vergleich der heterogenen Studienergebnisse wurde dadurch sehr erschwert. Für kleine und insbesondere sehr kleine Häuser zeigten sich Hinweise auf ein höheres Sterblichkeitsrisiko, während die Zahl der Kaiserschnitte in sehr kleinen und kleinen Krankenhäusern niedriger ist. In 3 von 4 Studien lag eine erhöhte 7-Tages-Mortalität vor und 4 von 7 Studien zeigten Hinweise auf eine erhöhte 28-Tages-Mortalität in kleinen und sehr kleinen Kliniken.
Diskussion: Grundsätzlich gibt es für den Zusammenhang zwischen dem neonatalen Outcome Reifgeborener und der Fallzahl von Geburtskliniken deutlich weniger Studienevidenz als für die Frühgeborenen. Das Review zeigte, dass ein tendenziell höheres Sterblichkeitsrisiko in sehr kleinen und kleinen Geburtskliniken vorliegt. Zugleich war der übergeordnete Vergleich der Evidenz aufgrund unterschiedlicher Adjustierung sowie differenten Definitionen zu „großen“ und „kleinen“ Kliniken und den gewählten Referenzbereichen sehr erschwert. Aufgrund dieser Limitationen sowie der Nicht-Betrachtung struktureller und organisationsbezogener Charakteristika (Bsp. Verlegungsstrategie, Stadt-Land-Unterschiede) verhindern eine generalisierbare Bewertung eines mortalitätsrelevanten Zusammenhangs zwischen Fallmenge und Outcome bei Reifgeborenen.
Praktische Implikation: Trotz beträchtlicher Heterogenität und qualitativen Einschränkungen bei der Studienmethodik deutet die derzeitige Studienlage auf höhere Mortalitätsraten von Termingeborenen in kleinen und sehr kleinen Kliniken mit Geburtszahlen von <1.000 pro Jahr. Um neben weiteren Studien eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse unter¬schiedlicher Konzentration geburtshilflicher Versorgung zu erreichen, wäre die Gründung eines europäischen Geburtenregisters ein wichtiger Schritt, weil dadurch die erheblichen Unterschiede in den Endpunkten der Studien weniger ins Gewicht fallen würden und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse optimiert stattfinden kann.
Problemstellung:
Schulsport wird gegenwärtig weder dem Anspruch gesunder noch chronisch kranker Kinder gerecht u. repräsentiert ein wesentliches, leider aber weitgehend ungenutztes Präventionsprogramm in der Erziehung zu einem gesunden Lebensstil (Bevölkerungsstrategie).
Methodik:
Umfangreiche eigene Studien zum intensivierten Schulsport (BREGASS-Studie) u. zur Sporttherapie bei Kindern mit AHF, Dm1 u. Asthma bronchiale.
Ergebnis:
Für chronisch kranke Kinder ist der Stellenwert von Sport noch viel höher als bei gesunden Kindern: Gesundheit wird vorwiegend nach Sporttauglichkeit, nach gleichwertiger physischer Leistungsfähigkeit gesunder Altersgenossen, bewertet u. weniger nach Krankheitssymptomen. Des Weiteren ist Sport in geeigneter Form , wie auch eigene Studien zu AHF, Dm1 u. Asthma bronchiale dokumentieren, wesentliche Säule im Therapieregime chronischer Krankheiten im Kindesalter. Körperliche Leistungsschwäche hat ihre Ursache oft in ungerechtfertigter Sportrestriktion , zumeist nicht in der Erkrankung selbst. Körperliches Training behebt sie. Sport(therapie)-verbote sind einschneidendste Restriktionen. Ungerechtfertigt erhöhen sie die Betroffenheit chronisch kranker Kinder, beeinträchtigen sie deren motorische u. sozialintegrative Entwicklung, gefährden sie das zentripetale Versorgungskonzept u. Ziel „bedingter Gesundheit“. Aufgabe des Pädiaters ist die sachkundige Beurteilung der individuellen Belastbarkeit u. Sporttauglichkeit, um unnötige Gefährdungen zu vermeiden (regelmäßige sportmedizinische Gesundheitsüberprüfung, (Spiro)-Ergometrie). Bei Sportfreistellungen sollten möglichst nur Teilfreistellungen ausgesprochen werden: „Soviel Sport wie möglich, nur soviel Sportrestriktion wie notwendig!“ Die Entscheidung sollte immer individuell geprägt sein (personalisierte Medizin), Empfehlungstabellen sind nur Anhaltspunkt. Das ärztliche Attest sollte stets verständlich u. sportpädagogisch umsetzbar sein. Der Sportlehrer sollte v.a. im kindlichen Präventions- u. Rehabilitations-Sport, in allgemeiner (1. Hilfe) sowie spezieller krankheitsbezogener Hilfe geschult sein, wie z.B. bei belastungsinduzierter Bronchokonstriktion (Asthma) u. Hypoglykämie (Dm1), u. sollte Grundlagen der Hilfe bei Sportzwischenfällen mit chronisch kranken Kindern auch an Mitschüler weitergeben.
Konklusion:
1. Organisationsform u. Inhalte des Schulsportes müssen intensiviert u. gesundheitsorientiert werden –weg vom nur Leistungsgedanken.
2. Ausbildungs-Curricula der Sportwissenschaftler sollten mehr pädiatrische Sportmedizin u. Krankheitslehre beinhalten.
3. Pädiatrische Sportmedizin in Prävention u. Rehabilitation sollte als interdisziplinäre Pädiatrie u. als Rehabilitationsforschung chronisch kranker Kinder noch stärker in die Kinder- u. Jugendmedizin integriert werden. Es geht nicht nur darum chronisch kranke Kinder am Sport teilnehmen zu lassen sondern Bewegung u. Sport als wesentliches Behandlungsprinzip adäquat im Therapieregime gezielt einzusetzen.
Problem:
Kardiovaskuläre Infektionen sind stets von hoher Praxisrelevanz u. mit signifikanter Morbidität u. Mortalität assoziiert.
Methodik:
EbM-Literaturrecherche, Praxis-Fazit.
Ergebnisse:
Neues zu Endokarditisrisikokonstellationen: Eine große retrospektive Studie in UK (NHS-Daten) lieferte erstmals einen validen Risikovergleich u. somit wichtige Aspekte, die in zukünftigen Endokarditisprophylaxe-Empfehlungen Berücksichtigung finden dürften: Die Endokarditisinzidenz in UK lag bei 36 Fällen/1 Mio. Einwohner/Jahr, die Mortalität bei 17%. Die Endokarditisinzidenz war am höchsten bei Patienten mit vorausgegangener Endokarditis (266x höher als Referenzgruppe) u. hoch nach erfolgtem Klappenersatz (70x) oder Klappenrekonstruktion (77x), bei AHF mit Shunt-/Konduitversorgung (86x). Für Subgruppen mit bisher unklarem Risiko fanden sich sehr differente Inzidenzen – sehr hoch für Patienten mit Kunstherz/linksventrikulärem Assist-Device (LVAD, 124x), signifikant geringer für Patienten mit implantiertem Schrittmacher/Kardioverter-Defibrillator (10x) u. für Herztransplantierte (6x).
Neues zu Enterokoccus faecalis-Endokarditis: Studien belegen bei Vorliegen eines oder mehrerer Risikofaktoren für Endokarditis (Herzklappenprothese, OR 3,9; ambulant erworbene Bakteriämie OR 3,4; >/= 3 pos. Blutkulturen OR 3,7; unklare Eintrittspforte OR 2,4; monomikrobielle Bakteriämie OR 2,7; Immunsuppression OR 2,8) sollte bei Patienten mit E. faecalis-Bakteriämie ein TEE durchgeführt werden. Bei Patienten mit ambulant erworbener E. faecalis-Endokarditis u. unklarer Eintrittspforte/Fokus sollte bei Adulten eine Koloskopie erwogen werden (V.a. Assoziation bzw. 17-fach höhere Prävalenz für kolorektales Ca).
Neues zur oralen Therapie der Endokarditis: Trotz Landmark-Studie (POET) darf nun bei Endokarditispatienten keinesfalls die Therapie beliebig u. frühzeitig oralisiert werden! Vor allem bei Endokarditis bei Prothesenklappen u. durch Staphylokokken u. Enterokokken soll eine Oralisierung – bis Vorliegen weiterer Daten – nur in Einzelfällen u. unter engmaschiger Kontrolle erfolgen.
Neues zu Infektionen Kunstherz/linksventrikuläre Assist-Devices: Infektionen stellen eine häufige, schwierig zu behandelnde u. wiederkehrende Komplikation bei LVAD-Patienten dar. Suffizientes chirurgisches Débridement u. eine intensivierte Antibiotikatherapie (oftmals mit Biofilm-aktiven Substanzen) sind essentiell. Komplette oder fast komplette LVAD-Explantation ist Ultima Ratio. Nota bene: Kontrollierte LVAD-Infektion ist keine KI für eine HTX.
Fazit:
Im klinischen Alltag sollte in den identifizierten Endokarditis-Hochrisikogruppen der Anfangsverdacht für eine Endokarditis entsprechend hoch sein u. eine suffiziente diagnostische Abklärung erfolgen.
Die POET-Studie rüttelt am Dogma der i.v. Therapie der Endokarditis.
Bei Infektionen von Kunstherzen/LVAD enge Kooperation zwischen pädiatrisch/internistisch-infektiologischen Versorgern u. herzchirurgischen Transplantationszentren wichtig.
Problem:
2007 wesentliche Revision EP-Guidelines: EP nur noch bei erwartungsgemäß schwerem IE-Verlauf empfohlen (IIa,C). NICE/UK 3/2008 EP i.c. abgeschafft. Fragen: Auswirkung EP-Restriktion, EP-Umsetzung, Kontroverse um EP-Ausweitung?
Methodik:
Eigene Versorgungsforschung bei Zahnärzten (Endocarditis Prophylaxis in Interventions in Oropharynx/EPIO-Study), EbM-Literaturrecherche, Praxis-Fazit.
Ergebnis:
384 Zahnärzte geprüft (240 m., 144 w., Alter 25-64 J., 23 Kliniker, 361 Praktiker, standardisierte Befragung): ØWissen um EP bei dentalen Eingriffen nur ca. 38,6%, min.18,75,% u. max. 82,82%, ØUnwissen 61,4%. Kliniker nicht besser als Niedergelassene. Kenntnisse v.a. in EP-Indikation, kaum in Praxisumsetzung bei Risikostratifizierung von Patienten. Kaum Wissen um leitliniengerechte Präparate u. Dosierungen bei Kindern u. Erwachsenen bei Hochrisiko, bei Penizillinallergie. Meist Vermischung EP u. Therapie dentaler Infektionen; EP auch nach KHK-Reperfusion (PCI).
Allg. Anamnese meist nur schriftlich erhoben.
Populationsstatistiken zu totaler EP-Restriktion in UK: Methodisch erfasst alle 1xVerschreibungen Amoxicillin 3g/Clindamycin 600mg u. Hospitalisierungen mit IE 1/2004-3/2013, total 19804 Fälle. Verschreibungsdaten Antibiotika: vor NICE 3/2008: 10900, nach NICE 6 Monate: 1307, h.s. Einsparung 88%. Datenanalyse der IE-Inzidenz (Krankheitsausfälle) u. Todesfälle/10 Mio./Monate nach NICE: h.s. Anstieg der IE-Fälle/Monat über früheren Trend (0,11 Fälle/Mio./Monat, CI 0,05-0,16); 3/2013 extra beziffert 35 IE-Fälle/Monat. InPatient-Mortality potenzieller, n.s. Anstieg mit Extraberechnung von 1,5 IE-Tode/Monat bzw. 18 IE/Tode/Jahr. Hoch- u. Niedrig-Risikopatienten gleich betroffen.
Diskussion:
Aktuelle Daten Uni-HZ NRW (ESC) bestätigen eigene EPIO-Daten mangelnder EP-Umsetzung bei Zahnärzten.
Neue Daten aus UK suggerieren IE-Zunahme nach EP-Cancelung.
EMAH-Studien UK u. ALKK-Register D zeigen keinen Anstieg der IE-Inzidenz u. Rückgang der IE-Morbidität u. -Mortalität!
NRAHF: von 24.380 registrierten Patienten 231(1%) bereits eine IE, 25(11%) verstorben. 1/3 Überlebender hatte komplexen AHF, 1/3 TOF, 20% Aortenvitium u. 10% VSD. Verstorbene hatten am häufigsten (40%) komplexen AHF oder TOF(32%).
Epidemiolog. US-Daten: keine IE-Inzidenzzunahme, aber Erregershift zu Staph. aureus u. Enterokokken.
ESC-Leitlinie 2015 zur IE: Restriktive EP-Empfehlungen bestätigt.
NRAHF (D,UK): EP-Erinnerungserfordernis bei jeder Visite belegt.
Fazit:
IE weiter sehr ernste Erkrankung, Morbidität u. Letalität inakzeptabel hoch. Bei AHF
IE-Inzidenz -150x höher vs. Gesunden.
Konsequentere Umsetzung ESC-EP-Guidelines incl. Mund- u. allg. Hygiene zur Prävention gesundheitsassoziierter Infektionen.
Schulungen zu EP-Akzeptanz u. leitliniengerechter Durchführung v.a. bei Zahnärzten.
Gute Zahnpflege, Kontrollen. Zahnsanierung vor Herz-OP.
EP-Erinnerung bei jeder ärztlichen Visite.
Pathophysiolog. Besonderheiten konkreter AHF variieren EP-Procedere.
Körperliche Aktivität trägt wesentlich zu kardiovaskulärer Risikoreduktion in Primär- u. Sekundärprävention bei. Jedoch können kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) beim Sport mit erhöhter Mortalität, dem plötzlichen Herztod (SCD), assoziiert sein.
Methodik:
EbM-Literaturrecherche, eigene jahrelange Untersuchungen.
Ergebnis:
In einer Kohortenstudie (2019): 131.558 Pat. mit CVD vs. 310.240 ohne, FU 5,9 Jahre ergab sich für die Mortalität in Relation zu körperlicher Aktivität pro 500 MET x Min/Woche eine hochsign. 14 bzw. 7% Risikoreduktion in Sekundär- u. Primärprävention.
SCD: bei Sportlern ist definiert als nicht-traumatisches, unerwartetes, fatales Event < / = 1h nach Symptomen bei zuvor guter Gesundheit. Inzidenz beim Sport ist gesamt 4,6/Mio. Einwohner/Jahr (Männer 10,6; Frauen 0,4, junge Leistungssportler 9,8; junge allg. Bevölkerung 2,2). Altersverteilung beim Sport war beim Survey in Frankreich 2005-2010: n=820 SCD, 10-75 Jahre, junge Leistungssportler n=50/820 (6%), allg. Bevölkerung n=770/820 (94%). Ursachen sind in westlichen Ländern nach Häufigkeit altersabhängig KHK (75%, @50% Frauen u. Schwarze), Kardiomyopathien (10-15%, NIDCM, HCM, ARVC, etc.), Arrhythmiesyndrome (1-2%, LQTS, BrS, CPVT, ERS, etc.), valvuläre Herzerkrankungen (1-5%), u. andere.
Prognostischer Nutzen von körperlicher Aktivität bei stabiler KHK: CLARIFY prosp. französisches Register: n=32.370 amb. Pat., FU 5 Jahre, komb. Endpunkt CV Tod, MI, Schlaganfall: Anstrengende körperliche Aktivität 1-2x/Wo. →18% Risikoreduktion vs. leichter Aktivität.
Bei HFrEF ist nach RCT hochintensives Training (90-95% max. HR) moderatem (60-70% max. HF) nicht überlegen.
Körperliche Aktivität ist nach UK Biobank cohort (n=402.406 Personen) mit niedrigem Risiko für Vorhofflimmern u. Kammerarrhythmien assoziiert.
VES: Abklärung empfohlen bei VES >/= 2 in Ruhe- bzw. >/= 500 in 24h-EKG.
Eur. Empfehlungen bei Myokarditis (EAPC 2019): kein Training für 3-6 Mo. (IIb/C). Kriterien für Sportfreigabe: normale LVEF u. Serum-Biomarker, keine Arrhythmien im LZ-EKG u. Ergometrie (IIa/C).
ICD: Freizeitsport 6 Wo. nach ICD-Implant bzw. -Therapie (ATP o. Schock); Belastungstest max. HF im SR →Trainings-HF -30/Min. unter Detektion; ggf. HF-Uhr Selbstmonitoring; cave: Kontaktsportarten, extreme ipsilaterale Armbewegungen. Reevaluation alle 6 Mo..
Fazit:
1. SCD sehr selten. SCD verhindern durch Tauglichkeitsuntersuchung.
2. Körperliche Aktivität zur Primär- u. Sekundärprophylaxe →Mortalität↓.
Empfehlungen: 500-1000 MET-Min./Wo. regelmäßige körperliche Aktivität →z.B. 150 Min. Nordic Walking.
3. KHK, Herzinsuffizienz (Paradigmenwechsel): moderates Training 60-70% max. HR.
4. Myokarditis: →Sportpause. Biomarker? LVEF? Arrhythmien? (Cardio-MRT).
5. ARVC: kein intensiver Sport o. Wettkampf →Progression.
6. ICD: kein Wettkampfsport, kein Sport mit Risiko bei Synkope.
7. Körperliche Aktivität →atriale u. ventrikuläre Arrhythmien↓.
Exzessiver Ausdauersport →HZV↑ →LA↑ →AF.
Katheterablation bei symptom. AF.
Problem: Trotz explodierender Fallzahlen von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen gibt es wenig Publikationen zu erkrankten Kindern.
Methodik: Literaturrecherche.
Ergebnis:
COVID-19 ist auch eine systemische Gefäßentzündung.
SARS-CoV-2-Infektionen lösen nicht nur Pneumonie, sondern auch Endothelitis in den verschiedenen Organen aus – mit fatalen Folgen (Autopsie von COVID-19-Patienten).
Normalerweise erkranken in D @ 9/100.000 Kinder/Jahr am Kawasaki-Syndrom. Nun gibt es aus von der Coronavirus-Pandemie besonders stark betroffenen Ländern Warnungen auf steigende Fallzahlen. Festzuhalten ist zunächst: Insgesamt bleibt die Erkrankung immer noch selten u. Kinder sind von Covid-19 deutlich weniger betroffen als z.B. Senioren. Aber ein Zusammenhang zwischen der Zunahme der Fälle des Kawasaki-Syndroms u. SARS-CoV-2 ist naheliegend. Es passt auch gut zu den Hinweisen, dass SARS-CoV-2 offenbar auch bei Erwachsenen die Gefäße befällt u. dort eine Entzündung auslöst.
In UK warnte der NHS, dass in den vergangenen 3 Wochen die Zahl von Kindern mit einer Multisystem-Entzündung, die einer intensivmedizinischen Versorgung bedurfte, gestiegen ist. Es bestehe die wachsende Sorge, dass ein SARS-CoV-2-assoziiertes Entzündungssyndrom bei den Kindern auftritt oder dass ein anderer, noch nicht identifizierter, infektiöser Erreger mit diesen Fällen in Verbindung gebracht werden könnte.
Auch aus Spanien u. Italien gibt es Warnungen. Ravelli/Genua berichtet am 24.04.20 über die italienische Gesellschaft für Pädiatrie über eine Zunahme der Fälle von Kindern mit Kawasaki-Syndrom in den letzten Wochen, v.a. in den am stärksten von Covid-19 betroffenen Gebieten des Landes. Es ist noch unklar, ob SARS-CoV-2 direkt an der Entwicklung beteiligt ist. Auch eine Sekundärinfektion sei möglich. Von einem zufälligen Geschehen sei aber nicht auszugehen u. ein Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie naheliegend.
Die Asociación Española de Pediatría (AEP), informierte am 28.04.20 über seltene Schockfälle bei Kindern. Das Krankheitsbild sei anfangs durch Fieber, Erbrechen o. möglicherweise nur durch Bauchschmerzen, Hautausschlag, rote Augen u. schlechten AZ gekennzeichnet. Man kenne die Ursache noch nicht. Auch die AEP bringt bakterielle Infektionen ins Spiel, die sich als Sekundärinfektion auf die Viruserkrankung entwickeln könnten.
Natürlich stellt sich die Frage, ob es auch in Deutschland ähnliche Beobachtungen gibt. In einem Survey der DGPI zu hospitalisierten Kindern mit Covid-19 an deutschen Kinderkliniken, der seit dem 18.3.20 läuft, wurde bisher von drei Kindern mit vergleichbaren Krankheitsbildern berichtet. Detaillierte Daten mit weiteren Informationen zu diesen Fällen liegen derzeit nicht vor. Aktuell (Stand: 17. Kalenderwoche) Erhebung an 61 Kliniken, insgesamt 114 Kinder, von denen 12% eine intensivmedizinische Behandlung benötigen.
Konklusion:
Entwicklung auf KAWASAKI-Syndrom u. Auftreten schwerer Erkrankungen im Kindesalter wird weiter aufmerksam gemonitort.
Problem:
Neue Guidelines zur SVT wurden 9/19 von ESC vorgestellt. Was ist neu u. wichtig?
Methodik:
Literaturrecherche, Praxis-Fazit.
Ergebnis:
Meiste Änderungen umfassen Verschiebungen der Empfehlungsgrade für Therapien mit Medikamenten.
Zu wichtigsten Aussagen gehört das Angebot einer Katheterablation als 1. Wahl bei allen erneut eintretenden u. den meisten fokalen Arrhythmien, zusammen mit einer gründlichen Besprechung von Risiken u. Vorteilen.
Modifiziertes Valsalva-Manöver:
Primär, bevor ein Medikament zum Einsatz kommt, sollte bei hämodynamisch stabilen Patienten ein Valsalva-Manöver durchgeführt werden. Dabei wird in der neuen Leitlinie ein modifiziertes Vorgehen empfohlen: Halbaufrechte Position, Dauer 15 Sek., am Ende sofortiges Hinlegen u. Anheben der Beine. Damit wird ein höherer intrathorakaler Druck aufgebaut, effektiv nur ein Druck von 40 mmHg (REVERT-Studie: Konversion nach 1 Min. bei 43 % der Patienten, beim herkömmlichen Valsalva-Manöver nur 17 %).
Vor Therapieeinleitung sollte immer ein 12-Kanal-EKG erfolgen. Bei Schmalkomplex-Tachykardien handelt es sich immer um eine SVT, bei einer Breitkomplex-Tachykardie sollte man primär immer von einer VT ausgehen, bis das Gegenteil bewiesen ist. Es kann sich aber auch um eine SVT mit aberrierender Überleitung oder bei Schenkelblock handeln.
Adenosin ist Diagnostikum u. Therapeutikum:
Bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Schmalkomplex-Tachykardie ist u. bleibt Medikament 1. Wahl im Rahmen der Akuttherapie Adenosin i.v., Substanzen 2. Wahl ß-Blocker. Erste Daten zeigen auch hohe Konversionsraten bei Etripamil (Kalziumkanalblocker) als Nasenspray. Verapamil u. Diltiazem werden abgewertet, Digoxin u. Amiodaron nicht mehr erwähnt.
Bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Breitkomplex-Tachykardie sollte auch zunächst ein Valsalva-Manöver erfolgen. Auch hier ist, wenn ohne Hinweis für Präexzitation, Medikament 1. Wahl Adenosin i.v.. Bei Ineffektivität wird jetzt zunächst Procainamid statt Amiodaron empfohlen (PROCAMIO-Studie: Konversionsrate Amiodaron 38 %, Procain aber 67 %). Verapamil, Sotalol u. Lidocain werden nicht mehr propagiert.
Chronische Therapie ist Katheterablation:
Für die chronische Therapie der SVT ist die Katheterablation Methode der Wahl. Dies gilt sowohl für FAT u. AVNRT bzw. AVRT als auch für die akzessorische Bahn bei Präexzitations-Syndromen. ß-Blocker, Verapamil u. Diltiazem oder Flecainid bzw. Propafenon sollten nur noch bei Ablehnung der Ablation vom Patienten oder nicht Durchführbarkeit erfolgen. Bei FAT ist als Ultima Ratio auch Kombination eines ß-Blockers mit Ivabradin oder Amiodaron Option.
Konklusion:
Einige Antiarrhythmika für akute Fälle sind neu, doch Schwerpunkt liegt auf der Katheterablation für langfristigen Nutzen. Mit Erfolgsrate > 90 %, Rezidivrate < 10 %, Komplikationsrate < 1 % u. Mortalität 0,1 % ist die Katheterablation ein sehr effektives u. sicheres Verfahren, sodass sie primär für alle symptomatischen Tachykardien zu empfehlen ist.
Hintergrund
Die Pumonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt (VSD) ist ein komplexer Herzfehler bestehend aus einer Atresie der Pulmonalklappe, häufig mit Atresie des Pulmonalarterienstamms, einem unterentwickelten rechtsventrikulären Ausflusstrakt, einem großem VSD sowie einer über dem VSD reitenden Aorta. Häufig liegen MAPCAS (major aortopulmonary collateral arteries) vor. Die Lungenperfusion erfolgt durch den PDA, MAPCAs oder Koronarfisteln. Leitsymptom ist eine Zyanose, die vom Ausmaß der Lungendurchblutung abhängt und meist schon bei Geburt vorhanden ist. Je nach Ausprägung der MAPCAs kann es aber auch zu einer Lungenüberflutung mit Herzinsuffizienzzeichen kommen.
Fallbericht
Wir berichten von einem 2-jährigen Mädchen (Körperlänge 12. Perzentile, Körpergröße 5. Perzentile) mit Pulmonalatresie, bei der die Erstdiagnose im Alter von 2 Jahren und 9 Monaten erfolgte. Die Patientin stellte sich initial aufgrund eines langanhaltenden respiratorischen Infekts vor. Es wurde eine periphere Sauerstoffsättigung von 78% gemessen und daraufhin eine weitere kardiale Diagnostik eingeleitet. Den Eltern war auf Nachfrage aufgefallen, dass die Patientin bei Belastung rasch ermüde und zyanotische Fingerkuppen aufweise. Auch sei sie immer auffallend blass gewesen. Klinisch zeigte sich die Patientin in gutem Allgemeinzustand, mit blassem Hautkolorit und lautem 2. Herzton. Das EKG wies einen Sinusrhythmus mit Rechtstyp auf. In der Echokardiographie wurde eine Pulmonalklappenatresie mit einem hypoplastischen, blind endenden Infundibulum gesehen. In der folgenden Herzkatheteruntersuchung wurden insgesamt 6 MAPCAs dargestellt, die aus der linken Arterie subclavia sowie aus der Aorta descendens zu den Lungenlappen ziehen und zT. stenotisch waren. Pulmonaliswurzel und -bifurkation stellten sich ohne Durchgang zum rechten Ventrikel dar. Die Patientin wird nun zur OP-Planung in unserer kinderkardiochirurgischen Konferenz besprochen. Wir hoffen im Verlauf darüber berichten zu können.
Schlussfolgerung
Auch bei normalen Sättigungen im Pulsoxymetriscreening kann ein angeborener Herzfehler nicht ausgeschlossen werden. Bei der Pulmonalatresie können im Fall einer pulmonalen Überflutung auch normale Sauerstoffsättigungen vorliegen, wie es bei unserer Patientin wahrscheinlich der Fall war. Es kann sein, dass Stenosierungen der MAPCAS mit Verschlechterung der pulmonalen Durchblutung erst im Verlauf auftreten. Ein weiteres Problem des Pulsoxymetriescreenings kann auch in der Qualität der Ableitung liegen. Bei Unsicherheit bezüglich der Validität sollte die Ableitung solange an den verschiedenen Extremitäten wiederholt werden, bis eine valide Ableitung vorliegt. Auch im Kleinkind- und Jugendlichenalter sollten niedrige Sättigungen, sei es als Zufallsbefund oder im Rahmen von respiratorischen Infekten, stets an einen Herzfehler denken lassen.
Introduction:
Currently there are three licensed hexavalent vaccines in Europe (DTaP-HBV-IPV-Hib). DT3aP-HBV-IPV-Hib was the first one approved over 19 years ago (2000). In the last 6 years, two other hexavalent vaccines were approved in Europe (DT5aP-HBV-IPV-Hib in 2016 and DT2aP-HBV-IPV-Hib in 2013). These newer vaccines were primarily evaluated in clinical trials that evaluated non-inferiority for immunogenicity and compared reactogenicity to DT3aP-HBV-IPV-Hib. These three vaccines incorporate antigens for the same 6 diseases (diphtheria, tetanus, pertussis, polio, hepatitis B and Haemophilus influenzae type B) but differ in formulation (antigen number, quantity, manufacturing process and adjuvant). The aim of this study is to assess the safety data for two of these hexavalent vaccines (DT3aP-HBV-IPV-Hib and DT2aP-HBV-IPV-Hib) which have been evaluated through multiple studies.
Methods:
A systematic literature review was conducted in MEDLINE, Embase, BioSciences Information service, Cochrane Library and other databases in January 2019. Only direct head-to-head randomized, controlled, prospective trials were included. A meta-analysis of the following solicited reactions: injection site reaction (pain, redness, swelling and any grade 3 injection site reaction); systemic reactions (fever, drowsiness, irritability, persistent crying, anorexia, vomiting, any grade 3 systemic reaction); and discontinuations due to any reason, was conducted assuming random-effects model in R software using Metafor package. Only results obtained during the primary series were included.
Results:
Nine unique articles were identified in the systematic review of which six were included in the meta-analysis of primary series. For these six studies, overall risk of bias for safety outcomes was considered as low in one study, with some concerns in four studies and high in one study due to lack of information on the randomization process. For DT3aP-HBV-IPV-Hib, odds ratios (OR; 95%CI) using DT2aP-HBV-IPV-Hib as a reference, were: pain at injection site 0.74 (0.62-0.89); redness at injection site 0.72 (0.63-0.83); swelling at injection site 0.86 (0.74 -0.99); any grade 3 injection site reaction 0.81 (0.64-1.01); fever 0.67 (0.54-0.83); drowsiness 0.82 (0.71-0.94); irritability 0.82 (0.69-0.98); persistent crying 0.72 (0.61-0.84); anorexia 0.83 (0.72-0.95); vomiting 0.96 (0.83-1.11); any grade 3 systemic reaction 0.71 (0.58-0.88); and discontinuations due to any reasons 0.98 (0.60-1.61). Most studies used a 3 primary + 1 booster dose schedule, one used a 2 primary + 1 booster dose schedule.
Conclusion:
This analysis shows that there are lower odds of developing the analyzed local and systemic adverse events after vaccination with DT3aP-HBV-IPV-Hib as compared to DT2aP-HBV-IPV-Hib. These results could help to inform frontline immunizers and patients about the expected side effects and the chances of experiencing these with these two vaccines.
Einleitung:
Kinder und Jugendliche sind im Alltag unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt. So kommt es regelmäßig zu Kontaktaufnahmen mit Notfallambulanzen in Kinderkliniken und/oder mit Giftnotrufzentralen, um fragliche Ingestionen oder versehentliche Intoxikationen abzuklären bzw. die damit verbundenen Risiken einschätzen zu lassen (2). Über absichtliche Vergiftungen wird selten berichtet, auch wenn eine hohe Dunkelziffer angenommen wird (1). Aktuell wird über insgesamt vier Fälle mit initial verschleierten, lebensbedrohlichen Intoxikationen bei einem Säugling und drei Jugendlichen berichtet.
Fall 1:
14-jährige Jugendliche mit Makrohämaturie seit 3 Tagen. Körperliche Untersuchung (KU): ältere Ritzspuren an Armen und Beinen, Labor (L): Quick und PTT nicht messbar, Einzelfaktoren zeigen deutliche verminderte Aktivität der Vit.-K abhängigen Faktoren, Nachweis von Phenprocoumon Metaboliten (Marcumar ®) im toxischen Bereich. Patientin gesteht im Verlauf Suizidversuch.
Fall 2:
17-jährige Jugendliche mit akuter Blutungsneigung seit 1 Woche. KU: mehrere Hämatome am Stamm. L: idem zu Fall 1, Metabolite von Flocoumafen (Rattengift) positiv. Patientin berichtet nachträglich von möglichem Mordversuch bei Flucht aus der Türkei bei geplanter Zwangsverheiratung.
Fall 3:
5 Monate alter weiblicher Säugling mit akuter Atemstörung wird Notarztbegleitet in die Klinik gebracht. KU: bedrohliche Hypopnoe mit Apnoen, nicht erweckbar, Miosis bds.. L: initial unauffällig, CT, MRT, LP und EEG unauffällig. Bei persistierender Miosis Gabe von Naloxon, darauf promptes Ansprechen. Nachweis von Tramadol in therapeutischer Konzentration im Plasma und Serum. Es kommt zur Verurteilung der Mutter wegen schwerer Körperverletzung.
Fall 4:
17-jährige Jugendliche mit akuter Bewusstseinsstörung und Hypopnoe. VG: Hirnfehlbildung und shuntversorgter Hydrocephalus internus. KU: nicht ansprechbar, GCS 6, Hypopnoe mit Apnoen, Miosis bds.. L: initial unauffällig, CT und Rö-Shuntverlauf ohne Hinweise auf die Ursache der akuten Befunde. Während Gabe von Naloxon promptes Ansprechen mit tiefer Atmung und Schreien. Mutter berichtet nachträglich, sie habe bei schweren Hüftschmerzen ein Fentanyl Plaster geklebt und wieder entfernt. Im Urin finden sich Fentanyl-Metabolite und im Rö-Becken zeigte sich bds. luxierte Hüftgelenke.
Diskussion:
Absichtlich herbeigeführte Intoxikationen treten sowohl bei Säuglingen aber auch bei Jugendlichen auf. Die Symptomatik kann lebensbedrohlich sein. Kindern und Jugendlichen können Opiate oder Vitamin K Antagonisten ohne ihr Wissen zugeführt werden. Diese Berichte lassen vermuten, dass möglicherweise ähnliche Fälle nicht als Intoxikationen aufgedeckt werden. Aus Sicht der Autoren erscheint es sinnvoll zu sein, bei unklarer Ätiologie bedrohlicher Symptome wie Blutungsneigung oder Atemstörungen an eine nicht akzidentelle Intoxikation zu denken und rasch die einen Rechtsmediziner zu konsultieren.
Aus der Unfallchirurgie wurde uns ein 8 Wochen alter weiblicher Säugling zur weiteren Abklärung bei Femurschaftspiralfraktur rechts verlegt. Das Kind sei am Morgen vom Vater im abgedunkelten Raum aus dem Gitterbett hochgenommen worden und dabei mit dem rechten Bein zwischen den Gitterstäben hängen geblieben. In Anschluss habe es eine Schonhaltung eingenommen und offensichtlich Schmerzen gehabt. In mehrfachen Gesprächen mit den Eltern ließ sich kein anderer oder früherer Unfallmechanismus eruieren.
Radiologisch zeigte sich eine dislozierte Femurschaftfraktur rechts mit spiralförmigem Verlauf. Zudem eine periostale Knochenneubildung, welche mit einer frischen Fraktur zunächst nicht vereinbar war. Eine hinzugezogene Referenzradiologie teilte die Ansicht, dass die Fraktur älter und auch der Unfallmechanismus nicht plausibel seien.
Es fanden sich keine Hämatome oder andere äußere Verletzungszeichen.
Eine Schädelsonographie ergab einen altersentsprechenden Befund, die augenärztliche Untersuchung den Ausschluss von retinalen Blutungen.
Leiliniengemäß erfolgte ein Röntgenskelettscreening. Hier zeigten sich keine weiteren Frakturen, aber mehrere periostale Reaktionen ähnlich der im Frakturbereich, die als Normvariante („Beninge Periostreaktion des Neugeborenen“)und nicht als Kallusbildung nach Fraktur gewertet wurden.
Das ursprünglich in Frage gestellte Frakturalter schien nun möglich - der geschilderte Unfallmechanismus allerdings weiterhin fragwürdig.
Laborchemisch ergab sich kein Hinweis auf eine Erkrankung des Knochenstoffwechsels oder Rachitis. Auf eine molekulargenetische Untersuchung bzgl. Osteogenesis imperfecta wurde aufgrund o.g. Befunde und leerer Familienanamnese verzichtet.
Bei - unabhängig vom aktuellen Unfallgeschehen - bestehender familiärer Belastungssituation wurde das zuständige Jugendamt mit Zustimmung der Eltern involviert.
Dieser Fall zeigt das nicht seltene Phänomen einer „Benignen Periostreaktion des Neugeboren“, das differentialdiagnostisch von einer Kallusbildung bei älteren Frakturen abzugrenzen ist und zu Fehldatierung von Frakturen führen kann.
Diskutabel bleibt weiterhin der geschilderte Unfallmechanismus als Ursache einer Oberschenkelpiralfraktur bei einem Neugeborenen.
Hintergrund:
Die Ergebnisse der meisten Studien, die die kontrastmittelunterstützte Miktionsurosonographie (MUS) mit der Miktionszystourethrographie (MCU) vergleichen, deuten darauf hin, dass die kontrastmittelunterstützte MUS der MCU in der Erkennung eines vesikoureteralen Refluxes (VUR) überlegen ist. Vermutet wird, dass durch die längere Beobachtungszeit, die die MUS ermöglicht, eine größere Anzahl intermittierender VUR erfasst werden. Darüber hinaus erhöht eine zyklische Überprüfung eines VUR (Beobachtung von mehreren Füllungsphasen und Miktionen) die Detektionsrate eines VUR, wie Studien zeigen, in denen in der Regel in zwei Zyklen überprüft wurde , ob ein VUR vorliegt.
Fragestellung:
Wie groß ist die Abhängigkeit der Sensitivität der MUS von der Anzahl der beobachteten Zyklen, wenn man mehr als zwei Zyklen bei einer größeren Patientenzahl beobachtet? Wie viele Zyklen sollten zum Ausschluss eines VUR beobachtet werden?
Patienten und Methode:
Untersucht wurden in einer Kinder- und Jugendarztpraxis vom 5.1.2016 bis 31.12.2019: 302 Patienten mit 607 Nieren-Ureter-Einheiten (NUE).
Alters- und Geschlechtsverteilung: weiblich 225 Patienten Altersdurchschnitt 2,5 Jahre (Range 1 Monat-17 Jahre), männlich 77 Patienten Altersdurchschnitt 6 Monate (Range 1 Monat-2,5 Jahre).
Die Untersuchungen erfolgten per MUS farbkodiert mit dem Ultraschallkontrastmittel SonoVue® in durchschnittlich 3,14 Zyklen und bei nicht nachweisbarem VUR in durchschnittlich 3,5 Zyklen (Range 1-6 Zyklen).
Ergebnis:
Bei 118 von 302 Patienten wurde ein VUR nachgewiesen. Bezogen auf NUE waren 163 von 607 NUE refluxiv. Bei 32,5% der NUE trat der VUR intermittierend auf. In Abhängigkeit von der Anzahl der beobachteten Zyklen kam es zu einem deutlichen Anstieg der Sensitivität der MUS. Legt man die Beobachtung von fünf Zyklen als Referenz für die Sensitivität zugrunde, ergeben sich folgende Werte für die Sensitivität: 1 Zyklus = 82%, 2 Zyklen = 88%, 3 Zyklen = 96%, 4 Zyklen = 99%, 5 Zyklen = 100%.
Schlussfolgerung:
Will man eine Sensitivität in der Erfassung eines VUR von 96% erreichen, müssen 3 Zyklen beobachtet werden. Bei Beobachtung von weniger als 3 Zyklen nimmt die Sensitivität deutlich ab.
Hintergrund:
In Veröffentlichungen konnte gezeigt werden, dass ein Katheterurin einen besseren Beitrag zur Diagnose einer Pyelonephritis leistet als ein aufgefangener Urin. Frage war, ob sich dies auch in den Ergebnissen der Refluxüberprüfung wiederspiegelt.
Eine Pyelonwandverdickung wird als mögliches Begleitphänomen einer Pyelonephritis beschrieben. Wird diese bei Kindern mit vesikoureteralem Reflux (VUR) gehäuft gesehen?
Fragestellung:
Gibt es Faktoren (Art der Harngewinnung zur Diagnose der indikationsauslösenden Pyelonephritis, persistierende Pyelonwandverdickung), die die Vorhersagewahrscheinlichkeit, dass bei stattgehabter Pyelonephritis ein VUR vorliegt, erhöhen?
Patienten und Methode:
222 Kinder wurden nach Pyelonephritis mittels Mitionsurosonographie (MUS) mit dem Ultraschallkontrastmittel SonoVue® farbkodiert auf das Vorliegen eines VUR überprüft. Untersucht wurde, ob eine Abhängigkeit der Refluxdetektionsrate
a) von einer bestehenden Pyelonwandverdickung und
b) von der Art der Harngewinnung (aufgefangener Urin versus Katheterurin) zur Diagnosestellung der indikationsauslösenden Pyelonephritis
besteht.
Alters- und Geschlechtsverteilung: weiblich 147 Patienten, Altersdurchschnitt 2,0 Jahre (Range 1 Monat – 17 Jahre), männlich 75 Patienten, Altersdurchschnitt 6 Monate (Range 1 Monat – 2,5 Jahre)
Ergebnis:
Bei 30,2% der nach Pyelonephritis untersuchten Kinder konnte ein VUR diagnostiziert werden. Es zeigte sich eine Abhängigkeit der Refluxdetektionsrate
1. vom Vorliegen einer Pyelonwandverdickung (Refluxdetektionsrate bei leichter Pyelonwandverdickung < 1 mm = 25% und bei deutlicher Pyelonwandverdickung ≥ 1 mm = 76%) und
2. von der Art der Harngewinnung zur Diagnosestellung der indikationsauslösenden Pyelonephritis(weibliche Patienten mit Harngewinnung mittels Katheterurin = 37% und weibliche Patienten > 1 Jahr mit Harngewinnung mittels Katheterurin = 51%))
Schlussfolgerung:
Die Art der Harngewinnung zur Diagnose eine Pyelonephritis hat, insbesondere bei weiblichen Patienten > 1 Jahr, einen Einfluss auf die Vorhersagewahrscheinlichkeit, ob ein VUR vorliegt, ebenso wie eine deutliche Pyelonwandverdickung (≥ 1 mm).
Hintergrund: Allgemein wird die Zirkumzision als definitive Behandlung des Lichen sclerosus (LS) bei Jungen und Männern angesehen. Trotzdem leiden einige Betroffene an chronischen Symptomen. Diese Studie untersucht die Faktoren, welche die sexuelle Lebensqualität bei Männern mit chronischem LS beeinflussen aufgrund einer Umfrage und fokussierten Interviews.
Methoden: Nach einem positiven Votum der Ethikkommission wurden allen männlichen Mitgliedern des Vereins Lichen Sclerosus kontaktiert und gebeten, eine Online-Umfragebogen auszufüllen. Außerdem wurde ihnen die Möglichkeit zum direkten, fokussierten Interview angeboten. Abgefragt wurden Informationen zum Krankheitsverlauf, zu einer eventuell vorangegangenen Zirkumzision, sowie andere relevante Faktoren. Die sexuelle Lebensqualität wurde mit dem validierten "sexual quality of life score for men" (SQoL-M) erhoben. Die Daten der zirkumzidierten und unzirkumzidierten Teilnehmer wurde verglichen. Eine Poweranalyse wurde vor Studienbeginn durchgeführt.
Ergebnisse: Insgesamt haben 126 Männer an der Umfrage teilgenommen, von denen 51 anamnestisch zirkumzidiert worden waren. Damit erreichte die Studie die geforderte Power. Insgesamt hatten beide Kohorten im Schnitt niedrige SQoL-M scores, wobei sich kein Unterschied zwischen zirkumzidierten (47, 95% Konfidenzintervall [KI] 35-59) und unzirkumzidierten (46, 95% KI 38-54) Teilnehmern ergab (p=0.97). Zirkumzidierte Männer wurden häufiger durch einen Urologen behandelt, unzirkumzidierte dagegen häufiger durch einen Dermatologen. Zirkumzidierte wurden auch häufiger mit Immunmodulatoren behandelt.
Fazit: Obwohl es sich bei den untersuchten Personen um eine selektionierte Gruppe von Männern mit chronischem Lichen sclerosus handelt, zeigt diese Studie, dass die Zirkumzision nicht in allen Fällen eine definitive Therapie darstellt, und dass Betroffene mit oder ohne Zirkumzision eine niedrige sexuelle Lebensqualität aufweisen. Daher sollten alle männlichen Patienten mit Lichen sclerosus langfristig im Verlauf kontrolliert werden, selbst wenn sie als Kind zirkumzidiert wurden. Kinderchirurgen sollten ihre Patienten und deren Eltern dementsprechend beraten.
Background
The use of kidney function and injury markers for early detection of drug-related glomerular or tubular kidney injury in infants, children and adolescents requires age-specific data on reference intervals in a pediatric healthy population. This study characterizes serum values for eight kidney function and injury markers in healthy infants, children and adolescents.
Methods
A single center prospective observational study was conducted between December 2018 and June 2019. Serum samples from 142 healthy infants, children and adolescents aged between 0 and 16 years were collected. Statistical analyses for eight markers (albumin, beta 2-microglobulin, beta-trace protein, creatinine, cystatin C, kidney injury molecule-1, neutrophil gelatinase-associated lipocalin, uromodulin) were performed to obtain reference intervals and associations with age, sex and weight were investigated (Pearson correlation, linear and piecewise regression).
Results
Albumin and creatinine increased with age (p < 0.01), whereas beta 2-microglobulin, beta-trace protein and kidney injury molecule-1 values decreased with advancing age (p < 0.05) in this healthy pediatric study population. Cystatin C showed dependency on sex (lower concentration in females) and decreased with age until reaching approximately 1.8 years; thereafter an increase with age was seen. Neutrophil gelatinase-associated lipocalin and uromodulin did not show any age-dependency.
Conclusion
This study provides age appropriate reference intervals for key serum kidney function and injury markers determined in healthy infants, children and adolescents. Such reference intervals facilitate the interpretation of changes in kidney function and injury markers in daily practice, and allow early detection of glomerular and tubular injury in infancy, childhood and adolescence.
1. Einleitung:
Die therapeutische Apherese (TA) bei Kindern und Jugendlichen erweitert die therapeutischen Möglichkeiten bei einer Vielzahl von Erkrankungen. Das Wirkprinzip beruht darauf, dem Blutplasma gelöste pathogene Stoffe (z.B. Antikörper) zu entziehen bzw. Plasmafaktoren zu ersetzen. Studien im pädiatrischen Bereich sind meist monozentrisch mit kleinen Fallzahlen. Ziel dieser Analyse war es Indikationen, Effektivität und Komplikationen therapeutischer Apherese multizentrisch, retrospektiv zu erfassen und zu analysieren.
2. Material/Methode:
Insgesamt wurden aus dem Zeitraum 2008 bis 2018 alle Kinder und Jugendliche (n=183), die eine TA erhalten hatten, aus drei kindernephrologischen Zentren analysiert.
3. Ergebnisse:
Ausgewertet wurden 1528 Behandlungen, davon 1233 Plasmapheresen (PF) sowie 295 Immunadsorptionen (IA). Die Zahl der Behandlungen pro PatientIn lag im Mittel bei 5 [1;26] bei Anwendung der PF. Im Falle der IA wurden im Mittel 7 [1;12] Sitzungen durchgeführt. Angewandt wurde die TA bei Kindern mit hämolytisch urämischen Syndrom (HUS) (20%), antikörpervermittelter Transplantatabstoßung (9,5%) und Autoimmunencephalitis (8,8%). Bei 72,1% der PatientInnen konnte eine Besserung der Symptomatik im Verlauf der therapeutischen Apherese erzielt werden. In 9 Fällen (6,4%) konnte eine komplette Remission erreicht werden. Bei Anwendung der PF wurde bei 70% der PatientInnen eine Zustandsverbesserung bewirkt, bei 7,5% konnte eine Remission hergestellt werden. Im Falle der mit IA Behandelten, konnte bei 85% der PatientInnen eine Zustandsverbesserung verzeichnet werden. Bei den 1528 durchgeführten TA gab es eine Komplikationsrate von 9%. 32,4% waren unspezifische Symptome (Übelkeit, Kopfschmerzen), 28,2% allergische Reaktionen und in 9,2% der Behandlungen Katheter-Dysfunktionen (Dislokationen, Obstruktionen, Infektionen). Bei der PF wurden in 10,1% der Sitzungen Komplikationen dokumentiert (14,2% bei PF mit FFP als Substituat, 7,5% bei PF mit Humanalbumin). Bei der IA lag die Komplikationsrate bei nur bei 4,1%. 98,6% der PatientInnen erhielten die Behandlung über einen zentralen Venenkatheter.
4. Diskussion:
TA im Kindesalter ist ein sicheres und effektives Behandlungsverfahren. Insgesamt konnte bei über 70% der PatientInnen eine Besserung der Symptomatik durch die TA erzielt werden. Bei Einsatz von FFP ist die Komplikationsrate doppelt so hoch wie bei Anwendung von Humanalbumin; am besten wird die IA vertragen. Um den längerfristigen Therapieerfolg abschätzen zu können, stellt die prospektive Datenerfassung in einem Register eine Option dar.
Einleitung
ANCA-assoziierte Vaskulitiden (AAV) sind Multisystemerkrankungen, die als nekrotisierende Vaskulitis definiert und mit dem Auftreten von zirkulierenden Autoantikörpern gegen Myeloperoxidase (MPO) oder Proteinase 3 (PR3) assoziiert sind [1]. AAV treten selten im Kindes- und Jugendalter auf (0,5 -6,39 Fälle/106 Kindern/Jahr) [2].
In dieser Arbeit beschreiben wir die Krankheitsverläufe von zwei 13-jährigen Jugendlichen mit MPO-positiver ANCA-Vaskulitis und schwerer Glomerulonephritis.
Methoden
Zwei Jugendliche präsentierten sich mit kurzen Anamnesen - Patientin 1 mit Fieberepisoden unklarer Genese, beidseitigen Beinschmerzen und zweimaliger antibiotischer Vorbehandlung, Patientin 2 stellte sich im fortgeschrittenen Stadium mit Ödemen und Hämoptysen vor.
Außer einer chronischen Sinusitis (Pat. 1) keine Vorerkrankungen. Die Patientinnen wurden initial auswertig behandelt. Die Verlegungen in unsere Klinik erfolgten zur Therapie bei akutem Nierenversagen.
Ergebnisse
Laborchemisch fielen neben stark erhöhten Nierenretentionswerten bei Patientin 1 erhöhte p- und c-ANCA-Titer sowie Antikörper gegen MPO und bei Patientin 2 erhöhte p-ANCA-Titer, Antikörper gegen MPO und vermindertes C3-Komplement auf. In der Nierenbiopsie zeigte sich eine ausgeprägte rapid-progressive Glomerulonephritis mit fokalen Nekrosen, Halbmondbildung und Tubulusschädigungen. Patientin 2 war deutlich schwerer betroffen.
Begleitend wurden Eisenmangelanämien (beide Patienten), Thrombosen der Venae femorales bei Antiphospholipid-Syndrom (Pat. 1), eine pulmonale Beteiligung und ein Fibrinogenverlust (Pat. 2) diagnostiziert.
Es fand sich kein Anhalt für eine kardiale, neurologische oder ophthalmologische Beteiligung.
Zur Remissionsinduktion erfolgten mehrmalige Plasmapheresen (4x/9x), eine Steroid-Stoß-Therapie und nachfolgend vier Rituximab-Gaben. Anschließend Remissionserhalt mit Azathioprin und einem oralen Steroid.
Supportiv wurde eine salzarme Kost und eine Therapie mit einem ACE-Hemmer (Pat. 1) bzw. einem AT1-Antagonisten (Pat. 2) begonnen. Unter der Therapie kam es zu einer akuten Verbesserung des Allgemeinzustandes. In den Folgemonaten normalisierten sich die Retentionswerte bei Patientin 1, bei Patientin 2 zeigten sie sich rückläufig, im Verlauf dann leider wieder ansteigend.
Diskussion
AAV im Kindesalter sind selten. Eine Leitlinie zur Behandlung von AAV im Kindesalter existiert bisher nicht, Therapieempfehlungen sind angelehnt an die Leitlinien der Erwachsenenmedizin [2]. Unsere Ergebnisse zeigen, dass trotz schwerwiegendem bioptischen Befund ein Therapieversuch mit Rituximab erfolgreich sein kann. Dagegen ist bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf die Behandlung schwierig.
Hintergrund: Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege („Congenital anomalies of the kidney and urinary tract“, CAKUT) treten bei zwei bis fünf von 1000 Geburten auf. Sie bilden die häufigste Ursache für eine terminale Niereninsuffizienz im Kindes- und Jugendalter. Der klinische Phänotyp ist gekennzeichnet durch eine große Heterogenität aufgrund der Vielfalt an Fehlbildungen und assoziierten Syndromen. Der molekulargenetische Hintergrund der Fehlbildungen bleibt bisher in der Mehrzahl der Fälle unklar.
Fragestellung: Ziel dieser Arbeit war es, Kinder und Jugendliche mit CAKUT phänotypisch und genotypisch zu charakterisieren und Faktoren, die mit der Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz (CNI) assoziiert sind, zu ermitteln.
Material und Methoden: Es wurden Daten der Patient*innen mit CAKUT, die in einem Zeitraum von 20 Monaten in der kindernephrologischen Ambulanz vorstellig wurden, retrospektiv im Rahmen einer monozentrischen Querschnittsstudie analysiert.
Ergebnisse: Unter den 405 erfassten Patient*innen war die häufigste Diagnose eine Nierendysplasie/-hypoplasie (65%), gefolgt von Harntransportstörungen (43%). 44% der Kinder wiesen eine CNI auf und 6% waren bereits terminal niereninsuffizient. In der univariaten Analyse waren männliches Geschlecht und Frühgeburtlichkeit mit höheren CNI-Stadien assoziiert (p = 0,004 bzw. p < 0,001). Die 188 Kinder und Jugendlichen mit einem pränatal auffälligen Sonographiebefund der Nieren und/oder der ableitenden Harnwege einschließlich eines Oligo-/Anhydramnions hatten ein statistisch signifikant höheres Risiko für eine CNI Stadium IV oder V (p = 0,004). Patient*innen mit Harnwegsinfektionen als initiale Auffälligkeit wiesen hingegen signifikant niedrigere CNI-Stadien auf (p = 0,006). In einer multivariaten Analyse waren Frühgeburtlichkeit (p = 0.033) und Harnwegsinfektionen als initiale Auffälligkeit (p = 0.043) signifikant assoziiert mit CNI-Stadium ≥ II. Genetische Untersuchungen waren bei 16% der Patient*innen erfolgt. Als häufigste, dem Phänotyp zugrundeliegende, genetische Aberration wurde eine Mutation im HNF1β-Gen identifiziert, gefolgt von Mutationen im GATA3-Gen.
Schlussfolgerung: Es konnten verschiedene mit der Entwicklung einer CNI assoziierte Faktoren identifiziert werden. Die Ergebnisse sollten in einer prospektiven Studie validiert werden. Perspektivisch können die gewonnenen Resultate zur Erstellung von Richtlinien für die Beratung und Betreuung von CAKUT-Patient*innen genutzt werden.
Background
Encephalitis associated with antibodies against the metabotropic glutamate receptor 5 (mGluR5) is an autoimmune disease characterized by a complex neuropsychiatric syndrome (Ophelia syndrome). It often affects young adults and is associated with Hodgkin lymphoma. mGluR5 belongs to the family of G protein-coupled receptors and activates an intracellular signal cascade. In the past, receptor dysfunction has been associated with schizophrenia, autism, fragile-X syndrome, and Parkinson’s disease. The role of anti-mGluR5 in autoimmune encephalitis though remains unclear; and so do the underlying pathomechanisms of antibody binding and the link between tumor and autoimmunity.
Methods and preliminary results
Recently, we treated a 15-year-old patient with Ophelia syndrome and anti-mGluR5 antibodies. We generated recombinant monoclonal antibodies from memory B cells and antibody secreting cells of the patients’ CSF by using single cell cloning. With tissue- and cell-based assays (TBA/CBA) we characterize the binding patterns and affinities of these anti-mGluR5 antibodies. To address functional effects of the antibody binding we now look for receptor internalization, shifts in cluster localization and impact on cell viability after antibody incubation with neuronal cell cultures. We further investigate the down-stream signaling of mGluR5 and look for changes in phosphorylation and Ca2+ release.
2 years after the encephalitis, the very same patient developed a Hodgkin lymphoma. Immunohistochemistry on fixed biopsy material now showed anti-mGluR5 antibody binding. The binding pattern differs from the one on non-encephalitic Hodgkin patients. Further experiments need to verify and evaluate these findings. Therefore, more patients have to be included and antibody binding on several Hodgkin cell lines will be investigated.
Aims and outlook
With this project we want to provide new insight into autoimmunological pathomechanisms on the metabotropic receptor mGluR5 as well as on the link between tumor and autoimmunity. A better understanding of the pathophysiology may modify treatment strategies and serve patients with autoimmune encephalitis in general.
Hintergrund: Intravenös (i.v.) Onasemnogen-Abeparvovec (früher AVXS-101) ist eine einmalige Gentherapie, die dafür konzipiert ist, die monogene Grundursache von spinaler Muskelatrophie (SMA) zu behandeln, indem das defekte primäre Survival-Motoneuron 1 (SMN1) Gen ersetzt wird.
Fragestellung: In dieser Studie wird die Sicherheit von IV Onasemnogen-Abeparvovec bei SMA-Patienten beurteilt und umfasst 4 klinische Studien über alle klinischen Untersuchungen hinweg (START, NCT02122952; STR1VE-EU, NCT03461289; STR1VE-US, NCT03306277; SPR1NT, NCT03505099), das United States Managed Access Program, das Long-Term Registry (RESTORE), und die Post-Marketing-Daten.
Material und Methodik: Bis zum 31. Dezember 2019 erhielten 335 präsymptomatische oder symptomatische SMA-Patienten (2–4SMN2) intravenöses Onasemnogen-Abeparvovec. Unerwünschte Ereignisse (UE) wurden gemäß der allgemeinen Terminologie-Kriterien für UE untersucht.
Ergebnisse: Es wurden keine neuen Todesfälle berichtet. Zwei Todesfälle nach der Dosierung wurden zuvor berichtet: 1 aufgrund eines Atemstillstands und einer wegen Atemnot und hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie. Beide Todesfälle wurden als nicht auf die Behandlung bezogen bewertet. Von allen Patienten wurde berichtet, dass 319 (95,2%) ≥ 1 UE, 121 (36,1%) ≥ 1 UE in Verbindung mit der Behandlung hatten, 136 (40,6%) ≥ 1 schwerwiegendes UE und 43 (12,8%) ≥ 1 schwerwiegendes UE in Verbindung mit der Behandlung hatten. Bei Patienten in der klinischen Studie traten Erhöhungen der Lebertransaminasen bei 77/85 (90,6%) Patienten auf (die Zeit bis zum Einsetzen war im Allgemeinen 35 [7–64] Tage nach der Dosierung). Alle Erhöhungen waren ohne klinische Symptome und verschwanden mit Prednisolon. Thrombozytopenie trat bei 4/85 (4,7%) der Patienten auf; alle waren ohne klinische Folgen vorübergehend. Klinische kardiale Befunde von Bedenken wurden nicht beobachtet. Die Entzündung der Dorsal-Spinalganglien ist ein präklinischer Befund, der auf einer gründlichen Analyse klinischer Daten basiert. Ein präklinischer und klinischer Plan zur Überwachung dieses Effekts wurde implementiert. Insgesamt sind UE in Zusammenhang mit Onasemnogen-Abeparvovec in allen Studien konsistent; alle werden überwacht und sind behandelbar. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale identifiziert.
Schlussfolgerung: Basierend auf Sicherheitsdaten aller Quellen bis zum 31. Dezember 2019 bleibt das Gesamtsicherheitsprofil für intravenöses Onasemnogen-Abeparvovec für SMA-Patienten günstig.
Hintergrund: Onasemnogen-Abeparvovec (ehemals AVXS-101) wurde entwickelt, um die genetische Ursache der spinalen Muskelatrophie (SMA), Survial-Motoneuron 1 Gen (SMN1) Verlust/Mutation anzugehen.
Fragestellung: Wir beurteilen endgültige Daten von STR1VE-US (NCT03306277), einer multizentrischen, offenen, einarmigen, Einzeldosis-Studie der Phase-III , die in den Vereinigten Staaten durchgeführt wird und die Wirksamkeit und Sicherheit einer einmaligen intravenösen Infusion von Onasemnogen-Abeparvovec bei Patienten (Pat) mit SMA1 im Alter von < 6 Monaten (Mo) prüft.
Material und Methodik: Co-primäre Endpunkte: unabhängiges Sitzen für ≥ 30 Sekunden beim 18-monatigen Besuchstermin, Überleben (kein Todesfall/permanente Beatmung) mit 14 Mo. Co-sekundäre Endpunkte: Fähigkeit der Weiterentwicklung mit 18 Mo. (toleriert dünne Flüssigkeiten, keine mechanische Ernährungsunterstützung, altersgemäßes Gewicht), Unabhängigkeit von einer Beatmungsunterstützung mit 18 Mo. (basierend auf der Verwendung von Trilogy BiPAP). Sicherheitsendpunkte: unerwartete behandlungsbezogene Toxizität von Grad ≥ 3 basierend auf CTCAE.
Ergebnisse: Die Studie ist abgeschlossen, die endgültigen Daten werden vorgestellt. Alle 22 Pat erfüllten die Kriterien der Intent-to-Treat-Population (symptomatisch mit Bi-Allelic SMN1 Verlusten und 2 Kopien von SMN2 ohne die Variante im SMN2 Krankheitsmodifikator). Alle co-primären und co-sekundären Endpunkte waren der Pediatric Neuromuscular Clinical Research (PNCR)-Vergleichsbehandlung statistisch überlegen. 21 von 22 Pat (95,5 %) überlebten ≥ 10,5 Mo. ohne permanente Beatmungsunterstützung und 20 von 22 Pat (90,9 %) zeigten ein ereignisfreies Überleben bis zum Alter von 18 Monaten. Im Vergleich dazu zeigte der relevante PNCR-Datensatz ein ereignisfreies Überleben von 50 % bei 10,5 Monaten und 25 % bei 13,6 Monaten. Vierzehn Pat (63,6 %) erreichten den Meilenstein von unabhängigem Sitzen während der Studie, 13 (59,0 %) davon zeigten auch diese Fähigkeit beim 18-monatigen Besuchstermin. 9 von 22 Pat (40,9 %) zeigten die Fähigkeit der altersentsprechenden Weiterentwicklung im Alter von 18 Monaten und bei 15 von 22 Pat (68,1 %) war keine Beatmungsunterstützung zu irgendeinem Zeitpunkt während der Studie erforderlich. Beide wiesen einen positiven Vergleich zum PNCR-Datensatz auf. Bis zum Alter von 18 Monaten erreichten 19 Pat (86,4 %) motorische Meilensteine, bestätigt durch eine unabhängige zentrale Videoüberprüfung. Es wurden schnelle, frühe und anhaltende Verbesserungen bei CHOP-INTEND beobachtet. Die Sicherheit war im Allgemeinen vergleichbar mit der in der Phase-I-START-Studie und der Nutzen-Risiko-Wert bleibt positiv.
Schlussfolgerungen: Insgesamt zeigen die endgültigen Daten der STR1VE-US-Studie, dass Onasemnogen-Abeparvovec bei der Behandlung von Pat mit SMA1 einen signifikanten therapeutischen Nutzen hat, und das Nutzen-Risiko-Profil bleibt positiv.
Hintergrund: Bis zur Einführung effektiver Therapien (2016) waren unterstützende Therapiemaßnahmen die einzige Behandlungsoption für Patienten (Pat) mit Spinaler Muskelatrophie (SMA). Inzwischen stehen krankheitsmodifizierende Behandlungen (Gentherapie [Onasemnogen-Abeparvovec], Antisense-Oligonukleotide [Nusinersen]) zur Verfügung, die die Prognose dramatisch verbessert haben. Aktuell sind Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Pat mit diesen Therapien nur begrenzt verfügbar.
Fragestellung: Hier präsentieren wir erste Ergebnisse zur Beobachtung von Wirksamkeit und Nebenwirkungen bei Pat, die krankheitsmodifizierende SMA-Therapien (allein oder in Sequenz/Kombination) erhalten, um die Auswirkungen der Intervention auf Pat, und darüber hinaus auf das das Gesundheitssystem zu beschreiben.
Material und Methodik: RESTORE ist ein prospektives, multizentrisches Register für Pat mit SMA, das speziell zur Überwindung der in der Literatur beschriebenen Limitationen bestehender Einzel(produkt)register entwickelt wurde. Die geplante Nachbeobachtungszeit beträgt 15 Jahre ab der Aufnahme in die Studie oder bis zum Tod.
Ergebnisse: Bis zum 31. Januar 2020 waren Daten für 67 Pat verfügbar, die alle aus de novo klinischen Zentren in den Vereinigten Staaten stammten; für 56 Pat lagen detaillierte Informationen über die Behandlungsverlauf vor: Onasemnogen-Abeparvovec allein (n=18), Nusinersen allein (n=11), Nusinersen nach Verabreichung von Onasemnogen-Abeparvovec (n=2), Nusinersen vor Verabreichung von Onasemnogen-Abeparvovec (n=17), Nusinersen sowohl vor als auch nach Verabreichung von Onasemnogen-Abeparvovec (n=8). Für zehn Pat lagen >1 CHOP INTEND-Score zur Auswertung vor und fur acht (80%) Pat erhohten sich die Scores während der initialen Nachbeobachtungsphase. Daten zu unerwünschten Ereignissen (UE) wurden für 39 der 56 Pat mit bekannten Behandlungsschemata berichtet; 32 (82,1%) berichteten über ≥1 UE; 15 (38,5%) berichteten über ≥1 schwerwiegende UEs (6 [15,4%] im Zusammenhang mit der Behandlung). Erste Wirksamkeits- sowie Nebenwirkungsprofile für jede Behandlungskohorte werden präsentiert. Die Anzahl der im RESTORE Register aufgenommnenen Pat nimmt weiterhin zu; per 24. April 2020 umfasste die Datenbank Informationen zu 94 Pat von 39 aktiven Zentren in den Vereinigten Staaten.
Schlussfolgerung: Das RESTORE-Register bietet erweiterte Bewertungen aus der Praxis von Patientenergebnissen und SMA-Interventionen. Die Mehrzahl der Pat für die >1 CHOP INTEND-Score im Nachbeobachtungszeitraum vorlag, wiesen höhere Scores auf. Auf Grundlage zur Zeit verfügbarer Daten, stimmen die im RESTORE-Register beobachteten UE-Erfahrungen mit Onasemnogen-Abeparvovec mit den zuvor beschriebenen Erfahrungen aus klinischen Studien für SMA überein; weder bei den mit Onasemnogen-Abeparvovec behandelten Pat noch bei denen, die die Behandlung wechselten, wurden neue Sicherheitssignale identifiziert.
Hintergrund: Die spinale Muskelatrophie Typ 1 (SMA1) ist durch eine motorische neuronale Degeneration sowie fortschreitende Muskelschwäche gekennzeichnet. Unbehandelte SMA ist die häufigste genetische Ursache pädiatrischer Mortalität.
Fragestellung: Untersuchung des therapeutischen Nutzens von Onasemnogen-Abeparvovec im Hinblick auf die Ergebnisse der krankheitsmodifizierenden Therapie bei Patienten mit SMA1.
Material und Methodik: Der therapeutische Nutzen in 22 Patienten mit SMA1 (2 Kopien des Motorneuron-Gen (SMN2)) behandelt mit Onasemnogen-Abeparvovec in der Phase III STR1VE-Studie (NCT03306277) wurde verglichen mit jenen unbehandelter Patienten in 2 Studien zum natürlichen Krankheitsverlauf (Pediatric Neuromuscular Clinical Research Network (PNCR): ≤36 Monate, n=23; NeuroNEXT-101 (NN-101): ≤24 Monate, n=16) sowie der ENDEAR (NCT02193074) Kontrollgruppe (n=27). In STR1VE wurden Überleben (Tod/permanente Beatmung), die motorische Funktion (Children’s Hospital of Philadelphia Infant Test of Neuromuscular Disorders (CHOP-INTEND)), das Erreichen motorischer Meilensteine, erforderliche Beatmungs-/Ernährungsunterstützung, sowie Hospitalisierungenuntersucht.
Ergebnisse: Im Alter von 14 Monaten waren 20/22 Patienten (90,9%) in STR1VE frei von permanenter Beatmung im Vergleich zu 25% in PNCR. Die mittlere Überlebensdauer in NN-101 betrug 8 Monate. Patienten in PNCR und NN101 erreichten keine motorischen Meilensteine, während bei STR1VE, 13/22 (59,1%) im Alter von 18 Monaten für ≥ 30 Sekunden keine Unterstützung beim Sitzen benötigten, 1/22 standen mit Unterstützung, 1/22 (4,5%) gingen mit Unterstützung und 1/22 (4,5%) gingen allein. Bei STR1VE betrugen die mittleren Veränderungen bei CHOP INTEND von der Baseline nach 30 Tagen post Behandlung (n=22) +6,9 Punkte und nach 18 Monaten (n=16) +19,3 Punkte; 7/22 Patienten (32%) erforderten sporadische Unterstützung durch künstliche Ernährung und 7/22 (32%) erhielten temporäre Beatmungsunterstützung während der Studie. Der mittlere, nicht adjustierte annualisierte Grad des Krankenhausaufenthalts (Krankenhausaufenthalte/folgende Anzahl der Probandenjahre) betrug 4,3 für die mit Placebo behandelten Patienten bei ENDEAR vs. 0,8 für die STR1VE-Patienten.
Schlussfolgerung: Eine einzelne Dosis von Onasemnogen-Abeparvovec bei STR1VE verbesserte das Überleben sowie das Erreichen motorischer Meilensteine, während die Krankenhauseinweisungen reduziert wurden; dies deutet auf verringerte Behandlungskosten sowie eine geringere Belastung für die Patienten,der Pflegenden, sowie der breiteren Gesellschaft hin, was auf eine Gesamtverbesserung der Lebensqualität im Vergleich zum natürlichen Krankheitsverlauf hinweist.
Hintergrund: Onasemnogen-Abeparvovec (ehemals AVXS-101) wurde entwickelt, um die genetische Ursache der spinalen Muskelatrophie Typ 1 (SMA1) anzugehen. In der Phase-I-Studie (START; NCT02122952) zeigten Patienten, die eine einmalige hochdosierte (vorgeschlagene therapeutische Dosis) Infusion erhielten (n = 12), signifikant verbesserte Ergebnisse im Vergleich zum unbehandelten natürlichen Verlauf.
Fragestellung: Hier evaluieren wir die Langzeitsicherheit bei Patienten, die zuvor in START behandelt wurden, sowie die Langzeitwirksamkeit bei Patienten aus beiden Kohorten. START-Patienten konnten sich nach eigener Wahl in eine Langzeit-Nachbeobachtungsstudie (Long-Term Follow-Up, LTFU) (NCT03421977) aufnehmen lassen.
Material und Methodik: Primäre Zielsetzung: langfristige Sicherheit. Für die Patienten sind jährliche Besuchstermine angesetzt (5 Jahre lang). Anschließend ist ein jährlicher Telefonkontakt vorgesehen (weitere 10 Jahre lang). Zu den Untersuchungen gehören die Aufnahme der Krankengeschichte/die Auswertung der Patientenakte, eine körperliche Untersuchung, klinische Laboruntersuchungen, Lungenuntersuchungen und Überprüfung der Meilensteine.
Ergebnisse: Bis zum 31. Dezember 2019 waren 13 Patienten (niedrige Dosis, n = 3; therapeutische Dosis, n = 10) eingeschrieben. Die ältesten Patienten waren 6,2 (niedrige Dosis) und 5,6 (therapeutische Dosis) Jahre alt. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (UE) wurden bei 8/13 Patienten berichtet; jedoch wurden keine schwerwiegenden UE als mit der Behandlung in Verbindung stehend angesehen oder führten zum Abbruch der Studie, was ein günstiges Risiko-Nutzen-Profil unterstützt. Alle Patienten, die die therapeutische Dosis erhalten haben, haben überlebt und sind frei von dauerhafter Beatmung (mittleres Alter [Bereich] beim letzten Datenschnitt: 4,8 [4,3-5,6] Jahre; mittlere Zeit [Bereich] seit der Verabreichung: 4,5 [4,1-5,2] Jahre). Diese Patienten haben entweder alle zuvor erreichten Meilensteine beibehalten oder neue Meilensteine erreicht; zwei Patienten haben den Meilenstein Stehen mit Unterstützung neu erreicht, während sie zu keinem Zeitpunkt begleitend eine das Survival Motorneuron-Protein (SMN) hochregulierende Therapie erhielten. Von den zehn rekrutierten Patienten, die eine therapeutische Dosis erhielten, benötigten sechs mehr als vier Jahre nach der Verabreichung keine regelmäßige, tägliche unterstützende Beatmung. Darüber hinaus haben sechs nie eine begleitende hochregulierende SMN2-Therapie erhalten.
Schlussfolgerung: Die Daten deuten darauf hin, dass Onasemnogen-Abeparvovec ein günstiges Risiko-Nutzen-Profil aufweist und mit neuen Meilensteinentwicklungen weiterhin seine Wirksamkeit unter Beweis stellt.
Hintergrund: Spinale Muskelatrophie (SMA) führt zu einem Verlust der motorischen und respiratorischen Funktionen. Ursache ist die biallelische Deletion/Mutation des Survival-Motor-Neuron-1-Gens (SMN1). Kopien eines ähnlichen Gens (SMN2) beeinflussen den Schweregrad der Erkrankung.
Fragestellung: Hier beurteilen wir die Sicherheit und Wirksamkeit von Onasemnogen-Abeparvovec (ehemals AVXS-101) bei präsymptomatischen SMA-Patienten.
Material und Methodik: SPR1NT (NCT03505099) ist eine laufende multizentrische, offene Phase-III-Studie. Asymptomatische Patienten, bei denen die Entwicklung einer SMA erwartet wird (2-3 SMN2, ≤ 6 Wochen), erhalten eine einmalige IV-Infusion und werden 18/24 (2/3 SMN2) Monate lang untersucht. Primäre Endpunkte: Sitzen für ≥ 30 Sekunden (2 SMN2)/Stehen ohne Unterstützung für ≥ 3 Sekunden (3 SMN2). Sekundäre Endpunkte: Überleben und selbständige Nahrungsaufnahme bei Normalgewicht (2 SMN2); selbständiges Gehen (3 SMN2). Untersuchungsergebnis: Verbesserung der Motorik (CHOP INTEND [2 SMN2]). Sicherheitsendpunkte: Inzidenz unerwünschter Ereignisse (UE)/schwerwiegender UE.
Ergebnisse: Bis zum 31. Dezember 2019 hatten 30 Patienten Dosen erhalten (2 SMN2/3 SMN2/4 SMN2, n=14/15/1) und die Rekrutierung war abgeschlossen. Mittleres Alter (Bereich) bei Dosierung (Tage): 2 SMN2, 20,6 (8,0-34,0); 3 SMN2, 28,7 (9,0-43,0). Alle Patienten, die noch am Leben sind, haben beim letzten Besuch keine unterstützende Beatmung in Anspruch genommen. Unter den 2 SMN2-Patienten haben alle CHOP INTEND-Scores von ≥ 50 erreicht, der den bei unbehandelten Patienten beobachteten Maximalwert übertrifft; 8 saßen (alle innerhalb des von der Weltgesundheitsorganisation [WHO] festgelegten 1.-99. Perzentils; Bereich: 5,7-11,8 Monate); 4 standen und gingen ohne Unterstützung (Bereich: 12,2-18,3 Monate). Von den 3SMN2-Patienten standen 4 ohne Unterstützung (9,5-12,4 Monate); 3 gingen ohne Unterstützung (12,2-15,1 Monate). Die verbleibenden Patienten in beiden Kohorten, die diese Meilensteine nicht erreicht haben, haben das WHO-Fenster noch nicht überschritten. Alle Patienten sind in der Lage, ihr Gewicht ohne Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme zu halten, und die meisten blieben im angemessenen, gesunden Gewichtsbereich und gedeihen gut. 30/30 Patienten erlebten ≥ 1 UE; 17/30 erlebten behandlungsbedingte UE. Alle schwerwiegenden UE wurden erfolgreich behandelt und wurden nicht als mit der Behandlung in Verbindung stehend betrachtet Die gemeldeten UE waren überschaubar und stimmten mit dem bekannten Sicherheitsprofil von Onasemnogen-Abeparvovec überein.
Schlussfolgerung: Die Daten zeigen, dass präsymptomatische Patienten, denen Onasemnogen-Abeparvovec verabreicht wurde, weiterhin die primären Endpunkte (motorische Meilensteine der WHO) erreichten, was einen signifikanten therapeutischen Nutzen belegt. Die präsymptomatische Behandlung ermöglicht das Erreichen altersgerechter motorischer Meilensteine.
Hintergrund: Die Spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch Deletion oder Mutation des SMN1 Gens verursacht wird. Die Schwere der Erkrankung (SMA-Typ) korreliert mit der Anzahl von SMN2 Kopien. Die Gentherapie (Onasemnogen-Abeparvovec) sorgt für eine nachhaltige, kontinuierliche Produktion des SMN-Proteins via Übertragung eines voll funktionierenden SMN1 Gens und ist von der FDA zugelassen, mit laufenden Studien für die SMA-Typen 2 und 3 und präsymptomatischer Behandlung für alle SMA-Typen. Da wirksame Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, führen viele US-Bundesstaaten ein Neugeborenen-Screening (NBS) ein, um SMN1-Deletionen und SMN2-Kopien zu detektieren, was eine frühe Diagnose sowie eine präsymptomatischen Behandlung ermöglicht.
Fragestellung: Hier versuchen wir, die wirtschaftlichen Auswirkungen des NBS und der präsymptomatischen Gentherapie zu beschreiben.
Material und Methodik: Es wurde ein entscheidungsanalytisches Modell erstellt, um die Kostenwirksamkeit von NBS bei 10.000 hypothetischen Neugeborenen aus der Sicht eines US-amerikanischen Kostenträgers zu bewerten. Im Basisfall wurde das NBS bei präsymptomatischer Gentherapie für jeden positiven SMA-Test mit mit Gentherapie für symptomatische SMA Typ 1 ohne NBS verglichen. Daten und Annahmen zu Lebenszykluskosten und Nutzen für SMA-Typen stammen aus dem SMA-Bericht des Institute for Clinical and Economic Review 2018; andere Werte wurden der veröffentlichten Literatur entnommen. Zu den Modell-Outputs gehörten Kosten, qualitätsbereinigte Lebensjahre (Quality Adjusted Life-Years, QALYs) und inkrementelle Kosten-Effektivitäts-Verhältnisse (Incremental Cost-Effectiveness Ratios, ICERs). Szenario- und Sensitivitätsanalysen prüften die Robustheit des Modells.
Ergebnisse: Im Basisfall kostete das NBS für eine Population von 10.000 Neugeborenen mit präsymptomatischer Gentherapie Test 3.150.087 USD und produzierte 269.997 QALYs. Das ICER betrug 57.969 USD/QALY im Vergleich zurGentherapie ohne NBS mit für Patienten mit symptomatischer SMA Typ 1. Wenn in der Szenarioanalyse nur präsymptomatische Patienten mit ≤3 SMN2-Kopien behandelt wurden, dominierte NBS, war deutlich kosteneffektiv.
Schlussfolgerung: Im Vergleich zu keinem Screening ist das NBS bei präsymptomatischer Gentherapie für SMA aus Sicht der US-Kostenträger eine kosteneffiziente Option. Die Ergebnisse reagierten am empfindlichsten auf die Behandlungsstrategien (d. h. Behandlung in Abhängigkeit von SMN2-Kopienzahl) und die Verteilung der SMA-Typen; die Screening-Kosten hatten einen minimalen Einfluss.
Hintergrund: Das Vollbild des Sturge-Weber Syndroms (SWS) ist gekennzeichnet durch die Trias Naevus flammeus im Gesicht, Epilepsie und Glaukom. Entwicklungsverzögerung, „stroke-like“ episodes und Verhaltensprobleme können ebenso eine therapeutische Herausforderung darstellen. In Deutschland liegen für diese „Orphan Disease“ keine aktuellen Daten zu Epidemiologie, erfolgter Diagnostik und Ansprechen auf Therapiemaßnahmen bei Kindern vor.
Fragestellungen: Anzahl betroffener Kinder in Deutschland, Alter bei Erstdiagnose, Therapieerfolg
Material und Methoden: Datenerhebung mittels einer multinationalen Querschnittsstudie. Dabei wurden mittels E-Mail-Verteiler ca. 1700 in Deutschland, Schweiz und Österreich registrierte Neuropädiater kontaktiert und um Meldung ihrer Patienten mit SWS gebeten („ESNEK“, Erhebung seltener neurologischer Erkrankungen im Kindesalter, Universität Göttingen). Versand eines Fragebogens zu Anamnese, Diagnostik, Symptomen und Therapie an einwilligende Patienten/Sorgeberechtigte. Eine modifizierte Fassung des Fragebogens wurde durch die betreuenden Kinderneurologen ausgefüllt.
Ergebnisse: 111 Meldungen von päd. Patienten mit klinischer Diagnose „SWS“ aus Deutschland, Schweiz und Österreich. 47 Patienten/ Sorgeberechtigte nahmen an unserer Erhebung teil (42,3 %), davon 25 Jungen und 22 Mädchen (Alter 4 Monate-17 J., Median 4,2 J.). Bei n =35 lag ein „klassisches“ SWS vor (Typ I nach Roach, entspr. 74,5 %), bei weiteren 6 Typ III nach Roach (12,8 %), d.h. ohne Hautbeteiligung. 6 Fälle waren Overlap-Phakomatosen oder systemische Angiomatosen. 80,4 % aller Patienten wurden innerhalb des 1. LJ diagnostiziert. Fast alle Patienten erhielten mind. ein cMRT (n = 46), mind. ein EEG (n = 46) und mind. eine augenärztl. Untersuchung (n = 47). Behandlung der strukturellen Epilepsie in 14 Fällen mit AED-Monotherapie (29,8 %), in 26 Fällen mit Kombinationstherapien (55,3 %) mit 2-4 Medikamenten. Insgesamt wurden 17 verschiedene AED eingesetzt, in variablen Kombinationen (am häufigsten wurden Levetiracetam, Oxcarbazepin, Valproat, Lamotrigin und Phenobarbital verwendet). 7 Patienten (14,9 %) nahmen keine AED ein. 21 Patienten erhielten eine Aspirin-Prophylaxe (44,7 %), 2 gaben Therapie mit Cannabidiol an. Der Therapieerfolg mit Levetiracetam oder Oxcarbazepin wurde durch die betreuenden Neuropädiater i.d.R. als „gut“ angegeben (n =11 von 14 Pat. mit AED-Monotherapie). Insgesamt 4 Patienten waren neurochirurgisch behandelt worden. Es liegen weitere Ergebnisse zu Haut- und Augenbeteiligung vor.
Diskussion/ Schlussfolgerung: Das SWS wird mehrheitlich vor Vollendung des ersten Lebensjahres diagnostiziert. Schweregrad und Verlauf variieren deutlich zwischen verschiedenen Patienten. Häufig ist eine AED-Kombinationstherapie zur Epilepsiebehandlung erforderlich, wobei die verwendeten Substanzkombinationen heterogen sind. Longitudinale Studien und Patientenregister stellen vielversprechende Instrumente zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse dar.
Background: Pseudotumor cerebri (PTC) is a condition defined by elevated intercranial pressure, diagnosed upon confirmation of normal brain parenchyma without the presence of structural mass or lesions in MRI. Paediatric incidence is reported by the ESPED as 0.47 per 100,000 population in Germany (1). Children with obesity are more at risk for developing PTC than children with normal weight, increasingly during and after puberty (2). Given the severe potential outcomes of untreated PTC such as permanent loss of vision (3), early diagnosis is crucial.
Objective: The aim of this investigation was to better understand clinical presentation and diagnostic measures of PTC and to identify possible risk factors as well as to evaluate clinical courses and correspondingly determine responses to applied therapies. This study design provides a comprehensive representation of PTC in clinical practice.
Methods: The electronic database of the Department of Pediatric Neurology at Charité was filtered for patients that were treated for pseudotumor cerebri between 2009 and 2019. 85 children and adolescents (mean age: 11.96 ± 4.43 years at diagnosis) were selected for inclusion in this study. A retrospective chart review was performed, looking at variables including age, sex, body mass index, reason for first presentation, symptoms throughout clinical course, physical and ophthalmic examination findings, neuroimaging results and means of treatment as well as response to treatment modalities and clinical course. Determination of BMI-per age percentiles allowed for accurate assessment of weight groups.
Results: Out of the 85 patients, 55% were female and 45% were male. Most commonly found symptoms were headache, visual disturbance, dizziness and nausea. We identified a strong corellation of pseudotumor cerebri with overweight and obesity (58% of patients were overweight or obese). Papilledema or papilla anomalies were found in 66% of patients. Cerebral spinal fluid opening pressures correlated positively with age and were higher in female patients. The most common cranial MRI findings were peri-optic subarachnoid space distension, empty sella and transverse sinus stenosis, but 60% of patients presented without any of these. Most patients received acetazolamide, and many were counselled to reduce weight.
Our research is currently focussed on long-term outcomes of patients with PTC including duration of therapy, side-effects and the necessity for further interventions. Here particular emphasis is being put on the success of acetazolamide therapy, pain management and development of clinical presentation, including improvements of symptoms throughout treatment. This additional data will be available by the time of the congress.
Hintergrund. Varianten im Gen der schweren Kette des zytoplasmatischen Dynein 1 (DYNC1H1, MIM_600112) wurden bei seltenen neuromuskulären Erkrankungen wie der Spinalen Muskelatrophie mit Betonung der unteren Extremitäten (SMA-LED) und bei Entwicklungsstörungen des Nervensystems wie dem autosomal-dominanten Mentalen Retardierungssyndrom 13 (MRD13) identifiziert.
Fragestellung. Die variablen Symptome von Patienten mit pathogenen Varianten im DYNC1H1-Gen stellen den Pädiater durch die große Heterogenität der klinischen Erscheinungsbildes mit überlappenden Phänotypen und die nicht eindeutige Klassifikation der DYNC1H1-assoziierten Erkrankungen vor Herausforderungen in der Diagnostik. Ziel dieser Arbeit war es das Spektrum dieser heterogenen Krankheitsentität zu erfassen und neu zu klassifizieren.
Material und Methoden. Phänotyp und Genotyp von zehn pädiatrischen Patienten mit pathogenen DYNC1H1-Varianten wurden in einer multizentrischen Studie analysiert. Zur Genotyp-Phänotyp Korrelation wurde mittels der Datenbank Pubmed eine Literaturrecherche zur Identifikation aller bereits in der Literatur beschriebenen Patienten mit pathogenen DYNC1H1-Varianten durchgeführt. Die Daten wurden im Folgenden mittels SPSS ausgewertet und graphisch aufbereitet.
Ergebnisse. Die zehn Patienten der Studie und Literatur wiesen ein breites und überlappendes Spektrum an klinischen Zeichen und Symptomen auf, welche von einer reinen Reduktion der Muskelkraft als Ausdruck einer Beteiligung des peripheren Nervensystem (PNS) bis zur schweren geistigen Behinderung und Beteiligung des zentralen Nervensystem (ZNS) reichten. Eine retrospektive Analyse aller publizierten Mutationen ergab eine domänenspezifische Genotyp-Phänotyp-Korrelationen: Mutationen in der Dimerisierungsdomäne korrelierten mit einer Verminderung der Muskelkraft der unteren Extremitäten und weniger mit einer Beteiligung des ZNS, wohingegen pathogene Varianten in der motorischen Domäne mit zerebralen Fehlbildungen einhergingen.
Schlussfolgerung. Die aktuelle Unterteilung in verschiedene Krankheitsentitäten wie SMA-LED bzw. MRD13, mit der der Kliniker bei der diagnostischen Abklärung von DYNC1H1- assoziierten Störungen konfrontiert ist, spiegelt die Heterogenität und die überlappenden klinischen Krankheitsmanifestationen nicht suffizient wider. Auf der Grundlage der erhobenen Daten schlagen wir eine neue klinische Klassifikation für DYNC1H1- assoziierten Erkrankungen (DYNC1H1-related disorders) vor, die eine Unterteilung vornimmt in ein primär neuromuskuläres Erscheinungsbild (DYNC1H1-NMD) mit ausschließlicher Beteiligung des PNS und diese mit einer Beteiligung des PNS und ZNS (DYNC1H1-NDD).
Background: Gene transfer therapy is promising for Duchenne muscular dystrophy (DMD). We designed an adeno-associated virus vector (rAAVrh74) containing a codon-optimized human micro-dystrophin transgene driven by a muscle-cardiac specific promoter, MHCK7. Findings from 4 patients in our open-labeled, single-dose, Phase I/IIa trial (NCT03375164) are presented.
Question: Is AAVrh74.MHCK7.micro-dystrophin gene transfer safe, well-tolerated, and successful in patients with DMD?
Material and methods: Eligible patients: ambulatory boys (4-7y); confirmed DMD mutations; creatine kinase (CK) elevations (>1,000 U/L); ≤80% predicted 100-meter timed test (100m); no AAVrh74 antibodies; stable steroid dosing (≥3 mo). IV infusion (2.0x1014 vg/kg rAAVrh74.MHCK7.micro-dystrophin) given. Prednisone (1 mg/kg/d) initiated 1d before gene delivery, tapering after 30d. Primary endpoint: safety. Secondary and exploratory endpoints: micro-dystrophin expression by western blot (WB) and immunohistochemistry (IHC); functional outcomes by North Star Ambulatory Assessment (NSAA), 100m, Time to Rise, 4-Stair Climb; CK.
Results: No serious adverse events were observed by serum chemistry. Three patients had transiently elevated gamma-glutamyl transpeptidase (resolved with steroids). No adverse immune responses observed. Robust transgene expression was observed in all: mean 81.2% muscle fibers expressing micro-dystrophin (mean intensity 96% at the sarcolemma by IHC). WB showed mean micro-dystrophin expression of 74.3% without fat/fibrosis adjustment and 95.8% when adjusted (Day 90). All patients had confirmed vector transduction and showed robust reductions in CK (mean change baseline to 1 year: -67.3%). Motor function was improved in all, measured by increased ambulatory function (100m), increased muscle strength (Time to Rise, 4-Stair Climb), and overall motor abilities (NSAA). All 4 patients demonstrated a clinically meaningful improvement on NSAA as early as Day 90.
Conclusion: rAAVrh74.MHCK7.micro-dystrophin infusion was well-tolerated, demonstrating successful systemic delivery of micro-dystrophin transgene and targeted expression of functional micro-dystrophin protein.
Bei erwachsenen Patienten wurde gezeigt, dass sowohl die rheumatische Erkrankung an sich als auch die immunsuppressive Therapie mit pulmonalen Veränderungen einhergehen kann. In der Therapie der rheumatischen Erkrankungen werden auch bei Kindern und Jugendlichen häufig Medikamente aus der Gruppe der „disease-modifying antirheumatic drugs“ (DMARDs) und Biologica eingesetzt. Als sensitiverer Lungenfunktionsparameter im Vergleich zur Spirometrie hat sich zur Entdeckung früher Lungenschäden bei Erwachsenen die DLCO erwiesen. Für Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen gibt es bislang wenige Einzelfallberichte und kaum Studien zu Erkrankungs- und Therapie-bedingten Lungenveränderungen. Der LCI als Marker frühzeitiger Lungenschäden findet bisher hauptsächlich in der Betreuung von Kindern mit primären Lungenerkrankungen (z.B. CF, PCD) Anwendung. Wir haben die Bestimmung des LCI und der DLCO in die kinderrheumatologische Jahresuntersuchung integriert, um zu klären, ob der LCI für die Früherkennung von Lungenschäden bei Kindern mit rheumatischer Grunderkrankung sensitiver ist als die DLCO.
LCI- (Stickstoff Multiple Breath Washout) und DLCO- Messungen (Single Breath Washout mit einer Mischung aus He und CO als Tracer-Gas) erfolgen mit dem EasyOne ProLab (ndd Medical Technologies).
Bei 18 Patienten (11 Mädchen) mit juveniler idiopathischer Arthritis (n=11) oder andere Erkrankung des rheumatischen Formenkreises (n=7) aber ohne pulmonale Symptomatik wurden parallel der LCI und die DLCO bestimmt. Das mediane Alter (Bereich) betrug 14,0 (9-17) Jahre, die mediane Erkrankungsdauer 3,5 (0-10) Jahre. Die Patienten erhielten über unterschiedliche Zeiträume eine immunsuppressive Therapie mit Methotrexat (n=14) und/oder Biologicals (n=6). Der mediane LCI betrug 7,8 (6,1-14,1), der auf die Hämoglobinkonzentration korrigierte mediane DLCO 81,5 (50-119) %. Nur 2 Patienten zeigten unauffällige Befunde für LCI (≤ 7,0) und DLCO (≥ 80%), 8 Kinder zeigten einen pathologischen LCI bei unauffälliger DLCO und 8 Patienten pathologische Werte für LCI und DLCO. Mit der LCI wurden mehr Patienten mit frühen Lungenschäden identifiziert als mit der DLCO (p=0,0116; Fisher Exact Test).
Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem hohen Anteil (16 von 18) pädiatrischer Patienten mit Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis Störungen der Lungenfunktion auch bei fehlenden pulmonalen Symptomen nachweisbar sind. Der LCI ist nicht nur die im Kindesalter einfacher durchführbarere, sondern im Vergleich zur DLCO auch die sensitivere Untersuchungsmethode früher Lungenschäden. Eine Aufnahme des LCI in die Jahresuntersuchung von Kindern mit rheumatischer Grunderkrankung als Screening auf Lungenschäden ist zu diskutieren.
Hintergrund:
Die Osteogenesis imperfecta (OI) beruht auf funktionellen Defekten im Typ-I-Kollagen mit charakteristisch erhöhter Frakturneigung. Der Phänotyp bestimmt die Einteilung in fünf klinische OI-Typen. Neugeborene, die in der Perinatalperiode versterben, werden dem Typ II zugeordnet. Lebenslimitierend ist meist eine respiratorische Insuffizienz aufgrund einer Lungenhypoplasie. Typ III ist die schwerste nichttödliche Verlaufsform. Lebenslimitierend ist häufig eine restriktive Lungenfunktionsstörung aufgrund der Skelettdysplasie.
Wir berichten von einer Patientin mit einer Lungenhypoplasie bei OI aufgrund einer bislang nicht beschriebenen COL1A1-Mutation. Lebenslimitierend war eine pulmonale Hypertonie, die in der Literatur nach unserer Kenntnis bei OI nicht beschrieben wurde.
Fallbericht:
Pränatal wurde mittels Amniozentese im COL1A1-Gen eine heterozygote de novo Mutation (9-Basenpaar-Duplikation: c.2526_2534dup p.Ala847 Pro849dup) nachgewiesen, die eine schwerwiegende Funktionsstörung des Proteins vermuten ließ. Der Befund der fetalen Sonographie war passend zu einer OI mit Lungenhypoplasie.
Geburt per Sectio bei 38+2 Schwangerschaftswochen bei Wehentätigkeit. Komplikationslose postnatale Adaptation. Apgar-Score 9/10/10. Nabelarterien-pH 7,07. Es zeigten sich verkürzte Extremitäten aufgrund von multiplen Frakturen mit konsekutiver Fehlstellung und radiologisch eine Thorax- und Lungenhypoplasie. Die Patientin war in den ersten sechs Lebenswochen respiratorisch wenig beeinträchtigt.
Im Alter von 6 Wochen kam es zu einer respiratorischen Verschlechterung, die eine Sauerstoff-Therapie erforderlich machte. Echokardiographisch zeigte sich eine pulmonal-arterielle Hypertonie, sodass eine Therapie mit Sildenafil begonnen wurde.
Im weiteren Verlauf zeigte die Patientin eine zunehmende pulmonale Verschlechterung bis zur respiratorischen Globalinsuffizienz. Auf die nicht-invasive Atemunterstützung zeigte sich kein suffizientes Ansprechen. Echokardiographisch war der pulmonal-arterielle Druck trotz fortgeführter Sauerstoff- und Sildenafil-Therapie systemisch bis suprasystemisch.
Nach interdisziplinärer Diskussion und ausführlichem Gespräch mit den Eltern wurde im Konsens auf eine weitere Therapieintensivierung verzichtet. Die Patientin verstarb im Alter von knapp 10 Wochen.
Diskussion:
Die o.g. Mutation wurde bei unserer Patientin erstmals beschrieben. Pränatal wurde eine schwere Verlaufsform der OI vorhergesagt, die sich postnatal bestätigte.
Lebenslimitierend war die respiratorische Verschlechterung aufgrund der Lungenhypoplasie und der damit einhergehenden pulmonalen Hypertonie. Aus der Literatur ist bekannt, dass Erkrankungen mit Lungenhypoplasie häufig mit einer pulmonalen Hypertonie einhergehen. Dieser Zusammenhang wurde bei der OI bisher nicht beschrieben, erscheint jedoch naheliegend.
Schlussfolgerung:
Bei OI mit Lungenhypoplasie sollte frühestmöglich an eine pulmonale Hypertonie gedacht werden, da diese prognosebestimmend sein kann.
Background: Despite current management, patients with long-chain fatty acid oxidation disorders (LC-FAOD) may still experience disease-related major clinical events (MCEs) leading to hospitalizations and potentially death. Triheptanoin, an odd-carbon medium-chain triglyceride consisting of three 7-carbon fatty acids on a glycerol backbone, is being investigated for LC-FAOD treatment. An expanded access program (EAP) with triheptanoin for LC-FAOD has been ongoing since February 2013. There are three access pathways for qualified patients: 1) emergency access to investigational new drugs (eIND), 2) individual compassionate use (CU), 3) nominative Temporary Authorisation for Use (nATU; France only) and 4) nominative use under Italian Drug Agency approval (law 326/2003).
Methods: Information on patient demographics, disease history, prior therapy, dietary management, and treatment outcome on triheptanoin was requested via questionnaire from physicians treating patients under the EAP.
Results: As of September 1, 2018, 67 patients with worsening LC-FAOD (21 eIND, 28 CU, 18 nATU) have been treated with triheptanoin under the EAP; completed questionnaires were received for 51 patients (16 eIND, 22 CU, 13 nATU). Almost all patients had a history of MCEs prior to triheptanoin treatment, and the most common MCEs were rhabdomyolysis (76%), hypoglycemia (53%), and cardiomyopathy (49%). Based on the clinical opinion of treating physicians, treatment with triheptanoin resulted in improvement of most patients’ MCE (80%) that led to the EAP request, as well as their long-term LC-FAOD outcome (76%). Median duration of triheptanoin treatment was 22.6 months as of February 28, 2019 (range: 0.1 to 67.8 months). Most patients (76%) remain on triheptanoin therapy. Reasons for discontinuation were GI intolerance (2%), cardio respiratory arrest (2%), diarrhea (2%), recurring emesis (2%), worsening of disease (2%) or reason not provided (2%). Six patients (12%) died due to worsening of underlying disease; no deaths were attributed to triheptanoin.
Conclusions: Real-world data show significant risk for patients with LC-FAOD despite current management and the need for urgent early intervention. These critically ill patients benefit from triheptanoin treatment, and most patients show improved outcomes and remain on triheptanoin therapy.
Background: Long-chain fatty acid oxidation disorders (LC-FAOD) are autosomal recessive conditions that impair conversion of long-chain fatty acids into energy, resulting in major clinical events (MCEs). Triheptanoin, an odd-carbon medium-chain triglyceride consisting of three 7-carbon fatty acids on a glycerol backbone, is being investigated for LC-FAOD treatment.
Methods: An open-label, long-term extension study (NCT02214160) is evaluating the safety and efficacy of triheptanoin in patients with LC-FAOD who participated in prior clinical trials, investigator-sponsored trials (ISTs) or expanded access programs. Patients not previously treated with triheptanoin were also enrolled in the extension study. The primary outcome was frequency and duration of MCEs. For the analysis of MCEs, in addition to descriptive statistics, a comparison was performed between the pre-triheptanoin treatment phase and the triheptanoin treatment phase using a paired t-test. The Wilcoxon signed rank test was performed as a nonparametric alternative to the paired t-test when the normality assumption was questionable, and median values were presented instead of means.
Results: In total, 75 patients enrolled as of 01 June 2018; 24 of these patients rolled over from a phase 2 study, 31 were from ISTs or expanded access programs, and 20 were triheptanoin treatment-naïve. Prior to triheptanoin treatment, the 24 rollover patients from the phase 2 study had a mean annualized event rate of 1.76 events/year; following an additional 36 months of triheptanoin treatment (≥3 years of total treatment), there was a reduction in the mean annualized event rate to 0.96 events/year (p=0.0319). The 20 treatment-naïve patients had a pre-treatment median annualized event rate of 2.33 events/year, and after triheptanoin treatment, there was a reduction in the median annualized event rate to 0.71 events/year (p=0.1072), consistent with results from the 24 rollover patients. Median MCE days were reduced by 66% and 80% in the rollover and triheptanoin-naïve groups, respectively. In the 31 patients from ISTs or expanded access programs, pre-treatment data were not available for comparison. The most common related adverse events among all 75 patients were diarrhea, abdominal pain/discomfort, and vomiting; most were mild to moderate in severity. Three patients had serious adverse events (diverticulitis, ileus, and rhabdomyolysis) that were considered possibly related to study drug by the investigator; all serious adverse events resolved. Two patients had adverse events leading to death; both were determined by the investigator to be due to underlying disease and not related to study drug. Most patients (87%) are continuing treatment.
Conclusions: Triheptanoin showed sustained clinical benefit in reducing the rate and duration of MCEs in two distinct patient cohorts. Additionally, safety was consistent with previous observations during this long-term treatment.
Background: Vestronidase alfa (recombinant human beta-glucuronidase) is an enzyme replacement therapy approved in several countries for patients with Mucopolysaccharidosis (MPS) VII, a highly heterogeneous, ultra-rare disease.
Methods: UX003-CL203 was an open-label trial designed to investigate the safety and efficacy of vestronidase alfa (4mg/kg IV every other week) in subjects with MPS VII < 5 years old. Eight subjects (1.6-5 years) enrolled; 7 completed the 48-week Treatment Period and continued up to 2.6 years (44-136 weeks; median 95.1 weeks).
Results: Urinary glycosaminoglycan (uGAG) dermatan sulfate decreased significantly (p < 0.0001) from baseline (BL) by least square (LS) mean of 60% at Week 4, with reduction sustained at Week 48 ( 61%) and throughout the study. All subjects achieved ≥ 50% reduction in uGAGs.
Improvement in height z-scores [mean (SD) z-score change of 0.196 (0.30) from -2.630 (1.17) at BL to -2.045 (0.27) at Week 48] and a positive trend toward increased growth velocity from a mean (SD) z-score of 2.59 (1.49) at BL to 0.39 (2.10) post-BL (p=0.27), were observed.
BL hepatomegaly resolved in 3/3 subjects assessed by ultrasound and 5/6 subjects assessed by physical examination (PE) by end of study; BL splenomegaly resolved in 1/3 subjects assessed by ultrasound and 2/2 subjects assessed by PE.
All subjects experienced at least one treatment-emergent adverse event (TEAE); 5 subjects (62.5%) experienced TEAEs assessed as related to study drug. Three subjects (37.5%) experienced serious TEAEs; most were known complications of MPS VII. Four subjects (50.0%) experienced mild or moderate infusion-associated reactions (IARs). No subjects discontinued due to AEs or IARs. All subjects developed anti-drug antibodies and 3 developed neutralizing antibodies, although no association with uGAG reduction was apparent. Safety with long-term exposure was consistent with the known safety profile of vestronidase alfa, and no new safety concerns were identified.
Conclusions: Long-term vestronidase alfa treatment demonstrated sustained reductions in uGAGs, continued growth, and improved hepatosplenomegaly in children with MPS VII < 5 years old.
Mucopolysaccharidosis III (MPS III; Sanfilippo disease) is a rare autosomal recessive lysosomal storage disorder. Each of the four subtypes is characterised by the deficiency of an enzyme catalysing the metabolism of glycosaminoglycan (GAG) heparan sulphate. GAG accumulates in the cells, causing neurological regression and affecting multiple organ systems. Cognitive decline accelerates in the second stage of the disorder hence an early diagnosis is essential to maximise new treatment outcomes. However, a delay in diagnosis is very common and information on the patient’s journey until MPS III diagnosis is limited.
This study aimed to investigate delays from symptom onset to genetic diagnosis in patients with MPS III.
The survey used an online questionnaire specifically designed as part of an international study involving 13 countries. The survey was conducted in Germany between Jun–Nov 2017. Parents or caregivers of children with MPS III were invited to take part through Gesellschaft für MPS eV.
Forty-three children with MPS III (Types A: 67%; B: 26%; C: 7%) were included in the study (49% females). Mean age of individuals at the time of the survey was 21.4 (±9.5) years (range 3–39). None of the children had been tested for MPS III as a result of a sibling’s diagnosis.
Mean age at which the first symptom was noticed was 0.8 (±2) years (range 0–4; n=40). Seventy-six percent (n=30) of children had seen a general practitioner or primary care paediatrician more than ten times before being referred to a different type of healthcare professional. On average, children were referred to 5 (±2) types (range 2–10; n=41) of healthcare professional before seeing a geneticist or being referred to a specialist to confirm the disorder.
Mean age at diagnosis was 5.8 (±4.1) years (range 0.8–20.0; n=43). Most children (n=43) were diagnosed by hospital paediatricians (51.2%), followed by paediatricians specialising in metabolic disorders (14.0%), geneticists (9.3%), neurologists (9.3%), metabolic consultants (7.0%) and developmental paediatricians (4.7%). Mean lag time between first noticing a symptom and diagnosis was 5.3 (±3.9) years (range 0.4–19.0; n=40).
Only 9.5% of children (n=42) had a genetic test to confirm the MPS III disorder, with 71.4% of children having the disorder confirmed by urinary GAG testing, 45.2% by enzyme activity testing, or a combination of both, with 33.3% of children undergoing a skin biopsy to determine MPS III subtype.
This study highlights the challenges in diagnosis of rare genetic diseases and the need for genetic testing earlier in the diagnostic pathway to allow patients access to the relevant medical support and intervention, necessary for an improved quality of life.
Hintergrund: Das CANDLE-Syndrom ist eine seltene, wenig bekannte, genetisch definierte autoinflammatorische Erkrankung mit bislang weniger als 100 beschrieben Fällen weltweit.
Fallbericht: Präsentiert wird ein einjähriges Mädchen mit livid-erythematösen nodulären Hautläsionen, bilateral, an Armen und Beinen, meist prätibial. Nach zwei Wochen manifestierte sich Fieber mit Schwellung der Hand- und Fußrücken, Myalgie und Arthralgien. Es wurde die Verdachtsdiagnose einer Pannikulitis in Form eines Erythema nodosum gestellt. Die Echokardiographie ergab einen Perikarderguss und moderate Pleuraergüsse beidseits. Unter Steroidtherapie und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kam es zur sofortigen Entfieberung und partiellem Rückgang der Symptome. Bei Reduktion der Steroide verschlechterte sich das Krankheitsbild jedoch erneut mit Fieberschüben bis 40 °C, abdominellen Beschwerden und begleitender Leukozytose, Thrombozytose, mikrozytämischer Anämie und erhöhter LDH, CRP und BSG. Im Abdominal-MRT zeigte sich eine mesenteriale Pannikulitis. Eine Erhöhung der Steroiddosierung sowie eine Therapieeskalation mit Etanercept erreichten lediglich eine zehn Tage anhaltende Entfieberung. Bei erneuten Fieberschüben, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Muskelschwäche, Lipodystrophie sowie Transaminasen- und Triglyceridenerhöhung wurde mit einer Kombitherapie aus Anakinra, Steroiden und NSAR eine geringe Regredienz der Entzündungsparameter, nicht jedoch eine Kontrolle der Krankheitsprogression, erreicht. Die progrediente fazialbetonte Lipodystrophie zusammen mit früh-auftretenden Fieberschüben, Fingerschwellungen, Wachstumsstillstand, Muskelatrophie, prominentem Abdomen, generalisierte Lymphadenopathie und Hepatosplenomegalie führte klinisch zur Diagnose eines CANDLE-Syndroms. Die Interferon-Signatur wies eine starke Typ 1-Interferonaktivierung nach, die unsere Verdachtsdiagnose bestätigte. Molekulargenetisch zeigten sich keine pathogenen Veränderungen im PSMB8-Gen, die Ergebnisse der Whole Exome Sequenzierung stehen aus. Schließlich wurde der off-label Therapie mit dem JAK 1/2-Hemmer Baricitinib zugestimmt. Binnen weniger Tage kam es zur Fieberfreiheit und Halbierung der Entzündungs- und Transaminasenwerte. Gewicht und Wachstum normalisierten sich, der Rückgang der Myositis und der Arthralgien erlaubte der Patientin, wieder zu laufen und den Kindergarten zu besuchen.
Diskussion: Das CANDLE-Syndrom gilt als Typ-1- Interferonopathie. Der genetische Hintergrund ist heterogen. Neben Mutationen im PSMB8-Gen sind weitere Mutationen beschrieben. In unserem Fall war das viel zu früh in der Kindheit auftretende E. nodosum mit anhaltender begleitender systemischer Inflammation und sich entwickelnder Lipodystrophie diagnostisch wegweisend. Therapeutisch erwies sich Baricitinib, ein JAK-1/2 Inhibitor, zur Hemmung des Interferon-α Entzündungswegs als sehr effektiv.
XHintergrund: Morbus Wilson (MW) ist eine seltene autosomale, rezessive Störung des Kupfertransports. Eine toxische Akkumulation von Kupfer in Niere, Leber und Gehirn ist die Folge. Das Krankheitsbild ist klinisch heterogen mit hepatischen und neuro-psychiatrischen Erscheinungsformen. Die Behandlung erfolgt mit Chelatbildnern, z.B. D-Penicillamin und Trientin, und durch Reduktion der Kupferaufnahme. Wenig ist bekannt über die pharmakologischen Parameter der Behandlung mit Trientin, insbesondere bei betroffenen Kindern.
Hier soll die Pharmakokinetik (PK) von Trientin bei Kindern untersucht werden, auch im Vergleich zu Erwachsenen, für mögliche Rückschlüsse zu pädiatrischen Dosierungsstrategien.
Methoden: Offene, single-dose, single-center Studie zur Bestimmung der steady-state-PK von Trientin-dihydrochlorid bei damit vorbehandelten MW-Patienten im Jugend- und Erwachsenenalter aus der regulären ambulanten Betreuung. Morgendliche orale einmal Dosis der sonst üblichen Trientinmenge auf nüchternen Magen. Blutproben wurden vor der Einnahme und zu 10 definierten weiteren Zeitpunkten bis 12 Stunden nach Einnahme entnommen. Bestimmung der Serumkonzentration von Trientin, sowie weiterer Parameter. NCT01874028. Analyse mit Microsoft-Excel und Microsoft-Access (Version 2016).
Ergebnisse: Vier Jugendliche (J), mittleres Alter 13,8 Jahre (SD 1,5; Median 13) und 15 Erwachsene (E), mittleres Alter 47,4 Jahre (SD 9,1; Median 48) wurden ausgewertet. Ein 19-jähriger wurde nicht zugeordnet. BMI J: 19,4 (SD 1,4), E: 24,3 (SD 4,0). Coeruloplasmin im Serum J: 12,2 mg/dl (SD 1,5); E 9,0 mg/dl (SD 4,6); Gesamt-Kupfer im Serum J: 4,8µmol/l (SD 2,4), E: 3,1 µmol/l (SD 2,2); ALAT J: 20,5 (SD 0,5), E: 34,9 (SD 15,4); GGT J: 15,8 (SD 4,3), E: 79,5 (SD 112,2). Übliche Tagesdosis Trientin J: 900,0mg (SD 223,9), E: 1066,7mg (SD 307,0). Mittlere Studien-Trientin-Einmaldosis J: 400mg (SD 200); E: 467mg (SD 174); J: 11,9 mg/kg Körpergewicht (SD 6,5; min 5,2; max 20,2), E: 9,1 mg/kg KG (SD 3,2; min 3,3; max 16,7).
Nach Dosis normalisierte Cmax: J 1,66 (ng/ml)/(mg) (SD 0,42), E: 2,03 (ng/ml)/(mg) (SD 1,18). Nach Dosis normalisierte AUC(0-t): J 6,56 (ng/ml h)/(mg) (SD 1,59), E: 7,87 (ng/ml h)/(mg) (SD 5,22); Tmax: J 2,65h, E: 1,48h. T1/2 J: 2,9h (SD 0,5), E: 3,9h (SD 1,3). R2 bei linearer Regression von Dosis zu Cmax: J: 98%, E: 43%.
Diskussion: Es wurde kein relevanter Unterschied in den pharmakokinetischen Parameter bei oraler Trientingabe zwischen Jugendlichen und Erwachsenen mit Morbus Wilson gefunden. Allerdings findet sich eine deutlich stärkere Korrelation zwischen Dosis und Serumkonzentration bei den untersuchten Jugendlichen als bei erwachsenen Patienten, was mit deren geringerer Streuung des Krankheitsfortschritts zusammenhängen könnte. Die Aussage ist durch die kleine Fallzahl limitiert. Weitere Untersuchungen, auch zur Pharmakodynamik wären wünschenswert.
Hintergrund: Die Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) ist eine seltene genetische Erkrankung mit fortschreitender, durch Traumata und Entzündungen getriggerter Verknöcherung von Skelettmuskeln und Bindegewebe, die meist bereits im Jugendalter zu weitgehendem Mobilitätsverlust führt. Aktuell ist keine kausale Therapie verfügbar. Die Erkrankung verläuft schubweise und ist dann oft schmerzhaft. Das mittlere Überleben liegt mit großer Spannbreite bei 40 Jahren.
Fragestellung: Wir berichten von einer FOP-Patientin mit ausgeprägtem chronischen Schmerzsyndrom und fragen nach Möglichkeiten des multimodalen Managements.
Kasuistik: Bei der heute 17-jährigen Patientin wurde die Diagnose der FOP im Alter von 2 Jahren gestellt. In der Folge versteiften allmählich alle großen Gelenke; bettlägerig ist die Patientin seit 2 Jahren. Chronische, von akuten Schüben unabhängige Schmerzen bestehen seit ca. 3/2019, seit 7/2019 erfolgt multimodale Therapie durch spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Die Patientin beschreibt drei Arten von Schmerz: 1) Knochenschmerzen bei Krankheitsschüben (VAS 3-9), 2) einschießende stechende Schmerzen am ganzen Körper, v.a. Rücken (VAS 5-10) und zeitweilig 3) Magenschmerzen/Kopfschmerzen (VAS 5-10). Mehrfach erfolgte eine ausführliche somatische Diagnostik bezüglich der Schmerzätiologie, jedoch ohne wegweisende Befunde.
Seit Aufnahme in die SAPV Umsetzung eines multimodalen Behandlungskonzepts: Medikamentös kamen NSAR zur Anwendung, hochpotente kurz- und langwirksame Opioide; zusätzlich Koanalgetika (Pregabalin) und Adjuvanzien (Antiemetika, Protonenpumpeninhibitoren). Auch erfolgten intensive tiefenpsychologische Psycho- und Verhaltenstherapie, Massagen, Wärmepflaster. Wiederholt wurden massive Medikamentennebenwirkungen berichtet (Übelkeit bei Fentanyl-Pflaster, Schwindelzustände bei Metamizol, Unwirksamkeit von Hydromorphon und Fentanyl-Lutschtabletten), daneben auch Panikzustände, was zu häufigen Medikamentenwechseln und Unzufriedenheit führte. Die Patientin empfand schließlich nur bei Anwendung von nasalem Fentanyl-Spray Erleichterung, wodurch dessen auch missbräuchliche Verwendung getriggert wurde. Unterschiedliche medikamentöse Maßnahmen erwiesen sich als lediglich kurzzeitig wirksam.
Im Rahmen einer Schmerzkrise erfolgte die stationäre Re-Evaluation der Therapie. Dabei profitierte die Patientin insbesondere von psychotherapeutischen Interventionen.
Diskussion: Wir diskutieren ein mögliches Schmerzverstärkungssyndrom durch Immobilisierung auf Grundlage psychosozialer Belastungsfaktoren wie Pubertätskonflikten, Grundkrankheits-bedingter Angst, Schulstress etc.; als weiterer Triggerfaktor die in der Corona-Pandemie gesteigerte soziale Isolation.
Fazit: Die Behandlung chronischer Schmerzen bei FOP sollte im Rahmen eines multimodalen Therapieansatzes erfolgen, sensibel für psychosoziale Belastungen sein und beständig an die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden.
HINTERGRUND
Die Canavan-Leukodystrophie (Canavan disease = CD) ist eine seltene neurodegenerative Erkrankung, bei der durch eine genetisch bedingte Defizienz des Enzyms Aspartoacylase (ASPA) der Abbau von N-Acetylaspartat (NAA) verhindert wird. Betroffene Kinder entwickeln einen Makrozephalus, sind psychomotorisch schwer beeinträchtigt und versterben früh. Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich auf symptomatische und palliative Therapien.
Obwohl es sich bei NAA um das Stoffwechselprodukt mit der zweithöchsten Konzentration im Gehirn von Säugetieren handelt, ist seine physiologische Rolle wenig verstanden. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der NAA-Stoffwechsel nicht nur im Gehirn, sondern auch in peripheren Geweben eine wichtige Rolle in der Pathogenese verschiedener Krankheiten spielt, so zum Beispiel im Fettgewebe, in Immun-, Lungen- und Prostatakrebszellen. Es ist unklar, welche Rolle die ASPA-Defizienz außerhalb des Nervensystems bei CD-Patienten spielt.
FRAGESTELLUNG
Ziel des Forschungsprojektes PeriNAA ist es, den NAA-Stoffwechsel sowohl zentralnervös als auch in peripheren Geweben genauer zu charakterisieren. Ein besser verstandener Pathomechanismus kann die Entwicklung wirksamer Therapien für die Canavan-Leukodystrophie und auch potentiellfür andere Krankheiten, bei denen der NAA-Stoffwechsel involviert ist, ermöglichen.
MATERIAL UND METHODE
Nach informiertem Einverständnis der Patienten erfolgt eine retrospektive und prospektive Analyse von Daten des Krankheitsverlaufes und peripherer Manifestationen des M. Canavan. Pseudonymisierte Informationen, Fibroblasten und Blutproben werden an die PeriNAA-Kooperationspartner der TU Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums in München weitergeleitet.
Mit Hilfe von Gas-Chromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS), gerichteter und ungerichteter Isotopen-gestützter Metabolomikmethoden, sowie RNA-Sequenzierung wird der Stoffwechsel von genetisch veränderten Zelllinien, primären Zellen, Geweben von CD-Mausmodellen sowie Bioproben von CD-Patienten untersucht werden. Mit Hilfe einer informatikbasierten Modellierung soll ein prädiktives mechanistisches Modell des NAA-Stoffwechsels entwickelt werden.
ERGEBNISSE und Diskussion
Der Juniorforschungsverbund PeriNAA wird bis zum August 2024 vom BMBF gefördert, um mit Hilfe einer integrativen Analyse den physiologischen N-Acetylaspartatstoffwechsel und die Pathophysiologie des M. Canavan zu untersuchen. Hierbei soll ein prädiktives, mechanistisches Modell des NAA-Stoffwechsels entwickelt werden. Aufgrund der Seltenheit der Canavan-Leukodystrophie ist eine Zuweisung externer Canavan Patienten durch kinderärztliche Kollegen eine wichtige Unterstützung.
HINTERGRUND
Die cerebrotendinöse Xanthomatose (CTX) ist eine seltene Leukodystrophie, die durch eine autosomal-rezessiv vererbte Störung der Sterol -7-Hydroxylase eine verminderte Chenodesoxycholsäure-Produktion und erhöhte Plasma-Cholestanol-Spiegel verursacht. Die klinischen Manifestationen der CTX sind variabel. Häufig leiden die Betroffenen unter chronischen Durchfällen, Katarakten und Entwicklungsauffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter sowie einer fortschreitenden Leukodystrophie, Xanthomen und einer Arteriosklerose im jungen Erwachsenenalter. Die Therapie mit Chenodesoxycholäure ist für die CTX in Deutschland zugelassen.
FRAGESTELLUNG
Klinik, Verlauf und Diagnostik bei vier Patienten mit CTX.
MATERIAL UND METHODE
Retrospektive Analyse diagnostischer und klinischer Informationen von vier CTX Patienten.
ERGEBNISSE
Bei allen vier Patienten mit molekulargenetisch gesicherter CTX zeigten sich erhöhte Cholestanolwerte im Blut und im Krankheitsverlauf klassische Symptome der CTX.
Die Diagnose der Patienten wurde im Alter zwischen 8 und 41 Jahren gestellt. Zum Analysezeitpunkt sind ein Patient 9 Jahre alt, drei Patienten 30-47Jahre alt. Bei allen vier Patienten wurde von epileptischen Anfällen berichtet, wobei das Spektrum von Fieberkrämpfen bis zur dauerhaft therapiebedürftigen Epilepsie reichte. Drei von vier Patienten entwickelten im Kindes-und Jugendalter eine chronische Diarrhoe, bei ebenfalls drei Betroffenen wurde eine Entwicklungsverzögerung während der kindlichen Entwicklung berichtet. Bis zum Erwachsenenalter entwickelten alle drei erwachsenen Patienten beidseitige Katarakte, im Erwachsenenalter dann jeweils psychiatrische Symptome. Zwei der Erwachsenen entwickelten Xanthome. Die beiden erwachsenen Patienten, die ein cMRT erhielten, zeigten typische Veränderungen der weißen Hirnsubstanz. Ein Patient erlitt im Alter von 39 Jahren einen Herzinfarkt.
Alle vier Patienten begannen eine Therapie mit Chenodesoxycholsäure, woraufhin bei zwei von drei der Patienten umgehend die chronischen Durchfälle sistierten.
DISKUSSION und SCHLUSSFOLGERUNG
Die CTX ist eine ohne Behandlung fortschreitende Leukodystrophie des Erwachsenenalters mit einer Vielfalt weiterer Organmanifestationen. Erste Symptome im Kindes- und Jugendalter können eine neonatale Cholestase, chronische Durchfälle, Katarakte und Entwicklungsauffälligkeiten sein. Diese sollten an eine CTX denken lassen. Da man davon ausgeht, dass ein früher Therapiebeginn mit der zugelassenen Therapie, der oralen Einnahme von Chenodesoxycholsäure, den Verlauf positiv beeinflussen kann, ist für die Zukunft eine frühzeitige Diagnose mit Hilfe eines zu etablierenden Neugeborenen-Screenings anzustreben.
Fallbericht:
Bei unserem Patienten handelt es sich um einen Jungen, der als Frühgeborenes (35+1 SSW, 2870g) und erstes Kind der Mutter nach 4 Aborten bei sonst unauffälliger Familienanamnese betreut wurde.
Postnatal Neugeboreneninfektion mit meningealer Beteiligung ohne Keimnachweis. Es bestand eine Trinkschwäche und eine beginnende Gedeihstörung. Des Weiteren fand sich eine milde Pulmonalklappenstenose sowie ein multiperforiertes Vorhofseptum. Das Kind wurde mit kurzen Unterbrechungen durchgehend stationär betreut. In der 6. Lebenswoche erfolgte eine Pyloromyotomie bei hypertrophe Pylorusstenose. Auch anschließend bestand weiterhin die Trinkschwäche mit progredienter Gedeihstörung. Es konnten keine autoimmunologischen, metabolischen, entzündlichen oder malignen Ursachen für diese gefunden werden.
Im Laufe des ersten Lebenshalbjahrs wurden mehrere Stigmata evident (hohe Stirn, antimongoloide Lidachse, hypotrophe Nasenwurzel, tiefsitzende Ohren). Hinzu kam eine motorische Entwicklungsverzögerung mit Makrozephalie sowie muskulärer Hypotonie. Bei nun zunehmender hämodynamischer Relevanz der Pulmonalklappenstenose erfolgte in der 19. Lebenswoche eine Ballondilatation. Zusätzlich musste eine antikongestive Therapie begonnen werden, ohne dass es zu einer relevanten Besserung der Trinkleistung und der Dystrophie kam.
Rezidivierende Fieberschübe und Hyper-IgM-Phänotyp veranlassten im 5. Lebensmonat umfassende immunologischen Diagnostik. Diese erbrachten keinen Hinweis auf eine Immundefizienz. Stattdessen Verdacht auf hepatolienale Candida-Infektion (echoarme Rundherde in Leber und Milz und Candida-Antigen im Blut nachweisbar), die über 41/2 Monate erfolgreich behandelt wurde. Erst nach PEG-Anlage mit 11 Lebensmonaten konnte eine Gewichtszunahme erzielt werden.
Die Diagnose des Noonan-like-Syndroms with loose anagen hair wurde durch eine Exom-Analyse gestellt; es fand sich eine pathologische Sequenzveränderung c.4A>G,p.(Ser2Gly) im SHOC2-Gen.
Diskussion:
Das 2003 erstmals beschriebene Noonan-like-Syndrom with loose anagen hair ist phänotypisch gekennzeichnet durch Merkmale Hypertelorismus, Ptoses, hohe Stirn, relative Makrozephalie, Kleinwuchs, kognitive Defizite, ausgeprägtes hyperaktives Verhalten, angeborene Herzerkrankungen und leicht zu zupfendes, spärliches Haar. Bisher gibt es nur wenige beschriebene Patienten mit diesem Syndrom. Zur Diagnosestellung unklarer syndromaler Erkrankungen etabliert sich immer mehr die Exom-Analyse als Methode der Wahl, die auch in unserem Fall durchgeführt wurde.
Problem:
Dyslipidämien von großer klinischer Bedeutung, da einige wichtige CVRF für frühe Arteriosklerose sind.
Methode:
Literaturrecherche Medline, PubMed etc., Praxis-Fazit.
Ergebnis:
Häufigste FH-Ursache LDLR-Defekt: Mutation im LDLR-Gen auf Chromosom 19p13.2, LDLR-Funktion, -Transkription oder -Internalisierung betreffend.
Phänotyp ‚Gain- of-Function‘-Mutation von PCSK9 (Lokation 1p32, vermindertes Rezeptor-Recycling) vergleichbar mit LDLR-Defekt, Phänotyp bei familiärem defektivem ApoB o. ApoB-Mangel (Lokation 2p24, defektives Binding von apoB an LDLR) schwächer ausgeprägt. Weitere Gen-Mutation Autosomal recessive Hypercholesterinämie (LDLRAP1)(Lokation 1p36, defektives LDLR-Adaptorprotein beeinträchtigt LDLR-Internalisation).
Klinisch Atherogenese acceleriert von Geburt an u. maternale Hypercholesterinämie während Gravidität erhöht weiter Atheroskleroselast bei Kindern. Rate der Atherosklerose-Entwicklung bei FH im Lebensalter direkt proportional LDL-Chol-Konzentrationen, daher viel höher bei homozygoter als bei heterozygoter FH. Atherosklerose führt zu schwerer Hauptstamm- o. 3-Gefäßerkrankung, kann sich auch auf Aortenbogen u. -klappensegel ausdehnen, v.a. bei homozygoter FH. Atherosklerosebefall Femoral- u. Zerebralarterien weniger häufig.
Patienten mit homozygoter FH präsentieren sich mit oft symptomatischer KHK bereits im Kindes- u. Adoleszentenalter. Systolisches Aortengeräusch Hinweis auf supravalvuläre AS.
Patienten mit heterozygoter FH entwickeln später symptomatische KHK, 3. u. 4. Dekaden, v.a. ohne Therapie u. bei weiteren CVRF (Rauchen, HTN o. Dm) u. FA für KHK.
Sehnenxanthome nahezu pathognomonisch für FH, bei homozygoter FH auch planare Hautxanthome bei Alter 10. Fehlen von Xanthomen o. Arcus cornealis schliesst FH nicht aus, v.a. bei jüngeren Patienten.
In Subgruppe Kinder therapeutische Targets für Plasma-LDL-Chol(IFHF):
- Alter 8-10 Jahre, passende Diät, LDL-Chol > 4 mmol/L bei 2 Gelegenheitsmessungen: < 4 mmol/L (< 150 mg/dL);
- Alter > 10 Jahre, passende Diät, LDL-Chol > 3,5 mmol/L bei 2 Gelegenheitsmessungen: < 3,5 mmol/L (< 130 mg/dl).
Neben Lebensstiländerung sollte Ernährung/Diät für Kinder (> 2 Jahre) modifiziert werden (Zusammensetzung Fettgehalt, Cholesterinaufnahme < 300 mg/Tag).
IFHF-Guidelines empfehlen pharmakotherapeutisch für Kinder mit FH im Alter 8-10 J. Start mit low-dose-Statin-Monotherapie, im Alter > 10 Jahre ebenfalls Statintherapie mit Option zusätzlich von Ezetimib oder Gallensäuren-Binder. Höhere Dosen potenterer Statine bei homozygoter FH erforderlich.
Zusatz-Monitoring physische Entwicklung, Pubertät u. GOT, GPT, CK, Crea.
Apharese ab 5 Jahre, bei Plasma-LDL-Chol > 9 mmol/L (> 350 mg/dL) nach max. Pharmakotherapie.
Neue Therapien schwerer FH in Erprobung (Studien) o. bereits zugelassen:
Mipomersen, Lomitapide, PCSK9-AK u. CETP.
Fazit::
Schlechte Prognose der FH, Morbidität u. Mortalität, v.a. homozyg. FH, wird bereits bei Kindern durch Behandlung entscheidend verbessert.
Hintergrund:
Commotio cordis bezieht sich auf den plötzlichen arrhythmischen Tod, der durch einen Aufprall von Gegenständen auf die Brustwand verursacht wird.
Methodik:
Selektive Literaturrecherche in PubMed. Erarbeitung praxisrelevanter Aspekte.
Ergebnis:
Commotio cordis ist vor allem bei Sporttreibenden bzw. Sportlern zwischen 8 und 18 Jahren zu sehen, die mit „Geschossen“ wie Baseball, Hockey-Pucks oder Lacrosse-Bällen Sport treiben. Diese Geschosse können die Athleten in der Mitte der Brust mit einem schon geringen Aufprall treffen, der aber ausreicht, um das Herz in eine Arrhythmie zu versetzen. Unter Kampfsport kann ein Schlag der Hand auch dazu führen, dass das Herz seinen Rhythmus ändert.
SYMPTOME: Athlet wurde von einem Gegenstand wie Baseball, Baseballschläger oder Lacrosse-Ball in die Brust getroffen. Es sollte kein offenes Trauma geben. Der Athlet stolpert in der Regel für einige Sekunden vorwärts, worauf Bewusstlosigkeit, Apnoe und Pulslosigkeit folgt. Ein AED zeigt Kammerflimmern.
PRÄVENTION: Trainer sollten bei Übungen und Spielen anwesend sein. Schulung von Trainern, Eltern und Athleten über Anzeichen von Commotio Cordis und Durchführung von CPR und Verwendung eines AED. Jederzeit einen AED in der Nähe von Spielfeldern bereithalten. Sicherstellen, dass Trainer wissen, wo der AED zu finden ist, dass ein Notfallaktionsplan vorhanden ist, dass die Schutzausrüstung ordnungsgemäß angebracht ist. Schulung des Athleten zur Vermeidung mit einem Ball/Puck getroffen zu werden. Vermeiden von Kraftunterschieden zwischen Teilnehmern und Trainern. Verwenden von Sicherheitsbällen.
DIFFERENZIALDIAGNOSE: Herzstillstand. Lungenerkrankungen. Hypertrophe Kardiomyopathie. Commotio cerebri. Hitze-Synkope.
THERAPIE: Verwenden eines AED und Defibrillation so schnell wie möglich. Für jede Verzögerung von 1 Minute, die durch den AED geschockt werden könnte, sinkt die Überlebensrate um 10%! Die Verwendung eines AED gibt dem Athleten die größten Überlebenschancen. Aktivieren des Notrufs und des Notfallaktionsplans der Schule. Fortsetzen des AED-Einsatzes und der CPR, bis medizinischer Rettungsdienst ankommt und übernimmt.
WANN KANN WIEDER SPORT GETRIEBEN WERDEN? Vor Wiederaufnahme des Spiels sollte betroffener Athlet eine kardiologische Herzbeurteilung erhalten. Vor Wiederaufnahme der Sport-Praxis ist ärztliche Freigabe erforderlich. Der Sporttrainer sollte während des Reeinsatzes klinisches Urteilsvermögen anwenden und den Athleten sorgfältig beobachten, um sicherzustellen, dass keine kardiale Episode auftritt. Anpassen der Praxis, indem ein persönlicher Schutz hinzugefügt wird, z. B. Brustpolsterung, und/oder Wechsel auf Sicherheitsbälle.
Konklusion:
Ohne sofortige CPR und Defibrillation ist die Prognose von Commotio cordis düster mit seltenem Überleben. Prävention ist mit Einschränkungen möglich und erforderlich.
Problemstellung:
Bewegung ist sowohl für Gesundheit als auch Wohlbefinden des Menschen essentiell. Fitness ist eines der wichtigsten Prädiktoren für Erhaltung von Gesundheit u. langer Lebensdauer. Die Basis für lebenslanges Bewegen wird dabei im Kindesalter gelegt.
Methodik: Literaturrecherche, eigene Untersuchungen, Praxis-Fazit.
Ergebnis:
Vielfach wissenschaftlich belegt ist für die Prävention kardiovaskulärer u. vieler weiterer chronischer Erkrankungen (v.a. sogenannter Zivilisationskrankheiten) sich ausreichend zu bewegen. Die Verbesserung der motorischen u. körperlichen Leistungsfähigkeit geht parallel mit einer Steigerung auch der kognitiven Leistung. Dadurch nehmen auch Selbstwertgefühl u. soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit u. Leistungsbereitschaft zu.
Körperliche Fitness verbessert zahlreiche Parameter: Adipositas, kardiovaskuläre Parameter (HOMA-Index, RR, Lipide, hsCRP), motorische Entwicklung, Kognition u. psychosoziale Gesundheit, mentale Gesundheit, QoL – so nach den Daten einer großen Metaanalyse (142 Studien) mit 319.311 Kindern im Alter von 5 – 17 Jahren aus 20 Ländern.
Zur „Dosis“ ist die Datenlage noch spärlich. Die NASPE (USA) hat 2002 erstmals Empfehlungen für Bewegung in unterschiedlichen Altersgruppen herausgegeben. 2016/17 wurden für die BRD nationale Bewegungsempfehlungen erstellt, internationale Leitlinien aufgenommen: Für Kinder u. Jugendliche in Abhängigkeit vom Alter werden täglich mindestens 90 Min. Sport u. Alltagsaktivitäten, z.B. der Schulweg, in einem Umfang von 12.000 Schritten empfohlen: Säuglinge u. KK so viel wie möglich im natürlichen Bewegungsdrang bewegen; KITA-Kinder angeleitete u. nichtangeleitete Bewegung 180 Min./Tag; Grundschulkinder u. Jugendliche 90 Min./Tag moderate bis intensive Intensität, 60 Min. durch Alltagsaktivität, mindestens 12.000 Schritte.
Bewegungsarme Kinder sind schrittweise an das Ziel zu führen.
Des weiteren werden altersbezogene Höchstwerte für vermeidbare Sitzzeiten, v.a. Medienkonsumzeiten, angegeben: Säuglinge, KK 0 Min., KITA-Kinder max. 30 Min./Tag, Grundschulkinder max. 60 Min./Tag, Jugendliche max. 120 Min./Tag, jeweils möglichst wenig.
Wichtigste Botschaft: den natürlichen Bewegungsdrang von Kindern so weit wie möglich unterstützen. Für jedes Alter ist die Differenzierung zwischen einer Mindestmenge an angeleiteter u. intensiver Bewegung u. der Empfehlung die freie, unstrukturierte Bewegung zu fördern, nicht zu begrenzen, wichtig.
Bewegungszeiten erreichen in der Realität bei Weitem nicht die empfohlenen Werte. Zweite Welle KIGGS-Studie belegt: < 30%. Bewegung nimmt ab Schulalter ab, Mädchen schlechter als Jungen, weitere Verschlechterung mit zunehmendem Alter.
Konklusion:
Frühe Bewegungsförderung ist Grundlage für lebenslange Gesundheit.
Täglich 90 Min. Bewegung u. Sport, möglichst wenig Sitzzeiten u. Medienkonsum sind die Empfehlungen.
Bemühungen um Steigerung von Bewegung u. Begrenzung der Sitzzeiten sind bislang leider weiterhin von unzureichendem Erfolg.
Hintergrund:
Nachdem Kinder in der Vergangenheit gesellschaftlich eine untergeordnete Rolle spielten, entwickelte sich erst langsam ein Bewusstsein für ihre besonderen Bedürfnisse. Seit der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention (CRC) (1989) und ihrer Ratifizierung in fast allen Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen (UN) ist das Bewusstsein um die Rechte kranker Kinder in aller Welt gestiegen. Auch wenn die Staatenberichte und die „Schattenberichte“ regelmäßig die Umsetzung der CRC monitorieren, so gibt es doch wenige empirische Daten zur Beachtung ihrer Prinzipien in deutschen Kinderkliniken.
Ziel der Studie:
Ziel der empirischen Studie war es, die Bedeutung der CRC für die Kindermedizin herauszuarbeiten sowie Daten zur Awareness und bisherigen Implementierung in deutschen Kinderkliniken zu erheben, um einen Ansatz für neue Strukturen in der Kinderheilkunde zu entwickeln, die der CRC gerecht werden.
Material und Methoden:
Zur Erhebung der Daten wurde ein Online-Fragebogen mit 67 Fragen entwickelt, zu dessen Teilnahme alle in deutschen Kinderkliniken tätigen Ärzte aufgerufen wurden. Die Einladung zur Teilnahme wurde zunächst via E-Mail über die jeweiligen Klinikdirektoren der pädiatrischen Abteilungen/Kliniken verschickt. Zusätzlich wurde im Rahmen einer Rundmail der DGKJ auf die Umfrage aufmerksam gemacht und der entsprechende Zugangslink versendet.
Ergebnisse:
Insgesamt nahmen 8,5% (n=525) der an pädiatrischen Abteilungen tätigen Ärzte an der Umfrage teil. Bei der Datenanalyse zeigte sich unter den Teilnehmern insgesamt ein großes Bewusstsein über die CRC und ihre Relevanz für Kinder, jedoch war nur 49,7% der Befragten die konkrete Bedeutung für die medizinische Betreuung kranker Kinder im Krankenhaus bewusst. Nur bei 10,7% der teilnehmenden Ärzte wurden die Prinzipien der CRC im Rahmen von Informationsveranstaltungen der Klinik thematisiert und nur 8,4% gaben an im Rahmen ihrer Ausbildung speziell für den Umgang mit Kindern im Krankenhaus geschult worden zu sein. Bezogen auf die einzelnen Artikel der CRC zeigten sich in vielen Bereichen große Defizite in deren Umsetzung im klinischen Alltag.
Schlussfolgerung:
Die Studie zeigt die Relevanz und hebt die bestehenden Defizite in der Umsetzung der CRC im klinischen Alltag hervor. Sie macht deutlich, wie wichtig eine genauere Untersuchung der Thematik ist, um entsprechende Strukturen für eine bessere Achtung und Umsetzung von Kinderrechten im Klinikalltag erarbeiten zu können. Wünschenswert wären international-vergleichende Untersuchungen. Auf Grundlage dieser Daten können weitere Schritte in der Umsetzung der CRC in der Kindermedizin ermöglicht werden.
Einleitung
Das Thema Interprofessionalität wird in der täglichen Praxis in Klinik und Niederlassung immer mehr in den Vordergrund gerückt. Im Rahmen von interprofessionellen Ausbildungsstationen (IPSTAs) wird Interprofessionalität in die Lehre/Ausbildung integriert und praxisorientiert umgesetzt.
Angefeuert durch die Lehrbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie entstehen derzeit vielfältige digitale Lehrangebote, um weiterhin Unterricht zu ermöglichen. Dabei werden jedoch vielfach rein monoprofessionelle Angebote geschaffen und die Chancen, die digitale Lehr-Lernkonzepte bieten für interprofessionelle Lehre (IPL) nicht genutzt.
Fragestellung: Im Rahmen der „Kinder-IPSTA Bonn“ am Universitätsklinikum Bonn wurden Teile der interprofessionellen Lehre (IPL) digital neu gestaltet, mit dem Ziel digitale Lehre, interprofessionelle Lernthemen und praktische Lehrformate sinnvoll zusammenzuführen.
Methoden und Ergebnisse:
In Bonn besteht seit Mai 2019 die „Kinder-IPSTA Bonn“ auf einer kinderkardiologischen Station. In Rahmen von 3-4-wöchigen Einsätzen betreuen PJ-Studierende und Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeschüler*innen im letzten Jahr eigenständig Patient*innen und ihre Angehörigen im interprofessionellen Team, unterstützt durch ärztliche und pflegerische Lernbegleitungen.
Aus einem interprofessionellen Team heraus wurden nun Vorschläge und Konzepte erarbeitet, um die didaktische Begleitung der nächsten IPSTA-Einsätze digital durchzuführen bzw. zu unterstützen. Im Fokus standen dabei der Einführungs- und Abschlusstag.
Wir möchten das Konzept des Einführungstages der Kinder IPSTA Bonn sowie den Methodenmix vorstellen und von ersten Erfahrungen und Herausforderungen berichten.
Mit dem Ziel für die interprofessionelle Teamarbeit zu sensibilisieren und auf den Praxiseinsatz in der Kinder IPSTA Bonn vorzubereiten wurden Themen, wie Kommunikation und Notfallmanagement, in asynchronen digitalen Lerneinheiten und Lerneinheiten entsprechend des "flipped classroom" Prinzips gestaltet. Dies soll die Lehre zu "Corona Zeiten" ermöglichen und darüber hinaus das Zusammenspiel von interprofessioneller und praktischer Lehre verbessern.
Diskussion:
Die digitale Lehre bietet eine Chance interprofessionelle Lerninhalte und Auszu
Bei Schaffung von neuartigen Lehrangeboten sollte der interprofessionelle Aspekt stets bedacht und umgesetzt werden. Dazu brauch es bereits bei der Schaffung der Strukturen die Sensibilität für dieses Thema. Interprofessionelle Lehre muss dabei im interprofessionellen Team entwickelt werden.
Die Digitalisierung der Lehre und interprofessionelle Lehre sind zwei Vorhaben zur Modernisierung und Qualitätsverbesserung der Lehre mit dem Ziel die beste ganzheitliche Patientenversorgung zu gewährleisten. Diese beiden Vorhaben können und sollten Hand in Hand gehen.
Background and Objective. Worldwide, more than 350 million people are chronically infected with the hepatitis B virus (HBV). HBV is one of the most important risk factors for liver cirrhosis and hepatocellular carcinoma (HCC), and no definite medical cure exists. Personalised molecular diagnostic improvements for disease course prediction including pharmacological response are urgently needed in order to improve morbidity and mortality. Chronic viral infections induce microRNA secretion into the peripheral blood stream, which can serve as a non-invasive source for molecular diagnostics.
Aim of the study. To characterize the microRNome in HBV infections, we analyzed microRNA signature patterns in vitro in HBV infected hepatocytes and in liver tissue from HBV transgenic mice, as well as in blood and liver biopsy samples of children with chronic HBV infections.
Methods. We utilized a biobank containing blood/serum samples and clinical outcome parameters of more than 900 paediatric patients with chronic HBV infections documented over a period of more than two decades. We assessed 120 longitudinally collected serum samples from at several time-points: 1. at initial diagnosis; 2. before HBeAg/anti-HBeAg seroconversion; 3. After seroconversion. We further we distinguished patients treated with nucleoside analogues and untreated cases. For comparison we also utilized human liver biopsies and hepatocellular in vitro models as well as HBV transgenic mice with and without HBV-induced HCC development.
Results. We determined differential microRNA profiles of up to 488 microRNAs between initial diagnosis and later infection stages. HBeAg/anti-HBeAg seroconversion and antiviral treatment in children as well as specific in vivo hepatocytes and murine liver tissues were associated with altered microRNA expression profiles. In vivo, serum expression of hsa-miR21-5p, hsa-miR-215-5p, hsa-miR-375, hsa-miR-4492, hsa-miR-145-5p, hsa-miR-24-3p, hsa-miR-4516 and hsa-miR-486-5p was negatively associated with HBV infection or vaccination state. In vitro, Hepatocytes differentially expressed hsa-miR-122, hsa-miR-21, hsa-miR-30-5p, hsa-miR-181a-5p and hsa-miR-24-1 according to HBV/HCC state.
Conclusion. Our study highlights the possibility that microRNA profiling could be utilized to complement standard serological testing in order to improve personalized molecular diagnostics in children with chronic HBV infections. This could enable improved monitoring of disease progression and the assessment of antiviral treatment success. Moreover, microRNAs of functional interest can be identified using our dataset - a major subject of ongoing studies.
Zielstellung:
Bei Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL) und lymphoblastischem Lymphom (LBL) sind aseptische Osteonekrosen (ON) unter der Therapie eine häufige Nebenwirkung, die die Lebensqualität der Patienten deutlich beeinträchtigt. Die OPAL-Studie (Osteonekrosen bei pädiatrischen Patienten mit ALL und LBL) prüft die Wertigkeit von MRT-Untersuchungen für die Frühdiagnose von ON. Ziel der Arbeit war es, mithilfe von Diffusions- und Perfusionsanteilen in ADC-Karten eine prospektive Aussage zum Auftreten von ON treffen zu können.
Material und Methoden:
Bei 19 Patienten wurden ADC-Messungen der Diffusions- und Perfusionsanteile aus einer bi-exponentiellen DWI-Analyse durch ROIs in der Dia-, Meta- und Epiphyse am distalen Femur sowie der proximalen Tibia zum Diagnosezeitpunkt, nach 6, 9 und 12 Monaten durchgeführt und retrospektiv verglichen.
Ergebnisse:
Die leukämischen Infiltrationen stellten initial in der STIR hyper- und in der T1 hypointens dar. Nach 6 und z.T. 9 Monaten wiesen die ossären Strukturen bei den meisten Patienten ein inverses Signalverhalten zur Ausgangsuntersuchung auf und zeigten analog zu STIR im zeitlichen Verlauf eine Abnahme der Signalintensität. Durch dieses Diffusionsverhalten konnten mit dem bi-exponentiellen IVIM (intravoxel incoherent motion) Modell zur Analyse der DWI-Daten an der Diaphyse keine validen Ergebnisse erzielt wreden. Zum Zeitpunkt 12 Monate grenzten sich ON mit einem hyperintensen Signal (STIR und DWI) deutlich von der Umgebung ab. Signifikante Unterschiede in den Voruntersuchungen zwischen Regionen mit späterer ON und ohne spätere ON konnten in der Diffusion und Perfusion nicht nachgewiesen werden.
Schlussfolgerung:
Eine prospektive Aussage zur Entwicklung von ON bei Kindern mit ALL und LBL unter antileukämischer Therapie ist mittels Diffusion und Perfusion im MRT mit den verwendeten Methoden nicht erfolgreich. Damit bietet diese Studie eine Grundlage für weitere Anpassungen des Modells , die in zukünftigen MRT-Studien verwendet werden könnten.
Hintergrund:
Das primär als Fettgewebshormon bekannte Leptin agiert auch als proinflammatorisches Zytokin, wobei seine Wirkungen durch Bindung an die lange Isoform des Leptinrezeptors (OB Rb), welcher unter anderem im Gehirn exprimiert wird, vermittelt werden. Zusätzlich zu seinen metabolischen und immunmodulierenden Funktionen fördert Leptin die Angiogenese, spielt eine Rolle bei der Gehirnentwicklung und ist an neuroprotektiven Effekten beteiligt.
Fragestellung:
Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung der OB-Rb-Expression in Relation zu neurodegenerativen Vorgängen im Gehirn neugeborener Ratten, verursacht durch Hyperoxie (ein häufiges Problem bei der Behandlung von Frühgeborenen mit respiratorischer Insuffizienz) oder durch Gewebeschädigung (wie im Falle einer intrazerebralen Blutung bei Frühgeborenen).
Material und Methoden:
6 d alte Wistar Rattenjunge wurden entweder 80 % Sauerstoff ausgesetzt oder mit Phorbolester (500 µg intraperitoneal injiziert) behandelt. Nach einer Expositionsdauer von 0, 2, 6, 12 und 24 h wurden die Tiere (n = 5 in jeder Gruppe) getötet und die Cortices für molekulare Experimente auf RNA-Ebene (quantitative RT-PCR) sowie Protein-Ebene (Western Blot) mit jeweils OB-Rb-spezifischen Primern bzw. Antikörpern verarbeitet.
Ergebnisse:
Nach Hyperoxie kam es zu einer signifikanten Erniedrigung der OB-Rb – Expression auf mRNA- und Protein-Ebene auf ca. 40 % des Wertes der Kontrolltiere. Im Fall der Behandlung mit Phorbolester war eine signifikante Erhöhung der OB-Rb – Expression auf mRNA- und Protein-Ebene auf ca. 170 % des Wertes der Kontrolltiere zu verzeichnen. Diese Effekte hatten ihr Minimum bzw. Maximum nach 6 - 12 h auf transkriptionaler und nach 24 h auf translationaler Ebene.
Schlussfolgerung:
Die Exposition von neugeborenen Ratten mit Hyperoxie führt zu einer statistisch signifikanten zeitabhängigen Erniedrigung, die Behandlung mit Phorbolester zu einer statistisch signifikanten zeitabhängigen Erhöhung der OB-Rb – Expression in den Cortices der Tiere; diese Effekte sind sowohl auf transkriptionaler als auch auf translationaler Ebene evident. Eine mögliche Interpretation dieser Daten zeigt einen Benefit sowohl bei Hyperoxie durch eine Eindämmung der durch Leptin induzierten Angiogenese als auch bei einer Gewebeschädigung durch eine Verstärkung der durch Leptin vermittelten Neuroprotektion.
Einleitung:
Das Brugada-Syndrom ist eine seltene vererbte Ionenkanalerkrankung, die durch maligne Herzrhythmusstörungen zum Tode führen kann. Häufig manifestiert sich die Erkrankung als Synkope oder plötzlicher Herztod in jedem Lebensalter. Das typische EKG-Bild sind intermittierende ST-Hebungen in V1 bis V3 mit Rechtsschenkelblock, z.B. getriggert durch Fieber. Das im Intervall meist unauffällige EKG erschwert die Diagnose dieser lebensbedrohlichen Erkrankung.
Wir berichten von einem 11-jährigen Patienten mit rezidivierendem Fieber und Erbrechen seit 2 Wochen, der nach zweimaliger Präsynkope im Liegen und Stehen in unserer Klinik vorgestellt wurde.
Fallbericht:
Die klinische Aufnahmeuntersuchung einschließlich der Vitalparameter war bis auf einen diskreten abdominellen Druckschmerz unauffällig.
Laborchemisch zeigten sich stark erhöhte Infektparameter (CRP 9,91mg/dl, PCT 18,5ng/dl, Leukozyten 9,28T/nl) und negative Herzenzyme.
Sonographisch ergab sich der Verdacht auf Appendizitis bei klinisch weiterhin unauffälligem Abdomen. Beginn einer intravenösen Antibiose mit Cefuroxim bei noch unklarem Fieberfokus.
Im wegen der Präsynkope durchgeführten EKG Sinustachykardie (Herzfrequenz 120/ Minute) und ST-Streckenhebungen aus dem tiefen S in V1 (0,3mV) und V2 (0,4mV).
Am Folgetag hatte der Patient subfebrile Temperaturen und einen ansonsten internistisch unauffälligen Befund. Das Kontroll-EKG war unauffällig. In der Sonographie weiterhin Appendizitiszeichen. Bei dringendem Verdacht auf Brugada-Syndrom und perforierter Appendizitis erfolgte die Verlegung in das kooperierende kinderkardiologische Zentrum. Dort intraoperative Befundbestätigung einer gedeckt perforierten Appendizitis. In der kinderkardiologischen Diagnostik konnten die typischen EKG-Veränderungen durch einen Ajmalin-Test reproduziert und somit auch die Diagnose eines Brugada-Syndroms gesichert werden. Auf die Implantation eines implantierbaren Defibrillators wurde aufgrund des jungen Alters und der Gefahr einer Traumatisierung durch akzidentelle Schockabgabe verzichtet. Stattdessen wurde ein Eventrekorder implantiert, die Familie geschult und eine genetische Untersuchung veranlasst (ausstehend).
Fazit:
Fallbericht eines pädiatrischen Patienten, bei dem es im Rahmen einer eher subklinisch und prolongiert verlaufenden Appendizitis zur klinischen Manifestation eines bisher nicht vorbekannten Brugada-Syndroms kam.
Der Fall verdeutlicht die Wichtigkeit einer zeitnahen EKG-Diagnostik bei jeglicher Form kollaptischer Zustände im Kindes- und Jugendalter – auch wenn andere Diagnosen – in unserem Fall die Appendizitis - zunächst im Vordergrund stehen.
Zudem wird deutlich, dass ein unauffälliges EKG lebensbedrohliche angeborene Herzrhythmusstörungen nicht ausschließt. Daher sollte bei Synkopen gezielt nach Warnsymptomen („Red Flag“ in unserem Fall: Kollaps im Liegen) gefragt werden und bei verdächtiger Anamnese und / oder unklaren EKG-Befunden eine erweiterte kinderkardiologische Abklärung erfolgen.
Hintergrund.
Maldeszensus testis (MT) gehört zu den häufigsten kinderchirurgischen Krankheitsbildern weltweit. Unbehandelt stellt MT einen relevanten Risikofaktor für Subfertilität und maligne Entartung dar. Wir haben die größte deutsche MT Kohorte beschrieben und gezeigt, dass – obwohl laut AWMF Leitlinie die Behandlung im ersten Lebensjahr empfohlen ist – Deutschlandweit nur bis zu 8% der 5547 Patienten im ersten Lebensjahr operiert werden. Die Ursache hierfür ist unklar.
Fragestellung.
Ziel der Studie war es, zu analysieren ob späte Orchidopexien auf verspätete Behandlung von primärem MT (pMT) oder auf das erst in späterem Alter auftretende Krankheitsbild des sekundären MT (sMT) zurückzuführen ist. Im Weiteren charakterisierten wir klinische und epidemiologische Unterschiede zwischen pMT und sMT und untersuchten den Wissensstand zu Diagnostik und Behandlung von sMT bei behandelnden Ärzten.
Methodik.
Wir führten eine Mixed-Methods Multicenter-Querschnittsstudie durch. An sechs deutschen Kliniken untersuchten wir 310 konsekutive Jungen, die zwischen April 2016 und Juni 2018 mit Indikation MT orchidopxiert wurden hinsichtlich frühkindlicher Entwicklung der Hodenposition und Alter zum Operationszeitpunkt. Darüber hinaus führten wir eine Online-Befragung zum diagnostischen und therapeutischen Management von sMT bei 1017 ÄrztInnen verschiedener Disziplinen und PJ-Medizinstudierenden durch.
Ergebnisse.
Nur 13% der Patienten wurden im ersten Lebensjahr operiert. Bei Patienten mit zuvor bekannter Hodenposition (67%) waren pMT (n=103) und sMT (n=104) gleich häufig. 56% der nach dem ersten Lebensjahr durchgeführten Orchidopexien betraf Patienten mit sMT. Nur 15% der befragten ÄrztInnen zogen sMT als Ursache für späte Orchidopexie bei MT in Betracht.
Schlussfolgerung.
Die meisten Patienten mit MT werden – anders als gemäß AWMF Leitlinie empfohlen – nicht im ersten Lebensjahr operiert. sMT scheint deutlich häufiger vorzukommen als zuvor angenommen und stellt somit einen signifikanten Grund für die hohe späte Orchidopexierate bei Patienten mit MT dar. Der Kenntnisstand zu sMT bei behandelnden ÄrztInnen muss verbessert werden und Screening-Untersuchungen sollte auch bei Jungen mit zuvor deszendiertem Hoden über das frühkindliche Alter hinaus stattfinden.
Seit Erstbeschreibung der NMDA-Rezeptorenzephalitis (2007) sind viele weitere antineuronale Antikörper in Patienten mit diversen neurologischen Symptomen identifiziert worden, nicht selten mit Altersgipfel im Jugend- bzw. frühen Erwachsenenalter. Die Zunahme der Antikörpertestung und positiver Testergebnisse erfordert einen hohen klinischen Bedarf an Untersuchungen, die die funktionelle Relevanz einzelner Antikörper klären.
Wir fokussierten in der aktuellen Arbeit auf GABA-A-Rezeptor(GABAAR)-Antikörper, die im Liquor von Patienten mit enzephalitischem Krankheitsbild, epileptischen Anfällen und MRT-Veränderungen gefunden werden. In bisherigen Studien konnte gezeigt werden, dass Serumproben von GABAAR-Enzephalitis Patienten zu neuronalen Funktionsstörungen in vitro führen. Jedoch blieb unklar, ob die GABAAR–Antikörper alleine diese pathogenen Effekte verursachen und ob diese auch in vivo relevant sind.
Aus dem Liquor einer pädiatrischen Indexpatientin isolierten wir einzelne B-Zellen und Antikörper-sezernierende Zellen über Fluoreszenz-aktivierte Zellsortierun. Aus jeder Einzelzell-cDNA amplifizierten wir die variablen Domänen der Immunglobulin-codierenden Gene und klonierten diese in ein Expressionsvektorsystem. Zur rekombinanten Herstellung monoklonaler Antikörper (mAK) wurden humane Zellen (HEK) transient mit entsprechenden Vektorenpaaren transfiziert. Aus den aus HEK-Zellüberstanden aufgereinigt mAK wurde deren Bindungsverhalten auf Gewebeschnitten und zellbasierten Tests analysiert. Ausgewählte GABAAR-mAK wurden mittels immunohistochemischer, molekularbiologischer und elektrophysiologischer Verfahren hinsichtlich ihrer funktionellen Effekte untersucht.
Aus dem Liquor einer pädiatrischen GABAAR-Enzephalitis-Patientin generierten wir 68 rekombinante humane mAK. Fünf mAK zeigte Reaktivität gegen GABAAR, abei können einzelne mAK die Bindung anderer GABAAR-mAK verdrängen oder verstärken. Humane GABAAR-mAK führen zu einer Abnahme der inhibitorischer Spontanaktivität und selektiv zu einer Reduktion GABAerger Ströme auf autaptischen Neuronen. Nach intraventrikulärer Applikation von GABAAR-mAK zeigen Mäuse gesteigerte epileptiforme Aktivität im EEG sowie eine erhöhte Mortalität. Neben der GABAAR-mAK identifizierten wir eine Vielzahl weitere mAK im ZNS Repertoire der Indexpatientin. Diese binden charakteristisch an verschiedene hirnspezifische Epitope.
GABAAR-mAK verursachten spezifische Störungen GABAerger Funktionen in vitro und in vivo, die typischerweise mit einer gesteigerten Frequenz epileptischer Ereignisse und erhöhter Mortalität einhergingen. Diese GABAAR-Antikörper können damit als direkt pathogen gewertet werden.
Die Aufarbeitung von mAK aus dem Liquor zeigte sich als eine vielversprechende Methode zur Klärung der funktionellen Relevanz von Antikörpern gegen bereits etablierte Autoantigene sowie zur Identifikation bisher unbekannter Autoantigene. Vielmehr sind humane mAK ein wertvolles Tool in neurowissenschaftlichen Anwendungen.
Hintergrund: Die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte Gefäßerkrankung mit ausgeprägter klinischer Variabilität. Neben der typischen Epistaxis und den oft richtungsweisenden perioralen Teleangiektasien können auch Teleangiektasien im Bereich des Gastrointestinaltrakts vorkommen. Zudem können pulmonale, zerebrale und hepatische arteriovenöse Malformationen auftreten und zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
Fall: Der 5-jährige Patient wurde im Rahmen einer Studienteilnahme mit einer transkutanen, peripheren Sauerstoffsättigung zwischen 82 und 84% auffällig. Das ehemalige und hypotrophe Frühgeborene (29 + 2/7 SSW, Geburtsgewicht 900g, u.a. Atemnotsyndrom Grad 1) entwickelte sich bis dato regelrecht. Er sei bisher ein aktiver Junge und im Alltag uneingeschränkt belastbar gewesen. Lediglich bei längeren Fahrradausflügen hätte er über Beinschmerzen geklagt. Belastungs- und Ruhedyspnoe, chronischer Husten, rezidivierende Infekte, Synkopen, Schwindel, Zyanosen, Herzrasen oder –stolpern wurden verneint. Familienanamnestisch berichtet die Mutter selbst von täglichem Nasenbluten und kleinen Teleangiektasien der Zunge, Lippen und Arme.
Klinisch fielen bei dem Jungen Uhrglasnägel auf, die neben einer laborchemisch seit 10 Monaten bestehenden Polyglobulie auf eine chronische Hypoxämie hindeuteten. Ansonsten zeigte sich ein unauffälliger pädiatrisch-internistischer Befund.
Eine infektiologische, pulmonale oder kardiale Ätiologie der Hypoxämie wurde laborchemisch, sonographisch und radiologisch ausgeschlossen. Die Lungenfunktionsdiagnostik war unauffällig. Weiterführend wurde im low-dose CT der Verdacht auf pulmonale, arteriovenöse Malformationen im linken posterioren Lungenunterlappen (Größe ca. 3 cm) sowie dem ventralen Mittellappen gestellt. Die Bestätigung mittels CT-Angiographie zeigte darüber hinaus zahlreiche kleinere Läsionen.
Die weitere Diagnostik und Therapie erfolgte mittels Herzkatheteruntersuchung zur exakten Darstellung der Gefäßfehlbildungen. Hierbei gelang eine Teilembolisierung der zuführenden Gefäße der arteriovenösen Malformation des Unterlappens. Die transkutane Sauerstoffsättigung betrug nach Intervention 88%. Weitere interventionelle Verschlüsse oder eine chirurgische Resektion der noch vorhandenen arteriovenösen Malformationen werden in Abhängigkeit der weiteren Entwicklung und der Sauerstoffsättigung erfolgen. Bei zahnärztlichen und operativen Eingriffen mit erhöhtem Bakteriämierisiko ist eine Endokarditisprophylaxe unabdingbar, da aufgrund des Rechts-Linksshunts ein erhöhtes Risiko von intrazerebralen Abszessen besteht (1).
Letztlich stellten wir nach der Diagnose der pulmonalen vaskulären Malformationen bei unserem Patienten auch bei seiner Mutter aufgrund der typischen Teleangiektasien und der hochfrequenten Epistaxis die Erstdiagnose einer hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie. Sie wird zur weiteren Untersuchungen in unserer Ambulanz für Gefäßfehlbildungen mitbetreut.
Hypophosphatasie (HPP) ist eine seltene genetische Erkrankung, die durch eine verminderte Aktivität der gewebeunspezifischen alkalischen Phosphatase (AP) gekennzeichnet ist. Anhand des Patientenalters beim Auftreten erster Symptome werden 6 Subtypen (perinatal, pränatal, infantil (innerhalb der ersten 6 Lebensmonate), kindlich (nach 6. Lebensmonat), adult und Odonto-HPP) differenziert. Während früh auftretende Subtypen ausgeprägte Mineralisationsstörungen aufweisen und daher früh diagnostiziert werden, zeigen die adulte und die Odonto-HPP keine oder nur geringe skelettale Auffälligkeiten. Durch einen frühzeitigen Verlust von Zähnen der 1. Dentition haben die infantile, die kindliche und die Odonto-HPP auch eine große Relevanz für die (kinder-)zahnärztliche Praxis. Innerhalb einer Familie zeigen Kinder zumeist eine vergleichbare klinische Symptomatik, wenn sie rezessiv von der Erkrankung betroffen sind.
Es werden die zahnmedizinischen und die wesentlichen klinischen Befunde von drei Geschwistern vorgestellt, die an HPP leiden. Die Eltern sind heterozygote Träger der Erkrankung und zeigen bislang keine klinischen Auffälligkeiten. Das älteste Mädchen (kindliche HPP) trägt die AP-Mutationen beider Elternteile. Bis zum Alter von 3½ Jahren sind 14 Zähne vorzeitig exfoliiert. Die Körperlänge bewegt sich im Bereich der 10. Perzentile. Das mittlere Mädchen (Odonto-HPP) weist lediglich die väterliche Mutation auf. Es liegen keine auffälligen skelettalen Befunde vor. Bis zum 6. Lebensjahr sind fünf Zähne vorzeitig ausgefallen. Das jüngste Mädchen (infantile HPP) ist ebenfalls compound heterozygot betroffen. Bereits in den ersten Lebenswochen lagen lebensbedrohliche skelettale Beteiligungen vor. Bis zum Alter von 5½ Jahren sind neun Zähne vorzeitig ausgefallen. Nach Enzymersatztherapie konnte die Körperlänge, die deutlich unterhalb der 3. Perzentile lag, angehoben werden.
Bei zunehmender skelettaler Beteiligung sind an den Zähnen der 2. Dentition sowohl Schmelzhypoplasien als auch Formveränderung der Zahnkronen zu beobachten. Bei den häufigeren leichten HPP-Formen ist ein frühzeitiger Zahnverlust im Gebiss der 1. Dentition ohne Entzündungszeichen der Gingiva oder traumatisch bedingter Lockerung das Kennzeichen, das entscheidend zur Diagnosefindung beitragen kann.
Die Ausprägung der klinischen Symptome bei HPP wird zumeist durch die hohe Anzahl von Mutationen (> 400) erklärt. In dieser Familie konnten bei Schwestern drei verschiedene HPP-Subtypen festgestellt werden. Die klinischen Beeinträchtigungen korrelieren weder mit der genetischen Mutation noch mit dem Ausmaß frühzeitig exfoliierter Zähne. Dieses legt den Schluss nahe, dass weder das Geschlecht für den Phänotyp der Erkrankung verantwortlich sein kann, noch dass es eine Korrelation von Genotyp und Phänotyp zu geben scheint. Eine Prognose der Schwere der Erkrankung oder der Anzahl frühzeitig ausfallender Zähne ist somit nicht möglich.
Introduction
Arginase 1 Deficiency (ARG1-D) is an inherited metabolic disease with elevated plasma arginine and prominent neurological manifestations (spasticity, seizures, and intellectual disability). Although diagnostic testing by plasma arginine is widely available, the variable presentation and rarity of the condition may lead to delayed or mis-diagnosis. Given the known impact of plasma arginine reduction with diet and recent advances in the ability to reduce plasma arginine, prompt diagnosis is important in optimizing patient outcomes. The aim of this study was to review the clinical presentation of patients with ARG1-D, including the magnitude of delay in diagnosis.
Method
An extensive review of published English-language literature identified 140 unique ARG1-D cases from 1965 to 2019.
Results
Lower limb spasticity was present in 84% of 117 patients. Intellectual disability was noted in 82% of 97 patients with available data and was moderate or severe in 39% of them. Seizures and upper limb spasticity were present in 70% and 50% of patients respectively and 56% had failure to thrive. Maximal plasma arginine exceeded 4.5x ULN (n=112, ULN=115µM) in >50% of patients. Despite disease management, arginine values remained elevated beyond 200 µM in most patients (n=33). Median age at presentation was 2 years (n=81). Delays in diagnosis by ≥2 years were reported in 39% of patients and by ≥5 years in 24% of patients; the median age at death was 17 (n=20).
Conclusions
ARG1-D presents with prominent neurological manifestations with significant delays in time to diagnosis. Patients are at risk of progression to develop more severe complications with early mortality. Plasma amino acid analysis to assess arginine levels in patients presenting with spasticity, seizures and cognitive impairment could lead to early diagnosis and earlier initiation of interventions that reduce morbidity and mortality risk in this patient population.
Hintergrund: Ausgehend von den Empfehlungen der DGSPJ, bei besonderen Indikationen spezialisierte stationäre Behandlungen anzubieten und damit die ambulante Arbeit der sozialpädiatrischen Zentren zu komplettieren, wurde vor zwei Jahren an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Friedrichshain in Berlin eine stationäre sozialpädiatrische Versorgung eingerichtet. Das multimodal angelegte Behandlungskonzept umfasst eine intensive ärztliche, psychologische und logopädische Betreuung. Als Komplementärtherapien stehen Physiotherapie und Sozialarbeit sowie eine konsiliarische Betreuung durch Kolleginnen und Kollegen verschiedener Fachdisziplinen zur Verfügung (u.a. Neuropädiatrie, Kindergastroenterologie, HNO, Urologie, Stillberatung). Ein besonderer Schwerpunkt liegt im Bereich der Fütter- und Gedeihstörungen. Darüber hinaus werden Kinder mit Regulationsstörungen, Entwicklungs- und Ausscheidungsstörungen, neurologischen Erkrankungen und Syndromen, Dysphagien, Schmerz- und Somatisierungsstörungen behandelt. Was als Pilotprojekt begann, ist aufgrund des Erfolges inzwischen verstetigt und im klinischen Alltag fest etabliert.
Methode: Die vorliegende Arbeit dient der Auseinandersetzung mit möglichen Indikationen für eine stationäre sozialpädiatrische Behandlung. Es soll die enge Vernetzung der stationären mit der ambulanten sozialpädiatrischen Arbeit anhand einer Fallbeschreibung eines zum Zeitpunkt der Aufnahme 1 6/12 Jahre alten Mädchen vorgestellt werden, welches nach ausbleibendem ambulanten Behandlungserfolg stationär sozialpädiatrisch behandelt wurde. Bei dem Kind lagen eine Fütterstörung und eine damit einhergehende mangelnde Gewichtsentwicklung vor. Während der zweiwöchigen intensiven Behandlung nach einem multimodalen Konzept (Bernard-Bonnin, 2006; Bolten, Möhler & von Gontard, 2013; Chatoor, I., 2009) fand eine ausführliche Diagnostik sowie Beratung und Anleitung der Eltern statt.
Ergebnisse: Es konnten konkrete Handlungsempfehlungen für Zuhause abgeleitet werden. Diese führten im ambulanten Verlauf zu einer deutlichen Anspannungsreduktion innerhalb der Familie und einer Veränderung der Essenssituation.
Diskussion: Es werden Vor- und Nachteile einer stationären Versorgung erörtert und notwendige Voraussetzungen an das Behandlungsteam diskutiert (von Gontard, Möhler & Bindt, 2015).
Hintergrund
Die Prävalenzen der einzelnen Entwicklungsstörungen (EWS) können für Pädiater wertvolle Erkenntnisse für die Diagnostik liefern. Ein Zusammenhang zwischen Frühgeburt und Auftreten von EWS ist bekannt, der Einfluss des Entbindungsmodus ist weniger untersucht.
Fragestellung
Ziel der Analyse war, EWS bei Kindern zwischen 0-8 Jahren anhand von Sekundärdaten zu untersuchen. Im Fokus standen dabei die Prävalenz und geschlechterspezifische Besonderheiten, sowie mögliche Einflüsse von Frühgeburt und Entbindungsmodus.
Material und Methoden
Datengrundlage bildeten anonymisierte stationäre und ambulante Abrechnungsdaten der Jahre 2008 bis 2016 einer Kohorte von 38.853 in 2008 geborenen TK-versicherten Kinder. Frühgeburt und EWS wurden mittels ICD-10 Codes definiert, der Entbindungsmodus über DRG. Zusammenhänge zwischen Frühgeburtlichkeit bzw. Entbindungsmodus und dem Auftreten von EWS im Alter von 0-8 Jahren wurden mittels risiko-adjustierten Hazard Ratios (HR) untersucht.
Ergebnisse
Leichte und mittlere EWS traten häufig auf: mehr als ein Drittel der untersuchten Kinder erhielt während der ersten 8 Lebensjahre mindestens einmal eine solche Diagnose. Am höchsten war die Prävalenz im Alter von 5 und 6 Jahren. Jungen waren in diesem Alter häufiger betroffen als Mädchen.
Das Risiko im Verlauf der ersten acht Lebensjahre für eine leichte oder mittlere EWS war für Frühgeborene deutlich höher [HR: 1,44]. Ein geringerer, dennoch statistisch signifikanter Zusammenhang zeigte sich für Kinder, die per Sectio entbunden wurden [HR: 1,09].
Das Spektrum der leichten und mittleren EWS umfasst die EWS des Sprechens oder der Sprache (Gesamtprävalenz 14%), die Artikulationsstörung (12 %), die umschriebenen EWS motorischer Funktionen (6%) sowie der Sigmatismus (6%); außerdem die nicht näher bez. EWS, die kombinierte umschriebene EWS und die expressive Sprachstörung (alle < 5%).
EWS, die die Entwicklung der Grobmotorik oder die allgemeine physiologische Entwicklung betrafen, traten vermehrt in den ersten zwei Lebensjahren auf. Erkrankungen der Feinmotorik und Sprachentwicklung manifestierten sich am häufigsten im 6. und 7. Lebensjahr. In diesem Alter waren auch bei allen einzeln untersuchten Erkrankungen Jungen stärker betroffen als Mädchen. Der Geschlechterunterschied trat erst nach den ersten beiden Lebensjahren auf.
Diskussion
Leichte und mittlere EWS gehören in den ersten 8 Lebensjahren zu den häufigsten nicht infektionsbedingten Diagnosen. Ihre frühzeitige Erkennung, stellt ÄrztInnen vor besondere Herausforderung. Sie ist jedoch notwendig um zu verhindern, dass aus Entwicklungsstörungen Nachteile oder sogar Behinderung entsteht. Die Bestimmung der einzelnen Prävalenzen kann hierbei eine wichtige Unterstützung darstellen.
Hintergrund: Exzessives Schreien, frühkindliche Schlaf- und Essstörungen werden im deutschsprachigen Raum als „Regulationsstörungen“ zusammengefasst, international findet der Begriff dagegen keine Anwendung mehr. Mit dem Symptomkomplex werden eine hohe elterliche Belastung, ein erhöhtes Risiko für Kindesmisshandlung und ein gehäuftes Auftreten psychischer Erkrankungen im Schulalter assoziiert. Die Klassifikation frühkindlicher Regulationsstörungen befindet sich im Umbruch. Diese Studie untersucht den erstmaligen Einsatz der diagnostischen Klassifikation seelischer Gesundheit im Kleinkindalter DC: 0-5 in einer deutschen klinischen Stichprobe mit Fokus auf das exzessive Schreien, frühkindliche Schlaf- und Essstörungen.
Fragestellung:
1. Ermittlung der Prävalenzraten (Therapeutenurteil).
2. Beschreibung korrespondierender kindlicher Verhaltensweisen und elterlicher Belastung (Elternbericht).
Material und Methoden: Design: Querschnittstudie. Zielgruppe: N = 136 Kinder (0-24 Monate, Patienten der Schreiambulanz des kbo Kinderzentrums München). Zielvariablen/ Instrumente: Klinische Diagnosen gemäß DC: 0-5 Klassifikation (DC: 0-3, 2016), kindliche Symptome anhand des Fragebogens zum Schreien, Schlafen, Füttern (Groß et al., 2013), elterliche Belastung anhand des Eltern-Belastungs-Inventars (Tröster, 2011).
Ergebnisse: Zwischenauswertung (N = 57; Alter: M =10.74 Monate; 52.6% Jungen) der laufenden Studie. Prävalenzen (Mehrfachdiagnosen möglich): Durchschlafstörung: 57.9%, Einschlafstörung: 42.1%, Essstörung (Einschränkung der Nahrungsaufnahme): 15.8%, sonstige Schrei-, Schlaf-, Essstörung: 26.3%. Kindliche Symptome: Durchschlafstörung: mind. 4-6 Mal/ Woche: Kind erwacht > 3 Mal/ Nacht: 87.9%, nächtliche Wachphasen > 20 Min.: 15.1%; Einschlafstörung: häufig bis sehr häufig: Einschlafzeit > 30 Min.: 42.0%, Weinen/ Wehren gegen Einschlafen: 50.0%; Essstörung: mind. 4-6 Mal/ Woche: wählerisches Essverhalten: 66.8%, Essen nur unter Ablenkung: 55.5%. Elternbelastung: Starke Belastung: Gesamtstichprobe: 45.6%, Schlafstörungen: 35.9%, Essstörung: 66.7%, sonstige Schrei-Schlaf-Essstörung: 53.3%. Sehr starke Belastung: Gesamtstichprobe: 24.6%, Schlafstörungen: 33.3% Essstörung: 11,1%; sonstige Schrei-, Schlaf-, Essstörung: 20%.
Diskussion/ Schlussfolgerung: Das untersuchte Kollektiv fällt durch einen hohen Anteil klinisch belasteter Eltern auf. Häufigste Diagnose ist die Durchschlafstörung, vorrangig gekennzeichnet durch häufiges nächtliches Erwachen der Kinder und bei einem Drittel der Betroffenen mit einer kritisch hohen Belastung verbunden. Die exzessive Schreistörung wurde nicht vergeben, was ggf. Rückschlüsse auf die Akzeptanz der neu eingeführten Diagnose unter Therapeuten zulässt.
In Niedersachsen werden zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdung „Fachkräfte Frühe Hilfen“ zur aufsuchenden Betreuung von Familien, in denen Kindeswohlgefährdung droht, eingesetzt. Zur Qualitätssicherung verwenden diese in vielen Kommunen seit dem Jahr 2010 eine standardisierte Dokumentation, deren Zahlen jährlich ausgewertet werden. Die bei der Betreuung erhobenen Daten sind ein gutes Kontrollinstrument für die Fachkräfte Frühe Hilfen selbst. Sie helfen den Fachkräften und den jeweils für sie zuständigen Koordinatorinnen bei der Eigenkontrolle und der Selbstreflektion. Im Jahr 2019 setzten 22 Kommunen aus Niedersachsen und einzelne Kommunen aus anderen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Hessen, Baden-Württemberg) diese Dokumentation ein und erhielten eine jährliche Auswertung der bei ihnen erhobenen Daten. In diesem Jahr konnten insgesamt 5,6 % der Neugeborenen/Säuglinge durch Fachkräfte Frühe Hilfen betreut werden. Bei 46,7 % begann die Betreuung bereits in der Schwangerschaft. In 82,2% der Betreuungen endete diese mit einer erheblichen Verbesserung der zu Beginn für das Kind vorgefundenen „Risikosituationen“ und in 23% konnte sogar eine Problemlösung festgestellt werden. Weitere detaillierte Daten sollen vorgestellt werden. Die Daten belegen die verlässliche und erfolgreiche Etablierung des Systems der aufsuchenden Betreuung durch Fachkräfte Frühe Hilfen.
Hintergrund
Kinder und Jugendliche mit FASD zeigen häufig aufgrund der Störung der Exekutivfunktionen in Kombination mit frühkindlicher Traumatisierung impulsungesteuertes provokantes Verhalten.
Zusätzlich stellen Schlafstörung und das schwierige Essverhalten eine besondere Herausforderung an das kindliche Umfeld dar.
Nach Besuchskontakten mit den leiblichen Eltern sind erhebliche Verhaltensstörungen beobachtbar.
Methode
Es wurden 3 Fachtagungen zum Thema FASD mit dem Focus Störung der Exekutivfunktionen, deren Auswirkungen auf die Teilhabe durchgeführt und Notwendigkeit eines spezifischen Kinderschutzes durchgeführt.
An alle Teilnehmer wurde ein selbstentwickelter Fragebogen mit den Schwerpunkten:
Beruflicher Hintergrund, Wissen/Wissenszuwachs zu FASD, Notwendigkeit eines besonderen Kinderschutzes, Unterstützung bei der Arbeit mit FASD Betroffenen und Sorgen bzgl. Retraumatisierung ausgegeben zur Abgabe nach erfolgter Fortbildung.
Ergebnisse
Insgesamt 185 Fragebögen waren rückläufig, die Haupterkenntnis war:
Notwendigkeit des besonderen Kinderschutz wegen:
• Verhaltensauffälligkeiten: 72%
• Gefahr der Retraumatisierung: 84%
• Störung des Sozialverhaltens: 77%
• Begleitung Besuchskontakt mit leiblichen Eltern notwendig: 93,5%
• Unterstützung als Prävention durch Ämter notwendig: 99%
Der Wissenserwerb nach Fortbildung wird positiv eingeschätzt.
Die institutionelle Unterstützung und Anzahl der Akteure wird als defizitär eingeschätzt.
Zusammenfassung
• Wissen zu FASD ist der beste Kinderschutz (Netzwerk, Aufklärung zu Auswirkungen FASD), Verhaltensauffälligkeiten stellen ein hohes Risiko dar
• Gefahr Retraumatisierung wird hoch eingeschätzt, besondere Aufmerksamkeit bezüglich der Gestaltung der Kontakte zu den leiblichen Eltern sind notwendig
• Umfangreiche Unterstützung durch das Jugendamt und andere Institutionen/ /Netzwerkstrukturen/Entlastung sind notwendig
• Wichtig: Austausch der Pflegeeltern untereinander und das Coaching von Fachkräften, damit das provokante Verhalten der FASD Kids nicht zu einer sekundären Viktimisierung führt
Hintergrund:
In der ICF und im Bundesteilhabegesetz nimmt Partizipation eine zentrale Stellung ein. Es wird empfohlen, Partizipation als bedeutsames Ziel von Rehabilitations- und Fördermaßnahmen zu setzen. [1]
Bisher stehen für Jugendliche in Deutschland keine verlässlichen Messinstrumente für eine Selbstbeurteilung ihrer Partizipation zur Verfügung. [2]
Im Gesamtprojekt wird daher ein Instrument für Wissenschaft und Praxis entwickelt um die Partizipation von Jugendlichen zu erheben und zu evaluieren.
Das theoretische Konstrukt von Partizipation ist im deutschsprachigen Diskurs über die knappe Nennung in der ICF hinaus noch nicht ausreichend definiert und bedarf einer Fortschreibung durch unterschiedliche Perspektiven.
Fragestellung:
Mit welchen Aspekten ergänzen die Perspektiven von Jugendlichen mit und ohne körperlich-motorischen Beeinträchtigungen und/oder chronischen Erkrankungen, von Eltern und von ExpertInnen die Fortschreibung des theoretischen Konstrukts der Partizipation?
Methoden:
Das Gesamtprojekt ist als 4-phasige Mixed-Methods-Studie aufgebaut.
In der ersten Phase, deren Ergebnisse in diesem Beitrag vorgestellt werden, wurden semistrukturierte Interviews mit Jugendlichen mit und ohne Beeinträchtigungen und Fokusgruppen mit ExpertInnen und Eltern durchgeführt. Die Auswertung erfolgte nach der Grounded Theory bei den Jugendlichen bzw. induktiv/deduktiv auf inhaltsanalytischer Grundlage bei ExpertInnen und Eltern.
Ergebnisse:
Ergebnisse der Fokusgruppendiskussionen der ExpertInnen zeigen, dass Partizipation verschiedene Komponenten umfasst, die im derzeitigen deutschsprachigen Diskurs noch zu wenig Berücksichtigung finden. So z.B. steht das Gefühl des Einbezogen-seins, d.h. die subjektiven Empfindungen der Betroffenen in der jeweiligen Lebenssituation im Vordergrund.
Aus Perspektive der Jugendlichen beinhaltet der Begriff der Partizipation, dass die Möglichkeit besteht nach ihren individuellen Vorstellungen Aktivitäten (oder Tätigkeiten) mit ihrer Peergroup, den Geschwistern oder Eltern zu vollziehen. Das kann sowohl eine aktive als auch eine passive Rolle innerhalb der Interaktion sein.
Eltern stellen diesem subjektiven Empfinden und den individuellen Partizipationsbedürfnissen normative Erwartungen gegenüber. Sie sehen Partizipation an bestimmten, auch nicht frei gewählten Lebenssituationen, als essentiell für die weitere Entwicklung der Jugendlichen.
Diskussion:
Eine umfassende Präzisierung des Partizipationsbegriffs im deutschsprachigen Raum gelingt nur durch die Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven.
Übereinstimmend mit dem internationalen Diskurs sollte sowohl in die Begriffspräzisierung als auch in das Messinstrument die subjektive Perspektive, abhängig von individuellen und kontextbezogenen Faktoren, einbezogen werden. Neben dieser Perspektive bedarf es zudem einer Berücksichtigung normativer, auf aktuell anstehende Entwicklungsphasen und Lebenssituationen bezogener Aspekte.
Hintergrund
Partizipative Entscheidungsfindung (PEF) kann die Qualität der Versorgung von Kindern mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen und ihren Eltern steigern. Bisher ist jedoch unklar, inwieweit Fachkräfte an Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) überhaupt partizipativ mit Kindern und Eltern Entscheidungen treffen, welche Faktoren mit der PEF assoziiert sind und damit potenzielle Ansatzpunkte für neue Versorgungsmaßnahmen darstellen, und ob die PEF mit der Behandlungszufriedenheit zusammenhängt.
Fragestellung
Ziel der Studie war es daher, (1) den Grad an PEF mit Kindern mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen sowie ihren Eltern zu quantifizieren, (2) Korrelate der PEF zu identifizieren und (2) Zusammenhänge zwischen der PEF und der Behandlungszufriedenheit zu untersuchen.
Methoden
Die Studie basiert auf den Baselinedaten der cluster-randomisierten PART-CHILD Studie, die aktuell an 15 SPZ durchgeführt wird. Alle Eltern und Kinder ≥ 7 Jahre wurden direkt nach ihrem Termin am SPZ zur Fragebogenstudie eingeladen. Die PEF und die Behandlungszufriedenheit wurden mit den Kinder- und den Elternversionen von collaboRATE-pediatric (binäres Outcome, 1 = optimales Niveau an PEF) bzw. der Kurzskala des CHC-SUN (Spanne: 6 – 30; hohe Werte = hohe Zufriedenheit) erfasst. Als Kovariablen wurden Alter und Geschlecht des Kindes, Art der Beeinträchtigung und Disziplin der betreuenden Fachkraft (z.B. Arzt, Psychologe, Physiotherapeut) erhoben. Multivariable Zusammenhänge wurden mittels generalisierter linearer gemischter Modelle untersucht.
Ergebnisse
Es wurden 242 Kinder und 844 Eltern in die Analysen eingeschlossen. Insgesamt gaben 38 % der Kinder und 58 % der Eltern ein optimales Niveau an PEF an. Mädchen und deren Eltern berichteten häufiger von einem optimalen Niveau an PEF als Jungen und deren Eltern (Mädchen: OR 1,5, 95% KI [1,1 – 2,3], p=0,03; Eltern von Mädchen: OR 1,3 [1,0 – 1,7], p=0,05). Es zeigte sich jedoch kein Zusammenhang zwischen PEF und dem Alter der Kinder, der Art der Beeinträchtigung und der Disziplin der betreuenden Fachkraft. Sowohl für Kinder als auch für Eltern bestand ein starker positiver Zusammenhang zwischen PEF und Behandlungszufriedenheit (Kinder: 3,5 [2,5 - 4,5]; Eltern: 4,0 [3,5 – 4,5]; jeweils p < 0,001).
Diskussion
Eltern gaben wesentlich häufiger ein optimales Niveau an PEF an als ihre Kinder, wobei insbesondere Mädchen und deren Eltern häufiger von optimaler PEF berichteten. PEF und Behandlungszufriedenheit korrelierten für Eltern und Kinder stark. Inwieweit PEF kausale Effekte auf die Behandlungszufriedenheit hat, wird im Rahmen der aktuell laufenden PART-CHILD Studie näher untersucht. Zukünftige Studien sollten untersuchen, wie die PEF mit Kindern gestärkt werden kann. Zudem sollte analysiert werden, inwiefern Geschlechtsunterschiede konsistent nachweisbar sind und wie diese erklärt und dann in der Praxis durch angemessene Maßnahmen ausgeglichen werden können.
Zielsetzung:
Sind die Ergebnisse der 2-Jahres-Nachuntersuchung prognostisch aussagekräftig für die Langzeitprognose von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g?
Materialien und Methoden:
175 Frühgeborene der Geburtsjahrgänge 2006 bis 2014 mit einem GG < 1500 g wurden mit korrigiertem 2. Lebensjahr (24 ± 1 Monate) zur Nachuntersuchung im SPZ am SRH Zentralklinikum Suhl schriftlich einbestellt. Die standardisierte Untersuchung erfolgte mittels den BSID-II. Zusätzlich wurde ab dem Geburtsjahrgang 2010 eine 5-Jahres-Nachuntersuchung mittels K- ABC II durchgeführt.
Der Untersuchungszeitraum für beide Nachuntersuchungen lag zwischen dem 01.03.2008 und 09.12.2019.
Ergebnisse:
119 von 175 Kindern (68 %) erschienen zur BSID II-Nachuntersuchung. Davon waren 69 Mädchen (58%) und 50 Jungen (42 %). Das Gestationsalter (GA) der untersuchten Kinder lag im Mittel bei 29,5 ± 2,3 SSW. Das Geburtsgewicht (GG) betrug im Mittel 1142 ± 300 g. Die Untersuchungen ergaben einen mittleren MDI von 95 ± 23 und einen mittleren PDI von 90±22. Einen signifikanten Unterschied gab es zwischen den Geschlechtern. Mädchen zeigten sich sowohl im MDI als auch im PDI signifikant besser entwickelt als Jungen. Signifikant schlechter waren MDI und PDI bei einem GG unter 750 g sowie bei Geburt vor der 28.SSW.
57 dieser Kinder konnten zusätzlich mit 5 Jahren mittels K-ABC II nachuntersucht werden. Hier ergab sich ein mittlerer FKI von 92±15.
Bei 40 Kindern (70 %) zeigte sich das Entwicklungsprofil identisch zum Ergebnis der 2- Jahresnachuntersuchung. Bei 13 (23 %) war das Ergebnis mit 5 Jahren schlechter. Von diesen wechselten 5 Kinder (38,5 %) vom überdurchschnittlichen Bereich in den Normbereich und 8 Kinder (61,5 %) vom Normbereich in den leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Das sind 14 % aller mit 5 Jahren nachuntersuchter Kinder. 4 Kinder verbesserten sich, wobei 2 Kinder vom leicht unterdurchschnittlichen Bereich in den Normbereich wechselten.
Zusammenfassung:
Im Vergleich zu unserer Voruntersuchung aus dem Jahr 2017 können wir die Ergebnisse mit einer größeren Stichprobe bestätigen. 70 % der mit 2- und 5 Jahren nachuntersuchten Kinder blieben in ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau. 14 % verschlechterten sich vom Normbereich in den unterdurchschnittlichen Bereich. Zusätzlich zeigte sich die Gruppe der Kinder mit einem Geburtsgewicht < 750 g als Risikogruppe in der kognitiven und motorischen Entwicklung. Die Nachuntersuchung ehemaliger Frühgeborener mit einem GG < 1500 g mit korrigiertem 2. Lebensjahr zeigt überwiegend eine aussagekräftige Prognose für die weitere kindliche Entwicklung bis zum 5. Lebensjahr. In Hinblick auf schulrelevante Fähigkeiten ist allerdings eine Nachuntersuchung mit 5. Lebensjahr standardisiert zu fordern.
Zielsetzung:
Wie sehen die Ergebnisse der 2 - Jahres-Nachuntersuchung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g mittels BSID-III in unserem Perinatalzentrum aus ? Zeigen Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht einen deutlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung ? Wie fällt der Vergleich mit der Kohorte der Geburtsjahrgänge 2006 – 2014 aus?
Methodik:
74 Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht < 1500 g wurden mit korrigiertem 2. Lebensjahr (24 ± 1 Monate) zur Nachuntersuchung am SPZ am SRH Zentralklinikum Suhl schriftlich einbestellt. Die standardisierte Untersuchung erfolgte mittels BSID-III. Der Untersuchungszeitraum lag zwischen dem 30.03.2017 und dem 11.12.2019.
Ergebnis:
59 von 74 Kindern (79,7 %) erschienen zur 2- Jahres-Nachunteruntersuchung mit den BSID-III. Es waren 54 Datensätze verwertbar. Davon waren 33 Mädchen (61 %) und 21 Jungen (39 %). Das Gestationsalter der untersuchten Kinder lag im Mittel bei 29,4 ± 2,6 SSW. Das Geburtsgewicht betrug im Mittel 1074 g ± 299 g. Die Untersuchungen ergaben im Mittel folgende Ergebnisse: Kognition 100 ± 22, Sprache 91 ± 20, Motorik 96 ± 16. Es gab keine signifikanten Unterschiede in Kognition, Sprache und Motorik bezüglich Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht.
Zusammenfassung:
Die Nachuntersuchung der Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g aus unserem Perinatalzentrum mit 2 Jahren mittels BSID-III zeigte keine signifikanten Unterschiede in Kognition, Sprache und Motorik bezüglich Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht. Damit zeigt sich in dieser Gruppe bei extrem unreifen Frühgeborenen (< 750 g, < 28. SSW) ein gleiches Outcome wie bei älteren und schwereren Frühgeborenen. Dies ist ein erheblicher Unterschied zu unserer Kohorte der Geburtsjahrgänge 2006 – 2014. Mögliche Gründe hierfür könnten sein: unterschiedliche Teststruktur, medizinischer Fortschritt im Bereich der Neonatologie in den vergangenen 15 Jahren, intensivere Nachbetreuung incl. therapeutischer Maßnahmen bei sehr unreifen Frühgeborenen, deutlich besseres Outcome der extrem unreifen Frühgeborenen.
Background: The frequency and type of drug prescriptions in children and adolescents require careful monitoring given the uncertainties and risks associated with pediatric drug use. Existing studies in this field using large health care databases, however, focused on any drug use (i.e., at least one prescription of a certain drug) while recurrent drug use may even be more relevant for monitoring.
Objective: To provide a comprehensive overview of frequencies and types of recurrent drug prescriptions in children and adolescents in Germany in 2016.
Methods: We used the German Pharmacoepidemiological Research Database (GePaRD)—a claims database covering ~17% of the German population. We identified children and adolescents aged 0–17 years with continuous insurance coverage in 2016 and assessed the prevalence of recurrent prescriptions (≥ 3 prescriptions of the same drug/therapeutic subgroup in 2016) based on ATC codes. We stratified the analyses by age and sex.
Results: Among 2.5 million children and adolescents included overall, the prevalence of recurrent drug prescriptions was 102 per 1,000 in girls and 87 per 1,000 in boys. For comparison, the prevalence of any drug prescriptions was more than five times higher. Among girls, the prevalence of recurrent drug prescriptions ranged between 43 (< 2 years) and 207 per 1,000 (13–17 years). In 2–12-year-old girls, systemic antibiotics (ATC subgroup J01) had the highest prevalence of recurrent use (2–5 years: 66 per 1,000; 6–12 years: 31 per 1,000). In girls aged 13–17 years, sex hormones (ATC subgroup G03) had the highest prevalence of recurrent use (146 per 1,000). Furthermore, unlike other age and sex groups, this subgroup showed a prevalence above 10 per 1,000 for levothyroxine. Among boys, the prevalence of recurrent drug prescriptions ranged between 61 (< 2 years) and 98 per 1,000 (13–17 years). In 2–5-year-old boys, systemic antibiotics had the highest prevalence of recurrent use (73 per 1,000). In older boys (6–17 years), psychoanaleptics (ATC subgroup N06) showed a higher prevalence than antibiotics. Methylphenidate was the most frequently prescribed recurrent drug among boys aged six years and older (6–12 years: 23 per 1,000; 13–17 years: 26 per 1,000).
Conclusions: This description of recurrent drug prescriptions provides important insights on chronic drug exposure in children and adolescents and highlights marked differences between age and sex groups. The high prevalence of three or more antibiotic prescriptions in preschoolers and of levothyroxine in girls aged 13–17 years are striking and require further consideration.
Hintergrund und Ziele: Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene stellen eine vulnerable Gruppe hinsichtlich der Entwicklung eines problematischen Internetnutzungsverhaltens dar, das zur Vernachlässigung wichtiger Lebensbereiche wie Schule und Familie, dem Absinken des psychosozialen Funktionsniveaus, sozialem Rückzug und einem klinisch relevanten Leidensdruck führen kann. Das Ziel der iPIN-Studie war es, die Machbarkeit und Wirksamkeit einer telefonbasierten Kurzintervention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit problematischer Internetnutzung in einem randomisiert-kontrollierten Studiendesign zu überprüfen.
Methoden: Mithilfe der Compulsive Internet Use Scale (CIUS) wurden Berufsschüler in Schleswig-Holstein und Hamburg (Alter M=20.6 Jahre; SD=4.68; 48.1 % weiblich) proaktiv hinsichtlich eines problematischen Internetnutzungsverhaltens gescreent. Probanden, die den cut-off Wert von mindestens 21 Punkten erreichten, wurden in einem vertiefenden Telefoninterview mit standardisierten Fragebögen zum Internetverhalten und psychischer Komorbidität befragt. Diejenigen, die mindestens zwei DSM-5-Kriterien für Internetabhängigkeit erfüllten, wurden randomisiert der Interventions- bzw. Kontrollgruppe zugeteilt. Die Intervention basierte inhaltlich auf Elementen der Motivierenden Gesprächsführung und kognitiver Verhaltenstherapie und umfasste bis zu 3 Telefonberatungen. Die Kontrollgruppe erhielt Informationsmaterialien. Zur Qualitätssicherung wurde die Intervention von Psychologen unter engmaschiger Super- und Intervision durchgeführt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 8.606 Schüler gescreent. Bei 938 Screening-positiven Schülern wurde ein vertiefendes Diagnostik-Interview durchgeführt. Hierbei erfüllten 507 Probanden die Einschlusskriterien der Studie, wovon 243 Schüler der Interventions- und 261 Schüler der Kontrollgruppe zugeordnet wurden. Ein telefonisches Follow-up-Assessment erfolgte nach 6 (n=312) und 12 (n=289) Monaten. In diesem Vortrag werden Stichprobenmerkmale sowie Daten zur Machbarkeit und Wirksamkeit der Intervention vorgestellt.
Schlussfolgerungen: Kurzinterventionen bei problematischer Internetnutzung stellen einen vielversprechenden Präventions- und Interventionsansatz bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dar. Die telefonische Erreichbarkeit der Probanden erwies sich jedoch als Herausforderung. In zukünftigen Studien sollten alternative Möglichkeiten der Kontaktaufnahme in Betracht gezogen werden.
Eine adäquate Schmerztherapie erfordert einen sorgfältigen Umgang mit Analgetika. Paracetamol und Ibuprofen sind die am häufigsten gegen Fieber und Schmerzen eingesetzten Substanzen im Kindesalter. Beide Substanzen können unerwünschte Wirkungen haben und bei Dauergebrauch zum Analgetika-induzierten Kopfschmerzsyndrom führen. Ziel der Analysen ist die nach Substanzgruppe, Indikation und ärztlicher Verordnung differenzierte Beschreibung der Entwicklung des Analgetika-Gebrauchs von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.
Aus KiGGS Welle 2 (2014-2017) liegen mittels standardisiertem Interview erhobene Daten zur aktuellen (d.h. in den letzten 7 Tagen) Anwendung von Analgetika und Antiphlogistika (ATC-Klassen N02 und M01, im Folgenden als „Analgetika“ bezeichnet) von 3.462 Drei- bis 17-Jährigen vor und werden mit Daten von n=14.870 Teilnehmenden der KiGGS-Basiserhebung verglichen. Für jedes Präparat wurde a) die Anwendungsindikation erfragt und den Kategorien Kopfschmerzen, andere Schmerzen, Fieber/Infekt oder Sonstiges zugeordnet und b) erfragt, ob eine ärztliche Verschreibung erfolgte.
Die Anwendungsprävalenz von Analgetika ist bei Mädchen und Jungen signifikant von 7,1% (95%-KI 6,6-7,6) auf 9,4% (8,0-10,9) gestiegen. In dieser Gruppe ist der Anteil ibuprofenhaltiger Präparate von 18,8% (15,9-22,1) auf 76,4% (69,4-82,2) gestiegen, der von paracetamolhaltigen von 50,0% auf 20,7% gefallen. Der Anteil des ASS-Gebrauchs ist von 21,2% auf 3,4% zurückgegangen. Auch die Anwendung anderer Analgetika ist von 14,0% auf 6,6% signifikant zurückgegangen. Der Anteil von Anwendungen von mehr als einer Substanz innerhalb von 7 Tagen ist im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung angestiegen (von 3,9% auf 7,2%).
Die Zunahme der Analgetikaanwendung ist auf einen gestiegenen Anteil von Kindern zurückzuführen, die diese wegen Fieber/Infekten und wegen anderer Schmerzen als Kopfschmerzen anwenden. Der Anteil der Analgetikaanwendung ohne ärztliche Verordnung ist signifikant gestiegen und liegt mit 74,2% (67,8-79,7) um 10 Prozentpunkte höher als in der KiGGS-Basiserhebung. Während eine ärztliche Verordnung bei Fieber und Infekten wie 10 Jahre zuvor bei jedem 2. Kind erfolgte, ist der Anteil der Selbstmedikation bei Schmerzen signifikant gestiegen und liegt über 80%.
Analgetikaanwendungen wegen Schmerzen haben in den letzten 10 Jahren zugenommen. Grund kann der auch in Deutschland beobachtete Anstieg der Prävalenz wiederholter Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen bei Kindern sein. Möglicherweise hat auch die Ablösung von Paracetamol durch ibuprofenhaltige Präparate beigetragen, da diese in einer als anwendungsfreundlicher wahrgenommenen Darreichungsform (Saft) erhältlich sind und diese die Anwendungsschwelle gesenkt haben könnte. Der häufig ohne ärztliche Verordnung erfolgende Analgetikagebrauch bei Kindern und Jugendlichen sollte in der kinderärztlichen Praxis und in der pharmako-epidemiologischen Forschung Anlass zu erhöhter Aufmerksamkeit für dieses Thema sein.
Hintergrund: Immer mehr Studien beschäftigen sich mit Zusammenhängen zwischen Eigenschaften der Wohnumgebung und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Dabei konnte das Potenzial von Grünflächen bezüglich körperlicher Aktivität und Wohlbefinden bereits mehrfach aufgezeigt werden. Es gibt jedoch kaum Studien, die den Anteil von Straßen in der Wohnumgebung als wichtigen Parameter der Wohnumgebung oder den Mediengebrauch als Hinweis auf ein eher passives Freizeitverhalten näher untersuchen.
Fragestellung: Hängen der Anteil von Straßen und der Anteil von Grünflächen in der Wohnumgebung von Kindern und Jugendlichen mit der Häufigkeit von aktivem (Bewegung im Freien) und passivem (Mediengebrauch) Freizeitverhalten, Übergewicht/Adipositas und emotionalen Problemen zusammen?
Material und Methoden: Alle Daten wurden im Rahmen der in Leipzig durchgeführten LIFE Child-Studie erhoben. Eine Gruppe jüngerer (3- bis 10-jähriger, N = 395) und eine Gruppe älterer (10- bis 18-jähriger, N = 405) Kinder wurden einbezogen. Straßen- und Grünflächenanteile im Umkreis von 50, 100 und 250 Metern um die Wohnadresse wurden aufbauend auf Fernerkundungstechniken und objektbasierten Bildanalysen geschätzt. Bewegung im Freien, Mediengebrauch (über TV, Spielkonsole, Handy, Computer) sowie emotionale Probleme (Skala des Strengths and Difficulties Questionnaires) wurden mittels Fragebogen erfasst. Übergewicht/Adipositas wurde als ein BMI über der 90./97. alters- und geschlechtsspezifischen Perzentile (nach Kromeyer-Hauschild et al., 2001) definiert. Zusammenhänge wurden – unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Alter, Geschlecht und Sozialstatus – mittels linearer Regressionsmodelle evaluiert.
Ergebnisse: In der Gruppe der 3- bis 10-jährigen Kinder hing ein höherer Straßenanteil in der Wohnumgebung mit einem höheren Mediengebrauch und einer höheren Wahrscheinlichkeit von Übergewicht/Adipositas zusammen. In der Gruppe der 10- bis 18-Jährigen ging ein höherer Straßenanteil mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von Übergewicht/Adipositas und mit weniger Bewegung im Freien einher. Außerdem hing in dieser Altersgruppe ein höherer Straßenanteil mit mehr emotionalen Problemen zusammen. Die Zusammenhänge waren am stärksten, wenn Straßen- bzw. Grünflächenanteile im Umkreis von 100 Metern um die Wohnadresse betrachtet wurden.
Schlussfolgerung: Die Beobachtungen lassen vermuten, dass sich der Aufbau der Wohnumgebung (und dabei vor allem der Straßenanteil) auf das Freizeitverhalten sowie auf BMI und emotionales Wohlbefinden auswirken kann, mit teilweise unterschiedlichen Effekten in Abhängigkeit vom Alter der Kinder. Dadurch unterstreichen die Ergebnisse die Wichtigkeit der Wohnumgebung für Verhalten, Gesundheit und Wohlbefinden im Kindes- und Jugendalter.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes.
Einführung: Basierend auf internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen des Weltklimarates befinden wir uns in einer Klimakrise mit aktiven, irreversiblen Kipppunkten (u.a. Permafrost, Amazonaszerstörung) für einen bewohnbaren Planeten. Dabei ist das Gesundheitssystem weltweit der 5. größte Treibhausgasemitter, wobei die Krankenhäuser mit 13% dazu beitragen. In Europa erzeugen das deutsche und schweizerische Gesundheitssystem die meisten Emissionen. Dieses widerspricht dem Hippokratischen Eid „Do no harm“, da der Klimawandel gravierende Auswirkungen auf die Volksgesundheit hat. Besonders Kinder und ältere Leute sind vom Klimawandel besonders betroffen. Ziel des internationalen Netzwerkes „Healthcare without harm“ (HCWH) ist es, die Emissionen des Gesundheitssystems zu senken und Klimaneutralität des Gesundheitssystems zu erreichen. Zudem sollen die Gesundheitssysteme besser auf die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels vorbereitet werden. Bislang haben Strategien zur Reduzierung der Emissionen aus dem Krankenhaussektor wenig Aufmerksamkeit erfahren.
Bevor wir unser mit dem Leben zu vereinbarendes C02 Budget vollständig aufgebraucht haben, bleiben uns maximal 8 Jahre Zeit, einen wesentlichen Wandel mit deutlicher Reduzierung unseres CO2 Ausstoßes und Klimaneutralität zu erreichen. Auswirkungen der Klimakrise sind für die Bevölkerung bereits jetzt deutlich spürbar: In 2003 hat die Hitzewelle 70.000 Tote in Europa herbeigeführt; eine Klimawandelfolge mit stark zunehmender Tendenz. Zudem werden häufiger schwerwiegende virale und bakterielle Infektionen als auch Epidemien und Pandemien auftreten, wie an der aktuellen Klima-Zoonose COVID-19 zu sehen ist. Den höchsten Anteil an den durch den Klimawandel bedingten Gesundheitsschäden hat allerdings die Luftverschmutzung. In 2012 sind in der EU etwa 403.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung gestorben. Personen aus Regionen hoher Luftverschmutzung scheinen anfälliger für eine vorzeitigen Tod durch eine COVID-19 Infektionen zu sein, vermutlich durch eine Vorschädigung der Luftwege. Dies verdeutlicht, dass Klimaschutz auch Gesundheitsschutz ist.
Da die Klimakrise ein multifaktorielles Problem ist und vielfache Lösungsansätze hat, hat die HCWH folgende Aktionspfeiler gesetzt:
Nachhaltige Beschaffung, Pharmazeutische Produkte, erneuerbare Energien, Isolation von Gebäuden, Transport, Ernährung, Abfall, Wasser, Chemikalien und Leadership.
Im Rahmen des Vortrags stellen wir verschiedene Nachhaltigkeitsprojekte vor, die wir derzeit durchführen bzw. erfolgreich implementiert haben. Desweiteren werden Beispiele aus anderen Ländern aufgezeigt.
Fazit: Für das Gesundheitssystem gibt es vielfache Möglichkeiten, CO2 Emissionen zu senken und zu einem umweltverträglicheren Gesundheitssystem beizutragen. Dies führt neben verminderten Verbrauchskosten und einem besseren CO2 Fußabdruck zu einer erhöhten Mitarbeiterzufriedenheit und einer größeren Identifikation mit dem Arbeitgeber.
Introduction
Contractures are a common complication in neurological conditions such as cerebral palsy, resulting in a limited range of motion (ROM). Stretching plays an important role in treatment of the affected joints. Controlled dynamic stretching (CDS) orthotic joints represent promising new devices to enhance existing therapy, but there are no data on this therapeutic option in children and adolescents.
Objectives
To analyze whether CDS orthotics reduce or prevent contractures of various joints in children and adolescents with the primary endpoint of clinically relevant improvement of passive ROM (PROM).
Patients and Methods
In this single-center, observational, intraindividually-controlled study, children and adolescents were recruited in 2018-2019 at the Charité Center for Chronically Sick Children. Patients received CDS orthotics in addition to their regular multidisciplinary treatment. CDS orthotics were used for knee flexion (KF) and extension (KE), elbow extension (EE), wrist dorsal extension (W) and ankle dorsal extension (DE). PROM and clinically relevant changes were assessed with neutral/zero-method and goal attainment scale (GAS) at baseline, after 6 (FU1) and 12 weeks (FU2), and 6 (FU3) and 12 months (FU4). Undesired events were monitored continuously.
Results
We treated 39 affected joints with CDS orthotics (13 KE, 10 W, 7 EE, 4 KF, 5 DE) in a total of 18 children (8 male, median age 9 years (range 5-15) with cerebral palsy, spina bifida or other genetic syndromes. In addition to contractures, most patients had increased muscular tone. Children received 1 to 4 (mean 2) orthotics. At FU2, PROM improved in 5/6 KE by 8 ± 3° (p < 0.05) and in 7/7 EE by 7 ± 6° (p < 0.05). We detected a trend towards PROM improvement in 4/6 W by 18 ± 12° (p = 0.05). All groups combined show a high significant improvement of PROM at short-term goals (FU2), though at FU4 exacerbation were found in some of the patients. CDS were globally well tolerated; parents and therapists noted alleviation in care, positioning, transfers and increased activity in therapy. Whereas PROM was improved in 97% (p < 0.05) of tested joints already at FU2, active usage of improved PROM was hardly found at FU4. As where the pre-specified long-term goals on body function level have been mostly achieved, the long-term goals on ICF level of activity have only improved for some of the patients.
Conclusion
This is the first study showing improvements in PROM attributed to CDS orthotics in the majority of joints after a short treatment period with consecutive clinical improvements of individually set goals in children and adolescents with chronic neurological conditions. Due to this observational study we have established to set guidelines for usage of the CDS orthotics for children and adolescents.
Körperliche, akute Erkrankungen können für Kinder, Jugendliche und ihre Familien sehr belastend und bedrohlich sein. Doch wie ist es mit chronischen Erkrankungen?
Mit welchen Belastungen und Herausforderungen werden chronisch kranke Kinder und Jugendliche konfrontiert? Und wie kann Eye Movement Desensitization and Reprocessing Therapie (EMDR) bei der Krankheitsbewältigung hilfreich sein?
In diesem praxisorientierten Vortrag werden anhand von Fallbeispielen Interventionen und ein traumatherapeutisches Vorgehen in der Arbeit mit dieser Patientengruppe vorgestellt, die die Kinder/Jugendlichen dabei unterstützen können
• mit der Diagnose einer chronischen Erkrankung,
• den notwendigen therapeutischen Maßnahmen (z.B. regelmäßige Injektionen bei Diabetes, Rheuma, Multipler
Sklerose),
• und der notwendigen Neuorientierung
besser zurecht zu kommen und eine neue Alltagsstabilität zu entwickeln.
Es wird die Notwendigkeit einer multiprofessionellen Zusammenarbeit zum Wohle der chronisch kranken Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien anschaulich dargestellt.
Hintergrund
Im Vergleich zu gesunden Gleichaltrigen zeigen Kinder mit mentaler Entwicklungsstörung auch bzgl. der sozial-adaptiven Entwicklung eine deutliche Verzögerung - häufig begleitet von Verhaltensproblemen, welche in das Behandlungsspektrum sozialpädiatrischer Zentren fallen. Diese Probleme zeigen sich im Alltag u.a. als Schlafstörung, Fütter-/Essstörung, mangelnde Selbständigkeit und Kooperation, Weglauftendenzen oder (auto-) aggressive Verhaltensweisen und führen aufgrund der starken familiären Belastung häufig zu einer intensiven stationären Therapie mit Elterntraining als wesentlichem Bestandteil. Ambulante Fördermaßnahmen im Rahmen der Regelversorgung wie Logopädie oder Ergotherapie greifen bei o.g. Problemen nicht. Daher wurde das Home Treatment-Projekt im kbo-Kinderzentrum München mit Hilfe der Robert-Vogel-Stiftung entwickelt.
Fragestellung
Ziel der Studie ist es, zu überprüfen, ob das Home Treatment für hochbelastete Familien mit Kindern mit „mentaler Entwicklungsstörung und Verhaltensproblemen“ eine alternative effektive Behandlungsoption im Übergangsbereich ambulante/stationäre Therapie sein kann. Es wird untersucht, ob Home Treatment als therapeutisches Angebot eine Reduktion der Verhaltensprobleme bewirkt (1), sowie elterliche Belastung (2) und Erziehungsprobleme (3) vermindert.
Methoden
Im Rahmen einer prospektiven Interventionsstudie mit Wait-List-Control-Gruppe sollen insg. ca. 60 Familien, die im SPZ mit o.g. Diagnosen betreut werden, nach Blockrandomisierung für 6-8 Wochen von verhaltens-/heilpädagogisch ausgebildeten Therapeuten unter ärztlich-psychologischer Supervision intensiv (2-3x/Woche) im häuslichen Umfeld angeleitet werden. Es kommen verschiedene Methoden zum Einsatz (u.a. Psychoedukation, Videoanalyse, ressourcenförderndes Verhaltensfeedback, Anleitung in vivo-/videogestützt, systematisches Üben neuer Fähigkeiten). Die Evaluation erfolgt mittels Fragebögen (VFE (1), EBI (2), EFB-K (3)) zu Beginn und am Ende der Intervention, 3 Monate nach Ende der Intervention, sowie in der Kontrollgruppe zu Beginn der Wartezeit.
Ergebnis
Es erfolgt eine Präsentation der Zwischenergebnisse der aktuell laufenden Studie basierend auf Daten aus dem Zeitraum von März 2019 bis August 2020. Bislang wurden 32 Patienten im Alter von 2 - 11 Jahren mit den Primärdiagnosen Trisomie 21 (n=14), Intelligenzminderung mit bekannter oder unbekannter Ursache (n=11), Autismus (n=6) für die Studie randomisiert.
Diskussion
Die Akzeptanz des Home Treatment bei betroffenen Familien, Behandlern und Therapeutinnen ist sehr hoch, es zeigen sich viele positive Einzelverläufe, die Nachfrage ist sehr groß.
Im klinischen Alltag zeigt sich, dass die Therapiedauer im Home Treatment der Schwere der geistigen Behinderung und der Verhaltensprobleme angepasst werden sollte. Zudem können in Einzelfällen ggf. ergänzende Maßnahmen, wie Logopädie oder psychotherapeutische Betreuung bei starker elterlicher Belastung sinnvoll sein.
Ein Drittel der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. Geflüchtete Frauen kommen nach Europa mit einem z. T. erheblich anderen Familien- und Frauenverständnis. Es muss den Frauen die Mög-lichkeit gegeben werden, die neue, andere Gesellschaft kennenzulernen, sich in dieser Gesell-schaft einzuleben und damit den Weg zu finden, sich zu integrieren.
Für viele von ihnen ist es schwierig, sich bei vielfältigen akuten oder chronischen Gesundheits-problemen bei ihren Kindern und bei sich selbst einer fremden, nicht aus dem Gesundheitsbe-reich kommenden Person anzuvertrauen.
In Niedersachsen wurden mit Landesförderung in den Jahre 2017 – 2019 in fünf Kommunen „Zentralen Frühe Hilfen“ für die gesundheitliche Betreuung von geflüchteten Frauen und Kindern eingerichtet. Diese werden als Gesundheitssprechstunde oder mit aufsuchender Betreuung von Fachkräften Frühe Hilfen (Familienhebammen oder Familien-Gesundheits-und Kinderkranken-pflegerinnen) geleitet.
z. B. folgende Aufgaben werden wahrgenommen:
Lotsenfunktion für Hilfe und Betreuung bei akuten und chronischen Erkrankungen der Frauen und Kinder (z. B. Ernährung der Kinder, Hygiene, Infektionsschutz, Begleitung zu Ärzten und Überwachung der empfohlenen ärztlichen Maßnahmen, Fragen der Emp-fängnisverhütung usw.)
Hilfe und Betreuung bei bestehender Schwangerschaft
Wahrnehmung einer Lotsenfunktion auch im Umgang mit Behörden
Motivation zum Erlernen der deutschen Sprache
Hilfe bei der zukünftigen Lebensgestaltung.
Es konnte gezeigt werden, dass eine strukturierte und professionelle gesundheitliche und sozial-medizinische Betreuung durch Fachkräfte Frühe Hilfen eine Orientierungshilfe und damit wichti-ge Grundlage für das Einleben von geflüchteten Frauen und Kindern in das neue Leben und in die neue „Heimat“ sein kann.
In der Auswertung der Dokumentation von 239 betreuten Frauen und Kindern in drei Standorten konnte gezeigt werden, dass bei folgenden Themen gute Erfolge erzielt werden konnten:
bei Fragen zur Gesundheit der Mutter: 52%
bei Fragen zur Gesundheit der Kinder: 51%
bei psychosozialen Problemen: 40%
bei „Alltagsproblemen“: 57%
bei Erziehungsthemen: 40%
Nach Ende der Erprobungsphase konnten diese Zentralen Frühe Hilfen wenigstens in drei der Kommunen weitergeführt werden.
Zielsetzung: Wir untersuchten den Zusammenhang zwischen von Eltern beobachteten Symptomen von Aufmerksamkeits-Defizit und Hyperaktivität (ADH) kurz vor der Einschulung und den schulischen Fähigkeiten am Ende der ersten Klasse unter Berücksichtigung des medizinischen Versorgungsbedarfs und weiterer potentieller Confounder.
Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie im Raum Mainz-Bingen wurden Schulanfänger des Jahres 2015 bei der Schuleingangsuntersuchung (SEU) rekrutiert. Symptome von ADH wurden vor der Einschulung über die Hyperaktivitäts-Skala des Strengths and Difficulties Questionnaire (ADH-Skala des SDQ; fünf ADH-Items, Range der ADH-Skala 0 bis 10) erhoben, ein erhöhter medizinischer Versorgungsbedarf über den Children with Special Health Care Needs-Screener (CSHCN). Am Ende der ersten Klasse beurteilten die Klassenlehrkräfte die schulischen Fähigkeiten in vier Bereichen jeweils auf einer Skala von -2 (unterdurchschnittlich) bis +2 (überdurchschnittlich). Die Werte wurden zu einem Summenscore addiert (-8 bis +8). Zusammenhänge zwischen ADH und schulischen Fähigkeiten wurden in mehreren gemischten linearen Regressionsmodellen analysiert: unadjustiert (Modell 1), adjustiert für sozio-demographische Parameter (Modell 2) und zusätzlich adjustiert für den medizinischen Versorgungsbedarf (Modell 3). Außerdem wurden alle fünf ADH-Items einzeln (Modelle 4a-e) und eine reduzierte ADH-Skala, bestehend aus den beiden Items mit dem stärksten Zusammenhang (Range: 0-4, Modell 5), analysiert, jeweils adjustiert für sozio-demographische Parameter und den medizinischen Versorgungsbedarf.
Ergebnisse: Von 3683 Schulanfängern konnten 1190 Kinder (51% Jungen, Altersdurchschnitt 7,3 Jahre) in die Analyse eingeschlossen werden. In Modell 1 führte jeder zusätzliche Punkt auf der ADH-Skala zu einer Verringerung der schulischen Fähigkeiten um 0,37 Punkte (95%CI [-0,45; -0,29]; p < 0,001). Der Effekt pro Punkt auf der ADH-Skala sank auf -0,24 Punkte (95%CI [-0,32; -0,16]; p < 0,001) nach Adjustieren für sozio-demographische Parameter (Modell 2) und auf -0,23 Punkte (95%CI [-0,31; -0,15]; p < 0,001) nach zusätzlicher Berücksichtigung eines medizinischen Versorgungsbedarfs (Modell 3). Von den fünf ADH-Items zeigten „motorische Unruhe“ (-0,61; 95%CI [ 0,87; -0,34]; p < 0,001) und die „Konzentrationsspanne“ (-0,95; 95%CI [-1,24; -0,66]; p < 0,001) die stärksten Effekte (Modell 4). Mit jedem zusätzlichen Punkt auf der reduzierten ADH-Skala verminderten sich die schulischen Fähigkeiten um 0,56 Punkte (95%CI [-0,72; -0,39]; p < 0,001; Modell 5).
Schlussfolgerung: Kurz vor der Einschulung von Eltern beobachtete Symptome von ADH korrelieren negativ mit den schulischen Fähigkeiten am Ende der ersten Klasse. Um gefährdete Kinder frühzeitig erfassen, ggf. behandeln und fördern zu können, könnte die Aufnahme der SDQ-ADH-Skala (oder zumindest der beiden effektstärksten Items “motorische Unruhe” und “Konzentrationsspanne”) in den Elternfragebogen der SEU erwogen werden.
Einleitung: Aus dem kindlichen Alltag sind digitale Medien nicht mehr wegzudenken. Studien haben mittlerweile gezeigt, dass eine hohe Nutzungsdauer elektronischer Medien im Vorschulalter häufiger mit Konzentrations- und Sprachentwicklungsstörungen einhergeht. Im Rahmen der Schuleingangs- sowie 4. Klassenuntersuchungen der Region Hannover wurden mithilfe eines Fragebogens der Medienkonsum im Vorschul- und Grundschulalter untersucht.
Methodik: Die Schuleingangsdaten des Jahrgangs 2019/20 (n = 10.925) der Region Hannover sowie Daten der 4. Klassenuntersuchung 2019 (n= 276) einzelner Grundschulen wurden ausgewertet. Anhand von Elternfragebögen wurde u.a. die Medienkonsumdauer des Kindes abgefragt. Die Sprachkompetenz des Kindes wurde im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung mittels der Methodik des sozialpädiatrischen Entwicklungsscreenings (SOPESS) erhoben und das Verhalten mit dem Strength and Diffculties Questionnaire (SDQ). Neben einer deskriptiven Analyse wurden multivariable logistische Regressionsanalysen adjustiert nach allen einbezogenen Faktoren berechnet.
Ergebnisse: Die multivariable Analyse zu den Schuleingangsdaten verdeutlicht eine signifikante Assoziation zwischen hohem Medienkonsum und mangelnder Sprachkompetenz (OR=2,1; 95%-KI 1,6-2,8) als auch Verhaltensauffälligkeiten (OR= 1,4; 95%-KI 1,2-1,8). Ein geringer elterlicher Bildungsgrad ist am stärksten mit Sprachdefiziten und Verhaltensauffälligkeiten assoziiert. Auch die Stratifizierung nach Bildungsgrad und Herkunftsland der Eltern zeigt bei geringem Bildungsgrad und einer nicht-deutschen Herkunft der Eltern eine hohe tägliche Medienkonsumdauer des Kindes. Die Auswertungen der 4.-Klasseuntersuchung zeigen, dass der tägliche Medienkonsum zwischen der Einschulung und der 4. Klasse deutlich zunimmt. Es wurden daraufhin Maßnahmen ergriffen, um verständliche und einheitliche Information zum kindlichen Medienkonsum als einen festen Bestandteil von Elterngesprächen in unterschiedlichen Settings (z.B. Schuleingangsuntersuchung, Elterngespräche) zu implementieren.
Diskussion: Trotz der eingeschränkten kausalen Aussagefähigkeit aufgrund des Querschnittdesigns weisen die Daten auf einen höheren Informationsbedarf bei benachteiligten Familien hinsichtlich einer kompetenten und altersgerechten Nutzung von Medien im Kindesalter. Um möglichst viele dieser Familien zu erreichen, erscheint es wichtig, den Eltern Zugang zu einheitlichen Informationen über Medienkonsum bei Kindern an verschiedenen Stellen zu ermöglichen. Um weitere Aussagen zu den Auswirkungen eines intensiven Medienkonsums machen zu können, wäre eine weitere longitudinale Studie mit Verknüpfung der Schuleingangsdaten mit den 4. Klassendaten der nächste Schritt.
Hintergrund: Durch die Zunahme chronischer Erkankungen im Kindesalter und einem Trend zur Ganztagsbeschulung steigt der Bedarf an medizinisch-pflegerischer Versorgung an Schulen. Konzepte für SGP fehlen bislang.
Zielsetzung: Entwicklung, Implementierung und Evaluation eines SGP-Konzeptes mit dem Fokus der Versorgung chronisch erkrankter Kinder auf der Basis von Case Management.
Methode: Von September 2018 bis Dezember 2019 wurde eine einarmige Machbarkeitsstudie durchgeführt und zwei Schulgesundheitsfachkräfte an zwei Grundschulen implementiert. Auf der Basis eines logischen Wirkmodells für komplexe Interventionen wurden die Machbarkeit, Akzeptanz, Nutzung und Implementierungsqualität quantitativ (z.B. Dokumentation der Versorgungen, Fragebögen für schulisches Personal und Eltern) und qualitativ (z.B. Fokusgruppen, leifadengestützte Telefoninterviews) evaluiert.
Ergebnisse: Insgesamt besuchten 702 Schüler und Schülerinnen die beiden Schulen. Es kam zu 4.914 Versorgungen. Die mittlere Anzahl der Versorgungen pro Tag stieg von (Schule 1/Schule 2) 5,5 auf 23,2 bzw. 4,5 auf 18 an. Die Reichweite der Versorgung betrug in einer Schule 80%. 84,8 bzw. 61,1% (Schule1/Schule2) des schulischen Personals gaben an, dass der persönliche wöchentliche Zeitaufwand für die Übernahme von fachfremden gesundheitsbezogenen Tätigkeiten deutlich oder etwas 9,1 bzw. 5,6% abgenommen hat (Befragung des schulischen Personals; N=51). Die Zusammenarbeit mit der Schulgesundheitsfachkraft wurde von den Lehrkräften als sehr hilfreich, unkompliziert und zuverlässig empfunden (Fokusgruppe; N=1). Die Eltern gaben an, sich gut über den Einsatz der Schulgesundheitsfachkraft informiert zu fühlen. Lediglich 1,8% waren nicht informiert gewesen. 85,8% der Eltern berichteten, dass ihr Kind gute bis sehr gute Erfahrungen mit der Schulgesundheitsfachkraft gemacht hatte (anonyme Elternbefragung; N=284). Elf chronisch erkrankte Kinder wurden innerhalb des Case Managements versorgt. Es fand eine durchgängige Nutzung des Case Managements statt (Mittelwert Schule1/Schule2: 24,5 bzw. 9,64 Kontakte pro Monat). Die tägliche Präsenz, die kontinuierliche Erreichbarkeit und die stetigen Rückmeldungen wurden als förderliche Faktoren für die Akzeptanz identifiziert (Elterninterviews; N=8).
Schlussfolgerungen: Die Implementierung von SGP und Case Management für chronisch kranke Schüler und Schülerinnen durch eine Schulgesundheitsfachkraft ist machbar. Die Maßnahme stieß auf große Akzeptanz seitens des Schulpersonals, der Kinder und Eltern und führte zu intensiver Nutzung des Angebots. Es kam zu einer Entlastung und Steigerung des Sicherheitsgefühls bei allen Beteiligten. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden für die Planungen einer nachfolgenden größeren Pilotstudie zur Abschätzung von gesundheitlichen und bildungsrelevanten Effekten auf Schülerebene genutzt.
Hintergrund: Die Inzidenz von Morbus Hirschsprung beträgt 1:5000. Er ist durch das Fehlen myenterischer Ganglienzellen und damit gestörte Peristaltik gekennzeichnet. In ca. 5 % der Fälle ist das gesamte Colon betroffen. Noch seltener (< 1%) ist die besonders schwere Ausprägung - das Zuelzer-Wilson-Syndrom – wobei nicht nur das Colon, sondern auch Teile des Dünndarms betroffen sind.
Fall: Ein reifes Neugeborenes (APGAR 9/10/10, Gewicht: 3120g, Länge: 51cm) wurde am 3. LT mit geblähtem Abdomen und galligem Erbrechen auf die Intensivstation verlegt. Klinisch und radiologisch bestand V.a. Mekoniumpfropf-Syndrom, welches operativ bestätigt mit einem Mekoniumpfropf ca. 30cm vor Bauhin und nachfolgendem Hungerdünn- und Dickdarm wurde. Es erfolgte die Anlage einer Bishop-Koop-Anastomose. Postoperativ konnte jedoch kein zufriedenstellender Nahrungsaufbau erfolgen. Weitere Fehlbildungen gab es nicht, CF konnte ausgeschlossen werden. Daher wurde im Alter von 1 Monat bei V.a. M. Hirschsprung eine Re-Laparatomie mit Anlage eines Ileostomas durchgeführt. Die Biopsien sicherten histologisch die Diagnose. Die schlechte Nahrungsverträglichkeit bestand jedoch fort. Im 3. LM wurden zur erneuten Diagnostik Stufenbiospien durchgeführt. Ganglien konnten lediglich im Bereich bis 70cm nach Treitzband sicher identifiziert werden. Das neue Ileostoma wurde deswegen an dieser Stelle angelegt und das Kind zudem mit einem ZVK und PEG versorgt, um sowohl ein gutes Gedeihen zu gewährleisten sowie den Darm zu konditionieren. Im Alter von 1,5 Jahren erfolgte eine Kolektomie, Proktokolektomie J-Pouch-Anlage des distalen Ileums und die perianale Durchzugsoperation nach de la Torre. Dabei beschlossen wir sowohl die Übergangszone als auch ein Teil des aganglionären Dünndarmsegmentes zu nutzen, da dieser im Gegensatz zum Dickdarm nicht mit starrer Lumeneinengung reagiert. Auf diese Weise konnten ca. 130cm Dünndarm erhalten werden. Im Alter von 21 Monaten erfolgte schließlich die Stomarückverlagerung.
Weiterer Verlauf: Das Mädchen gedeiht gut, wächst Perzentilen gerecht (Gewicht P 20-30, Länge P 50). Sie erhält eine teilparenterale Ernährung (ca. 1/2 des Tagesbedarfs) und isst aber normale Familienkost mit. Die PEG-Ernährung war nur kurzzeitig notwendig. Stuhlgang erfolgt problemlos 3-4 Mal am Tag.
Diskussion: Nicht nur die Sicherung der Diagnose eines Zuelzer-Wilson-Syndroms ist schwierig. Das Überleben liegt zwar bei > 90%, aber die Rate an Komplikationen wie rez. Enterocolitiden und Kurz-Darm-Syndrom ist hoch. Ein etabliertes Vorgehen bei der Behandlung gibt es leider nicht. Die Versorgung erfordert ein mehrstufiges und vor allem individuelles Konzept. Durch das Belassen der Übergangszone und sogar die Ausnutzung eines Teils des aganglionären Dünndarmes konnte das Risiko in unserem Fall minimiert werden. Wir halten zudem für wichtig, sich zwar ausreichend Zeit für die Darmkonditionierung zu lassen, aber die Korrekturen aus kinderpsychologischer Sicht frühzeitig zu machen.
Hintergrund
Die enkapsulierende Peritonealsklerose (EPS) - oder "abdominal cocoon" - ist eine seltene und teils infauste Erkrankung des Peritoneums, die durch eine partielle oder vollständige Umhüllung des (Dünn)Darms gekennzeichnet ist. Unter dem Einfluss verschiedener Entzündungsmediatoren findet eine kontinuierliche Zelltransformation statt, welche zu einer Bildung von Adhäsionen und kapselartigen Strukturen führt. Folge ist die Ausbildung einer verdickten, fibrokollagenen, peritonealen Membran. Die EPS tritt am häufigsten als Spätkomplikation nach Peritonealdialyse auf. Als postoperatives Risiko nach chirurgischen abdominellen Eingriffen ist die Genese und Therapie der EPS fast völlig unbekannt, was schwerwiegende Folgen haben kann. Patienten mit idiopathischer EPS sind teilweise asymptomatisch, die Mehrheit entwickelt jedoch eine intermittierende Ileus-Symptomatik. Kinder scheinen hierbei stärker betroffen zu sein. Die präoperative Diagnose der EPS ist recht schwierig, so dass viele Fälle erst intraoperativ diagnostiziert werden.
Fallvorstellung
Wir stellen den Fall eines 11-jährigen Jungen mit einem Xq24-Deletionssyndorm vor, der aufgrund von Bauchschmerzen, Übelkeit, Distension des Abdomens und galligem Erbrechen vorstellig wurde. Die Aufnahme erfolgt 4 Wochen nach einer primären Laparotomie in domo bei Resektion eines intraluminalen Gefäßtumors des Dünndarms. Präoperativ zeigte die Bildgebung (Kontrastmitteluntersuchung, Ultraschall, MRI) keinen wegweisenden Befund. Bei ausbleibender Besserung wurde die Indikation zur Re-Laparotomie gestellt. Intraoperativ zeigte sich ein vollständig eingekapselter Dünndarm. Dieser konnte nach ausgiebiger Adhäsiolyse komplett erhalten werden. Die histopathologische Untersuchung bestätigte die Diagnose einer EPS. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos.
Material und Methoden
Aufgrund der Vermutung, dass Kinder ein höheres Risiko für EPS haben, ist es wichtig, die Altersgruppe der jungen Patienten zu untersuchen. Neben dem Fallbericht mit Hervorhebung der diagnostischen, chirurgischen und histopathologischen Charakteristika werden in der vorliegenden Studie die zuvor veröffentlichten Artikel über EPS bei Kindern evaluiert und diskutiert.
Ergebnisse
Besonders bei Kindern ist die EPS potenziell ein schwerwiegendes Krankheitsbild. Klinische Untersuchung, Ultraschall und MRI-Scans können helfen, präoperativ vor allem erste Hinweise für eine Darmobstruktion zu erhalten.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend ist die Diagnose der EPS bei Kindern eine Herausforderung und wird schließlich auf der Grundlage von intraoperativen und histopathologischen Befunden gestellt. Therapeutisch empfehlen wir eine Laparotomie mit umfassender Adhäsiolyse.
Zielsetzung
Obwohl sich chronische Stuhlentleerungsstörungen im Kindes- und Jugendalter mit einer hohen Prävalenz zeigen und einen starken Einfluss auf die Lebensqualität haben, werden sie oft bagatellisiert und als nebensächliche Begleiterkrankung im Inzidenzanstieg der Adipositas wahrgenommen. Die therapeutischen Optionen sind entsprechend begrenzt und symptomorientiert. Die Neuromodulation ist in diesem klinischen Bereich ein vielversprechender Ansatz, sodass die Therapie mittels externer Sakralnervstimulation in dieser Studie evaluiert wird.
Materialien und Methoden
In einer prospektiven klinischen Studie konnten Patienten mit chronischer Obstipation seit 2013 in unserem Zentrum mit externer Sakralnervstimulation behandelt werden. Die Methode wurde von der klassischen Sakralnervstimulation adaptiert und erfolgt über einen externen Stimulator, der über zwei Klebeelektroden (paraumbilical und paravertebral) ein elektrisches Feld im Sakralbereich und Unterbauch generiert. Es wird mit einer stabilen Frequenz von 15Hz stimuliert. Die Intensität der Stimulation kann vom Patienten eingestellt werden (zw. 1-10mA). Defäkationsfrequenz, Stuhlkonsistenz und Anzahl der Episoden mit Enkopresis wurden als Zielvariablen festgelegt. Die Auswertung der klinischen Veränderung erfolgt über spezialisierte Fragebögen in festgelegten, regelmäßigen klinischen Kontrollen.
Ergebnisse
Wir behandelten 18 männliche und 17 weibliche Patienten mit einem mittleren Alter von 7 Jahren über 12 Wochen hinweg. Die Stimulation wurde mit einer Intensität von 6-11 mA eingestellt und im Mittel für 11 Stunden/Tag angewendet. Eine Verbesserung der Stuhlfrequenz konnte bei 25/35 Patienten (71%) gesehen werden, eine Verbesserung der Stuhlkonsistenz bei 20/35 Patienten (57%). Enkopresis trat bei 24/35 Patienten auf (69%) und zeigte sich unter Therapie bei 16 Patienten gebessert (67%). Die Therapie konnte somit in 23/35 Fällen (66%) als klinisch sehr gut wirksam eingestuft werden. Nebenwirkungen beschränkten sich auf allergische Reaktionen der Haut auf die Klebeelektroden.
Zusammenfassung
Die externe Sakralnervstimulation kann im Individualfall zu einer signifikanten Verbesserung der chronischen Obstipation im Kindes- und Jugendalter führen. Auch wenn größere Studien notwendig sind, um die Ergebnisse zu bestätigen, kann von einer relevanten therapeutischen Option in der Behandlung von chronischen Stuhlentleerungsstörungen gesprochen werden.
Hintergrund: Mit einer Prävalenz von 1:27000-1:40000sind sacrococcygeale Teratome (SCT) die häufigsten angeborenen Tumore. In vielen Fällen werden sie bereits pränatal diagnostiziert. Gerade bei großen (>10 cm) SCTs, die rasch proliferieren, besteht eine hohe Mortalität. Es besteht das Risiko eines Hydrops fetalis (bei ca. 15% aller SCTs), insgesamt ist das Risiko einer Frühgeburt oder weiterer Geburtskomplikationen erhöht. Der postnatale Verlauf kann durch eine Herzinsuffizienz erschwert sein. Blutungen, Infektionen und Ruptur sind die häufigsten Komplikationen der operativen Therapie.
Fall 1: Die Diagnose des SCTs wurde in der 30. SSW gestellt. In der 37. SSW erfolgte elektive Sectio. Das Kind zeigte eine gute Primäradaptation. APGAR 7/8/9, Gewicht (inkl. Tumor) 4050g.
Fall 2: Die Diagnose wurde in der 26. SSW gestellt. Wegen des vorzeitigen Blasensprungs und mütterlicher vaginaler Blutung musste jedoch in der 35.+2/7 SSW eine Sectio durchgeführt werden. APGAR 05/06/07, Gewicht (inkl. Tumor) 4615g.
Therapie: Das MRT zeigte in beiden Fällen exophytisch wachsende, hypervaskularisierte, teils solide, teils zystische Tumore. Die Blutversorgung erfolgte jeweils über die Äste der beiden A. iliaca int. sowie eine kräftige A. sacralis mediana. Eine primär operative Versorgung war mit einem erheblichen Blutungsrisiko verbunden. Wir entschlossen uns daher zu einem zweizeitigen Vorgehen. Im ersten Schritt wurden die tumor-versorgenden Gefäße interventionell im Herzkatheterlabor durch Mikro-Coils am 1. respektive 4. Lebenstag verschlossen. Als Zugangsweg wurde dafür die A. jugularis verwendet. Am Folgetag konnten die SCTs komplikationslos und in toto ohne intraoperativen Transfusionsbedarf entfernt werden. Trotz der hypoplastischen Beckenbodenmuskulatur und einer Rektozele gelang eine zufriedenstellende Beckenbodenrekonstruktion. Das Rektum konnte anatomisch korrekt rekonstruiert und die Sphinktermuskulatur anatomisch korrekt modelliert werden.
Der Tumor im Fall 1 war 18x15x10 cm groß und 1,0kg schwer, im Fall 2 - 20,5x17,0x11,0 cm groß und 1,6kg schwer. Der postoperative Verlauf gestaltete sich problemlos. Die Kinder konnten nach 11, resp. 22 Tagen entlassen werden.
Im Fall 1 erfolgte nach 3 Monaten die Resektion eines kleinen Rest-Tumors. Im Fall 2 gab es keinen Hinweis auf Rezidiv. 2,5 bzw. 2 Jahre nach der Operation entwickeln sich die Kinder sehr gut, sind beide stuhlkontinent und neurologisch unauffällig.
Diskussion: Die großen und vaskularisierten SCT führen perioperativ nicht selten zu massivem hämodynamisch relevantem Blutverlust und weisen eine perinatale Letalität von 25-50% auf. Daher erfordert deren Versorgung ein gut abgestimmtes interdisziplinäres Konzept. Eine operative Resektion in der ersten Lebenswoche ist nach wie vor die Therapie der Wahl. Durch den vorhergehenden interventionellen Verschluß der tumorverrsorgenden Gefäße konnten wir die perioperative Blutung erheblich minimieren und die Operation am Beckenboden erleichtern.
Jeder Befund zählt, und vieles braucht seine Zeit.
Im Alter von 5 Jahren sah ich einen Knaben mit rezidivierender obstruktiver Bronchitis und Verdacht GÖR. Die obere Endoskopie ergab keinen relevanten GÖR aber eine Dünndarm-Polypose, histologisch normale Dünndarm-Schleimhaut. Es gab viele Vorbefunde (pH-Metrie, Lungenfunktion, Schweißtest, komplizierte Anamnese der Geburt und ersten Lebensjahre mit Retardierung, Makrozephalus, Minderwuchs). Vorschlag Koloskopie. Statt dessen (dysmotile Zilien?) externe ÖGD und Bronchoskopie (tracheobronchiale Polypose – lymphatische Hyperplasien). 2x Haut-Op an Nasen-„Warze“. Mit 9 Jahren blutige Stühle und retour, ÖGD + Koloskopie: Polyposis duodeni et coli - keine Adenome, keine hyperplastischen Polypen. Molekulargenetisch kein Peutz-Jeghers-Syndrom. Nach Jahren mit Schulschwierigkeiten, Bauchschmerzen und Hämatochezie mit 17a erneute obere und untere Endoskopie. Im Colon aszendens 3 cm großes (Riesen-) Lipom, submukös gestielt, das erste dieser Art unter 18a. Aufarbeitung des Gesamtkasus: Verdacht Cowden-Syndrom. Molekulargenetisch Nachweis einer PTEN-Mutation (NM_000314.4:c.1003C>T;p.Arg335*). Makrozephalus + Trichilemmom + hamartöse Polypose = PTEN-Hamartom-Tumor Syndrom (PHTS) - das hat viele Folgen für das weitere Leben (und die Familie). Jeder Befund zählt.
Wir berichten den seltenen Fall eines Neugeborenen mit einseitigem reifem Hodenteratom. Klinischer Verlauf, differentialdiagnostische Erwägungen und die operative Therapie werden geschildert.
Ein instabiles Neugeborenes wies bei einem komplexen, bisher nicht einzugruppierenden Fehlbildungssyndrom direkt postnatal das Leitsymptom einer LUTO mit massiv ödematös alteriertem Skrotum auf ohne klar erkennbare Hoden. Nach Stabilisierung und Entlastung der LUTO zeigte sich links skrotal ein multizystischer Tumor. Die chirurgische Exploration lieferte ein reifes Hodenteratom, welches komplett entfernt wurde. Der Fall wird im Lichte aktueller Literatur diskutiert.
Schlußfolgerung: Mit dem Hintergrundwissen aller möglichen Differentialdiagnosen ist die einzeitige komplette chirurgische Hodentumorentfernung (Semikastration) die Methode der Wahl. Hodengewebesparende Verfahren sollten speziellen Umständen, insbesondere bei beidseitigem Befall, vorbehalten bleiben.
Hintergrund: Die minimalinvasive Korrektur der Ösophagusatresie bietet dem Patienten im Vergleich zum offenen Vorgehen langfristige Vorteile einschließlich einer niedrigeren Inzidenz von Skoliose und Scapula alata. Allerdings stellt das thorakoskopische Nähen einer sicheren, suffizienten Anastomose eine technische Herausforderung dar. Eine mögliche Alternative wäre die Magnetkompressionsanastomose. Frühere Magnetanwendungen führten bislang jedoch nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnisses, insbesondere weil die überwiegende Anzahl an Patienten therapierefraktäre Stenosen entwickelten.
Zielsetzung: Mittels neuen, geometrisch speziell geformten Magneten eine sichere, langfristig offene Anastomose zu erreichen.
Methodik: Ein Mädchen wurde in der Schwangerschaftswoche 35 und einem Gewicht von 1800g mit Ösophagusatresie ohne Fistel geboren. Am dritten Lebenstag wurde eine laparoskopische Gastrostomie angelegt. Eine Kontrastmitteldarstellung des unteren Blindsacks bei gleichzeitiger oberer Endoskopie zeigte einen Abstand von 4 Wirbelkörpern. Mit 3 Lebenswochen wurde eine thorakoskopische Approximation der Ösophagusenden ohne Anastomose durchgeführt. Vier Wochen später wurden peroral und über die Gastrostomie speziell konfigurierte Magneten eingebracht, die sich verbanden und über die folgenden 6 Tage durch Kompression eine Anastomose ausbildeten.
Ergebnisse: Die Patientin wurde in den folgenden 3 Monaten insgesamt viermal dilatiert, danach war sie langfristig asymptomatisch und konnte die volle Nahrungsmenge oral aufnehmen. Der Beobachtungszeitraum ist mittlerweile 1 Jahr. Wir haben in dieser Zeit 2 weitere Patienten mit der Methode erfolgreich behandelt.
Fazit: Die Magnetkompressionsanastomose mit diesen speziellen, neu konfigurierten Magneten führt zu einer sicheren, langfristig offenen Anastomose. Diese Innovation macht erlaubt die Behandlung der Ösophagusatresie, ohne dass eine thorakotomie durchgeführt oder eine thorakoskopische Anastomose genäht werden muss. Dadurch wird minimalinvasive Behandlung der Ösophagusatresie erleichtert.
Hintergrund: Bei extrem seltenen Erkrankungen bilden Fallbeschreibungen und Fallserien oft die einzige Datengrundlage, auf denen klinische Entscheidungen getroffen werden können. Carmi Syndrom ist eine seltene, meistens tödlich verlaufende Kombination von junktionaler Epidermolysis bullosa und Pylorusatresie. Während der interdisziplinären Betreuung einer Patientin mit Carmi Syndrom vielen unterschiedliche Wahrnehmungen über die publizierten Mortalitätsraten der Erkrankung auf. Daraufhin wurde die Hypothese untersucht, ob sich die kumulativen Mortalitätsraten von Einzelfallbeschreibungen und Mehrfachfallbeschreibungen unterscheiden.
Fallbeschreibung: Ein Mädchen wurde in der Schwangerschaftswoche 33 mit Carmi Syndrom geboren. Zusammen mit dem klinischen Ethik-Komitee wurden verschiedene Behandlungsoptionen diskutiert, einschließlich einer palliativen Behandlung oder einer gastrojejunostomie mit Gastrostomieanlage. Da etwa ein Drittel der in Fallbeschreibungen publizierten Kinder nach einer Operation überlebten, entschieden wir uns für das chirurgische Vorgehen. Die Patientin starb 4 Wochen später nach multiplen Komplikationen.
Methodik: Die pubmed Datenbank wurde systematisch nach Publikationen über Carmi Syndrom durchsucht. Das Outcome von Einzelfallbeschreibungen wurde mit dem von Mehrfachfallbeschreibungen verglichen.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 102 Fälle von Carmi Syndrom in der Literatur identifiziert. Die Mortalität bei Einzelfallbeschreibungen belief sich auf 17 von 27 Fällen (63%), während 62 von 74 Patienten von Mehrfachfallbeschreibungen starben (84%, p=0.036).
Fazit: Beim Carmi Syndrom unterscheidet sich die publizierte Mortalität zwischen Einfach- und Mehrfachfallbeschreibungen. Dies ist wahrscheinlich auf eine Kombination von Selektions- und Publikationsbias zurückzuführen. Die Unterschätzung der tatsächlichen Mortalitätsrate aufgrund dieser Effekte kann zu unangebracht intensiven Therapieansätzen führen, die womöglich Leiden verlängern. Kliniker sollten daher vorsichtig sein, ihre Entscheidungen bei extrem seltenen Erkrankungen auf der kumulativen Erfahrung von Fallbeschreibungen, insbesondere Einzelfallbeschreibungen, zu basieren.
Hintergrund
Die Herstellung einer langfristig durchgängigen Anastomose bei thorakoskopischer Ösophagusatresiekorrektur ist eine große Herausforderung. Wir haben in unserer früheren Studie gezeigt, dass eine magnetische Kompressionsanastomose des Ösophagus mittels speziellen Magneten möglich ist. Bislang fehlen jedoch noch langfristige Ergebnisse. Ziel der aktuellen Studie ist, das langfristige Outcome nach magnetischer Kompressionsanastomose im Schweinemodell zu evaluieren.
Methoden
Bei zehn Ferkeln wurde im Alter von acht Wochen speziell entwickelte Magnete mit 8mm Durchmesser zur Erzeugung einer Kompressionsanastomose in den proximalen und distalen Ösophagus eingebracht und gleichzeitig ein U-förmiger Ösophago-ösophagealer Bypass peroralen, enteralen Ernährung angelegt. Nach zwei Wochen wurde der Bypass operativ verschlossen. Die Tiere wurden für zwei Monate mit flüssiger Kost voll oral ernährt. Zeichen für Dysphagie und Gewichtszunahme wurden dokumentiert. Nach zwei Monaten erfolgten eine Ösophagoskopie und Kontrastmitteldarstellung des Ösophagus. Nach der Euthanasie wurde der Ösophagus zur histopathologischen Beurteilung entnommen.
Ergebnisse
Vier Schweine starben aufgrund von Komplikationen, die nicht direkt mit der Anastomose zu tun hatten, vor dem Endpunkt. Bei zwei weiteren Schweinen zeigte sich in der Endoskopie ein insuffizienter Verschluss des Bypasses, so dass die Schweine sich nicht nur über die Anastomose ernährt hatten (mittlere Gewichtszunahme 770+/-70g pro Tag). Vier Schweine ernährten sich über den Beobachtungszeitraum von 2 Monaten ausschließlich über die Magnetanastomose, bei diesen Tieren betrug die mittlere Gewichtszunahme 565 +/-74g pro Tag (p=0,18). Dysphagiezeichen traten bei keinem Tier auf. Bei allen überlebenden Schweinen wurden die Magnete innerhalb von 16 Tagen mit dem Stuhl ausgeschieden. Alle magnetischen Anastomosen waren mit dem 6,5mm Endoskop passierbar und es zeigte sich eine problemlose Kontrastmittelpassage im Ösophogramm. Der histopathologische Befund zeigte eine zirkuläre, voll epithelialisierte Anastomose.
Schlussfolgerung
Eine magnetische Kompressionsanastomose mit den hier verwendeten, speziell-konfigurierten Magneten führt im Schweinemodell auch bei langfristiger Beobachtung über 2 Monate zu einer stenosenfreien, funktionellen Ösophagusanastomose. Diese Erkenntnis ist ein wichtiger Schritt hin zur klinischen Anwendung bei Patienten mit Ösophagusatresie.
Hintergrund:
Anatomische Ursachen des Stridors beim Neugeborenen sind insbesondere die Laryngo- oder Tracheomalazie. Daneben ist eine äußere Kompression der oberen Atemwege ins Kalkül zu ziehen (z.B. Gefäßfehlbildungen, subglottische Raumforderungen aber auch infektiöse Ursachen).
Material und Methoden:
Ein 2-monatiger weiblicher Säugling wurde bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf und postpartalem Verdacht auf Neugeborenenpneumonie mit seit 4 Wochen andauerndem in- und exspiratorischem Belastungsstridor vorgestellt.
Bei äußerlich unauffälliger Halskontur zeigte der Ultraschall im Alter von 8 Wochen eine zystische Raumforderung von 27x24x54 mm Größe, hinter dem Larynx und der Trachea gelegen.
Schluckstörungen bestanden nicht.
Das MRT bestätigte den Befund einer einkammrigen, flüssigkeitsgefüllten Zyste, kranial bis in den Pharyny und kaudal bis zur Thymusloge reichend.
Es erfolgte die chirurgische Entfernung dieser dysontogenetischen Zyste, die von der Hypopharynxwand ausging und eine enge Lagebeziehung zur Trachealhinterwand zeigte.
Ergebnisse:
Nach erfolgreicher chirurgischer Entfernung war eine postoperative Beatmung erforderlich.
Im weiteren Verlauf erholte sich der Säugling zügig und ohne Atem- oder Schluckprobleme. Der histopathologische Befund ergab überraschend das Nebeneinander eines hochprismatischen, zilientragenden respiratorischen Epithels mit einem nicht verhornenden Plattenepithel mit seromukösen Speicheldrüsen, umgeben von glatter und quergestreifter Muskulatur ohne Knorpel.
Diskussion/ Schlussfolgerung:
Der Ausgangspunkt der Zyste am Hypopharynx und das Vorhandensein respiratorischen und ösophagealen Epithels legt einen embryonalen Ursprung im Bereich der Aussprossung der Trachealknospe aus dem Vorderdarm nahe.
Differentialdiagnostisch sind brochogene Zysten zu bedenken.
Chirurgisch muss eine Einbeziehung der Pharynxwand in die Zystenwand bedacht werden.
In der Weltliteratur sind bisher 20 vergleichbare Fälle beschrieben.
Bericht über die Möglichkeit zur zeitverzögerten Versorgung einer Ösophagusatresie durch Einlage einer distal-ösophagealen Blockung via Blasenkatheter nach wiederholten Magenperforationen bei einem eutrophen Frühgeborenen von 25+5 SSW mit einem Geburtsgewicht von 695 g mit Ösophagusatresie Typ III b nach Vogt durch die mechanische Ventilation.
In der Literatur werden Magenperforationen bei Ösophagusatresien durch die mechanische Ventilation beschrieben. Die extreme Frühgeburtlichkeit und das sehr geringe Geburtsgewicht müssen als zusätzlicher Risikofaktor gewertet werden. Weiter findet sich lediglich ein Case Report über ein Frühgeborenes der 25 SSW, dies jedoch mit einem Geburtsgewicht von immerhin 755 g. Am 2. Lebenstag kam es bei unserem Kind zu einer Magenperforation durch den Ventilationsdruck über die tracheo-ösophageale Fistel trotz Intubation.
Auf Grund der Instabilität des Kindes entschieden wir uns zu einem zweizeitigen Vorgehen. Zunächst wurde die Magenperforation versorgt und eine Ernährungssonde in den Magen eingelegt. Im weiteren Verlauf kam es jedoch erneut zu einer Magenperforation bzw. einer Nahtinsuffizienz. Um die Magennaht zu schützen wurde in den Distalen Ösophagus ein blockbarer Katheter eingelegt. Danach heilte die Magennaht gut ab und die endgültige Rekonstruktion konnte um 7 Wochen verschoben werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Kind dann ein Gewicht von 1000 g, die Rekonstruktion erfolgte über die übliche Thorakotomie und konnte streng retropleural durchgeführt werden.
Aus unserer Sicht ist bei Magenperforationen - wie sie bei VLBW Frühgeborenen mit Ösophagusatresie beschrieben werden - die Blockung des Ösophagus zur Entlastung des Magens eine empfehlenswerte Option. Sie sollte für diese Spezialfälle in Betracht gezogen werden.
Hintergrund: Die Peritonealtuberkulose ist eine in Europa bislang seltene, jedoch angesichts steigender Immigrationszahlen wichtige Differentialdiagnose bei abdominellen Beschwerden unklarer Ätiologie mit Aszites.
Fallpräsentation: Ein 12-jähriger Junge wird wegen Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit und erhöhten laborchemischen Entzündungsparametern in die pädiatrische Notfallambulanz eingewiesen. Die Familie des Jungen stammt aus Äthiopien, wo sie zuletzt vor zwei Jahren zu Besuch gewesen sei.
In der klinischen Untersuchung klagt der Junge über diffuse Bauchschmerzen ohne Abwehrspannung. Laborchemisch zeigen sich deutlich erhöhte Entzündungswerte mit einem CrP von 172 mg/L sowie einer BSG von 73 mm. In der Abdomensonographie stellt sich reichlich echofreier Aszites ohne Fokus dar. Es erfolgt die stationäre Aufnahme des Patienten zur intravenösen antibiotischen Therapie.
Der Junge entwickelt im Verlauf blutige Durchfälle und Erbrechen. In der Abdomensonographie manifestiert sich deutlich zunehmender Aszites, der zur weiterführenden Diagnostik mittels MRT-Untersuchung veranlasst. Hier zeigt sich ein hochpathologisches Peritoneum von irregulärer Kontur mit starker Hyperämie. Differentialdiagnostisch werden eine perforierte Appendizitis, eine chronisch entzündliche Darmerkrankung sowie eine Peritonealkarzinose bei unklarem Primarius diskutiert.
Im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz wird die Indikation zur diagnostischen Laparoskopie und Aszitesgewinnung gestellt. Intraoperativ zeigen sich ubiquitär peritoneale Adhäsionen sowie das gesamte Peritoneum parietale und viszerale mit weißlichen, punktförmigen Stippchen übersäht. Hinweise auf ein fokales entzündliches Geschehen ergeben sich nicht. So besteht der hochgradige Verdacht einer Peritonealtuberkulose. In der histopathologischen Untersuchung wird eine epitheloidzellig-granulomatöse Entzündung mit käsigen Nekrosen nachgewiesen. Trotz fehlender typischer Granulome erhärten ein positiver Quantiferontest sowie ein auffälliger Tuberkulin-Hauttest den bereits intraoperativ geäußerten Verdacht einer peritonealen Tuberkulose. Daraufhin wird eine zielgerichtete tuberkulostatische Therapie eingeleitet.
Schlussfolgerung: Die Peritonealtuberkulose stellt aufgrund einer unspezifischen Symptomatik und dem schwierigen kulturellen Nachweis von Mykobakterien eine diagnostische Herausforderung dar. Eine rasche Diagnosestellung ist von großer Bedeutung. Hierbei stellt die diagnostische Laparoskopie eine einfach durchführbare und zielführende Untersuchung mit hoher Sensitivität dar.
Hintergrund:
Gangauffälligkeiten aufgrund von Schmerzen stellen insbesondere im Kleinkindalter eine differentialdiagnostische Herausforderung dar. Wirbelkörperfrakturen als Ursache der Symptomatik entstehen zumeist aufgrund direkter oder indirekter Gewalteinwirkung1.
Auch Systemerkrankungen müssen bei dieser Symptomatik frühzeitig differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden.2
Fallbericht:
Wir berichten über einen 3 jährigen altersentsprechend entwickelten Jungen mit der Einweisungsdiagnose proximale Muskelschwäche. Beschrieben wurden seit 2 Wochen bestehende anfallsartige, auch nächtlich auftretende, Schmerzattacken ohne konkrete Lokalisation.
Hüftbeugung wurde aktiv vermieden, bei Flexion der Beine zum Wickeln Weinen. Ein Trauma, Fieber, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder Vorerkrankungen wurden verneint.
Klinische Untersuchung:
Auffälliges Gangbild mit Ausweichbewegungen zur Vermeidung der Hüftbeugung beim Treppensteigen und beim Rennen, mit “nach außen Klappen” der Unterschenkel. Aufstehen aus der Hocke ist ohne Hilfe nicht möglich, nur mit Abstützen und Hochziehen in den Stand.
Verminderte Kraftgrade bei der Hüftbeugung, Bauchhautreflex und MER der unteren Extremität intakt, Analreflex nur schwer auslösbar.
Die klinische Untersuchung der oberen Extremität mit Kraftgraden und MER zeigt sich unauffällig.
Labor: CrP 0,53 mg/dl, grenzwertig mikrozytäre, hyporegenerative Anämie Hb 9,9 g/dl, MCV 73 fl, Retikulozyten 4 o/oo, Thrombozyten 332, Leukozyten 7,2. Vit D3 leicht erniedrigt, CK, Elektrolyte inklusive Calcium und Phosphat, LDH, Harnsäure, Kreatinin, AP, Parathormon normwertig.
Spinales MRT:
Inkomplette Berstungsfraktur von LWK 4 ohne Spinalkanalstenose oder Myelonläsion und knochenüberschreitende Raumforderung der linken Beckenschaufel.
Procedere:
Verdacht auf eine pathologische Fraktur des Wirbelkörpers ohne
erinnerliches Trauma und auf ein kausalen Zusammenhang mit der Raumforderung in der Beckenschaufel.
Verlegung des Jungen in das Helios Klinikum Buch zur Biopsie der Läsionen und zur weiteren Bildgebenden Diagnostik.
Bioptisches Ergebnis: Langerhans Zell Histiozytose.
Schlussfolgerung/Diskussion:
Bei lumbalen Schmerzen bei Kindern muss immer eine spinale Bildgebung angestrebt werden. Die Langerhans-Zell-Histiozytose zeichnet sich durch ein vielfältiges klinisches Erscheinungsbild aus, da nahezu jedes Organ befallen sein kann. Nicht selten sind Knochenschmerzen durch Osteolyse bei Manifestation der Erkrankung erstes unspezifisches Symptom, was eine konsequente Diagnostik notwendig macht.2
Introduction: There has been a contested debate whether posterior sagittal anorectoplasty (PSARP) or laparoscopic-assisted anorectoplasty (LAARP) is better for the correction of anorectal malformations (ARM). We compared our overall results in a multicenter trial.
Patients and methods: A retrospective review of patients operated for anorectal malformation at all 4 centers from 2015-2020 was performed. They were divided in 2 groups, according to operative modality, PSARP versus LAARP. Postoperative sphincter tone, constipation, soiling and continence was assessed and compared between the both groups in the early postoperative phase, as well as at 3 and 6 months postoperatively.
Results: A total of 48 patients were included in the study.Complete continence data was available for 40 patients. Of them, 24 were operated by PSARP and 16 by LAARP. Significant better continence results on Kelly score (good/fair/poor) were obtained with the LAARP (4/0/2) versus the PSARP (0/5/6) approach in rectoprostatic malformations (p=0.005). The wound infection rate (5 vs. 35%) and wound dehiscence rate (0 vs. 24%) were significantly lower in the LAARP group. The operative time in the LAARP group (256+/-131 vs. 121+/-59minutes) was longer than that in the PSARP group P value= .02.
Conclusion: This study shows superiority of the laparoscopic technique over PSARP for correction of anorectal malformations, particularly for rectoprostatic types. However, the laparoscopic technique seems technically more challenging, indicated by longer operative times.
Intoduction: Before miniature (5mm) stapler devices were available, stapled enterostomy closure was only applicable for older children. However, most colorectal pediatric surgery is performed in neonates. We compared enterostomy closure using a novel 5mm stapling device to the conventional hand-sewn technique.
Patients and methods: All children (12+/-25 monats) undergoing enterostomy closure at our institute from 2008 until 2020 were included in the study. Enterostomy takedown was either performed by a side-to-side stapled anastomosis using a 5mm device (JustRight 5mm Stapler, Bolder Surgical, Louisville, USA) or by an end-to-end hand-sewn technique. Operative time, intraoperative and postoperative complications, as well as hospital stay was compared between those that underwent stapled versus hand-sewn anastomosis.
Results: A total of 91 patients were enrolled in the study. Of these, 21 had a stapled anastomosis, and 70 were treated by the usual hand-sewn anastomosis. The operative time in the stapled group (71+/-20min) was significantly shorter than in the hand-sewn group (115+/-38min, p=.017). Using a stapler was also associated with a shorter hospital stay (8+/-4.5 versus 17+/-11 days, respectively, p=.02). There was no statistical difference in the complication rate between the 2 methods. However, all cases that needed reoperation (n=9 cases) were in the hand-sewn group.
Conclusion: Performing the enterostomy closure after colorectal surgery in neonates and infants using a novel 5mm stapling device is not only safe, but shortens the operating time and is associated with a shorter hospital stay. This technique should become the standard of care for colostomy closure in this patient population.
Einleitung: Weltweit ist in allen medizinischen Fachgebieten eine steigende Anzahl der Anklagen und Vorwürfe für einen Behandlungsfehler zu verzeichnen. Insbesondere sind es chirurgische Fachrichtungen, die gehäuft mit diesen Vorwürfen konfrontiert sind. Dabei sind medizinische Fachgebiete, die die Behandlung von Kindern beinhalten insofern einem erhöhten Risiko ausgesetzt, als dass es hier meist zu hohen Schadensersatzsummen und lebenslangen Kosten für die Angeklagten kommen kann. Über Anzahl, Häufigkeit und Ursachen von Behandlungsfehlern im Bereich der Kinderchirurgie ist bisher wenig bekannt.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, einen Überblick über die häufigsten Diagnosen und die Kausalzusammenhänge zu geben, die zu einem bestätigten Behandlungsfehler geführt haben.
Methode: Anonymisierte Daten über Behandlungsfehlervorwürfe zwischen 2014-2018 im Fachbereich der Kinderchirurgie wurden über die Bundesärztekammer von den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Landesärztekammern angefordert und analysiert. Diese Daten beinhalten alle Sachentscheidungen im Bereich der Kinderchirurgie aus ganz Deutschland mit Ausnahme des Bundeslandes Bayerns. Nach Eingang eines Patientenvorwurfs wird der Fall auf das Vorliegen eines Behandlungsfehlers durch Fachgutachter geprüft. Die Fälle, bei denen sich ein Behandlungsfehler bestätigte, wurden auf die am häufigsten vorkommenden Diagnosen und Kausalitäten hin ausgewertet.
Ergebnis: Im Beobachtungszeitraum von 5 Jahren, wurden 129 Behandlungsfehler in der Kinderchirurgie in der gesamten Bundesrepublik, ausgenommen dem Bundesland Bayern erfasst. In 56 Fällen (43%) wurde ein Behandlungsfehler bejaht, in 73 Fällen (56%) konnte kein Kausalzusammenhang festgestellt werden.
Die fünf häufigsten Begründungen für die Bejahung eines Behandlungsfehlers waren technische Fehler im Rahmen der Operation (n= 23%), Verzögerung im Behandlungsbeginn (n= 21%), unzureichende Diagnostik (n= 17%), Fehler in der Diagnosestellung (n=17%) und mangelhafte Aufklärung wenn durch den Patienten gerügt (n=16%). Hierbei ist jedoch anzumerken, dass zeitgleich mehrere Begründungen vorliegen können.
Die häufigsten Diagnosen, bei denen es zu diagnostischen oder therapeutischen Behandlungsfehlern kam, waren Frakturen allgemein (23%), Leistenhernie (7%), Phimose (7%), Hodentorsion (7%), akutes Abdomen (7%) und Appendizitis (3%).
Schlussfolgerung: Aus diesen Ergebnissen ergibt sich, für die durchschnittliche Berufslaufbahn eines Kinderchirurgen in Deutschland ein Risiko von 1,7 bezüglich eines Behandlungsfehlers beschuldigt zu werden und ein Risiko von 0,6 für diesen Fehler auch für schuldig erklärt/haftbar gemacht zu werden.
Verschiedene Umstände erhöhen sowohl das Risiko des Vorwurfes für einen vermeintlichen Behandlungsfehler, als auch für dessen Bestätigung. Diese gilt es zu kennen und im klinischen Alltag zu beachten.
Fragestellung: Eingriffe am äußeren Genital sind eine der Schwerpunktthemen unserer Fachgesellschaft für die diesjährige Herbsttagung. Doch über welche Größenordnungen reden wir bei den einzelnen Eingriffen eigentlich? Bevölkerungsbezogene Daten dazu fehlen für Deutschland, weshalb wir diese auf Basis der DRG-Statistik erhoben.
Material und Methode: Wir fragten über die GENESIS-Onlinedatenbank des Statistischen Bundesamtes die Anzahl der Eingriffe am männlichen äußeren Genital bei vollstationären Patienten (OPS 5-64) für die verfügbaren Jahre 2005 bis 2018 ab. Wir prüften die Entwicklung der Eingriffszahlen über die Zeit mittels linearer Regression und verglichen die Altersverteilungen per χ²-Test.
Ergebnisse: Die Häufigkeit der Eingriffe schwankt stark zwischen den einzelnen Eingriffstypen: Eingriffe am Präputium stehen weit im Vordergrund mit 9.777 (95% Konfidenzintervall (KI): 9.060–10.495), wovon mehr als die Hälfte auf die Zirkumzisionen entfielen, gefolgt von Präputiumplastiken und Lösungen von Präputialverklebungen. Es folgten 4.091 Hypospadiekorrekturen (95% KI: 3.757–4.425), 767 rekonstruktiven Eingriffen am Penis (95% KI: 729–805) und 326 sonstigen Peniseingriffen (95% KI: 282–370). Hingegen waren Exzisionen von erkranktem Gewebe mit 110 (95% KI: 85–135) Eingriffen pro Jahr sowie Epispadiekorrekturen mit 80 (95% KI: 74–85) Operationen jährlich nachrangig und Geschlechtsumwandlungen mit 2 (95% KI: 1–4) sowie Penisamputationen mit weniger als einem Eingriff pro Jahr unbedeutend.
Präputialeingriffe nahmen pro Jahr linear um 289 (95% KI: 246–332) ab (F(1,12)=214,1; P < 0.0001; adjustiertes R²=0,94), was auch auf die sonstigen Eingriffe am Penis mit 13 pro Jahr (95% KI: 5–21) zutraf (F(1,12)=11,87; P=0.0049; adjustiertes R²=0,46). Hingegen nahmen die Hypospadiekorrekturen jährlich um 118 (95% KI: 73–163) zu (F(1,12)=32,14; P=0.0001; adjustiertes R²=0,71), während sich die jährliche Prozedurenzahl ansonsten nicht veränderte.
Annähernd die Hälfte aller Eingriffe findet – mit Ausnahme von Geschlechtsumwandlungen und Penisamputationen – im Alter zwischen einem und fünf Jahren statt und mit Ausnahme der Epispadiekorrektur finden mehr Eingriffe im Alter zwischen fünf und zehn Jahren statt als im ersten Lebensjahr, mithin unterscheiden sich das Alter zwischen den verschiedenen Eingriffen signifikant (χ=12.539, df=28, P < 0.0001).
Diskussion und Schlussfolgerung: Die DRG-Statistik zeigt, dass mit 91,5% (95% KI: 91,1–91,9) der größte Anteil der Eingriffe am männlichen äußeren Genital auf Präputialchirurgie, dabei in mehr als der Hälfte auf die Zirkumzision, sowie die Hypospadiekorrektur entfällt, wohingegen andere Eingriffe nur nachrangig sind. Die DRG-Statistik gibt nur ein unvollständiges Bild, da ambulante Eingriffe in ihr nicht erfasst sind.
Fragestellung: Metaanalysen stellten das höchste Evidenzlevel dar und sind damit Leitfaden für den klinischen Alltag. Es ist geradezu trivial, dass diese allerdings nur so gut sein können wie die zugrundeliegenden Daten. Daher kam es in den letzten Jahren zur zunehmenden Evaluation von randomisiert kontrollierten klinischen Studien mittels Fragilitätsanalyse um die Robustheit des gefundenen Ergebnisses zu testen. Diese berechnet den Fragilitätsindex als Anzahl der Events, die in einem Studienarm hinzukommen oder wegfallen müssen um die statistische Signifikanz zu beseitigen. Dies wurde kürzlich für die Appendizitis im Journal of Pediatric Surgery vorgestellt. Eine Weiterentwicklung dieses Instruments erlaubt die Beurteilung von Metaanalysen, weshalb wir es auf Metaanalysen zu kinderchirurgischen Fragestellungen anwandten um deren Robustheit zu testen.
Material und Methode: Wir suchten über MEDLINE nach Metaanalysen zu kinderchirurgischen Themen im Zeitraum zwischen dem ersten Januar 2010 und dem 31. Dezember 2019. Alle Metaanalysen mit statistisch signifikantem Ergebnis wurden eingeschlossen und der Fragilitätsindex für Metaanalysen berechnet und anschließend auf die Anzahl der in der Metaanalyse eingeschlossenen Patienten bezogen.
Ergebnisse: Wir screenten 303 Einträge nach den Einschlusskriterien, evaluierten 60 Volltexte und konnten letztlich 39 Arbeiten einschließen. In diesen waren 79 Metaanalysen mit signifikantem Ergebnis enthalten. Der mediane Fragilitätsindex war 5 (Q25%-Q75%: 2-11). Bezogen auf die eingeschlossenen Patienten lag die mediane Fragilität bei 0,77% der Patienten (Q25%-Q75%: 0,29-1,87%). Lediglich bei drei Metaanalysen – zu interventionell-radiologischen Fragestellungen – überschritt die Fragilität 10% der eingeschlossenen Patienten dieser Analysen. Bei weiteren drei Metaanalysen betrug die Fragilität 5% und in 26 nur mehr 1% der eingeschlossenen Patienten.
Diskussion und Schlussfolgerung: Metaanalysen zu kinderchirurgischen Fragestellungen sind oftmals fragil. In annähernd 60% der eingeschlossenen Metaanalysen ließ sich die statistische Signifikanz durch ein verändertes Outcome bei weniger als 1% der eingeschlossenen Patienten beseitigen. Die Ergebnisse dieser Metaanalysen sind daher mit Vorsicht zu bewerten.
Hintergrund: Schwimmunfähigkeit kann zu potenziell tödlichen Unfällen führen. Die Fähigkeit, sicher zu schwimmen, ist in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland weiter zurückgegangen.
Fragestellung: Das Ziel dieser Studie ist es herauszufinden, ob unter Patienten mit anorektaler Malformation (ARM) und M. Hirschsprung (MH) eine erhöhte Nichtschwimmerquote besteht.
Material und Methoden: Es erfolgte eine anonyme Online-Umfrage unter den Mitgliedern der deutschen Patientenorganisation SOMA e.V. (Gruppe 1) und einer Vergleichsgruppe ohne chronische Erkrankungen (Gruppe 2). Es wurden Daten zur Krankengeschichte, zum Rintala Score (RS, nur Gruppe 1) und zur Schwimmfähigkeit erhoben und statistisch analysiert. Als „Nichtschwimmer“ wurden Teilnehmer definiert, die nicht sicher 25m schwimmen können. Teilnehmer von Gruppe 1 und Gruppe 2 wurden nach Alter und Geschlecht gematcht. Teilnehmer ab dem 16. Geburtstag wurden als „erwachsen“ definiert und mit anderen „Erwachsenen“ gematcht.
Ergebnisse: 101 Fragebögen pro Gruppe wurden in die Auswertung eingeschlossen. Das mittlere Alter betrug 13,5 ± 6,0 Jahre in Gruppe 1 und 12,9 ± 5,2 Jahre in Gruppe 2. In Gruppe 1 wurden 21,8% mit MH, 78,2% mit ARM und 24,3% mit VACTERL-Assoziation geboren. Der mittlere RS war 12,4 ± 3,8.
88,1% in Gruppe 1 und 91,1% in Gruppe 2 gaben an, gerne schwimmen zu gehen. In Gruppe 1 waren 26,8% und in Gruppe 2 8,9% Nichtschwimmer. Patienten mit ARM (30,4%) und VACTERL (44,5%) waren häufiger Nichtschwimmer als mit MH (13,6%). Verglichen mit Gruppe 2 waren Patienten mit VACTERL-Assoziation signifikant häufiger Nichtschwimmer (p< 0,01); für Patienten mit ARM zeigte sich ein deutlicher Trend, nicht schwimmen zu können (p= 0,07). Schwimmer hatten einen signifikant höheren RS (13,0 ± 3,3) als Nicht-schwimmer (10,8 ± 4,7, p=0,01). Die Schwimmfähigkeit in Gruppe 1 wurde im Mittel mit 6,5 ± 1,6 Jahren und in Gruppe 2 mit 6,4 ± 1,4 Jahren erreicht (p=0,58).
Diskussion: In der Betroffenengruppe zeigt sich eine teils signifikant höhere Nichtschwimmerquote als in der Vergleichsgruppe, insbesondere bei Patienten mit VACTERL-Assoziation und ARM. In Gruppe 1 hatten Nichtschwimmer einen signifikant niedrigeren RS als Schwimmer. Diejenigen, die schwimmen konnten, lernten es etwa im gleichen Alter wie die Vergleichsgruppe.
Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit VACTERL-Assoziation und ARM besteht ein zusätzlich erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Ertrinkungsunfälle. Eltern und Aufsichtspersonen sollten auf dieses Risiko aufmerksam gemacht werden und ggf. eine spezifische Förderung erwägen.
Einleitung: Die Frage, inwiefern der laparoskopisch assistierte Durchzug (LAARP) oder die posteriore sagittale Anorektoplastik (PSARP) bessere Ergebnisse aufweist bei hohen anorektalen Malformationen (ARM), ist immer noch Gegenstand von Diskussionen. Diese multizentrische Studie stellt die Ergebnisse beider Verfahren gegenüber.
Patienten und Methoden: Diese Studie wertet retrospektiv die Ergebnisse von 4 ausgewiesenen, weltweiten Zentren aus, die Patienten zwischen 2015 und 2020 mit anorektalen Malformationen operiert haben. Postoperative Daten initial, 3 sowie nach 6 Monaten des Sphinktertonus, Verstopfung, Kontinenz und Stuhlschmieren wurden evaluiert.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 48 Patienten eingeschlossen. Die Data von Kontinenz wurden nur bei 38 von denen komplett erhoben. Die Patienten wurden auf 2 Gruppen geteilt; Gruppe 1 (n=24) wurde laparoskopisch operiert, Gruppe 2 (n=14) erhielt eine PSARP Operation. Die Auswertung des Kelly Scores zeigte signifikant bessere Ergebnisse in Gruppe 1 auf (p=0,005) bei Patienten mit rektoprostatischer Fistel. Wundinfektionen am Neoanus traten relevant seltener in der Gruppe der laparoskopisch operierten Patienten (5 vs. 35%) genauso wie Wunddehiszenzen (0 vs 24%) auf. Die Operationszeit war in der Gruppe signifikant länger (256±131 min vs. 121±59 min , CI 95%, p=0,02).
Fazit: Die laparoskopische assistierte Durchzugsoperation erweist sich, trotz längerer Operationsdauer, besonders hinsichtlich Kontinenzvermögen bei hohen ARM mit rektoprostatischer Fistel als vorteilhaft gegenüber PSARP.
Einleitung: Vor der Einführung von 5 mm Linearstaplern war die Anwendung bei der Stomarückverlagerung auf Jugendliche und Erwachsene beschränkt. Durch die Entwicklung von kleineren, 5 mm Staplern kann auch bei Neugeborene und Säuglinge diese Anastomosentechnik angewendet werden.
Methode: Alle Kinder (12 ± 25 Monaten) in Mainz Kinderchirurgie Zentrum, die zwischen 2008 und 2020 eine Enterostomarückverlagerung erhielten, wurden in die Studie eingeschlossen. Bei Gruppe 1 erfolgte eine Seit-zu-Seit-Stapler Anastomose mit einem 5mm linearem Stapler Device und bei 2. Gruppe erfolgte die End-zu-End-Anastomose mittels Handnaht. Ausgewertet wurden retrospektiv Operationszeit, intra- und postoperative Komplikationen, die Dauer der Antibiotikagabe nach der Rückverlagerung und Länge der stationären Behandlung.
Ergebnisse: In der Studie wurden 91 Patienten eingeschlossen, von denen 21 Patienten eine Stapleranastomose (Gruppe 1) und 70 Patienten eine handgenähte Anastomose (Gruppe 2) erhielten. Die Operationsdauer in Gruppe 1 war signifikant kürzer als in Gruppe 2 (71± 20 Min vs. 115± 38 Min, p=0,017) . Die Dauer der stationären Behandlung war in Gruppe 1 signifikant kürzer im Vergleich zu Gruppe 2 (8,8 ± 2,5 Tage vs 15,2 ± 9,6 Tage, p=0,02) . Obwohl alle Patienten (n=9), die wegen Komplikationen reoperiert werden mussten eine handgenähte Anastomose erhielten (Gruppe 2) war ein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich Komplikationen nicht auffällig. Es gab auch keinen signifikanten Unterschied bei der Dauer der Antibiotikagabe nach der Rückverlagerung zwischen den beiden Gruppen.
Fazit: Durch den Einsatz eines 5 mm Stapler bei der Enterostomarückverlagerung können kürzere Operationszeiten und ein kürzer stationärer Aufenthalt erreicht werden ohne das ein höheres intra- oder postoperatives Komplikationsrisiko für diese Patientengruppe besteht. Der standardisierte Einsatz von 5mm Stapler zur Enterostomarückverlagerung bei Neugeborenen und Säuglingen ist nicht nur sicher, sondern verkürzt die Operationszeit und den Krankenhausaufenthalt.
Fragestellung: Bevölkerungsbezogene Daten zur hypertrophen Pylorusstenose sind bislang nur aus den Vereinigten Staaten, Kanada sowie zwei niederländischen Provinzen verfügbar und untersuchten insbesondere jahreszeitliche Schwankungen. Das Fehlen dieser Daten ist besonders misslich, da letzthin vermehrt von einem Rückgang der Inzidenz kinderchirurgischer Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten berichtet wurde. Wir verwendeten die Daten der deutschlandweiten Krankenhausstatistik um den Langzeitverlauf der Inzidenz der hypertrophen Pylorusstenose hierzulande zu analysieren.
Material und Methode: Die Anzahl der Pyloromyotomien (OPS 5-432.0) im ersten Lebensjahr aus der deutschen Krankenhausstatistik wurde zwischen 2005 und 2017 mittels linearer Regression ausgewertet. Die Voraussetzungen der Normalverteilung der Vorhersagefehler wurden durch den Shapiro-Wilk-Test und die Homoskedastizität per F-Test überprüft. Die Inzidenz wurde mittels T-Test verglichen.
Ergebnisse: Im Untersuchungszeitraum wurden jährlich im Mittel 1.009 (95% Konfidenzintervall: 906–1112) Pyloromyotomien durchgeführt, davon 835 (95% Konfidenzintervall: 752–917) bei Jungen und 175 (95% Konfidenzintervall: 152–197) bei Mädchen (Knabenwendigkeit 4,8:1). Bezogen auf die Bevölkerungszahl ergaben sich Inzidenzen von 234 (95% Konfidenzintervall: 206–263) Eingriffen pro 10.000 Jungen und 52 (95% Konfidenzintervall: 44–60) Eingriffe pro 10.000 Mädchen, mithin ein Unterschied von 182 (95% Konfidenzintervall: 155–210, P < 0.0001). Im Verlauf zeigte sich eine jährliche Abnahme von 12 (95% Konfidenzintervall: 9–14, P < 0.0001) Eingriffen pro 10,000 Jungen von 296 Pyloromyotomien pro 10,000 Jungen im Jahr 2006 auf minimal 163 pro 10.000 Jungen im Jahr 2016. Analog dazu nahm die Inzidenz um 3 (95% Konfidenzintervall: 2–4, P < 0.0001) Eingriffen pro 10.000 Mädchen von maximal 67 pro 10.000 Mädchen im Jahr 2007 auf minimal 28 pro 10.000 Mädchen im Jahr 2016 ab.
Diskussion und Schlussfolgerung: Innerhalb von 13 Jahren nahm die Inzidenz der hypertrophen Pylorusstenose innerhalb Deutschlands deutlich ab und halbierte sich sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen beinahe. Die Ursache für diese Veränderung ist völlig unklar, da im Gegensatz zur Appendizitis eine konservative Behandlung nur vereinzelt – aus anderen Ländern – berichtet wurde und die chirurgische Therapie der Goldstandard ist. Die Untersuchung patientenbezogener Faktoren im Krankengut der kinderchirurgischen Abteilungen erscheint dringend geboten um diese Entwicklung näher aufzuklären.
Abstract
Aims: Congenital anomalies (CAs) are the 5th leading cause of death in children under 5 years, globally. Without emergency surgical care, many gastrointestinal CAs are incompatible with life. We compared, for the first time, management and outcomes of a selection of common gastrointestinal CAs in low-, middle- and high-income countries (LICs, MICs and HICs) globally.
Methods: Children’s surgical care providers across the globe were invited to participate in the study and collect clinical data prospectively on consecutive patients presenting primarily with seven CAs (Table 1) over a minimum of one month between October 2018 - April 2019. The primary outcome was all-cause in-hospital mortality. Univariate analysis was used to identify factors associated with mortality (p ≤ 0.01), which were then analysed using multivariate logistic regression, presented as (adjusted odds ratio, p value). All participating centres had study approval.
Results: 1445 collaborators from 272 hospitals (11 LICs, 171 MICs, 90 HICs) in 74 countries contributed data. 3841 patients with 3967 study conditions were included. The following were associated with mortality: country income status (0.35, p < 0.001, Table 1), induced vaginal versus spontaneous delivery (0.42, p=0.024), weight at presentation (0.61, p < 0.001), unavailability of ventilation when required (3.74, p=0.009), unavailability of parenteral nutrition when required (2.95, p=0.001), sepsis on arrival (1.99, p < 0.001), additional CA (1.63, p=0.001), surgical site infection (1.62, p=0.034), unavailability of a Surgical Safety Checklist (1.25, p=0.014).
Conclusion: Significant disparities in mortality exist for common gastrointestinal CAs globally. Rapid action is required through a coalition of global stakeholders to eradicate these inequalities.
Zielsetzung
Auch wenn die Inzidenz des Gallensteinleides im Kindes- und Jugendalter ansteigt, stellt diese Erkrankung noch immer eine seltene Diagnose der Kinderheilkunde dar, sodass große, evidenzbasierte Studien für diese Altersgruppe nur vereinzelt veröffentlicht worden sind. Entsprechend ist die Therapie in der klinischen Praxis eher heterogen und basiert auf den Leitlinien und Studien der Erwachsenenheilkunde. Das diagnostische und therapeutische Management in Deutschland zur Behandlung des Gallensteinleidens bei Kindern und Jugendlichen soll in dieser Studie in einem zweifachen Ansatz evaluiert werden.
Materialien und Methoden
In einer bundesweiten Umfrage über die Deutsche Gesellschaft der Kinderchirurgie wurde das klinische Management der Entität erfragt. Der Fragebogen beinhaltete 24 Multiple-Choice Fragen, die online versandt wurden. Zudem wurde in einer retrospektiven, Fächer-übergreifenden Studie die Diagnostik und Therapie des Gallensteinleidens bei Kindern und Jugendlichen mit dem Management des Gallensteinleidens bei jungen Erwachsenen (bis zum Alter von 25 Jahren) durch die Viszeralchirurgie des Hauses verglichen. Es wurden die Jahre 2009-2019 berücksichtigt.
Ergebnisse
51 von 133 befragten Kinderchiurgien beantworteten den Fragebogen (Antwortrate 38,3%). 61% behandeln 0-5 Patienten/Jahr, wobei ein primär pädiatrisches Management von 73% der Befragten bestätigt wurde. Nur 24% der Befragten operieren eine akute Cholezystitis innerhalb der ersten 24 Stunden nach Vorstellung. In der retrospektiven Analyse ergab sich ein höheres Vorkommen von Nebendiagnosen bei pädiatrischen Patienten im Vergleich zur Patientengruppe der Viszeralchirurgie (p = 0.003 für hämolytische Erkrankungen, p = 0.021 für teil-/vollparenterale Ernährung). Zudem bestätigte sich im Vergleich zur Gruppe der erwachsenen Patienten ein kleinerer BMI (p < 0.001) in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen. Im Vergleich zur Behandlung der jungen Erwachsenen durch die Viszeralchirurgie zeigt sich bei Kindern und Jugendlichen, dass die primäre Behandlung vornehmlich von Pädiatern geleistet wird (p < 0.001). Eine komplizierte, akute Cholelithiasis wurde im Median 22 Tage nach Diagnosestellung durch die Kinderchirurgie operiert (vs. 3 Tage in der Gruppe der jungen Erwachsenen, behandelt durch die Viszeralchirurgie, p = 0.003).
Zusammenfassung
Auch wenn das Krankheitsbild im Erwachsenenalter ein primär chirurgisches ist, wird die Cholelithiasis im Kindes- und Jugendalter hauptsächlich durch die Pädiatrie behandelt. Kinderchirurgen und Pädiater zeigen eine Präferenz zum konservativen Management und elektiver Operationsplanung, auch im Akutfall. Um die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, ist eine engere Zusammenarbeit von Pädiatern und Kinderchirurgen essentiell.
Introduction:
Osteosynthesis with screws or wires is a common indication for fractures near the joint in children. Metal implants are usually removed in a second operation in general anaesthesia. Magnesium based screws combine sufficient stability with the advantage of biodegagradability within few years.
Materials and methods:
We present our first experiences with magnesium implants in a series of typical paediatric fractures.
Conclusion:
Magnesium screws are a promising field and children benefit from biodegradable and stable implants even more than adults where a lot of research has been carried out to proof safety and efficacy. We would like to share our experiences with regard to the correct indication, operative procedure and in the postoperative course.
Neugeborene mit einer oder mehreren seltenen angeborenen Fehlbildungen benötigen eine multi-disziplinäre Expertenversorgung. Die Zentralisierung der Früh- und Neugeborenenchirurgie ist dabei unabdingbare Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Expertenstrukturen in Deutschland, aber noch lange nicht die Lösung für substantielle Fortschritte im Patient-Reported-Outcome.
Was bedeutet multi-disziplinäre Expertenversorgung aus Sicht einer Patientenorganisation?
Ergänzend zu den bekannten Struktur- und Ausstattungskriterien sind die inklusive Zusammenarbeit sowohl mit Eltern als auch den Patientenorganisationen sowie der klinikübergreifende kollaborative Ansatz wichtige Bausteine. Neben hoher Expertise durch ausreichend hohe Fallzahlen sind Lernwilligkeit sowie systemübergreifendes Denken und Handeln notwendig, um heutige föderale Systemschwächen zu kompensieren. KEKS hat 2017 für die Versorgung von Neugeborenen mit Ösophagusatresie Kriterien im Rahmen ihrer Good Practice Vereinbarung definiert. Kern dieser Vereinbarung ist der Austausch zwischen den Good Practice Kliniken, KEKS und den Eltern/Betroffenen, um gemeinsam zu lernen und Erfahrungswissen zu evaluieren.
Im nächsten Schritt wird KEKS mit seinen Partnern die Best Practice Versorgung auf das deutsche Gesundheitssystem übertragen und beschreiben. Dabei werden maßgeblich auf die veröffentlichten Ergebnisse des Europäischen Referenznetzwerk ERNICA zurückgegriffen, wobei es dabei weit über die chirurgischen Themen hinaus geht. Ziel ist die zeitnahe Verfügbarmachung der auf europäischer Ebene gewonnenen Erkenntnisse für in Deutschland geborene Kinder mit seltenen Fehlbildungen. KEKS und ihre Partner haben die Erwartung an eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme der Welt, dass auch für Neugeborene mit seltenen angeborenen Fehlbildungen diese Art der Spitzenversorgung nachweislich in der Breite erreicht wird.
Strategisch bleibt als zwingend nächster Schritt der Aufbau eines nationalen Expertennetzwerkes nach dem Vorbild der Europäischen Referenznetzwerke. Im engen Austausch mit diesen ERNs können dann Fragestellungen, die seit mehr als 20 Jahren unbeantwortet blieben, innerhalb der nächsten Dekade in zahlreichen multi-zentrischen Studien erforscht werden. Die ERNs werden uns zur Evaluierung unserer Qualitätsstandards Benchmarks liefern. Bis zum Jahr 2030 sind dann neben der strukturellen Gewährleistung einer Best Practice Versorgung für alle Neugeborenen mit einer angeborenen Fehlbildung auch erste Schritte in eine Next Practice Versorgung zu gehen sein.
Einleitung: Das Neuroblastom (NBL) ist der häufigste extrakranielle solide Tumor bei Kindern. Aufgrund des neuroektodermalen Ursprungs der Tumorzellen stehen neuroendokrine Peptide und Rezeptoren als möglich Kandiadaten zur Charakterisierung der Tumore zur Verfügung. In dieser Studie untersuchten wir daher die Expression mehrerer neuroendokriner Peptide und neuroendokriner Rezeptoren in NBL-Geweben und analysierten die Korrelation mit dem klinischen Outcome und den histopathologischen Befunden.
Methode: 64 NBL-Proben auf einem Gewebe-Mikroarray (TMA) wurden immunhistochemisch auf vasoaktives intestinales Peptid (VIP), Gastrin, Gastrin-Releasing-Peptid (GRP), Cholezystokinin, Pankreas-Polypeptid, Serotonin und ausgewählte neuroendokrine Rezeptoren VPAC1 und AVP1a gefärbt. Klinische Patientendaten und histopathologische Befunde wurden mit dem Expressionsstatus und der Koexpression der neuroendokrinen Marker korreliert. Es wurde eine hierarchische Clusterung auf der Grundlage der Proteinexpression durchgeführt, und die resultierenden Cluster wurden hinsichtlich des Patientenüberlebens und der Histopathologie weiter analysiert.
Ergebnisse: Alle untersuchten Neuropeptide konnten mittels IHC in NBL-Proben nachgewiesen werden. Ausgewählte Neuropeptide korrelierten mit der zellulären Differenzierung (GASTRIN, AVP1a), der MYCN-Amplifikation (GASTRIN) oder der initialen Tumorlokalisation (VPAC1, CALCITONIN). Die kombinierte Expression von GASTRIN und SEROTONIN war prädiktiv für ein günstiges Outcome in unserer Kohorte. Die hierarchische Clusterung ergab verschiedene Untergruppen von NBL hinsichtlich der Neuropeptidexpression, die mit einer histologischen Differenzierung und einem implizierten Potenzial für die Vorhersage des Patientenüberlebens verbunden waren.
Schlussfolgerung: Unsere Daten deuten darauf hin, dass die Expression von neuroendokrinen Peptiden durch NBL-Gewebe mit einer höheren Zellreife und einer geringeren biologischen Aggressivität der Tumoren assoziiert ist. Eine zusätzliche Vorhersage des Patientenüberlebens auf der Grundlage der Expression neuroendokriner Marker könnte möglich sein. Zukünftige Studien zielen auf die biologische Rolle dieser Marker bei der malignen Transformation ab.
Das Proteasom-assoziierte-autoinflammatorische Syndrom (PRAAS) ist eine extrem seltene kongenitale Interferonopathie mit hoher Morbidität und Mortalität. Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer generalisierten Autoinflammation, die durch eine Fehlfunktion des Ubiquitin-Proteasom-Systems ausgelöst wird. Bislang beschriebene PRAAS-verursachende Mutationen sind auf Gene beschränkt, die für Komponente des proteasomalen Kernkomplexes und Assemblierungshelfer kodieren. Diese Mutationen können sowohl monogenetisch (homozygot oder compound heterozygot) als auch digenisch sein.
Bei einem Patienten mit klinisch bestätigtem PRAAS konnten wir eine signifikant erhöhte Expression von Interferon-stimulierten Genen nachweisen. Mittels Whole-Genome-Sequenzierung konnten wir zeigen, dass dieser Patient keine genomischen Veränderungen in einem der zuvor publizierten PRAAS-assoziierten Gene aufweist.
In primären Fibroblasten des Patienten konnten wir PRAAS biochemisch anhand einer gestörten Proteinhomöostase durch eine reduzierte Proteasomenaktivität und die gleichzeitige Akkumulation von Ubiquitin-Protein-Konjugaten bestätigen. Mit Hilfe einer Trio-Exom-Sequenzierung konnten wir bei diesem Patienten eine väterlich vererbte Variante identifizieren, die den Proteasomaktivator PSME4 betrifft, sowie zwei mütterlich vererbte Varianten innerhalb der Ubiquitin-E3-Ligase HECW2 und der Aminosäure-Sensorkinase EIF2AK4 (auch als GCN2 bezeichnet). In silico-Vorhersagen klassifizieren diese Varianten als krankheitsauslösend.
Interessanterweise exprimierten Zellen, die diese heterozygoten Varianten trugen, die entsprechenden unbeeinflussten Allele auf Proteinebene nicht, was auf einen dominanten negativen Wirkmechanismus hindeutet.
Darüber hinaus war analog zu anderen PRAAS-Patienten,die Proteasombeeinträchtigung bei unserem Probanden mit einer erschöpften Unfolded Protein Response in den IRE1α-, ATF6- und PERK-Signalkaskaden assoziiert.
Daher schlussfolgern wir, dass ebenfalls Mutationen in Genen, die für Proteasom-Aktivatoren und/oder Protein-Ubiquitinierung kodieren, auch multigene PRAAS verursachen können.
Hintergrund: Autoinflammatorische Erkrankungen (AID) sind seltene chronische Erkrankungen. Sie betreffen Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Durch Störungen im angeborenen Immunsystem kommt es zur Ausschüttung von (pro-)inflammatorischen Zytokinen mit Krankheitsschüben und systemischer Inflammation. Durch effektive Therapie können Morbidität und Mortalität verhindert werden. Das Monitoring der Krankheitsaktivität ist ein zentraler Bestandteil im AID-Management. Der Autoinflammtory Disease Activity Index (AIDAI) ist ein validiertes AID-Beschwerdetagebuch (1). Basierend auf dem AIDAI (2) ergänzt um Fragen zur Schulfehlzeit, Beeinträchtigung des Soziallebens, und einer Müdigkeitsskala wurde das Symptomtagebuch myAIDAI entwickelt. Zur Optimierung des AID-Managements und zur Erleichterung des Krankheitsaktivitäts-Monitorings für AID-Patienten wurde myAIDAI als eine mobile Pilot-Applikation (arcTmobile) entwickelt.
Fragestellung: Ist die Pilot-App arcTmobile benutzerfreundlich, gebrauchs- und alltagstauglich im Krankheitsaktivitäts-Monitoring bei AID?
Material und Methoden: In dieser 3-monatigen prospektiven Pilotstudie wurden Patienten ≥ 2 Jahre mit Familiärem Mittelmeerfieber (FMF), Cryopyrin-assoziiertem periodischem Syndrom (CAPS), Hyper-Immunglobulin D Syndrom, Tumornekrose-Faktor assoziiertem Syndrom (TRAPS) und unklassifizierter AID nach Unterzeichnung des Informed Consent eingeschlossen. Ausschlusskriterien waren (i) fehlender Internetzugang, (ii) Sprachbarriere, (iii) kein Handy/Tablet. Die via arcTmobile App erfassten Daten werden unter Beachtung des Datenschutzkonzepts an die Integrated Mobile Health Research Plattform (IMeRA) des Universitätsklinikums Tübingen übertragen, wo sie für die Ärzte einsehbar und auswertbar sind. Am Studienende erfolgt die Evaluation der Benutzerfreundlichkeit, Gebrauchs- und Alltagstauglichkeit der Pilot-App arcTmobile mit den Fragebögen (i) System Usability Scale (SUS) und (ii) Usefulness, Satisfaction and Ease of Use (USE).
Ergebnisse: Von den 16 Patienten (13% FMF, 6% TRAPS, 75% CAPS, 6% unklassifizierte AID) waren 50% weiblich. Eine Interleukin (IL)-1 Inhibition hatten 88%, 12% eine IL-6 Inhibition. Das Durchschnittsalter lag bei 17.6 Jahren (4.2 - 53.1 Jahre). Die Fragebögen werden Ende Mai 2020 nach Abschluss der Testphase erwartet. Die Auswertung wird auf dem Kongress präsentiert.
Diskussion und Schlussfolgerung: Mobile Apps werden in der Medizin zunehmend eingesetzt. Es gibt aber kaum bzw. keine publizierten Anwendungserfahrungen zu Mobilen Apps bei AID. Daten aus anderen chronischen Erkrankungen deuten an, dass Mobile Apps das Krankheitsmanagement verbessern(3,4). Ein App-basiertes Krankheitsaktivitäts-Monitoring mit unmittelbarer Datenübertragung an AID-Zentren könnte die Patientenversorgung optimieren. Ob die in der Pilotstudie eingesetzte arcTmobile App gebrauchstauglich und benutzerfreundlich genug ist, um Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit AID sowie Ärzten zu helfen, wird aktuell evaluiert.
Background: Cytokine storm syndrome (CSS) similar to macrophage activation syndrome (MAS) is observed in severe cases of COVID-19 [1]. Also, IL-1β increase has been reported in COVID-19 patients [2]. Cytokine inhibition started early in disease course may achieve cytokine neutralization in MAS/CSS [3, 4]. Several ongoing clinical trials investigate the role of IL-1-, IL-6- and INFƔ-inhibition in COVID-19. Pediatric patients on immunosuppressive therapy (IT) seem not to be at increased risk for severe disease course [5]. So far, there is scarce data on COVID-19 in patients with autoinflammatory diseases (AID).
Objectives: To assess disease course of COVID-19 in AID patients treated with IT.
Case series: Patient (Pt) 1 is a 34 year-old women with rheumatoid arthritis and unclassified AID treated with methotrexate (MTX) 20 mg/weekly. Rhinitis, fever, headache, fatigue, cough occurred and she was tested positive for COVID-19 eleven days after symptom onset. On day 10 she reported loss of taste and gastrointestinal symptoms. On day 14 respiratory insufficiency caused need for oxygen. On day 21 computed tomography showed typical signs of COVID-19 pneumonia. On day 40 she still suffered from dyspnea, fatigue, loss of taste and muscle pain. Pt 2 is a 14 year-old girl with Cyropyrin-Associated Periodic Syndrome (CAPS; variant Q703K) on anti-IL-1 maintenance therapy since 5 years (Canakinumab 150 mg/month). Last administration was 25 days before diseases onset. Pt 3 is a 13 year-old boy with CAPS (variant Q703K) treated like Pt 2. Pt 2 and 3 developed fever, cough, fatigue and rhinitis 10 days after pt 1. Loss of taste was reported from day 4 to 13. On day 6 both had gastrointestinal complaints. After 14 days they recovered and anti-IL-1 maintenance therapy was administered. On day 28 a painful rash appeared on both arms of pt 3. As all patients live in the same household, pt 2 and 3 were not tested but clinically diagnosed for COVID-19.
Results: Pt 2 and 3 displayed a typical but mild COVID-19 disease course without complications while on anti-IL-1 maintenance therapy. Anti-IL-1 maintenance therapy was held back in the acute episode, and restarted after 14 days. Pt 1 experienced a disease course more severe and ≥ 2 times longer than patient 2 and 3. MTX was paused since onset of COVID-19 symptoms.
Discussion: As excessive IL-1 seems to be involved in COVID-19 immunopathology, anti-IL-1 therapy may prevent a severe disease course in SARS-CoV-2 infected AID patients. Both juvenile CAPS patients on anti-IL-1 maintenance therapy showed a milder disease course compared to the adult patient on MTX. This might be due to their younger age but also due to type of IT.
Conclusion: This is one of the first reports about patients with AID on anti-IL-1 maintenance therapy with COVID-19. Data collection and merge of reports about these rare cases is needed to compile reliable insights on the effects of immunosuppression for AID on COVID-19 disease course.
Das Majeed Syndrom ist eine sehr seltene genetische Erkrankung, die sich mit einer kongenitalen dyserythropoetischen Anämie und Zeichen einer Osteomyelitis im Säuglingsalter manifestiert. Krankheitsverursachend ist eine Mutation im LPIN2 Gen. Wir berichten hier über die erste uns bekannte Patientin in Deutschland mit dieser Erkrankung.
Kurzer Fallbericht (Zusammenfassung): Säugling mit rezidivieren Schmerzepisoden und erhöhten Entzündungszeichen. Im der MRT Zeichen einer chronischen nichtbakteriellen Osteomyelitis, in der Knochenmarksaspiration Bild einer kongenitalen dyserythropoetischen Anämie. Mittels Whole Exome Sequencing Nachweis einer bisher nicht beschriebenen Mutation im LPIN2 Gen. Somit Sicherung der Diagnose eines Majeed Syndroms.
Diskussion: Das Majeed-Syndrom ist eine autosomal rezessiv vererbte monogenetische autoinflammatorische Erkrankung, die 1989 erstmals von Majeed et al. Beschrieben wurde und durch Mutationen im LPIN2-Gen verursacht wird. Es ist gekennzeichnet durch das frühe Auftreten einer chronischen nichtbakteriellen Osteomyelitis (CNO) und einer angeborenen dyserythropoetischen Anämie (CDA), die sich im ersten Lebensjahr als hypochrome, mikrozytische Anämie ausbildet. Zusätzlich kann eine neutrophile Dermatose auftreten, wobei die Pentranz der Dermatose unvollständig ist.
Betroffene Kinder können unter Knochenschmerzen, wiederkehrendem Fieber, erhöhten Entzündungsmarkern sowie einer leichten bis transfusionsabhängigen Anämie und Gedeihstörungen leiden.
Die Behandlung des Majeed-Syndroms erfolgt meist empirisch mit NSAIDs und Steroiden. Andere bisher verwendete Medikamente sind Colchicin, Methotrexat, Etanercept oder Bisphosphonat mit meist unbefriedigenden Ergebnissen.
Die neuesten Fallberichte beschrieben ein gutes Ansprechen auf die IL-1-Rezeptorblockade.
Konklusion: Bei anhaltender Unruhe und erhöhten nicht infektionsbedingten Entzündungswerten im Säuglingsalter sollte eine aseptische Osteomyelitis in Betracht gezogen werden. Wenn eine zusätzliche dyserythropoetische Anämie vorliegt, ist die Diagnose eines Majeed-Syndroms möglich. Die genetische Untersuchung des LPIN2-Gens ist für die Diagnosesicherung relevant.
Hintergrund:
Vorgestellt wird der Fall eines 8-jährigen, vormals gesunden Mädchens, nicht-konsanguiner kaukasischer Eltern, das klinisch auffiel mit rezidivierendem Antibiotika-resistenten (Amoxicillin/Clavulansäure über 10 Tage) Fieber, einer cervikalen Lymphadenopathie sowie einem Stamm-betonten polymorphen Exanthem. Laborchemisch fiel eine Panzytopenie auf. Neben einer erhöhten LDH (530 U/l), zeigten sich deutlich erhöhte humorale Entzündungsmarker wie Serum Amyloid A (432 mg/l), CrP, Ferritin (700 µg/l) und Protein S100 A8/A9 (182560 ng/ml). In der Sonographie ließen sich cervikal und supraclavikulär multiple vergrößerte (max. 4,1 cm) Lymphknoten mit Umgebungsreaktion darstellen. Weiterhin zeigte sich eine Hepatosplenomegalie mit Leber und Milz ca. 1 cm über dem altersentsprechenden Normbereich. Ein Röntgen-Thorax lieferte einen unauffälligen kardiopulmonalen Befund.
Ergebnisse:
Die infektiologische Abklärung erfolgte entsprechend der Leitlinien-konform und konnte keinen Erregernachweis erbringen. Zum Ausschluss einer malignen Genese erfolgten eine Knochenmarkpunktion und Lymphknotenexstirpation mit konsekutiver histopathologischer Aufarbeitung. Die Knochenmarkpunktion zeigte keine Hinweise für Malignität, Leishmanien oder Hämophagozytose. Histologisch bot sich das Bild eines nekrotisch veränderten Lymphknotens mit flächigen Infiltraten in Parakortex und Pulpa, das – nach Ausschluss einer Leukämie bzw. Lymphoms – das typische Bild einer Kikuchi-Lymphadenopathie (Kikuchi-Fujimoto Disease, KFD) aufwies. Eine wegen des persistierenden Fiebers initiierte Therapie mit hochdosiertem Methylprednisolon, führte zu einer raschen und vollständigen Regredienz der Symptome.
Schlussfolgerung:
Die Kikuchi-Lymphadenopathie ist eine benigne lymphohistiozytäre Erkrankung mit typischer cervikaler Lymphadenopathie und Fieber bislang unklarer Ätiologie. Die mit der Erkrankung einhergehenden möglichen weiteren Symptome sind unspezifisch und erschweren die Unterscheidung zu anderen Differenzialdiagnosen. Nach differenzialdiagnostischer Aufarbeitung konnte bei der Patientin mit den Leitsymptomen Fieber, Lymphadenopathie, polymorphem Exanthem und Organomegalie die Diagnose einer KFD gestellt werden. Diese lymphohistiozytäre, gutartige und meist selbst limitierende Erkrankung nahm hier bereits nach einer Steroidpulstherapie einen erfreulichen Verlauf mit Entfieberung und vollständiger und anhaltender Beschwerdefreiheit. Für die Diagnosefindung der KFD wesentlich ist – neben einer ausführlichen laborchemischen und apparativen Differenzialdiagnostik - eine frühe Lymphknoten-Exstirpation und eine sorgfältige histopathologische Aufarbeitung. Da die KFD auch mit anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert ist, sollte eine Anbindung an eine rheumatologische Ambulanz erfolgen.
Objectives: To assess the significance of whole-body magnetic resonance imaging (WB-MRI) for early diagnosis of CRMO and further to evaluate the long-term outcome by means of specific radiological parameters in comparison to clinical data.
Methods: 20 children (mean age 10.3 years, 5-14) diagnosed with CRMO were assessed at baseline (mean: 14.9 months after onset of disease) and response evaluation (28 months) using a clinical and radiological score (WB-MRI, 1.5 T, coronal T2w STIR and T1w sequences after contrast enhancement). Subsequent grouping in clinical remission and non-remission followed, and groups were reviewed regarding radiological differences. Furthermore, grouping in early versus delayed WB-MRI was performed.
Results: Diagnosis of CRMO was set after 3.2 months (mean) in the early primary WB-MRI and after 18.1 months in the delayed WB-MRI group. 96.3% and 82.6% of clinically active lesions were detected in WB-MRI, but only 37.4% of radiological lesions could be detected clinically at baseline and only 15.7% at follow-up. Response assessment in patients under medication showed a significant reduction in the number of lesions both clinically (71.3%) and radiologically (41.3%). Based on response evaluation criteria in bone lesions, 78.9% showed complete or partial remission. Furthermore, volume of lesions in partial remission declined by 29.1%. The remission group showed a significantly higher reduction of volume than the non-remission group at follow-up (P = 0.0305). Moreover, the remission group showed a significantly lower signal intensity ratio than the non-remission group already at baseline (P = 0.0473).
Conclusion: WB-MRI is an important tool both for establishing the diagnosis of CRMO and for evaluating disease activity in the follow-up. Furthermore, our investigations show a positive correlation between clinical and radiological findings: particularly a lower signal intensity ratio at baseline could possibly be of prognostic value.
Einleitung: Fieber unklarer Genese ist keine Krankheitsentität. Meist liegt der Symptomatik eine Krankheit mit atypischem oder oligosymptomatischen Verlauf zugrunde. Aufgrund der Vielzahl an zugrunde liegenden Differenzialdiagnosen lässt sich beim Fieber unklarer Genese (FuG) kein definitiver Handlungsalgorithmus formulieren. Für das Erwachsenenalter wurden Grundprinzipien in der diagnostischen Vorgehensweise bei Vorliegen eines FUO prospektiv evaluiert, welche bei der Erstellung der pädiatrischen Handlungsempfehlungen berücksichtigt wurden. Ziel dieser Arbeit sind die folgenden Fragestellungen: (1) bei wie vielen Kindern kann nach 10 Tagen unter Verwendung der pädiatrischen Handlungsempfehlungen für FuG die zugrundeliegende Erkrankungen identifiziert werden, (2) welche diagnostischen Maßnahmen sind bei der Diagnosestellung entscheidend und erbringen potentiell diagnostische Hinweise und (3) welche therapeutischen Interventionen sind bei Patienten sinnvoll, bei denen auch im Verlauf keine Ursache gefunden werden kann.
Methoden: Mit Hilfe der Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland (ESPED) wurden zwischen Mai 2016 und Dezember 2018 Fälle mit folgender Definition erfasst: (i) rektal gemessene Temperatur ≥ 38,5 °C an mindestens 5 von 10 Folgetagen, (ii) trotz Anamnese, klinischer, allgemeiner laborchemischer, infektiologischer und bildgebender Untersuchungen keine Identifikation der Fieberursache und (iii) Ausschluss von Patienten mit primärer oder sekundärer Immundefizienz/-suppression.
Abschließende Ergebnisse: Von 179 gemeldeten Fällen erfüllten 113 die oben genannten Einschlusskriterien. In 29% (33 Patienten) der Fälle ließ sich keine Fieberursache finden. In 71% (80 Patienten) der Fälle konnte unter Verwendung der Leitlinien nach mindestens 10 Tagen Fieberdauer noch eine Fieberursache identifiziert werden:
(i) SJIA in [insgesamt 29 Patienten]
(ii) Infektionen [insgesamt 20 Patienten, davon 2x Adenovirus-Infektion, 3x EBV- Infektion, 2x Coxsackie-Virusinfektion, 1x Influenza, 1x Yersiniose, 1x Typhus, 1x Virusinfektion, 1x Endokarditis, 1x Mastoiditis, 1x Pyelonephritis, 1x Nierenabszess, 1x Meningitis, 1x Pneumonie, 1xParvovirusinfektion, 1x Cytomegalievirusinfektion, 1x Influenza]
(iii) Andere Inflammationen [insgesamt 16 Patienten, 3x V.a. Autoinflammation, 2x V.a. Kawasaki, 2x V.a. inkompl. Kawasaki, 1x Kawasaki, 1x Blau-Syndrom, 1x FIRES, 2x TRAPS/CAPS, 1x M. Crohn, 1x SLE, 1x Sarkoidose, 1x Fam. Mittelmeerfieber, 1x Polyarthritis]
(iv) Unklare Inflammation [insgesamt 6 Patienten]
(v) V.a. Infektionen [insgesamt 3]
(vi) Anderes [insgesamt 6 Patienten]
Schlussfolgerung: Bei 71% (n=80) konnte unter Anwendung der in der Leitlinie vorgeschlagenen Diagnostik die Diagnose der zugrundeliegenden Erkrankung ermittelt werden. Bei 29% (n=33) blieb die Ursache trotz umfangreicher diagnostischer Schritte unklar; innerhalb dieser Gruppe entfieberten alle Patienten im Verlauf, ob mit oder ohne probatorische Therapie.
Zielsetzung:
Monogenetische autoinflammatorische Erkrankungen können mit exzessiver Interleukin(IL)-1-Freisetzung und schwerwiegenden systemischen und organspezifischen Entzündungen einhergehen. Ziel des RELIANCE-Registers ist die Untersuchung der Langzeitwirksamkeit und -Sicherheit des anti-IL-1ß spezifischen monoklonalen Antikörpers Canakinumab unter den Bedingungen der klinischen Praxisroutine bei pädiatrischen und adulten Patienten mit CAPS (Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome, einschließlich Muckle-Wells-Syndrom [MWS], familiäres kälteinduziertes autoinflammatorisches Syndrom [FCAS], multisystemische autoinflammatorische Erkrankung mit Beginn im Neugeborenenalter [NOMID]/chronisch infantiles neurologisch-kutanes-artikuläres Syndrom [CINCA]), FMF (familiäres Mittelmeerfieber), TRAPS (Tumornekrosefaktor-[TNF]-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom) und HIDS/MKD (Hyper-IgD-Syndrom/Mevalonatkinase-Defizienz).
Methoden:
Diese prospektive, nicht-interventionelle, in Deutschland durchgeführte Beobachtungsstudie mit einer 3-jährigen Beobachtungsdauer schließt Patienten ab dem Alter von 2 Jahren mit den klinisch bestätigten Diagnosen CAPS, FMF, TRAPS und HIDS/MKD ein, die routinemäßig Canakinumab erhalten. Die Dokumentation von Krankheitsaktivität, Fatigue und sozialen Beeinträchtigungen durch die Patienten sowie die Erfassung der Abwesenheitstage von Schule/Arbeit, der inflammatorischen Marker und der Remission durch Arzteinschätzung erfolgt in 6-monatigen Abständen mit einer letzten Aktualisierung bei der 18-Monats-Visite. Studienendpunkte sind die Langzeitwirksamkeit und -sicherheit von Canakinumab. In dieser Auswertung wurde die CAPS-Kohorte untersucht.
Ergebnisse:
Bis September 2019 wurden 78 CAPS-Patienten (49% weiblich) in die 18-Monats-Interimsanalyse eingeschlossen. Das Durchschnittsalter zu Studienbeginn betrug 25 Jahre, die Dauer der Canakinumab-Vorbehandlung war 5,7 Jahre. 64 Patienten (82%) hatten MWS, 2 FCAS, 7 NOMID/CINCA, 3 atypisches CAPS und 2 keine Subtypdiagnose. Zu Studienbeginn /zur 18-Monats-Visite betrug die Patienteneinschätzung (0-10) der Krankheitsaktivität 2,2/2,8 und der Fatigue 2,9/1,7. Ein beeinträchtigtes Sozialleben gaben 49/67% und krankheitsbedingte Abwesenheitstage von Schule oder Arbeit 32,5/52% der Patienten an. Der Anteil von Patienten in Remission blieb gemäß Arzteinschätzung unverändert(72%/76%). Der CRP Wert verblieb auf niedrigem Niveau (≤0,4 mg/dL), der SAA Wert sank von 3,2 mg/dL zu Studienbeginn auf 0,5 in Monat 18. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten bei 8 (10%) Patienten auf und umfassten je einen Fall (1,3%) von Papillitis, Brustschmerz, Tonsillitis, Appendizitis, Kreislaufkollaps, Hauterkrankungen, transitorische ischämische Attacke und Frühgeburt (Woche 31). Pyrexie trat in zwei Fällen auf (2,6).
Zusammenfassung:
Die 18-Monats-Interimsanalyse der RELIANCE-Studie zeigt, dass eine Langzeitbehandlung von CAPS-Patienten mit Canakinumab anhaltend wirksam und sicher ist.
Zielsetzung: Autoinflammatorische periodische Fiebersyndrome können mit einer exzessiven Interleukin(IL)-1-Freisetzung einhergehen, welche mit dem Anti-IL-1β-Inhibitor Canakinumab erfolgreich behandelt werden kann. Die vorliegende Studie untersucht die Langzeitwirksamkeit und -sicherheit von Canakinumab unter den Bedingungen der klinischen Praxisroutine bei pädiatrischen und adulten Patienten mit CAPS (Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome), FMF (familiäres Mittelmeerfieber), TRAPS (Tumornekrosefaktor-[TNF]-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom) und MKD/HIDS (Mevalonatkinase-Defizienz/Hyper-IgD-Syndrom).
Methoden: RELIANCE ist eine prospektive, nicht-interventionelle, multizentrische, in Deutschland durchgeführte Beobachtungsstudie mit einer 3-jährigen Beobachtungsdauer. Für Patienten ab dem Alter von 2 Jahren mit klinisch bestätigtem FMF, TRAPS bzw. MKD/HIDS, die routinemäßig Canakinumab erhalten, werden unter anderem folgende Parameter zu Studieneintritt (Baseline) sowie in 6-monatigen Intervallen erfasst: Patienteneinschätzung der aktuellen Fatigue und Krankheitsaktivität, Abwesenheitstage von Schule/Arbeit aufgrund der Studienindikation, inflammatorische Marker, Arzteinschätzung der aktuellen Krankheitsaktivität sowie Sicherheitsdaten
Ergebnisse: Diese erste Interimsanalyse beinhaltet Baseline-Daten von 41 Patienten mit FMF, TRAPS bzw. MKD/HIDS (29/10/2). Unter den Patienten waren 52/56/50% Frauen. Zur Baseline betrug das durchschnittliche Alter 26/22/11 Jahre und die durchschnittliche Vorbehandlungsdauer mit Canakinumab 2,2/1/3 Jahre. Die von den Patienten eingeschätzte Fatigue (VAS 0-10) betrug 4,4/3,4/0, die Krankheitsaktivität (VAS 0-10) 3/2,1/0. Der Anteil der Patienten mit FMF-TRAPS-MKD/HIDS-bedingten Abwesenheitstagen von Schule bzw. Arbeit in den letzten 6 Monaten betrug 17/44/100%. Die inflammatorischen Marker lagen im Normbereich (CRP 0,9/2,0/0,1; SAA 5,3/7,9/0,6). Krankheitsaktivität trat nach Arzteinschätzung in 35/11/100% der Patienen gar nicht und in 28/67/0% mild-moderat auf. In einer Subgruppe von N=16 FMF-Patienten mit bereits erfolgter 6-Monats-Visite wurden keine wesentlichen Veränderungen in Bezug auf die analysierten Parameter gefunden. Bei zwei Patienten trat je ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis auf (Tonsillitis 2,4%, Arthritis 2,4%).
Zusammenfassung: Die Baseline-Charakteristika der FMF-TRAPS-MKD/HIDS-Subgruppe der RELIANCE-Studie sind verfügbar. Erste Interimsdaten der FMF-Subgruppe deuten auf eine stabile Krankheitskontrolle unter einer Langzeitbehandlung mit Canakinumab hin. Weitere Intervalldaten werden analysiert, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Canakinumab-Langzeitbehandlung bei Patienten mit autoinflammatorischen Fiebersyndromen zu erfassen.
CRMO und pulmonale Herde
Einleitung
Die chronisch rekurrierende multifokalte Osteomyelitis (CRMO) gehört zur Gruppe der autoinflammatorischen Erkrankungen. Als extraossäre Assoziationen sind vor allem Hautauffälligkeiten bekannt, wie die palmare und plantare Pustulose, Akne, Psoriasis, sowie eine Assoziation zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.
Wir stellen 5 Patienten vor, bei denen im MRT zusätzlich zu den Knochenherden ein pulmonaler Signalherd gefunden wurde. Dies ist in der Literatur bisher nur in Einzelfalldarstellungen berichtet (1-5).
Methoden
Die Krankenakten der betroffenen Patienten wurden retrospektiv analysiert im Hinblick auf Anamnese, klinische Untersuchung, Laborbefunde, bildgebende Verfahren.
Ergebnisse:
5 Patienten, davon 4 Mädchen (8 - 13 Jahre alt), ein Junge (11 Jahre alt). Bei 3 der Patienten zeigte sich ein pulmonaler Herd bei Erstdiagnose der CRMO, bei zwei erst im Verlauf. Keine/r zeigte pulmonale Symptome (Husten, Fieber, Atemnot). Bei 3 war die Blutsenkungsgeschwindigkeit erhöht, sonst keine laborchemischen Auffälligkeiten. Eine Lungenbiopsie wurde bei keinem/r durchgeführt. Im Verlauf zeigte sich bei einem Patienten eine Befundstabilität, bei 3 regrediente Lungenherde, bei einer Patientin Beschwerdefreiheit nach 3 Jahren ohne bildgebende Kontrolle. 4 Patienten wurden im Beobachtungszeitraum mit NSAR, eine mit MTX und Bisphosphonat behandelt; 2 zusätzlich initial mit Antibiotika.
Diskussion:
Unsere Patienten zeigten keine pulmonale Symptomatik (Husten, Fieber, Atemnot), was gegen eine bakterielle oder virale Genese spricht. Zudem zeigte sich ein spontaner Rückgang der pulmonalen Herde unter NSAR Therapie, bzw MTX und Bisphosphonaten. Dies spricht für eine autoinflammatorische Genese der pulmonalen Herde im Rahmen der CRMO.
In der Literatur wird über insgesamt 5 Patienten mit CRMO und pulmonalen Herden berichtet, darunter 3 Kinder (1-3) und 2 Erwachsenen (4,5). Zwei der Kinder hatten keine pulmonalen Symptome, ein Mädchen hatte eine milde Symptomatik. Bei 2 wurde eine Lungenbiopsie durchgeführt ohne Keimnachweis. Eine zeigte eine unspezifische Entzündungsreaktion (2), die andere eine granulomatöse Pneumonie mit Verdacht auf Mycobacterien. Unter initialer antituberkulöser Therapie war keine Besserung zu sehen, im Verlauf dann spontane Regression (3). Die beiden Erwachsenen hatten deutliche pulmonale Symptome. Bei einem kam es zur spontanen Regression innerhalb von 2 Jahren (5), bei der anderen kam es zu einer Besserung unter Cortison (4).
Unsere Beobachtungen werden durch die Einzelfalldarstellungen in der Literatur unterstützt. Auch hier kam es zu spontaner Regression, bzw zur Besserung unter Cortison. Antibiotische Therapie war nicht wirksam.
Fazit
Wir gehen bei den pulmonalen Herden von einer extraossären Manifestation der CRMO aus.
Background: For systemic autoinflammatory diseases (AIDs) early diagnosis is crucial, but often remains a challenge despite new genetic methods. Different centres offer a variety of genetic panels. Often a comprehensive diagnostic approach would require running several panels, which is time- and cost-consuming. To improve the diagnostic pathway, a clear step-by-step approach is needed and a unified genetic panel could be a very helpful tool for paediatric rheumatologists.
Methods: We use a step-by-step approach for diagnostics in children with a suspected AID. The first step is a single gene sequencing. If no diagnosis is established or symptoms are inconclusive, we use a panel including 12 AID-related genes (CECR1/ADA2, COPA, IL1RN, IL36RN, MEFV, MVK, NLRC4, NLRP3, NOD2, PLCG2, TMEM173, TNFRSF1A). In case of inconclusive or negative results, a case conference between clinicians, immunologists and geneticists is held to discuss the results of the 3rd step, an extended research analysis. To standardize this 3rd step, we now have developed an extended AID panel consisting of approximately 80 genes.
Results: Since 2019 29 patients underwent extended genetic testing for a suspected AID. In these 29 patients, analysis was restricted to 12 frequent AID-related genes at first. Then, in 16 cases extended research analyses were performed and revealed results in 6 patients: Amongst 15 candidate variants 2 heterozygous NLRP12 variants (ACMG classification III and IV), a heterozygous EXO1 variant (III) and heterozygous BACH2 variant (II), a heterozygous PSTPIP1 variant (II) and two PIK3R2 variants in one patient (both III) were found. A thorough research analysis including prediction programmes followed by multidisciplinary case conferences is inevitable in this stage to weigh the results correctly and avoid overdiagnosis. To elucidate the significance of class III and IV variants pertinent functional laboratory readouts were introduced if available.
Since the applied 12-gene-panel does not capture other AID phenotypes, we developed an extended panel that includes 80 genes coding for diseases from different subspecialties all exhibiting autoinflammatory features (1,2).
Conclusion: A step-by-step approach for genetic testing of AIDs in children including multidisciplinary discussions or formal case conferences is essential to avoid unnecessary overdiagnosis as well as to interpret genetic test results correctly.
Existing genetic panel for AIDs both vary and overlap between centres. It is therefore necessary to establish gene panels which allow to capture all monogenic diseases important for paediatric rheumatologists. Ideally, such a gene panel should be frequently evaluated and harmonized by experts from different centres to ensure standardized application and joint evaluation in the future. We suggest to use the proposed gene panel as template for a consensus forming discussion within the GKJR about genetic testing for autoinflammatory diseases.
Hintergrund:
Golimumab (GOL) ist für die Behandlung der polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis (pJIA) zugelassen ab einem Alter von 2 Jahren. Die Daten zur Langzeitsicherheit in dieser Indikation sind limitiert.
Fragestellung:
Über das deutsche Register für Biologika in der Kinderrheumatologie (BIKER) erfolgt ein prospektives Monitoring der Langzeitsicherheit und Wirksamkeit von GOL.
Methoden:
In dieser nicht-interventionellen Studie werden Patientencharakteristike, Baselinedaten, Therapieansprechen und Sicherheitsdaten erfasst. Diese werden verglichen zwischen Patienten, die eine Behandlung mit GOL initiieren, und kontemporären gematchten Kontrollkohorten, die entweder mit einem alternativen TNF-Inhibitor (TNFi) oder mit Methotrexat (MTX) ohne Biologikaexposition behandelt werden.
Als Parameter für die Krankheitsaktivität und das Ansprechen wurden ausgewertet: JADAS10, JIA ACR-Scores, Anzahl aktiver Gelenke und der Childhood Health Assessment Questionnaire disability-index (CHAQ-DI). Die Sicherheitsbewertungen basierten auf Berichte über unerwünschte Ereignisse (AE).
Ergebnisse/Diskussion:
Von 2016 bis 2019 wurden 55 Patienten mit GOL, 110 Patienten mit alternativen TNFi und 47 biologika-naive Patienten rekrutiert. Patienten mit GOL hatten eine längere Krankheitsdauer (6,8y vs. 4,1y und 1,0y; p < 0,001) und GOL wurde signifikant häufiger second-line eingesetzt (85% vs. 31% und 0%, p < 0,001). Die Krankheitsaktivität in der GOL Kohorte war niedriger bei Therapiebeginn im Vergleich zu MTX-Patienten, hinsichtlich Zahl aktiver Gelenke, JADAS10 und Therapie mit systemischen Steroiden. Ansonsten waren sie vergleichbar Patienten, die GOL erhielten vergleichbar zur Kohorte mit alternativen TNFi (Tabelle 1).
Bei den mit GOL behandelten Patienten zeigte sich nach 6 Monaten und darüber hinaus eine deutliches Therapieansprechen mit signifikanter Reduktion des JADAS 10 Mittelwertes von 11,3 auf 6,4 (p=0,0008), sowie JIA ACR 30/50/70/90 Ansprechraten von 56/56/35/21%. Eine JADAS-Remission und eine JADAS minimale Krankheitsaktivität wurde bei 18% und 47% nach 6 Monaten und bei 29% und 43% nach 12 Monaten beobachtet
Die Raten an AE, schwerwiegenden AE (SAE) und infektiösen AE waren vergleichbar zwischen den Kohorten: GOL-Kohorte (96, 4,2 und12,8/100PY), alternative TNFi-Kohorte (114, 5,4 und 11,8/100PY) und MTX-Kohorte (107, 2,7 und 24,5/100PY). SAE in der GOL-Kohorte waren Uveitis und JIA-Schub (je n=1). Schwerwiegende Infektionen wurden nur in der alternativen TNFi-Kohorte (Influenza n=2) gemeldet. Es wurde keine Schwangerschaften, maligne Erkrankungen oder Todesfälle gemeldet.
Schlussfolgerung:
Die Zwischenergebnisse dieser laufenden Sicherheitsüberwachungsstudie weisen auf ein akzeptables Sicherheitsprofil von GOL bei der Behandlung der pJIA hin, ohne signifikante Unterschiede zu Therapien mit alternativen TNFi oder MTX. Die Daten zum langfristigen Therapieansprechen bestätigen die nachgewiesene Wirksamkeit von GOL bei der Behandlung der pJIA.
Hintergrund:
Komorbiditäten beeinflussen die Lebensqualität und das Therapieergebnis bei Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) . In der klinischen Routine wird die Depression wahrscheinlich zu selten erfasst. In einer Querschnittstudie erfolgte ein Screening auf depressive Symptome mit Hilfe des einfachen und kurzen BDI- fast screen (BDI-FS), einen 7 Fragen umfassenden Selbsteinschätzungsbogen.
Methoden:
In einer Querschnittanalyse erhielten 10-17 jährige Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen mit ambulanten Kontrolluntersuchungen zwischen 1.1.2019 und 30.6.2019 den BDI-FS vorgelegt. Ein Summenscore ab 4 Punkten gilt als auffällig. Gleichzeitig wurden Alter, Geschlecht, genaue Diagnose, spezifische Therapie und Krankheitsaktivität (JADAS 10) erfasst.
Ergebnisse:
Insgesamt wurden 148 Patienten (71,6% weiblich) mit JIA befragt. 19 (13%) hatten einen auffälligen BDI-FS von ≥4, 129 (87%) waren unauffällig. Häufige Angaben waren Verlust von Freude (n=43; 29%), Mutlosigkeit (n=23; 15,5%), Traurigkeit (n=31; 20,9%) und Selbstvorwürfe (n= 26; 17,6%). 9 Patienten (6%) gaben Suizidgedanken an. Auffällige Patienten wurden einer weiteren psychologischen/psychiatrischen Behandlung zugeführt. Bei 4 (2,7) bestand eine Depression, bei 10 (6,8%) wurde eine Depression neu erkannt. 4 (2,7%) erhielten eine medikamentöse antidepressive Therapie, 8 (5,4%) eine Psychotherapie.
Beim Vergleich von Patienten mit Gesamtscore ≤ 4 hatten JIA Patienten mit einem auffälligen Score (≥4) häufiger eine Psoriasisarthritis, Rheumafaktor-positive (OR 15,1; 95%KI 1,3-175) oder negative Polyarthritis (OR 3,1; 95%KI 1,2-8,3), seltener eine Enthesitis-assoziierte Arthritis, persistierende oder extended Oligoarthritis. Die Anzahl schmerzhafter Gelenke, der JADAS10, der CHAQ-DI, die globale Einschätzung durch Arzt oder Patient waren im Mittel signifikant höher bei Patienten mit einem auffälligen BDI-FS.
Bei signifikant weniger Patienten bestanden JADAS-Remission (OR 0,3; 95%KI 0,1-0,9), JADAS-Minimale Krankheitsaktivität (OR 0,3; 95%KI 0,1-0,9) oder JADAS-akzeptable Krankheitsaktivität (OR 0,3; 95%KI 0,1-0,9).
Mehr Patienten mit einem BDI-FS ≥4 erhielten NSAR (OR 2,7; 95%KI 1,0-7,7), Steroide, Biologika, oder eine Kombination von Biologika und konventionellen DMARDs sowie eine insgesamt höhere Anzahl verschiedener Medikamente.
Schlussfolgerungen:
Der BDI-FS ist einfach in Handhabung und Auswertung. Er wird von den Patienten gut angenommen. Von den befragten JIA Patienten zeigte ein hoher Anteil (13 %) Anzeichen einer Depression. Bei 9 (6,5%) Patienten bestanden Hinweise auf Suizidalität. Auffällige Scores waren mit höherer Krankheitsaktivität trotz signifikant intensiver medikamentöser Therapie assoziiert. Nur 26% der Patienten mit auffälligem Score waren bislang psychologisch betreut. Ein Screening auf depressive Symptome im klinischen Alltag erscheint wichtig, um betroffenen Patienten eine adäquate psychologische Betreuung zu ermöglichen.
Hintergrund
Tocilizumab (TOC) ist für die Behandlung der polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis (pJIA) zugelassen. Daten aus der klinischen Praxis sind limitiert.
Zielsetzung
Langzeitüberwachung anhand des BIKER-Registers von Patienten, die eine Behandlung mit TOC starten über mindestens 5 Jahre und Vergleich mit einer gematchten Kohorte von Patienten, die eine Behandlung mit alternativen Biologika beginnen.
Methoden
Patientencharakteristika, Krankheitsaktivität zu Beginn und im Verlauf der Therapie, Ansprechraten und Sicherheitsdaten wurden in beiden Kohorten verglichen. Parameter für das Ansprechen waren der JADAS10 und die Anzahl aktiver Gelenke. Die Bewertung der Verträglichkeit basiert auf Berichten über unerwünschte Ereignisse (AE).
Ergebnisse
Bis März 2020 wurden 161 Patienten in jeder Kohorte rekrutiert. Patienten, die TOC starteten, waren bei Behandlungsbeginn älter (12,1 vs. 10,1 Jahre (y); p < 0,0001) und hatten eine längere Krankheitsdauer (5,5y vs. 3,0 y; p < 0,0001). TOC wurde häufiger als second-line Biologikum eingesetzt (84% vs. 13%, p < 0,0001). Ansonsten waren die Patienten vergleichbar.
Ein deutliches Ansprechen zeigte sich während der Behandlung mit TOC mit einer signifikanten Reduktion des JADAS 10 von 16,8 auf 3,4 (p < 0,0001) nach 12 Monaten. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Kohorten hinsichtlich JIA ACR 30/50/70/90 Ansprechraten, Anzahl aktiver Gelenke und JADAS 10. JADAS-Remission und minimale Krankheitsaktivität wurde mit ähnlichen Raten in der TOC- (37% und 58%) und der Kontrollkohorte (37% und 60%) erreicht.
Während die Gesamtzahl der AE in der TOC-Kohorte (n=201 AE; (77/100PY) und in der Kontrollkohorte (n=207; (65/100PY; RR 1,2; 95%CI 0,99-1,4) nicht signifikant unterschiedlich war, wurden mehr schwerwiegendere AE (SAE) unter TOC gemeldet (n=13; 5/100PY versus n=4; 1,3/100PY; RR 3,9; 95% CI 1,3-12). Schwerwiegende Infektionen wurden seltener unter TOC dokumentiert. Uveitis-Ereignisse wurden signifikant häufiger unter TNF-Inhibitoren dokumentiert, wahrscheinlich durch einen Selektionsbias. SAE unter TOC waren Depression (n=3) bei 2 Patienten mit suizidaler Absicht, JIA-Exazerbation (n=2), septische Arthritis, Magen-Darm-Infektion, Bauchschmerzen, Colitis, Paronychie und Fraktur (jeweils n=1). SAE in der Kontrollkohorte waren Depression, Osteomyelitis, Magen-Darm-Infektion und Krankheitsschub (je 1). Zytopenie und Transaminasenanstieg wurden nicht häufiger beobachtet. Es traten keine gastrointestinalen Perforationen, keine vaskulären Ereignisse und keine Todesfälle auf.
Schlussfolgerungen
Tocilizumab zeigte ein gutes Therapieansprechen, welches mit der Behandlung mit alternativen Biologika vergleichbar war. Die Verträglichkeit war akzeptabel. Da Tocilizumab bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten als Biologikum der zweiten Wahl verabreicht wurde, müssen Vergleiche zwischen den beiden Kohorten sorgfältig interpretiert werden. Das Projekt rekrutiert weiter Patienten.
Hintergrund: Die Juvenile Idiopathische Arthritis (JIA) ist die häufigste rheumatische Erkrankung des Kindesalters. Besonders häufig findet sich die Oligoartikuläre JIA mit asymmetrischem Extremitätenbefall. Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (complex regional pain syndrome = CRPS) als chronische Schmerzerkrankung des Kindesalters weißt ebenfalls einen asymetrischen Extremitätenbefall auf. Die JIA gilt als potentieller Prädispositionsfaktor für die Entwicklung einer chronischen Schmerzstörung.
Methode: In einer Single-Center Studie des Zentrums für Schmerztherapie junger Menschen wurden alle Patienten die während der der Jahre 2018 und 2019 in unserer Klinik behandelt wurden in einer retrospektiven Kohortenanalyse ausgewertet. Die Statistik erfolgte deskriptiv.
Ergebnisse: Insgesamt konnten 1033 Patienten (1171 stationäre Fälle) ausgewertet werden. Davon erfüllten 106 die Budapest-Kriterien für ein CRPS. Die Gruppe der CRPS Patienten zeigte gegenüber den übrigen chronischen Schmerzpatienten Unterschiede bezüglich: Geschlechterverteilung (w/m 79/22% vs. 84/16%), Alter (13,5 vs. 14,9 Jahre) und benötigte innerhalb der zwei Jahre doppelt so häufig einen zweiten Aufenthalt (18,9 vs. 9,3 %). Die auffälligsten Unterschiede ergaben sich jedoch bei der Analyse der Nebendiagnosen. Lediglich 2 CRPS Patienten (1,9%) hatten eine JIA, während dies bei 11,9% der übrigen Patienten der Fall war (p < 0.01). Es fand sich kein CRPS Patient mit einer Oligo-JIA in der Vorgeschichte. Bezüglich der JIA-Kategorien fanden sich vor allem polyartikuläre Verläufe (4,7%) und Psoriasis-Arthritiden (3,3%) in der Gruppe der übrigen Schmerzpatienten. In beiden Gruppen fand sich kein Fall einer systemischen JIA.
Die Analyse der psychiatrisch-psychologischen Nebendiagnosen zeigte einen Unterschied bezüglich der F32./F33.-Gruppe (depressive Episode; rezidivierende depressive Störung) und der Anpassungsstörungen (F43.2) mit überwiegend depressiver Symptomatik, welche sich bei den CRPS-Patienten seltener fanden (24,5 vs. 38,6%; p < 0.01).
Diskussion: Dies ist unseres Wissens nach die bislang größte untersuchte Kohorte kindlicher und jugendlicher CRPS-Fälle. Es fand sich kein Hinweis für eine prädisponierende Rolle der JIA bei der Entwicklung eines CRPS. Die JIA scheint jedoch ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Schmerzstörung insbesondere bei polyartikulären Verläufen und einer Psoriasisarthritis. Auch scheint die depressive Vulnerabilität in der Gruppe der CRPS-Fälle seltener als bei anderen chronischen Schmerzpatienten.
Introduction: Treatment with canakinumab (CAN), a selective, human anti-IL-1β monoclonal antibody, has shown sustained therapeutic effect along with corticosteroid dose reduction/discontinuation in patients with systemic juvenile idiopathic arthritis (SJIA), in a long-term extension study (NCT00891046).1
Objectives: To evaluate the efficacy and safety of 2 different canakinumab tapering regimens in SJIA patients who were in clinical remission (NCT02296424).
Methods: This Phase 3b/4 study had two parts. In Part I 182 patients, n=84 with inactive disease from the extension study1 (cohort 1) and n=96 CAN-naïve patients (cohort 2) with active disease were administered subcutaneous CAN 4 mg/kg q4w. Per protocol titration off corticosteroids and/or methotrexate was attempted during Part I. Eligible patients (inactive disease for 24 consecutive weeks and being corticosteroid- and methotrexate-free for at least 4 weeks) advanced to Part II. Patients were randomised to either a 3-step CAN dose reduction regimen (2mg/kg/q4w, followed by tapering to 1 mg/kg/q4w and then discontinuation) or dose interval prolongation regimen (4mg/kg q8w, followed by tapering to 4 mg/kg/q12w and then discontinuation); patients advanced to the next tapering step if inactive disease was maintained for 24 weeks. The primary objective was to evaluate if at least 40% of patients were able to maintain inactive disease status for at least 24 consecutive weeks on either 2mg/kg q4w or 4mg/kg q8w.
Results: In Part II, a total of 75 patients were randomised to a dose reduction (n=38) or dose interval prolongation (n=37) CAN tapering regimen. The proportion of patients who maintained inactive disease for 24 consecutive weeks significantly exceeded the predefined threshold of 40% of Step 1 in both treatment arms: CAN reduced dose (71%; 2 mg/kg q4w) and in prolonged dose interval (84%; 4 mg/kg q8w). A total of 68% (26/38) and 79% (30/37) of the Conclusion: SJIA patients who are able to maintain inactive disease status on CAN monotherapy can successfully taper CAN by either reducing the dose or prolonging the dosing interval. However, only a minority of patients successfully discontinued CAN treatment for 24 weeks. The safety profile for both CAN titration regimens was similar and consistent with other CAN SJIA studies. No new safety signals were identified.
Introduction
Juvenile idiopathic arthritis associated uveitis (JIAU) is the most common extra-articular manifestation of JIA, and occurs in approximately 10% of affected children. Although there are effective medications to treat JIAU, guidelines and large studies that inform of tapering treatment after disease remission are lacking.
Methods
We surveyed vie email international pediatric rheumatologists: 1.Multinational Interdisciplinary Working Group for Uveitis in Childhood (MIWGUC), 2.Pediatric Rheumatologic Email-Listserve, 3.CARRA uveitis workgroup, and international ophthalmologic specialized in children with JIAU. Survey questions focused on the definition of remission, duration of remission prior to initiation of medication tapering, and method of tapering. Specific medications included methotrexate (MTX), adalimumab (ADA), infliximab (IFX), abatacept (ABA), and tocilizumab (TOC).
Results
Of 45 responses, 88% were from pediatric rheumatologists with a mean work experience of 18 years. The regional distribution was 31 form Europa, 9 from North-America, 3 from South-America and 2 from Asia. The responding colleagues managed a mean number of 43 JIAU patients. Remission on medication was defined as no cells in the anterior chamber (78%), followed by no need for eye drops (36%), and no uveitis flares (32%). Tapering practices were described for MTX monotherapy (100%) ADA (100%), IFX (80%), TOC (56% [25% s.c.]) and ABA (46% [30% s.c.]). Standardized protocol for tapering exists in 32% of centers for MTX, in 26% for ADA, and 20% for IFX. The timepoint for tapering was after 6 months of remission on medication by 14% of respondents, 12 months for 38%, 24 months for 56% and 36 months for 12%.
MTX was tapered by dose in 42%, dose and interval in 40%, and interval in 15%. The lowest dose of MTX was 6mg/m2/week at the time of tapering and the longest mean interval 2.5 weeks (1 to 4 weeks). ADA was first tapered to every 3 weeks by 76% of the responders and then to every 4 weeks by 49% before discontinuing. Fewer respondents used or tapered IFX, TOC or ABA. Around 65% tapered the interval and 20% tapered the dose and interval for ABA, 26% for TOC and 37% IFX
There were differences in the duration of tapering prior to discontinuation of specific medications.For ADA it was 6 months in 62%, 12 months in 36% ,and 24 months in 10%. For IFX it was 6 months in 27%, 12 months in 45%, and 24 months in 33%. For TOC it was 40% after 4 weeks, 87% after 6 weeks and 53% after 24 weeks. For ABA i.v. it was 30% after 8 weeks, and 90% after 12 weeks. If combination therapy was used, 36% tapered the bDMARD first, 62% csDMARD first, and 12% both simultaneously.
Conclusion
This is the first survey to describe “real world” medication tapering and discontinuation practices of pediatric rheumatologists and ophthalmologists globally. Most physicians start to taper medication after 24 months of remission on medication and discontinue after the 6 to 12 months of tapering
Introduction
Idiopathic chronic ANA-positive anterior non-infectious uveitis (CAU) has similar clinical characteristics as juvenile idiopathic arthritis related uveitis (JIAU), except for inflammatory arthritis. A damage and response index has already been developed by a European collaboration of pediatric rheumatologists and ophthalmologists for JIAU (MIWGUC)[1]. As innovative effective treatment options are emerging for pediatric uveitis, it is important to define a response and damage index to assess the effectivity of drugs in preventing ocular damage in children with idiopathic CAU.
Methods
MIWGUC already agreed on items to evaluate outcome [1] for JIAU. 6 paediatric rheumatologist and 6 uveitis specialized ophthalmologists were asked to score the items, which were derived from the JIAU response and damage index. Regarding relevance for response and damage in CAU (Table 1) the items were scored. Items with scores between 1-3 points were discarded, >7 were accepted, and 4-7 were further discussed in the group with nominal group technique. 80% agreement was required to keep the item.
Table 1:
//Accepted outcome items for response and damage form the MIWGUC group 2015 for JIA associated uveitis// //Accepted outcome measures for chronic non-infectious ANA-positive anterior uveitis//
//Voting for acceptance for outcome measures for chronic non-infectious ANA-positive anterior uveitis n=12 (6 ophthalmologists and 6 paediatric rheumatologists) - Yes/no votes// :
New Item:
Global disease score - Yes - 12/0
Flare - discarded - 12/0
Posterior synechiae - Yes - 12/0
Cataract - Yes - 12/0
Maculopathy - Yes - 12/0
Opticopathy - discarded
Decreased visual acuity - Yes - 12/0
Ocular hypertony ≥21 mmHg - Yes - 12/0
Ocular hypotony ≤6 mmHg - Yes - 12/0
Glaucomatous field loss and /or glaucomatous optic atrophy - Yes - 12/0
Band-keratopathy - Yes - 12/0
Epiretinal membrane formation - Yes - 12/0
Visual deterioration – less than 0.3 in any eye - Yes - 12/0
Uveitis related disability VAS 0-100 by ophthalmologist - Yes - 12/0
Uveitis related disability VAS 0-100 by pediatric rheumatologist - ? - ?
Results:
The MIWGUC group agreed in a consensus meeting in Barcelona, that idiopathic CAU and JIAU may be managed similarly. Tables one presents the result of the voting.
Discussion:
We propose items to assess response to treatment and ocular damage in children with CAU. Validation of these indices is required in clinical cohorts to assess effectivity of a given drug for treating activity and preventing eye damage. This proposal will be evaluated from the MIWGUC group in a prospective study.
Hintergrund:
Die Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis und der Uveitis im Kindesalter mit dem monoklonalen TNF--Antikörper Adalimumab kann zur Bildung von zumeist blockierenden anti-Adalimumab-Antikörpern (AAA) mit Wirkverlust führen. In Vorstudien ist eine Begleittherapie mit Methotrexat (MTX) mit abgemilderter anti-Drug-Antikörper-Bildung assoziiert.
Fragestellung:
Das Ziel dieser Untersuchung ist es retrospektiv Daten zur Entwicklung von AAA bei Patienten unter Adalimumab-Therapie aus der kinderrheumatologischen Ambulanz der Charité zu analysieren. Es sollen Häufigkeit, Zusammenhang mit Therapiedauer und Begleittherapie erfasst werden.
Material und Methoden:
Alle Patienten, die in unserer Klinik jemals mit Adalimumab behandelt wurden und in der kinderrheumatologischen Erfassungsplattform KRhOKo erfasst sind wurden in die Analyse eingeschlossen. Das Auftreten von AAA, das Datum der AAA-Bestimmung, das Datum des Therapiebeginns sowie eine Begleittherapie mit MTX wurden ermittelt. Weil die AAA-Messung erst seit 2016 zur Verfügung steht, im Register aber auch Patienten mit Langzeittherapie erfasst werden, erfolgte zusätzlich eine Datenanalyse aller Patienten die seit dem 01.01.2017 mit der Therapie begonnen haben.
Ergebnisse:
Bis 12/2019 wurden insgesamt 94 Patienten mit Adalimumab-Therapie erfasst.
In der Gesamtkohorte wurden bei 54/94 AAA bestimmt, davon waren 30/54 (55,5%) positiv. Der AAA-Nachweis erfolgte im Mittel 35,6 Monate [24,4 - 46,8 - 95% KI] nach Beginn der Therapie. Kinder mit positivem AAA-Nachweis hatten zu 20% (6/30) eine Begleittherapie mit MTX während Kinder mit negativem AAA-Nachweis zu 45,8% (11/24) MTX bekamen (p=0,042, Chi2-Test).
In der nach Adalimumab-Startdatum 01.01.2017 gefilterten Population (40/94) erfolgte bei 26/40 eine AAA-Bestimmung, hiervon waren 14/26 (53,8%) AAA positiv. Der AAA-Nachweis erfolgte im Mittel 12,0 Monate [7,0-16,9 - 95% KI] nach Beginn der Therapie. In dieser Subgruppe hatten 21,4% (3/14) parallel MTX während in der Gruppe der AAA-negativen 58,3% (7/12) eine Begleittherapie mit MTX hatten (p=0,054).
Schlussfolgerung:
In der Gesamtkohorte erscheint eine Begleittherapie mit MTX vor der Entwicklung von Adalimumab-Antikörpern zu schützen. Der Effekt war allerdings nach Kohortenfilterung nicht mehr signifikant.
Hintergrund: Soziale Implikationen jugendlichen Risikoverhaltens (RV), wie der Gewinn von Respekt und Akzeptanz oder die Herstellung von Unabhängigkeit, gelten im Rahmen chronischer Erkrankungen als Herausforderung für eine optimale Versorgung und bessere Krankheitsbewältigung. Exzessiver bildschirmbasierter Medienkonsum (MK) als wesentlicher Aspekt einer sitzenden Lebensweise erhöht zudem das Risiko für Begleiterkrankungen.
Fragestellung: Demnach sollte untersucht werden, a) ob sich RV und MK bei Jugendlichen mit JIA zu gesunden Altersgenossen quantitativ unterscheiden, b) ob sich Zusammenhänge zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL) identifizieren lassen und c) ob sich gesundheitsrelevantes Verhalten im Krankheitsverlauf ändert.
Material und Methoden Zur Bewertung von RV, MK und HRQoL (PedsQLTM) wurden im Zweijahresabstand erfasste Daten aus der prospektiven, multizentrischen Inzeptionskohorte ICON analysiert. Die Auswertung berücksichtigte Jugendliche ab dem 13. Lebensjahr, für die mindestens zwei relevante Fragebögen vorlagen (T1: Erstuntersuchung, mittleres Alter 14,5 Jahre; T2: Follow-up Untersuchung, mittleres Alter 16,5 Jahre). Die statistische Analyse erfolgte unter Verwendung gemischter linearer Modelle.
Ergebnisse: Daten von 209 Jugendlichen mit JIA (63% weiblich, 28% RF-negative Polyarthritis) und 138 gesunden Altersgenossen (55% weiblich) konnten analysiert werden. Bei JIA-Patienten nahm die Nutzungsdauer von Spielekonsolen im Beobachtungszeitraum signifikant ab und der Umfang körperlicher Aktivität moderat zu. Im Vergleich zum Kontrollkollektiv war der Anteil körperlich inaktiver (54% vs. 42%) sowie tabakkonsumierender (8% vs. 2%) Patienten höher, alkoholkonsumierender (16% vs. 23%) hingegen niedriger. Patienten gaben zudem signifikant häufiger an, beim letzten Geschlechtsverkehr auf ein Kondom verzichtet zu haben (28% vs. 19% Kontrollen). Während sich beim Konsum illegaler Drogen keine signifikanten Gruppenunterschiede registrieren ließen, gab das Patientenkollektiv zu T1 sowie T2 eine längere tägliche Gesamtbildschirmzeit (3,6±2h vs. 3,2±2h/Tag) an. Viel konsumierende Patienten ( > 3h/Tag MK) wiesen einen signifikant niedrigeren psychosozialen PedsQLTM-Subscore (OR 0,94; 95%CI: 0,89-0,99) und eine signifikant höhere Krankheitsaktivität (cJADAS-10) (OR 1,34; 95%CI: 1,07-1,67) auf als jene mit geringerem MK ( < 2h/Tag). Ein multiples Risikoverhalten (mind. zwei Risikoverhaltensweisen) war zudem mit einem niedrigeren PedsQLTM-Gesamtscore (OR 0,96; 95%CI: 0,92-0,99) und einer kürzeren Krankheitsdauer (OR 0,75; 95%CI: 0,57-0,98) assoziiert.
Schlussfolgerung: Bei Jugendlichen mit JIA zeigt sich ein Zusammenhang zwischen gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen und gesundheitsbezogener Lebensqualität, Krankheitsaktivität und -dauer. Aufgrund der gesundheitsprognostischen Bedeutung untersuchter Verhaltensweisen, sollten zukünftige Interventionen eine Reduktion vermeidbarer Bildschirmzeiten und eine Erhöhung des Bewegungsniveaus forcieren.
Zielsetzung: Die Einhaltung verordneter Therapien ist bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) eine Voraussetzung für das Erreichen angestrebter Therapieziele. Um die Akzeptanz und Schwierigkeiten bei der Durchführung verordneter Therapien zu untersuchen, wurde im Rahmen der Inzeptionskohorte ICON wiederholt der Parent Adherence Report Questionnaire (PARQ) eingesetzt.
Materialien und Methoden: Vier Jahre nach Einschluss in ICON wurde die Therapieadhärenz aus Elternsicht anhand der deutschen Version des PARQ ermittelt. Gefragt wird darin global anhand visueller Analog-Skalen (VAS 0-100, 100 = beste Einschätzung) u.a. nach der Häufigkeit des Befolgens von Therapieempfehlungen, negativen Reaktionen auf die Behandlung und wahrgenommenem Nutzen der Behandlung. Außerdem werden Probleme bei der Einhaltung von Therapieempfehlungen eruiert.
Ergebnisse: Von 481 Eltern lagen Angaben zur Therapieadhärenz vor. Das mittlere Alter der Patienten betrug zum Dokumentationszeitpunkt 10,1±3,7 Jahre, die mittlere Krankheitsdauer lag bei 4,7±0,8 Jahren. Die Mehrheit der Patienten wies eine Oligoarthritis (49%) auf, ca. 30% hatten eine Rheumafaktor-negative Polyarthritis. Zur Befragung wurden 292 (60%) der Patienten mit einem DMARD behandelt, über die Hälfte der Patienten (57%) erhielt Physiotherapie und jeder 5. Patient hatte Schienen verordnet bekommen. Die Krankheitsaktivität (gemessen mit dem cJADAS-10) betrug 2,6 ± 3,4 (Bereich 0 - 30, bester Wert = 0), der Funktionsstatus war gut (mittlerer CHAQ: 0,2 ± 0,4).
Die Behandlungsempfehlungen wurden zumeist umgesetzt, die Durchschnittswerte betrugen für Medikamente 89.7±21.5, Physiotherapie 88.7±21.9 und Schienen 76.0±29.8. Negative Reaktionen auf die Therapie wurden am häufigsten für Medikamente berichtet. Hier lag der Durchschnittswert bei 59.3±39.0 und damit deutlich unter den Werten für Physiotherapie 84.8±22.3 und Schienen 78.7±27.9. Bezüglichkeit des Therapienutzens schätzten die Eltern die Medikamente am besten ein (87.4±20.6), gefolgt von Physiotherapie (84.8±21.4) und Schienen (80.8±28.4).
Jede 4. Familie gab an, in den letzten 3 Monaten die Medikamentengabe mal vergessen zu haben. Jeweils 8% gaben zu, die Medikamente mal weggelassen zu haben als sich ihr Kind besser bzw. schlechter gefühlt hatte. Fast 40% berichteten über Probleme bei der Behandlung des Kindes. Bei jedem 4. Patienten standen Nebenwirkungen der Medikamente im Vordergrund.
Schlussfolgerungen: Anhand des PARQ lassen sich Therapieadhärenz sowie empfundener Nutzen und Probleme in der Behandlung aus Eltern- und Betroffenensicht eruieren. Inwiewiefern diese die Prognose der Patienten beeinflussen, wird anhand der ICON-Daten weiter untersucht.
ICON wird gefördert durch das Bundesforschungsministerium (FKZ:01ER0812)
-zusätzliche Abstract-Einreichung für das Investigator Meeting-
Hintergrund:
Bei Kindern ist der Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion aus bisher ungeklärten Gründen i.d.R. weniger schwerwiegend als beim Erwachsenen. Allerdings ist unbekannt, wie sich eine vorbestehende autoimmunologische bzw. -inflammatorische Vorerkrankungen sowie eine Immunsuppression auf den Phänotyp einer SARS-CoV-2-Infektion auswirkt. Hinzu kommt, dass seit Ende April 2020 bei Kindern aus mehreren Ländern ein inflammatorisches multisystemisches Syndrom in zeitlicher Assoziation mit einer SARS-CoV-2-Infektion (PIMS-TS) beschrieben wurde [1]. Eine vorläufige Definition fasst unter PIMS-TS Fälle mit anhaltendem Fieber, serologischen Entzündungszeichen (Neutrophilie, erhöhtes CRP, Lymphopenie) und Dysfunktion einzelner oder mehrerer Organe (Schock, kardiale, respiratorische, renale, gastrointestinale, neurologische Störung) zusammen. Das Syndrom ist durch eine Mischung von Symptomen des Kawasaki-Syndroms und toxischen Schocksyndroms geprägt. Andere infektiologische Ursachen müssen ausgeschlossen sein.
Außerdem besteht die Sorge, dass es aufgrund von COVID-19 und/oder Veränderungen in der medizinischen Versorgung während der COVID-19-Pandemie zu einer verstärkten Aktivität rheumatischer Erkrankungen, ggf. mit Langzeitfolgen, kommen kann.
Fragestellung:
Häufigkeit und Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern und Jugendlichen mit zugrundeliegender autoimmunologische bzw. -inflammatorische Vorerkrankungen sollen erfasst werden. Zudem werden die Konsequenzen einer SARS-CoV-2-Infektion auf die Aktivität der Grunderkrankung untersucht. Darüber hinaus werden die Häufigkeit und der Verlauf einer PIMS-TS unabhängig vom Vorliegen einer chronischen Erkrankung erfasst.
Material und Methoden:
Die Erfassung der Daten erfolgt mittels eines standardisierten Fragebogens als Zusatzmodul zur Kinder-Kerndokumentation. Zudem werden Daten des DGPI-Registers berücksichtigt, mit dem ein wöchentlicher Datenabgleich/-austausch erfolgt.
Ergebnisse:
Die ersten Ergebnisse dieser Datenerhebung werden auf dem Kongress präsentiert.
Schlussfolgerung:
Zur detaillierten Beschreibung der Auswirkung einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern und Jugendlichen mit autoimmunologischen- und autoinflammatorischen Erkrankungen ist die Erfassung einer hohen Patientenzahl mit der Möglichkeit eines (inter-)nationalen Datenaustauschs notwendig. Dies stellt eine Grundlage dar, um mittelfristig evidenz-basierte Empfehlungen für die Durchführung von Präventionsmaßnahmen sowie zum medizinischen Management formulieren zu können. Aufgrund der vermuteten geringen Prävalenz eines PIMS-TS ist zudem eine multizentrische Abfrage nötig, um ausreichende Daten zur Beschreibung des Krankheitsbildes sammeln zu können.
Introduction: Tolosa-Hunt syndrome (THS) is a condition characterized by ipsilateral headache, ophthalmoplegia and idiopathic granulomatous inflammation of the cavernous sinus and/or orbital apex, shown via MRI or biopsy. The incidence in adults is 1:1 000 000. In children, it occurs even less frequently. The pathomechanism is unknown. In most cases, THS responds well to treatment with steroids.
Case: We report the case of a 15-year-old girl with severe relapsing, steroid-refractory THS.
In March of 2018 the formally healthy child had an episode of severe headache of the left temple and ipsilateral palsy of the facial nerve. The episode resolved without intervention within three days. In retrospective, this can be seen as first episode of THS.
In October of 2019, the patient presented with similar headaches, facial nerve palsy plus a complete ophthalmoplegia and vomiting. All blood tests were normal and there were no abnormalities in the cerebrospinal fluid (CSF). The subsequently performed MRI showed a signal enhancement of the left cavernous sinus. A therapy with steroids was started and all symptoms resolved promptly.
The day after the discontinuation of steroids, headaches followed by ophthalmoplegia and facial palsy reoccurred. Thus, a new series of laboratory tests and imaging studies was preformed to confirm the diagnosis. Again, there were no abnormal findings in blood or CSF. The MRI still showed a hyperintensity of the cavernous sinus so that the diagnosis of THS was perpetuated.
A therapy with high dose IV steroids over three days, subsequent oral tapering and a monthly infusion of infliximab were started.
Symptoms resolved immediately under this regime, but a follow-up MRI after 6 weeks showed no significant change. When the patient tried to reduce steroids below 10mg/day, headaches reoccurred immediately, albeit not strictly unilateral anymore. Once the medication was increased back to 10mg/day, the symptoms promptly disappeared.
Conclusion: Our case of Tolosa-Hunt syndrome in a formally healthy 15-year-old girl is one of the most severe cases described in childhood. Relapses, the involvement of further cranial nerves and nausea have been observed before, but no pathomechanism explaining these symptoms has been established. Therefore it is especially important to reevaluate the diagnosis every time a relapse occurs or the responds to steroids is not satisfying. In our case, we were able to perform a number of tests to rule out other possible vascular, neoplastic, metabolic, and infectious causes.
Due to a risk assessment no biopsy was take so far in confirm formation and granulomata. Till now, no associated signs for other differential diagnosis were observed. In therapy-refractory and/or steroid dependent cases, other immunosuppressive agents can control the symptoms. For a more targeted therapy, further research to establish the cause of Tolosa-Hunt syndrome is needed.
Bei der pansklerotischen Morphea zeigen sich großflächige Sklerosierung sämtlicher Hautschichten und der Muskulatur, welche zu Verhärtung und Kontrakturen führt. Bei der eosinophile Fasziitis treten chronische Entzündungen der Cutis bis zur Faszie auf, die zur zunehmenden Hautinduration führen. Begleitend besteht eine Eosinophilie. Arthritiden wurden zusätzlich beschrieben. Klinische Überlappungen sind beschrieben.
Ein 3-jähriges Kind wurde aufgrund multipler Arthritiden mit Morgensteifigkeit vorgestellt. Es bestanden ausgeprägte subkutane Ödeme initial der Arme, Beine und des Gesichts, später auch des Stamms sowie eine symmetrische Polyarthritis großer Gelenke, daneben Fieberschübe, rezidivierende Bauchschmerzen, Diarrhoen und im Verlauf ein Alopezia areata. Initiale Laborbefunde zeigten eine ausgeprägte Eosinophilie (max. 30,7%, 5370/µl), erhöhte Inflammation (CRP 29mg/l, BSG 60mm/h), autoimmunhämolytische Anämie (Hb 9,6g/dl) mit positivem Coombs-Test, sowie eine massive Hypergammaglobulinämie (57g/l). Bei Durchfällen mit erhöhtem Calprotectin (2100 µg/g) erfolgte eine Gastro-Koloskopie bei der sich Ösophagitis, Typ-C-Antrum-Gastritis, Colitis mit geringgradiger Eosinophilie zeigten. Sonografisch bestand ein ausgeprägtes subkutanes Ödem, kernspintomografisch eine Fasziitis. Die Hautbiopsie zeigte eine entzündliche Dermatits sämtlicher Hautschichten und eine Fibrose in den Fettgewebssepten der Faszie. Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine massive generalisierte Fibrosierung der Haut. Somit lag ein Mischbild aus pansklerotischer Morphea und eosinophiler Fasziitis vor.
Klinisch trat außerdem eine zunehmende Lungenbeteiligung mit rezidivierenden, schweren Pneumonien in Erscheinung mit multiplen Bronchiektasen des linken Unterlappens und mehrerer Segmente rechtseitig. Weil bei der Mutter eine Polyarthritis, beim Vater eine Alopezia areata totalis und bei einem Onkel ein M. Crohn besteht ist eine genetische Assoziation anzunehmen. Immunologisch zeigte sich eine starke Typ-1- Interferon-Aktivierung. Genetische Defekte in Otulin/COPA/SAMD9L bestehen nicht. Ergebnisse einer whole-exome-Sequenzierung stehen aus.
Die immunsuppressive Behandlung erfolgte mit systemischen Kortiokosteroiden, aufgrund der Polyarthritis initial mit Methotrexat gefolgt vom TNF--Inhibitor Adalimumab. Eine zwischenzeitliche Stabilisierung, gelang durch IL-6 Inhibition mit Tocilizumab.
Diskussion
Das klinischen Bild ist charakterisiert durch eine mit systemischer Inflammation mit massiver Hypergammaglobulinämie, autoimmunhämolytischer Anämie, Polyarthritis, sklerodermiformen Hautmanifestation und einer Alopezia areata und geht damit deutlich über das der pansklerotischen Morphea bzw. der eosinophile Fasziitis hinaus. Zudem besteht eine vitla bedrohliche schwere Lungenbeteiligung.
Typ-1-Interferonopathien bilden eine heterogene Krankheitsgruppe, welche über eine chronische Aktivierung des Typ-1-Interferon-Weges zu Autoinflammation und Autoimmunität führen.
Background:
Juvenile systemic scleroderma (jSSc) is an orphan disease with a prevalence of 3 per 1 000 000 children. There are limited data regarding the clinical presentation of jSSc. The Juvenile Systemic Scleroderma Inception Cohort (JSSIC) is the largest multinational registry that prospectively collects information about jSSc patients.
Materials and methods:
Patients were included in the JSSIC if they fulfilled the adult ACR/EULAR classification criteria for systemic scleroderma, if they presented the first non-Raynaud symptom before 16 years of age and if they were younger than 18 years of age at time of inclusion. Patients’ characteristics at time of inclusion were evaluated.
Results:
Until 15th of December 2019 hundred fifty patients were included, 83% of them being Caucasian and 80% female. The majority had the diffuse subtype (72%) and 17% of all jSSc had overlap features. The mean age of first presentation of Raynaud´s phenomenon was 9.8 years in the diffuse subtype (djSSc) and 10.7 years in the limited subtype (ljSSc) (p=.197). The mean age at first non-Raynaud’s symptoms was 10.0 years in the djSSc and 11.2 years in the ljSSc (p=0.247). Mean disease duration at time of inclusion was 3.4 years in the djSSc and 2.4 years in the ljSSc group.
Significant differences were found between the groups regarding mean modified Rodnan skin score, 18.2 in the djSSc vs 6.2 in the ljSSc (p=0.02); presence of Gottron´s papulae (djSSc 30% vs ljSSc 13%, p=0.43);presence of teleangiectasia ( djSSc 42% vs 18% ljSS, p=0.01); history of ulceration (djSSc 42% vs 18% ljSSc,p=0.008); 6 Minute walk test below the 10th percentile ( djSSc 85% vs ljSSc 54%, p=0.044), total pulmonary involvement ( djSSc 49% vs ljSSc 31%, p=0.045), cardiac involvement (ljSSc 17% vs djSSc 3%, p=0.002). djSSc patients had significantly worse scores for Physician Global Assessment of disease activity compared to ljSSc patients (VAS 0-100) (40 vs 15) (p=0.001) and for Physician Global Assessment of disease damage (VAS 0-100) (36 vs 17) (p=0.001).
There were no statistically significant differences in the other presentations. Pulmonary hypertension occurred in approximately 6% in both groups. No systemic hypertension or renal crisis was reported. ANA positivity was 90% in both groups. Anti-Scl70 was positive in 35% in djSSc and 36% in the ljSSc group. Anticentromere positivity occurred in 3% in the djSSc and 7% in the ljSSc group.
Conclusions:
In this unique large cohort of jSSc patients there were significant differences between djSSc and ljSSc patients at time of inclusion into the cohort regarding skin, vascular, pulmonary and cardiac involvement. According to the physician global scores the djSSc patients had a significantly more severe disease. Interestingly the antibody profile was similar in both scleroderma phenotypes.
Supported by the "Joachim Herz Stiftung"
Introduction
Juvenile systemic sclerosis (jSSc) is an orphan disease with a prevalence in around 3 in a million children. Pulmonary involvement in jSSc occurs in approximately 40 % in the inception cohort. Traditionally in jSSc, pulmonary function testing (PFT) with FVC and DLCO are used for screening and computed tomography (HRCT) was more reserved for those with abnormal PFTs. More recently, it has become apparent that PFTs might not be sensitive enough for detecting ILD in children.
Material and Methods
The international juvenile systemic scleroderma cohort (JSScC) database was queried for available patients with recorded PFT parameters and HRCT performed to determine sensitivity of PFTs detecting disease process.
Results
Of 129 patients in the jSScC, 67 patients had both CT imaging and an FVC reading from PFTs for direct comparison. DLCO readings were also captured but not in as many patients with tandem HRCT (n =55 DCLO and HRCT scan). Therefore, initial analyses focused on the sensitivity, specificity and accuracy of the FVC value from the PFTs to capture the diagnosis of interstitial lung disease as determined by HRCT.
Overall, 49% of the patients had ILD determined by HRCT, with 60% of patients having normal FVC (>80%) with positive HRCT findings, and 24% of patients having normal DLCO (> 80%) with positive HRCT findings. Fourteen percent (n = 3/21) of patients with both FVC and DLCO values within the normal range had a positive HRCT finding.
Conclusion
The sensitivity of the FVC in the JSScC cohort in detecting ILD was only 39%. Relying on PFTs alone for screening for ILD in juvenile systemic sclerosis would have missed the detection of ILD in almost 2/3 of the sample cohort, supporting the use of HRCT for detection of ILD in children with SSc. In addition, the cut off utilized, of less than 80% of predicted FVC or DLCO could be too low for pediatric patients to exclude beginning ILD. This pilot data needs confirmation in a larger patient population.
Supported by the "Joachim Herz Stiftung"
Background
Juvenile systemic scleroderma (jSSc) is an orphan disease with a prevalence of 3 in 1 000 000 children. Longitudinal prospective follow up data of patients with jSSc is rare. In the international juvenile systemic scleroderma cohort (JSScC) patients are followed with a standardized assessment prospectively.
Methods
Patients diagnosed according the ACR 2013 criteria for systemic sclerosis were included, if they developed the first non-Raynaud symptom before the age of 16 and were under the age of 18 at the time of inclusion. Patients were followed prospectively every 6 months with a standardized assessment.
Results
39 patients in the JSScC had 36 months follow up. 80% had a diffuse subtype. 95% of the patients were Caucasian origin and 80% female. Mean disease duration at time of inclusion was 3.5 years. Mean age onset of Raynaud’s was 8.8 years and mean age of onset at the first non-Raynaud´s was 9.5 years. The MRSS dropped from the time point of the inclusion into the cohort from 13.9 to 11.8 after 36 months. Pattern of organ involvement did not show any significant change, beside the increase of the nailfold capillary changes from 49% to 73% (p=0.037). No renal crisis occurred. No mortality was observed.
They were positive significant changes in the patient related outcomes assessed on a VAS scale of 0 to 100. The physician global disease activity decreased from 40.0 to 22.1 (p < 0.001).
Patients global disease activity decreased from 43.3 to 20.4 and patients global disease damage from 45.0 to 21.7 (p < 0.001).
Conclusion
After 36 months follow up, we could observe a significant improvement of patient related outcomes and only one significant change in organ pattern involvement. In a mostly diffuse subset patient population this is a very promising result regarding outcome.
Supported by the "Joachim Herz Stiftung"
Background:
The Composite Response Index in Systemic Sclerosis (CRISS) was developed by Dinesh Khanna as a response measure in patients with adult systemic sclerosis. CRISS aims to capture the complexity of systemic sclerosis and to provide a sensitive measure for change in disease activity. The CRISS score is based on a two-step approach. First, significant disease worsening or new-onset organ damage is defined as non-responsiveness. In patients who did not fulfill the criteria of part one, a probability of improvement is calculated for each patient based the Rodnan Skin Score (mRSS), percent predicted forced vital capacity (FVC%), patient and physician global assessments (PGA), and the Health Assessment Questionnaire Disability Index (HAQ-DI). A probability of 0.6 or higher indicates improvement. The objective of this study was to validate the CRISS in a prospectively followed cohort of patients with juvenile systemic sclerosis (jSSc).
Methods:
Data from the prospective international inception cohort for jSSc was used to validate the CRISS. Patients with an available 12-months follow-up were included in the analyses. Clinically improvement was defined by the anchor question about improvement (much better or little better versus almost the same, little worse or much worse) in patients overall health due to scleroderma since the last visit provided by the treating physician.
Results:
Forty seven jSSc patients were included in the analysis. 74.2% had diffuse subtype. The physician rated the disease as improved in 34 patients (72.3%) since the last visit. No patient had a renal crisis or new onset of left ventricular failure during the 12-months follow-up. Three patients (3.4%) each had a new onset or worsening of lung fibrosis and new onset of pulmonary arterial hypertension. In total, 6 patients resulted in a rating of not improved based on the CRISS in part I. The mRSSS, FVC%, CHAQ and PGA significantly improved during the 12-months follow-up in patients who were rated as improved. The predicted probability based on the CRISS algorithm resulted in an area under curve of 0.77 predicting the anchor question of improvement. In summary, 33 (70.0%) patients were correctly classified by the adult CRISS score resulting in an overall area under curve of 0.7.
Conclusion:
The CRISS score was evaluated in a pediatric jSSc cohort for the first time. It showed a good performance. However, it seems that the formula of part II of the CRISS score needs a calibration to pediatric jSSc patients.
Polyarteritis nodosa im Kindesalter –
mit der konventionellen selektiven Angiografie zur Diagnose
Einführung
Zur Diagnosestellung der Polyarteriitis nodosa (PAN) ist entweder der histopathologische oder der Bildgebungsnachweis der Vaskulitis notwendig. In dem von uns vorgestellten Fall konnte weder mit der Histologie noch mit der Angio-MRT die Diagnose gesichert werden, sondern erst mit der konventionellen selektiven Angiografie.
Fallbericht
Wir berichten über ein 10 jähriges türkischstämmiges Mädchen mit Fieber seit 14 Tagen, ausgeprägten Myalgien und kutanen Effloreszenzen. Der Allgemeinzustand war massiv beeinträchtigt, das Mädchen konnte sich nicht ohne fremde Hilfe im Bett umdrehen. Das CRP betrug 24 mg/dl, die BSG 100 /1. h, es bestand eine Mikrohämaturie, der RR war intermittierend über der 95 Perzentile. Das MRT zeigte ausgeprägte Signalanhebungen im Bereich der Muskulatur. Unter der Verdachtsdiagnose einer PAN wurde eine tiefe Muskelbiopsie durchgeführt. Im Biopsat waren allerdings keine Arterien nachweisbar. Die nachfolgend durchgeführte Angiografie-MRT war unauffällig. Erst durch die konventionelle selektive Angiografie der Viszeralgefäße konnte die Diagnose durch den Nachweis von multiplen Aneurysmen gesichert werden.
Diskussion
Die Diagnosesicherung bei der PAN ist nur möglich wenn die beiden obligaten Kriterien erfüllt sind. Eine definitive Bestätigung der Diagnose ist wichtig, da die Erkrankung mit Komplikationen behaftet sein kann und eine intensive und aggressive Therapie zur Folge hat. In dem geschilderten Fall ließ sich der hochgradige klinische Verdacht weder histopathologisch noch durch die Angio-MRT bestätigen. Erst mit der konventionellen selektiven Angiografie konnte der Nachweis erbracht werden. Dieses Verfahren hat den Vorteil einer guten Detaildarstellung kleiner Aneurysmen und ist der MRT und –wenngleich weniger- der CT Angiografie in der Auflösung überlegen. Dabei ist zu beachten, dass alle intraabdominellen Gefäße (Truncus zöliakus, Art. renalis, mesenterica, hepatis) einschließlich ihrer peripheren Äste untersucht werden. In einem frühen Stadium der Erkrankung oder unter Therapie kann es allerdings sein, dass Aneursymen bildgebend nicht nachweisbar sind. Die konventionelle selektive Angiografie kann -als invasives Verfahren- allerdings auch mit Komplikationen behaftet sein und sollte deshalb nur von erfahrenen Untersuchern durchgeführt werden. Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass primär eine MRT- basierte gezielte tiefe Biopsie erfolgt. Diese sollte eine Größe von mindestens 2,5 x 0,5 cm messen um möglichst arterielle Gefäße mit zu erfassen. Bei negativer Biopsie kann dann eine CT oder konventionelle Angiografie angeschlossen werden.
Konklusion
Zur Diagnosesicherung einer PAN sollten sämtliche diagnostischen Möglichkeiten -inklusive der konventionellen selektiven Angiografie - konsequent ausgeschöpft werden. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen zu empfehlen.
Hintergrund:
Die Adenosin Desaminase 2 Defizienz (DADA2) ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung mit variablem Phänotyp. Zu den klinischen Erscheinungsformen gehören eine generalisierte Vaskulitis, rezidivierende Schlaganfälle und eine Störung der Hämatopoese. Ursächlich sind Mutationen im CECR1 Gen die zu einer verminderten ADA2-Aktivität führen.
Fragestellung:
Bis heute sind mehr als 60 Mutationen im CECR1 bekannt, wobei erste Korrelationen von Genotyp und Phänotyp beschrieben sind. Wir stellen drei Familien mit verschiedenen CECR1-Genmutationen und Verlaufsformen vor.
Material und Methoden:
Klinische und laborchemische Befunde, bildgebende Diagnostik, die Behandlungsstrategien und der Verlauf wurden den Krankenakten entnommen.
Ergebnisse:
Patientin 1 (10-jähriges Mädchen marokkanischer Abstammung) stellte sich mit fünf mesencephalen ischämischen Schlaganfällen innerhalb von fünf Monaten vor. Klinisch standen Hirnnervenparesen (CN III), Koordinationsstörungen sowie eine Beeinträchtigung der Konzentrations- und Merkfähigkeit im Vordergrund. Die genetische Analyse ergab eine compound-heterozygote Mutation im CECR1-Gen mit Beteiligung von Intron 5 (c.753+7C>T), Exon 11 (Y453C) und Exon 9 (V325Tfs*7). Die ADA2-Aktivität war nicht nachweisbar (0 mU/mL). Seit Einleitung der TNF-blockierenden Therapie mit Etanercept sind keine weiteren ischämischen Ereignisse aufgetreten.
Patient 2 (9 Jahre alter Junge marokkanischer Abstammung) präsentierte sich mit dem klassischen Bild einer Polyarteriitis nodosa. Er zeigte eine Hautbeteiligung (Livedo reticularis und subkutane Knoten), Fieber, Myalgien, Neuropathie und Hypertonus. Histopathologisch und MRT-angiographisch wurde die Diagnose einer Vaskulitis bestätigt und im CECR1 Gen eine homozygote Mutation in Exon 11 (Y453C) nachgewiesen. Die ADA2-Aktivität war nicht nachweisbar (0 mU/mL). Unter einer Therapie mit Etanercept konnte eine klinische Remission erreicht werden.
Patientin 3 (1-jähriges Mädchen kaukasischer Abstammung) zeigte das klinische Bild einer transfusionspflichtigen „pure red cell aplasia (PRCA)“. Im CECR1 Gen wurde eine compound heterozygote Mutation in Exon 3 (R169Q) und Exon 6 (R306*) nachgewiesen. Die ADA 2 Aktivität war deutlich vermindert (0,2 mU/mL). Therapeutisch zeigte sich kein Ansprechen auf die Therapie mit Etanercept, sodass diese im Verlauf beendet wurde.
Schlussfolgerung
Alle drei klassischen Manifestationsformen des DADA2-Spektrums werden vorgestellt. Interessanterweise zeigen sich bei gleicher Mutation unterschiedliche Phänotypen innerhalb einer Familie. Weiterhin haben wir eine neue Mutation im CECR1-Gen identifiziert. TNF-alpha blockierende Medikamente können den Krankheitsverlauf bei vaskulitischer Verlaufsform (Schlaganfall und Polyarteriitis nodosa) zum Stillstand bringen. Bei hämatologischer Beteiligung zeigt sich kein Ansprechen, so dass eine Stammzelltransplantation bisher die einzige therapeutische Option darstellt.
Hintergrund:
Die Polyarteriitis nodosa (PAN) ist eine seltene systemische Vaskulitis der mittleren und kleinen Gefäße.
Material und Methoden:
Wir stellen eine 13 jährige Patientin vor, die in unsere Klinik eingewiesen wurde mit dem Verdacht auf ein Erythema Nodosum. Sie hatte seit 4 Wochen schmerzhafte subkutane Knötchen, vor allem an den unteren Extremitäten und im Gesicht. Makroskopisch waren zentrale nekrotisierende Hauteffloreszenzen zu sehen. Im Verlauf entwickelte die Patientin eine Arthritis der beiden Knie- sowie Sprunggelenke. Die ausführliche serologische Diagnostik (inklusive Hepatitis Serologie und Anti-Streptolysin Titer) zeigte sich unauffällig bis auf eine leichte Erhöhung des CRP und der BSG. Die Patientin klagte ebenfalls über Bauchschmerzen und blutige Stühle. Calprotectin im Stuhl zeigte sich massiv erhöht. In der Gastro- Koloskopie war eine kleine Mariske und eine minimale Entzündung an der Ileozökalklappe zu sehen, jedoch keinen Hinweis auf Vaskulitis oder chronische Darmerkrankung. In der Hautbiopsie zeigte sich eine leukozytoklastische Vaskulitis der kleinen Arterien als Hinweis auf eine cPAN. Daraufhin erfolgte eine Initialtherapie mit Methylprednisolonpulsen gefolgt von oralem Prednisolon. Darunter zeigte sich ein sehr gutes Ansprechen. Die Medikation konnte inzwischen bei voller Remission abgesetzt werden. Eine MR-Angiographie wurde von der Familie abgelehnt.
Diskussion:
Die PAN wird klassifiziert in eine kutane PAN (cPAN) wenn ausschließliche Hautmanifestationen vorliegen. Eine systemische PAN ist bei Mitbeteiligung innerer Organe zu diagnostizieren. Ein Übergang der kutanen in die systemische PAN ist jedoch beschrieben. Bei unserer Patientin waren primär die Haut und die Gelenke betroffen. Die inneren Organe waren zum Zeitpunkt der Diagnosestellung unauffällig. Jedoch könnten sich die vorhandenen gastrointestinalen Beschwerden im weiteren Verlauf im Sinne einer systemischen PAN weiterentwickeln. Eine angiografische Diagnostik lehnte die Familie bei gutem Allgemeinzustand unter Therapie zunächst ab. Man wird den weiteren Verlauf unter Monitoring sämtlicher Organsysteme verfolgen müssen um rechtzeitig einen Übergang in eine systemische PAN erfassen zu können.
Schlussfolgerung:
cPAN ist eine seltene Erkrankung und muss bei Patienten mit nekrotisierenden Knötchen der Haut als Verdachtsdiagnose in Betracht gezogen werden. Ein Übergang der kutanen in die systemische Form sollte jedoch immer bedacht werden.
Kawasaki disease (KD) is one of the most common medium-sized vasculitides in children with still unknown etiology, often presenting with signs of severe systemic inflammation. The diagnosis and treatment of KD remains a challenge especially for IVIg-resistant clinical courses. Due to frequent coronary artery (CA) involvement, KD is the main cause for acquired heart disease in childhood in developed countries. We report a child successfully treated with IL-1 receptor antagonist anakinra after a complicated clinical course.
A 2½-year-old boy was admitted with complete KD-symptoms such as mucocutaneous inflammation and persisting fever for over five days. The initial workup revealed highly elevated inflammatory values for CRP and BSR with thrombocytosis and leukocytosis. The initial echocardiography revealed CA dilatation in the upper norm. Treatment with IVIg 2g/kg combined with acetylsalicylic acid (ASA) 80mg/kg/day was started. In view of persisting fever with increase of CA dilatation after 36h, a second dose of IVIg 2g/kg was administered. The echocardiographic follow-up revealed CA aneurysms (CAA) with maximum z-score of 4.6. With resolution of fever and clinical improvement, the child was discharged after 8 days of hospitalization. He was re-admitted one day later in reduced condition, subfebrile with recurrence of bilateral conjunctivitis. Inflammatory values increased and high dose methylprednisolone 20mg/kg/dose was given over 3 days. Echocardiography showed an increasing CAA with maximum z-score 6.9. With resolution of fever and decreasing inflammatory values, the patient was discharged in good general condition with ASA 5mg/kg/day. He was re-admitted the following day for reappearance of fever and increased inflammatory values. IL1-receptor antagonist anakinra at a dose of 1.7mg/kg s.c. every 12h was started together with ASA 80mg/kg/d. Fever resolved the next day, echocardiography showed a decrease in CA hyperechogenicity but a giant aneurysm of LAD (z-score>10). Inflammatory values normalized within 25 days. Anakinra was changed to 3.5 mg/kg/d. Cardio-CT showed no further distal CAA but confirmed the giant CAA. An oral anticoagulant treatment with phenprocoumon was started. The boy was discharged 35d after the first admission. He stayed afebrile with normal systemic inflammatory markers, while the dimension of CAA remained stable. Depending on clinical course, anakinra will be tapered and eventually stopped 6 to 8 weeks later. As this KD course occurred during the SARS-CoV-2 pandemic, SARS-CoV-2 nasopharyngeal swabs, IgG- and IgA-antibody-tests were done with negative results.
In this complicated course of KD resistant to two-dose IVIg and methylprednisolone and development of giant CAA, the IL1-receptor antagonist anakinra achieved complete resolution of systemic and CA inflammatory activity. Anakinra represents an option in IVIg-resistant KD cases, but with still low level of evidence as yet not randomized trials are available.
Hintergrund. Die autoinflammatorische Knochenerkrankung chronisch nicht-bakterielle Osteomyelitis (CNO) umfasst ein breites klinisches Spektrum von selbst-limitierenden monophasischen Verläufen bis hin zur chronisch aktiven oder rekurrierenden multifokalen Osteomyelitis (CRMO). Die Therapie der CNO ist empirisch und beinhaltet Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR), TNF Inhibitoren und/oder Bisphosphonate. Untersuchungen zum Therapieansprechen beschränken sich auf relativ kleine, meist retrospektive Fallsammlungen.
Studiendesign. Anhand einer internationalen, multizentrischen retrospektiven Datenerhebung in Tertiärzentren in Liverpool, Glasgow, Edinburgh, Ayshire, Dundee (Großbritannien) und Dresden (Deutschland) wurde die Krankheitsaktivität unter Therapie mit Bisphosphanaten und TNF-Inhibitoren nach 0, 3, 6, 12 und 24 Monaten untersucht.
Ergebnisse. 55 Kinder und Jugendliche mit CNO/CRMO und fehlendem Ansprechen auf NSAR erhielten Bisphosphanate (n=37; Pamidronat) oder TNF-Inhibitoren (n=12; Etanercept/Adalimumab/Infliximab). 6 Patienten wurden sequentiell zunächst mit TNF-Inhibitoren gefolgt von Pamidronat behandelt. Bei Diagnosestellung lag das Durchschnittsalter bei 10.4±2.6 Jahren (ohne Unterschied zwischen den Untergruppen) und die Anzahl der radiologischen Knochenläsionen bei 3.6±3.3 (im Gesamtverlauf 6.4±4.2; initial multifokaler Befall in 74.5%). Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 4.33±3.11 Jahre. Die Mehrzahl der Patienten erhielt zur Diagnosesicherung eine Knochenbiopsie [28/55(51%)], Ganzkörper-MRT [42/55(76%)] oder Knochenszintigraphie [13/55(24%)]. Patienten in der Pamidronat-Behandlungsgruppe hatten im Vergleich zur anti-TNF-Gruppe etwas häufiger Wirbelkörperfrakturen [7(18%) vs 1(8%), p=0.423] bei geringerer systemischer Entzündungsaktivität [ BSG 24.3±20.6 mm vs 43.1±25.1 mm, p=0.031]. Nach 12 Monaten (n=36) unter Therapie mit Pamidronat zeigte sich ein gutes klinisches Ansprechen mit kompletter Remission in 69% (p<0.001). Auch anti-TNF-Inhibitoren (n=10) stellen eine effektive Therapie bei CNO/CRMO dar; nach 12 Monaten lag bei 91% eine komplette klinische Remission vor (p<0.005), wobei 3 Patienten unter Etanercept eine deutliche MR-tomographische Verschlechterung zeigten und auf Pamidronat umgestellt wurden.
Schlussfolgerung. In einer internationalen multizentrischen Kohorte scheinen Pamidronat und TNF-Inhibitoren für CNO Patienten mit andererseits therapierefraktären Verläufen eine effektive Therapie darzustellen. Prospektive Verlaufsbeobachtungen und randomisierte klinische Studien in multizentrischen Kohorten sind notwendig, um evidenzbasierte Therapieempfehlungen zur CNO aussprechen zu können.
T cells are confronted with oxidative stress in several diseases of chronic inflammation and autoimmunity and presumably also in Juvenile Idiopathic Arthritis (JIA), the most common rheumatic disease in children. Increased amounts of oxidized products as well as deficits in the antioxidant machinery have been described in JIA patients. Additionally, it is known that reactive oxygen species critically contribute to cartilage destruction in rheumatoid arthritis. Forkhead box P3 (Foxp3)-positive regulatory T cells (Tregs), which are essential in the suppression of exaggerated immune responses against self- or harmless antigens and are critically involved in immune homeostasis, seem unable to suppress the overactivated T cells in the affected joints of JIA patients. Currently, it is unclear, how oxidative stress and particularly Nrf2 signaling modulate Foxp3+ T cells under homeostatic conditions and inflammatory autoimmunity. Here we report an unexpected but important role of Nrf2 in murine Tregs. Nrf2 expression driven by Foxp3 regulatory region resulted in an autoinflammatory phenotype with enhanced effector T cell activation and immune cell infiltrates in the lung. Bone marrow chimeras revealed that Nrf2 activation intrinsically in Tregs leads to a loss of Treg cells and peripheral tolerance. Moreover, Nrf2 activation downregulated Foxp3 expression, but enhanced their glucose uptake and mTOR activity, thus mimicking a metabolic phenotype that is associated with impaired lineage stability and cell functioning. We hereby demonstrate for the first time the deleterious consequences of Foxp3 specific activation Nrf2 activation.
Zielsetzung:
Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist die häufigste chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Bei vielen Patienten bedarf es im Krankheitsverlauf einer Therapie mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD), um Folgeschäden und einen dauerhaften Funktionsverlust zu vermeiden. Biologische DMARD (bDMARD) bieten heutzutage eine breit akzeptierte Option für die Behandlung der JIA mit schweren Krankheitsverläufen. Das Ziel dieser Untersuchung war, die Therapiekontinuität von Etanercept (ETA) zu analysieren. Weiterhin wurde das Risiko für das Wiederauftreten einer aktiven Erkrankung nach Absetzen von ETA auf Grund einer inaktiven Erkrankung analysiert.
Materialien und Methoden:
Die Daten der zwei multizentrischen Kohortenstudien BiKeR und JuMBO wurden für die Analyse herangezogen. JuMBO ist das Follow-up Register von BiKeR und beobachtet die in BiKeR eingeschlossenen Kinder und Jugendlichen mit JIA im Erwachsenenalter weiter. Klinische Parameter werden vom Rheumatologen halbjährlich dokumentiert, sowie vom Patienten berichtete Parameter.
Ergebnisse:
Die Analyse beruhte auf Daten von 1.779 JIA Patienten, die jemals mit ETA behandelt wurden und zum Zeitpunkt der Analyse das 18. Lebensjahr in BiKeR erreicht hatten. Im Mittel wurden diese 8,6 Jahre beobachtet. Die Mehrheit der Patienten wies eine Polyarthritis (35%) auf. ETA wurde bei 710 (41,2%) Patienten wegen Ineffektivität abgebrochen (first-line), ähnliche Raten konnten für den zweiten und dritten Zyklus beobachtet werden. 332 Patienten (19,3%) erreichten eine inaktive Erkrankung und konnten die Therapie beenden. Im weiteren Beobachtungszeitraum (im Mittel 3,9 Jahre) benötigten 129 (38,9%) dieser Patienten keine weitere Behandlung mit einem bDMARD, hingegen wurde für 169 (50,9%) Patienten eine Wiederbehandlung mit ETA notwendig. Die Wahrscheinlichkeit für das Absetzen von ETA auf Grund einer inaktiven Erkrankung war signifikant mit einem jüngeren Alter bei Therapiebeginn (Hazard Ratio (HR) 1,1), dem Vorliegen einer persistierenden Oligoarthritis (HR 1,9), einer kürzeren Dauer zwischen JIA Beginn und ETA Therapiebeginn (HR 1,1) sowie einem guten Ansprechen auf die Therapie innerhalb der ersten sechs Behandlungsmonate (HR 1,1) assoziiert. Zum Zeitpunkt des Absetzens von ETA wurden 209 (von 332) mit einer ETA Monotherapie behandelt. Bei drei von vier dieser Patienten (161, 77%) kam es im Mittel nach 12,1 Monaten zum Wiederauftreten einer aktiven Erkrankung. Wir konnten keine Korrelate für das Risiko des Wiederauftretens einer aktiven Erkrankung identifizieren.
Zusammenfassung:
Unsere Analyse zeigt die gute Wirksamkeit von ETA bei der Behandlung der JIA. Die Daten bestätigen außerdem den Zusammenhang zwischen einer frühen Behandlung der JIA mit einem bDMARD und der damit einhergehend höheren Rate des Erreichens einer Remission.
Objective
The objective of this investigation was to collect data of clinical and diagnostic features of patients with CNO during the first year of disease course.
Methods
Patients with diagnosis of CNO, disease duration < 13 months and a first registration into the National Pediatric Rheumatologic Database (NPRD) between 2009 and 2018 were included in this cross-sectional analysis. The data analyzed, included age, gender and routine laboratory parameters. Skin involvement as well as clinical and radiological data was documented in addition to therapeutics applied. Well-being and pain were assessed via numerical rating scales (NRS) and the functional ability by the C-HAQ.
Results
Of 774 documented patients, 62.8 % are female with a median age of 11 years. Symptoms at first visit included fever (>38°C) in 77/593 patients (13.0 %) and CRP > 1 mg/dl in 107/593 patients (18.0 %). HLA-B27 was positive in 48 patients (7.4 %), while the mean ESR was 12 mm/h. 14.8 % of the patients showed skin involvement, most of them psoriasiform. In 406 cases, X-ray was performed at the first visit, showing osteosclerosis/ -lysis in 34 % and hyperostosis in 14.5 % of the cases. MRI scan was performed in 648 cases, and 81.5 % showed a positive T2 signal. In 589 patients, clinical active lesions were documented, most frequently affected sites were tibia (29,7 %), pelvis (28,0 %) and femur (27,8 %). The spine was affected in 96 individuals (16.3 %). In most patients, radiologically active lesions corresponded to the clinical sites. Therapeutically, 78.2 % of the patients received non-steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs), 6.2 % glucocorticoid treatment, 10.8 % of the patients (71/657) obtained disease modifying anti-rheumatic drugs (DMARDs) (methotrexate 4.4 %, sulfasalazine 3.7 %, etanercept 1.4 %) and 5.2 % bisphosphonates at the time of documentation. The evaluation of the patient`s questionnaire showed pain VAS (0-10) of 2.0, C-HAQ (range 0-3) of 0.13 and overall well-being (NRS 0-10) of 2.0.
Conclusion
To our knowledge, the NPRD cohort presents the largest cohort of children suffering from CNO. Clinical and diagnostic parameters of these patients at disease-onset and in the first year of disease course were analyzed. At initial presentation one third of the patients presented with clinical symptoms (fever, local redness and/or elevated inflammatory markers (CRP, ESR)). Conventional X-ray scans did not show any changes in almost 50 %, but more than 80% showed positive T2-signaling in the MRI. Most patients were treated with NSAIDs, only a small group received additional therapies like conventional or biological DMARDs, steroids or bisphosphonates.
In contrast to adult SAPHO patients during the first year of treatment, pediatric patients did not present with diagnostic criteria consistent with enthesitis-related arthritis (ERA). Evaluating the patients’ questionnaires concerning QoL, no strong impairment due to CNO could be shown.
Einleitung
Die Pharmakotherapie der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) mit Biologika ist gekennzeichnet durch eine oft hohe Effizienz bei vergleichsweise guter Sicherheit. Mit großen Fallzahlen des BIKER-Registers können auch seltene Ereignisse sowie Risiko- und Einflussfaktoren untersucht werden.
Methodik
In der BIKER-Datenbank wurden unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse (AESIs) unter Biologika-Therapie identifiziert. Als Kontrolle stand eine Kohorte Biologika-naiver, mit Methotrexat (MTX) behandelter JIA-Patienten zur Verfügung. Der Einfluss von biographischen Faktoren, Komorbiditäten, Vor- und Begleittherapie sowie der Krankheitsaktivität wurde zunächst univariat, dann multivariat analysiert.
Ergebnisse
Es wurden 2856 Patienten mit nicht-systemischer JIA eingeschlossen. Diese erhielten insgesamt 3778 Therapien mit einem Biologikum. Die analysierten Therapien waren Etanercept (1816), Adalimumab (633), Tocilizumab (178), Abatacept (74) Golimumab (60), Infliximab (47) sowie MTX (970) in der Kontrollgruppe. Die Häufigkeiten der AESIs in der Biologikakohorte waren: Ernsthafte Infektion n=106, Uveitis n=100, Zytopenien n=31, chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED) n=18, Anaphylaxie n=14, erstmalige Psoriasis n=12.
Ergebnisse der multivariaten Analyse: Assoziation zu ernsthaften Infektionen: Gastrointestinale Komorbidität (OR 3; 95% KI 1,2-11), JADAS10 bei Baseline*(OR 1,2; 1,1-1,4), Alter bei Baseline# (OR 0,6; 0,5-0,8), ANA-Positivität (OR 0,6; 0,4-0,8), Therapie mit Adalimumab (OR 3; 1,4-5), Etanercept (OR 2; 1,3-4) oder Golimumab (OR 5; 2-15). Assoziation zu Uveitis für: Komorbidität Auge (OR 5; 3-7), Alter bei Erkrankungsbeginn# (OR 0,6; 0,4-0,8), Vormedikation Etanercept (OR 0,3; 0,1-0,7), Anzahl aktiver Gelenke$ (OR 0,8; 0,6-0,9), BSG§ (OR 1,2; 1,1-1,3). Assoziation zu Zytopenien für: Vormedikation Steroide (OR 3; 1,3-8), endokrine Vorerkrankung (OR 5; 2-134), Therapie mit Tocilizumab (OR 4; 2-9). Assoziation zu CED für: Gastrointestinale Komorbidität (OR 9; 2-48), kardiale Komorbidität (OR 6; 1,1-37), Therapie mit Etanercept (OR 8; 2-32) oder Infliximab (OR 21; 2-240). Assoziation zu Anaphylaxie für: Komorbidität Atemwege (OR 7; 1,4-38); Alter bei Therapiestart (OR 0,5; 0,3-0,9), Therapie mit Infliximab (OR 58; 15-221) oder Tocilizumab (OR 6; 1,2-30). Assoziation zu Psoriasis für: Psoriasiarthritis (OR 6; 2-20), Vormedikation Abatacept (OR 9; 2-51), Therapie mit Adalimumab (OR 9; 2-26).
Diskussion
Verschiedene AESI sind mit bestimmten Vorbedingungen, der Krankheitsaktivität und dem gewählten Biologikum assoziiert. Die Kenntnis der Einflussfaktoren ermöglicht eine individuelle Risikoeinschätzung und kann die Auswahl des Biologikums beeinflussen mit dem Ziel der größten möglichen Sicherheit in der Arzneimitteltherapie.
*pro Punkt; #pro 5 Jahre; $pro Gelenk; § pro 10 mm
Background: T lymphocytes accumulate in inflamed tissues of patients with juvenile idiopathic arthritis (JIA) and they can express pro-inflammatory cytokines upon re-stimulation in vitro. This and a significant genetic linkage of JIA to MHC genes suggest that T lymphocytes play an important role in the pathogenesis of this disease. But their role in established disease is less clear.
Objectives: We aimed to define the transcriptional and clonal identity of autoreactive memory T cells in patients with JIA.
Methods: We isolated paired samples of antigen-experienced conventional CD4+CD45RO+CD25lo T helper memory cells (Tcons), regulatory CD4+CD45RO+CD127loCD25hi T memory cells (Tregs) and cytotoxic CD8+CD45RO+ T memory cells (CTLs) by flow cytometry from the synovial fluid (SF) and the blood of seven patients with JIA. Subsequently, we performed single-cell sequencing combined with T cell receptor (TCR) sequencing on 74.891 cells to dissect their cell heterogeneity due to their transcriptional profiles and clonal repertoire. We then performed shared nearest neighbor-clustering using dimensional reduction analysis by t-distributed stochastic neighbor embedding (t-SNE).
Results: Our data reveal transcriptional heterogeneity among the different subsets of T memory cells both in peripheral blood as well as in cells derived from inflammatory tissues. TCR sequencing and gene expression of TCR signaling-induced genes enabled us to distinguish autoreactive from bystander memory T cells. Gene expression profiles of expanded recently activated clonotypes showed elevated expression of PDCD1 (encoding for PD-1) compared to non-enriched bystander T helper memory cells from the inflamed tissue. A PD-1+TOX+EOMES+ population of CD4+ T lymphocytes expressed immune regulatory genes and genes attracting myeloid cells. A PD-1+TOX+BHLHE40+ population of CD4+, and a mirror population of CD8+ T lymphocytes expressed genes driving inflammation as well as genes supporting B lymphocyte activation. This dichotomy among PDCD1-expressing cells represents a general, lineage-transcending signature of memory T lymphocytes in chronic inflammation, since both CD4+ and CD8+ T memory cells possess analogous populations. Finally, we identified autoreactive T lymphocyte clones and transcriptional signatures of recirculating SF-derived cells in the blood of JIA patients.
Conclusion: Taken together, these results might offer a basis for developing diagnostic and therapeutic strategies for patients with JIA i), by developing biomarkers on the basis of recirculating autoreactive memory T cells and ii), by treating patients with agents to selectively deplete memory T cells driving pathology in chronic inflammation.
Hintergrund:
Das juvenile Sjögren-Syndrom (jSS) in seiner primären (pjSS) und sekundären (sjSS) Form, letztere z.B. im Rahmen einer „Mixed connective tissue disease“ (MCTD) sind seltene Erkrankungsbilder mit Symptomen, die mit anderen rheumatologischen Erkrankungen überlappen. Für Kinder und Jugendliche existieren weder validierte eigene Klassifikationskriterien noch Daten zur Klinik und Verlauf in größeren Kohorten. Eigene Voruntersuchungen zeigten den Wert eines Monitorings des Speicheldrüsenbefalls mittels Ultraschall.
Fragestellung:
Eignung diagnostischer und Verlaufsbeurteilungskriterien bei Patienten mit pjSS und sjSS.
Methodik:
Longitudinale single-Center Kohortenbeobachtung. Eingeschlossen wurden Patienten, mit Neudiagnose eines jSS zwischen 06/2016 und 06/2019 und jeweils Daten zu Klinik, inklusive einer Speicheldrüsensonographie, sowie Labordaten zu mindestens drei Zeitpunkten. Als Diagnosekriterien dienten die provisorischen Kriterien für das jSS, sowie die Kriterien nach Alarcon-Segovia und Kasukawa bei MCTD. Als Verlaufsparameter wurden der European Sjögren Syndrome disease activity index (ESSDAI) und die sonografischen Kriterien nach Hocevar benutzt.
Ergebnisse:
Neun Patientinnen (5 pjSS und 4 MCTD mit sjSS) erfüllten die Einschlusskriterien. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung betrug 14,78 Jahre (Min 9,93; Max 17,83). Insgesamt wurden 16,15 Beobachtungsjahre ausgewertet. Patientinnen mit pjSS erfüllten im Schnitt 5,67, die mit sjSS 5,75 der provisorischen Diagnosekriterien für das jSS; die MCTD Patientinnen waren in 3,75 der 6 Kriterien nach Alarcon-Segovia bzw. 4,0 von 6 nach Kasukawa positiv. Die Beurteilung des Speicheldrüsenultraschalls zeigte in beiden Gruppen ähnliche morphologische Muster und Scores (MW; Min; Max pjSS: 18,4; 6,0; 34,0 vs. sjSS: 17,2; 4,0; 30,0). Im ESSDAI zeigten MCTD-Patientinnen mit sjSS erheblich höhere Mittelwerte (20,9) als Patientinnen mit pjSS (13,8). Vor allem Gelenksbeteiligung (MW 2,82/1,81), lymphatische Domäne (MW 2,35/0) und kutane Domäne (MW 4,1/0,6) zeigten eine höhere Aktivität bei MCTD-Patienten mit sjSS. Die mittlere Schwankung des ESSDAI pro Beobachtungsjahr betrug in der pjSS Gruppe 1,63 in der MCTD Gruppe 4,25 Punkte.
Diskussion und Schlussfolgerung:
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankungen, ist die Kohorte mit insgesamt 9 Patientinnen für eine Validierung der untersuchten Kriterien zu klein, weshalb auf eine Auswertung der Daten zur medikamentösen Therapie verzichtet wurde. Mit über 16 Beobachtungsjahren und mindestens drei Verlaufsbeurteilungen pro Patient ist dies bislang eine der am besten untersuchten Kohorten zum jSS. Die untersuchten Kriterien zur Diagnose (provisorische Kriterien jSS, MCTD: Alarcon-Segovia und Kasukawa) und zur Verlaufsbeurteilung (ESSDAI und Hocevar-Score) erwiesen sich als klinisch relevant und hilfreich. Sowohl Verbesserungen, als auch Verschlechterungen im Verlauf der Erkrankung konnten im ESSDAI wie auch im Hocevarscore nachvollzogen werden.
Background: Juvenile idiopathic arthritis (JIA) is characterised by a chronic course of disease where the disease state can alternate between clinically active and clinically inactive. Once patients achieve a state of clinically inactive disease, little is known about which patients stay in remission and which patients experience a relapse within the next months. There are no established biomarkers to predict the further course of disease for these patients. Therefore, the purpose of this study was to examine biomarkers detecting JIA-patients without clinical signs of disease activity at risk of relapse.
Methods: Children with a newly diagnosed JIA were enrolled in the German multicenter inception cohort study ICON. Patients with a clinically inactive non-systemic JIA were divided into two groups: 80 patients with a stable remission for the next year (minimum: 7 months, maximum: 16 months, median: 11 months, IQR: 11-12 months) and 92 patients with a relapse within six months (minimum: 3 months, maximum: 9 months, median: 6 months, IQR: 5-6 months) according to the juvenile arthritis disease activity score (JADAS). Clinical parameters and serum levels of various biomarkers were measured using a multiplex immunoassay or validated clinical assays during clinically inactive disease in both groups and analysed for their potential to predict the further course of disease.
Results: Clinical and conventional inflammation parameters including C-reactive protein, erythrocyte sedimentation rate, interleukin-1 beta, interleukin-6, tumor necrosis factor alpha, myeloid-related proteins 8/14 and S100A12 could not discriminate between patients with a stable remission and those with a relapse. Soluble interleukin-2 receptor (sIL-2R) serum levels were significantly higher in patients who relapsed within six months (P = 0.0213), which especially applies to patients with rheumatoid factor negative polyarthritis and extended oligoarthritis (P < 0.0001). Higher sIL-2R serum levels during clinically inactive disease were associated with a greater number of joints with arthritis at relapse.
Conclusion: Patients without clinical signs of disease activity already had increased sIL-2R serum levels up to nine months before an occurring relapse whereas conventional inflammation parameters were not elevated. Determination of sIL-2R serum levels during clinically inactive disease may facilitate identifying patients at risk of relapse.
ETAT (Emergency Triage Assessment and Treatment) ist ein Konzept für die Triagierung und Erstversorgung von kritisch kranken Kindern. Es ist in Ländern mit limitierten Ressourcen in Subsahara Afrika, vornehmlich in Malawi, entwickelt worden. Das Konzept wird von der WHO unterstützt und wird mittlerweile weltweit in vielen Ländern angewand.
ETAT hat einen bewiesenen Effekt zur Senkung der Inpatient Mortalität. Das Konzept wird angewendet in Instititutionen auf allen Ebenen der Gesundheitsversorgung – vom einfachen Health Center bis zur Universitätsklinik. ETAT Leitlinien sind speziell auf die häufigsten Probleme der Basisgesundheitsversorgung von Kindern in Institutionen mit limitierten Ressourcen entwickelt.
ETAT identifiziert Kinder die an akut lebensbedrohlichen Konditionen leiden. Es nutzt einen struktuierten und gut verständlichen Algorithmus und arbeitet mit einfachen und klaren Leitfäden für die medizinische Versorung. Zugrunde liegen dem Konzept die gängigen Algorithmen und Leitlinien der Notfallversorgung, angepasst auf spezielle Krankheitsbilder und unter Berücksichtigung eingeschränkter Möglichkeiten sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie.
Die AG ETAT Germany ist gegründet worden um die ETAT-Kurse auch im deutsch-sprachigen Raum anzubieten und die Pflegekräfte und Ärzte bei ihrer Einsatzvorbereitung zu unterstützen.
Ziel ist es, die Einsatzkräfte auf die häufigsten pädiatrischen Notfallprobleme, die in low ressource settings anzutreffen sind, in Form von Vorträgen, Fallbeispielen und praktischen Simulationen vorzubereiten.
Inhalt des Kurses ist neben der Triagierung und der Evaluation, das Management von Atemwegs- und Atemproblemen, Schock, Koma, Krampfanfälle und die schwere Dehydratation. Aber auch die Erstversorgung von akuter schwerer Unterernährung, kranken Neugeborenen und Frühgeborenen sowie die Behandlung von pädiatrischen Traumapatienten und Verbrennungen ist Teil des Kurses . Der strukturierte ETAT Ansatz bietet dem medizinischen Personal dazu klare und einfache Handlungsabläufe zur Behandlung – beginnend mit der Triagierung und endend mit der Reevaluierung.
Der dreitägige Kurs bietet viele Hintergrundinformationen an, profiliert sich jedoch vor allem durch einen sehr hohen Praxisanteil mit vielen Hands-on Szenarien. In Skill-Stationen werden Maßnahmen wie, zB die Beutel-Maske-Beatmung oder das Einbringen von intraossären Kanülen, geübt. Begleitet werden die Telinehmer_innen von einem erfahrenen, interdisziplinären Team, bestehend aus Pädiatern, Notfallmedizinern und Pflegekräften mit Auslandserfahrung, sowie einem internationalen ETAT Trainer.
Ein nächster Kurs wird vorraussichtlich im Oktober 2020 stattfinden. Er richtet sich explizit auch an Pflegekräfte, die sich auf einen Auslandseinsatz vorbereiten. Die Kurssprache ist Englisch.
Interdisziplinäre Diskussion Ihrer interessanten Fälle aus dem klinischen Alltag.
Interessante Fälle (bitte Patientendaten anonymisiert) können vorab bis zum 16. September 2020 eingereicht werden.
Bei Interesse wenden Sie sich bitte per Mail an anne.lischer@mcon-mannheim.de