Hintergrund:
In der Schweiz werden gesunde Neugeborene (NG) nach durchschn. 3.4 Tagen entlassen und von freiberuflichen Hebammen/ Pflegefachpersonen (PFP) weiterbetreut. Geburten in Geburtshäusern (1.7%) oder zu Hause (0.8%) sind selten.
Die erste Kontrolle beim Kinderarzt (U3) findet mit 4 Wochen statt. Die Fragen in der Zwischenzeit werden in den bestehenden, historisch gewachsenen informellen Netzwerken gelöst, da der designierte Kinderarzt den Patienten nicht kennt oder die bestehenden Telemedizinischen Angebote diese Nische scheuen.
Fragestellung:
Entspricht eine spezifische Beratungsmöglichkeit für Gesundheitsfachpersonen vor/ whd der Neonatalperiode einem Bedürfnis in der Schweiz?
Material/ Methode:
Eine Telemedizinische Beratung in Deutsch und Französisch wurde im August 2017 von einem niedergelassenen Pädiater und Neonatologen lanciert. Das Angebot wurde von der Eidgenössischen Datenschutz Behörde geprüft. Es wurde dem Zentralvorstand und allen kantonalen Sektionen des Schweizerischen Hebammenverbandes, sowie den registrierten PFP welche eine Wochenbettbetreuung anbieten vorgestellt. Die Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie wurde informiert. Es wurden weder öffentliche noch private Gelder beantragt.
Zu der nötigen Dokumentation i.R. einer medizinischen Dienstleistung und deren Abrechnung welche der gesetzlichen Voraussetzungen genügen, wurden die Konsultationsgründe und Anzahl gesammelt.
Diese werden von den gesetzlichen Krankenkassen ohne Kostenfolge für die Familien übernommen.
Ergebnisse:
Zwischen August 2017 und April 2020 wurden insg. 158 Beratungen beansprucht. 80 davon (50.6 %) brauchten mehr als eine Beratung (max. 6). Diese konzentrierten sich auf die Kantone Bern, Zürich, Aargau und Luzern (in abnehmender Reihenfolge).
Beratungen wurden für folgende Themenkreise benötigt:
28% Ausschläge (inkl. Fotos)
20% Ikterus
21% mütterliche Medikamente
11% Still-/ Trinkprobleme
9% unklaren Diagnosen/ Prozedere/ Zweitmeinung/ Rezepte
8% Unsicherheit der Eltern/ Betreuenden
3% Pränatal Beratung.
78% der Beratungen erfolgten nach 1700, an Wochenend- oder Feiertagen. 24% fanden mit elektronischem Bildmaterial statt.
Auf zunehmende Nachfrage, wurde das Angebot auf Hausbesuche zur U2 nach ambulanten Spital- oder Hausgeburten im Raum Bern ausgedehnt. Seither wurden insg. 84 NG untersucht, davon 1 mehrmals (Palliativ Situation). Dies entspricht vorsichtig geschätzt, einem Drittel aller ausserklinischen U2 Untersuchungen im Kanton Bern.
Diskussion/ Konklusion:
Das Bedürfnis nach einer Schweizweiten Neonatale Telemedizinischen Beratung ist inhomogen und moderat, da gewisse Kantone etablierte Unterstützungsprozesse zu haben scheinen. Jedoch gibt es ein Bedürfnis ausserhalb der üblichen Öffnungszeiten.
Ein neu identifiziertes Bedürfnis, sind Hausbesuche zur U2. Call4neo.ch konnte die ausserklinische Wochenbettbetreuung im Sinne von Eltern und Kind im Kanton Bern im Sinne aller Beteiligten ergänzen und sich regional etablieren.
Hintergrund: Behandlungsumfeld, Vorbereitung und Ablenkung des Patienten tragen maßgeblich dazu bei, wie stress- /schmerzbehaftet medizinische Prozeduren empfunden werden. Virtual Reality (VR) als mögliche non-pharmakologische Intervention bei Kindern wird bereits in einigen Bereichen eingesetzt. Anwendungsdetails und Nebenwirkungen sind jedoch bisher nicht systematisch untersucht.
Fragestellung: Ziel ist die Einführung eines VR-Konzepts als Baustein eines „schmerzfreien“ Kinderzentrums. Anhand des klinischen Bedarfs, Bedürfnisse der Kinder/Eltern sowie wissenschaftlich fundierter Technologiebewertung soll das Konzept in bestehende Behandlungsstrukturen integriert werden.
Material und Methoden: Ausgehend von einem Workshop wurde interdisziplinär mit Medieninformatikern der Universität zu Lübeck und der Hochschule Trier ein Konzept zur Nutzung von VR im Kontext Kinderzentrum erarbeitet. In Gruppendiskussionen wurde ein Kriterienkatalog erarbeitet, mit dem geeignete VR-Lösungen für pädiatrische Patienten identifiziert werden können.
Um die Effekte von VR (inkl. Nebenwirkungen) zu präzisieren, wurde eine prospektiv-randomisierte Studie initiiert, die die Wirkungen von VR am Beispiel der K-Draht-Entfernung nach Armfraktur untersucht.
Es erfolgte die Erfassung klinischer Parameter, eine Bewertung der VR-Anwendung durch Patienten und Eltern sowie eine Analyse des Behandlungsablaufs. Es wurde untersucht, wie eine VR-Intervention gestaltet sein muss, um bei Kindern wirksam zu sein, begleitet von einer arbeitswissenschaftlichen Analyse, die den Behandlungsprozess systematisch aus unterschiedlichen Perspektiven erfasst (Rollen, Bedürfnisse, Abläufe, Umgebung).
Ergebnisse: Es wurden Kriterien zur VR-Implementierung ermittelt und bewertet. Im Fokus steht dabei ein soziotechnisches System aus handelnden Personen, Technik und der Frage, welche Faktoren ein erfolgreiches Zusammenwirken bedingen. Der Kriterienkatalog beinhaltet Vorgaben für die VR-Lösung (Gewicht, Größe, Kopfverstellbarkeit, Steuerbarkeit, Elternteilhabe). Die Ergebnisse wurden in einer handlungsleitenden Checkliste zusammengefasst.
Diskussion: Interdisziplinäre Diskussionen ermöglichen die Identifizierung und Bewertung erforderlicher Kriterien aus medizinischen wie soziotechnischen Gesichtspunkten. Unklar sind (kurz- /langfristige) Nebenwirkungen von VR bei Kindern sowie alters- und geschlechtsabhängige Unterschiede. Trotz der subjektiv überzeugenden Wirkung fehlt es an randomisierten Studien, die signifikant zeigen, dass VR bei pädiatrischen Patienten das Schmerz- /Stressempfinden verringert und Behandlungsergebnisse verbessert.
Schlussfolgerung: Zur erfolgreichen Etablierung von VR bei pädiatrischen Patienten ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und das Erarbeiten eines kritischen Implementierungsprozesses mit klaren Kriterien für die verwendete Technologie erforderlich. Die Patienten- /Elternerfahrung vor, während und nach der Anwendung sollte sorgfältig analysiert werden.
Fragestellung: Für die Schilddrüsenchirurgie im Kindesalter wurde letzthin mehrfach eine ansteigende Inzidenz beschrieben und überdies bessere Ergebnisse sofern die Operationen durch Kinderchirurgen erfolgten. Wir untersuchten, ob sich eine vergleichbare Entwicklung auch in Deutschland zeigte.
Material und Methode: Wir fragten über die GENESIS-Onlinedatenbank des Statistischen Bundesamtes die Anzahl der (Hemi-)Thyreoidektomien vor Erreichen der Volljährigkeit für beide Geschlechter ab. Alle verfügbaren Jahre seit Einführung der DRG-Abrechnung im Jahre 2005 wurden eingeschlossen und mittels linearer Regression und Chi-Quadrat-Test für einen linearen Trend verglichen.
Ergebnisse: Die Anzahl der Hemithyreoidektomien nahm um 3,7 Eingriffe (95% Konfidenzintervall: 0,4 – 7; P=0,031) pro Jahr zu, wobei 1,1 (95% Konfidenzintervall: 0,1 – 2,2; P=0,038) auf Jungen und 2,6 (95% Konfidenzintervall: - 0,08 – 5.2; P=0,056) Eingriffe auf Mädchen entfielen. Ein vergleichbarer Trend zeigte sich für Thyreoidektomien mit einer Steigerung von 3,1 Eingriffen (95% Konfidenzintervall: -0,03 – 6,3; P=0.052) pro Jahr. Hiervon wurden 1,2 (95% Konfidenzintervall: 0,2 – 2,3; P=0,028) bei Jungen und 1,9 (95% Konfidenzintervall: -1,1 – 4,9; P=0.2) bei Mädchen durchgeführt. Die Geschlechtsverteilung blieb insgesamt unverändert mit vier Eingriffen in Mädchen auf einen Eingriff bei Jungen. Dies war jedoch bei jüngeren Kindern nicht der Fall: Im ersten Lebensjahr kamen auf einen Eingriff bei Jungen 1,2 bei Mädchen, was sich auf ein Verhältnis von 1:2 in der Altersgruppe unterhalb von zehn Jahren reduzierte. Bei Hemithyreoidektomien ist das Geschlechterverhältnis bis zum Alter von fünf Jahren sogar umgekehrt mit 1,3 Eingriffen bei Jungen pro Operation bei Mädchen, was sich jedoch im Alter unterhalb von zehn Jahren auf 2,3 Eingriffe bei Mädchen pro Eingriff bei Jungen wieder zurückdrehte. Für beide Prozeduren stabilisierte sich das Verhältnis auf einen Eingriff bei Jungen pro drei Eingriffe bei Mädchen im Alter unterhalb von 15 Jahren und ein Verhältnis von 1:4 oberhalb von 15 Jahren, womit sich für das Geschlechterverhältnis ein negativer linearer Trend für den Anteil von Eingriffen an Jungen nachweisen ließ (Thyreoidektomie: χ²=21,992; P < 0,0001; Hemithyreoidektomie: χ²=13,514; P=0,0002).
Diskussion und Schlußfolgerung: Über 300 Kinder werden – mit ansteigender Inzidenz seit 2005 – pro Jahr einer Schilddrüsenresektion unterzogen. Trotz dieser großen Anzahl bleibt unklar aufgrund welcher Diagnose die Operation erfolgt und wer diese letztlich durchführt. Die American Thyroid Association fordert eine Mindestmenge von 30 Schilddrüsenresektionen pro Jahr und Chirurg um eine ausreichende Qualität gewährleisten zu können, was bezogen auf die deutsche Fallzahl weniger als einem Dutzend Chirurgen entspräche. Die vorliegenden Zahlen deuten auf weiteren Forschungsbedarf hin um eine qualitativ hochwertige Versorgung dieser zahlenmäßig geringen Patientengruppe sicherzustellen.
Kasuistik:
Vorstellung eines 16 Monate alten Mädchens mit seit 6 Monaten bestehender Gedeihstörung. Schwangerschaft, Geburt, postnatale Adaptation, Mekoniumabgang und Neugeborenenstoffwechselscreening inklusive Mukoviszidosescreening waren unauffällig. Das Kind wurde bis zum 12. Lebensmonat vorwiegend gestillt und zeigte keinerlei pulmonale Symptomatik.
Im Alter von 12 Lebensmonaten erkrankte das Kind bei sommerlicher Hitze mit Erbrechen und Dehydratation.
Das Labor zeigte zu dem Zeitpunkt folgende Konstellation: pH 7,75, BE – 14,7 mmol/l, HCO3− 33,2 mmol/l, CO2 3,25 kPa (= 24.37 mmHg), Natrium 123 mmol/l, Kalium 2,9 mmol/l, Chlorid 66 mmol/l. Der Chloridgehalt im Schweiß betrug 74 mmol/l (NW < 40 mmol/l), bei Kontrolle mit 16 Monaten 76 mmol/l. Die genetische Testung bestätigte die Verdachtsdiagnose Mukoviszidose.
Diskussion:
Die Laborkonstellation aus Alkalose mit Hyponatriämie, -kaliämie und -chlorämie sprechen für ein Pseudo-Bartter-Syndrom (PBS). In Zusammenschau mit Klinik und Anamnese stellt das PBS im vorliegenden Fall eine Komplikation einer Mukoviszidose dar. Die Laborkonstellation ist Folge eines Salzverlustes über die Haut durch Schwitzen. Ein Defekt des CFTR-Proteins führt zu einer verminderten Chloridrückresorption in die Schweißdrüse sowie nachfolgend einem Natriummangel und Volumenverlust durch den Schweiß. (1) Eine extrazelluläre Volumendepletion aktiviert das Renin-Angiotensin-System, es entsteht ein sekundärer Hyperaldosteronismus mit verstärkter Kaliumausscheidung über den Urin (2-4). Der Chloridverlust bewirkt renal eine verstärkte Bicarbonatreabsorption sowie Protonen-und Kaliumausscheidung (3).
Das PBS ist in Deutschland eine seltene Manifestation einer Mukoviszidose und betrifft vor allem Kinder unter 2,5 Jahren. Anamnestisch bestehen oft fieberhafte Infektionen oder eine Hitzeexposition (3, 5).
Seit September 2016 erfolgt in Deutschland ein dreistufiger Mukoviszidosescreening-Algorithmus bestehend aus primärer Bestimmung des Immunreaktiven Trypsin (IRT) als Ausdruck einer Pankreasschädigung. Bei Erhöhung des IRT folgt eine Messung des Pankreatitis-assoziiertem Protein (PAP) und ggf. ein Screening auf die häufigsten CFTR-Mutationen (6). Daten zur Rate der falsch-negativen Befunde liegen in Deutschland aufgrund einer fehlenden Erfassung in einem zentralen Register nicht vor. In anderen Ländern lag die Falsch-Negativ-Rate des Mukoviszidose-Screenings zwischen 1.7–5.4%. (7)
Bei unserer Patientin war IRT im Screening normwertig, möglicherweise aufgrund zugrundeliegender Mutationen, die i. d. R. nicht mit einer Pankreasinsuffizienz einhergehen. (8)
Schlussfolgerung:
Bei einer metabolischen Alkalose mit erniedrigten Elektrolyten sollte, auch bei negativem Neugeborenenscreening, an ein Pseudo-Bartter-Syndrom i. R. einer Mukoviszidose gedacht werden. Es ist eine akut gefährliche Komplikation und selten auch Manifestation der Grunderkrankung (5).
Hintergrund
Aneurysmatische Knochenzysten mit pathologischer Fraktur sind selten. Eine chirurgische Therapie ist meist das Mittel der Wahl, aber an bestimmten Lokalisationen, wie z.B. der Wirbelsäule riskant. Bei Erwachsenen ist eine Therapie mit dem humanen monoklonalen Antikörper Denosumab zugelassen. Bei Beendigung einer Therapie mit Denosumab wurde bei verschiedenen Indikationen eine ausgeprägte Hyperkalzämie beobachtet.
Das Fallbeispiel zeigt die Nebenwirkungen beim Ausschleichen einer mehrjährigen, hoch dosierten Therapie mit Denosumab im Jugendalter.
Fallpräsentation
Im Alter von 10 Jahren zeigte sich als Ursache einer Wirbelkörperfraktur BWK 7 eine Aneurysmatische Knochenzyste. Bei schwieriger Lokalisation erfolgte eine Therapie mit Denosumab (4 x 60 mg Denosumab über 4 Monate, anschließend 34 x 120mg über 45 Monate).
Im Alter von 15 Jahren, 4 Monate nach der letzten Medikamentengabe, stellt sich der Patient mit einer beidseitigen Fazialisparese vor. Im Labor zeigte sich eine ausgeprägte Hyperkalzämie (Kalzium = 3,24 mmol/l). Es bestand ein akutes nicht-oligurisches Nierenversagen (eGFR = 23 ml/min/1.73m², Eiweiß-Kreatinin-Quotient im Urin = 235mg/g). Eine Knochenflächendichtemessung erbrachte einen Ganzkörper Z-Score (TBLH) von + 4,9 SD.
Trotz Hyperhydratation, forcierter Diurese mittels Furosemid und der Gabe von Prednison stieg das Kalzium auf max. 3,73 mmol/l an. Auch nach Gabe des i.v. Bisphosphonates Neridronat (2mg/kg KG) kam es nicht zum Absinken des Serumkalziums. Er zeigte eine Hyperkalziurie mit 25,8mmol/24h im Sammelurin. Deshalb wurde nach 3 Wochen Zoledronat (0,05mg/kg KG) gegeben wodurch ein Sinken des Serum- Kalzium –Spiegels im Serum erreicht wurde. Unterstützend wurde eine tägliche Therapie mit dem oralen Bisphosphonat Residronat initiiert.
Bei den Nachsorgeterminen zeigte der Patient über Monate stabile Laborwerte, eine langsam verbesserte Nierenfunktion (letzte eGFR = 76 ml/min/1.73m²) und eine rückläufige Fazialisparese.
Diskussion
Eine hochdosierte Behandlung mit Denosumab birgt im Kindesalter das Risiko einer übermäßigen Ansammlung von Kalzium im Skelettsystem durch Hemmung des Remodelling. Nach Absetzten der Therapie kann es durch die Aktivierung der Osteoklasten zu einem beschleunigten Knochenabbau und somit zu einer vermehrten Freisetzung von Kalzium kommen. Das akute Nierenversagen bei unserem Patienten sehen wir in erster Linie als Folge der Hyperkalzämie mit renaler Perfusionsstörung.
Schlussfolgerung
Regelmäßige und engmaschige Kalziumkontrolle wie auch die Kontrolle der Knochenflächendichte sollten fester Bestandteil bei einer hochdosierten Denosumabtherapie über einen längeren Zeitraum sein. Bei Beendigung der Therapie muss eine Rebound Hyperkalzämie beachtet und ggf. durch Gabe eines Bisphosphonates behandelt werden.
Hintergrund Der monoklonale, chimäre (Maus/Mensch) Antikörper Rituximab (RTX) bindet an das CD20-Antigen, welches auf der Oberfläche von B-Zellen exprimiert wird. RTX findet sowohl in der Krebstherapie als auch in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen Anwendung. Bei Kindern erfolgt der Einsatz außerhalb der von den Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsgebiete.
Ziel Untersuchung von Behandlungsprotokollen und deren therapeutischen Auswirkungen.
Material und Methoden In der Universitätskinderklinik Essen wurden von 2008 bis 2016 retrospektiv 76 Patienten (w=35/m=41) im Alter von 1-19 Jahren (Median 13 Jahre) aufgrund eines fehlenden Ansprechens auf konservative Therapieoptionen oder i. R. eines Therapieprotokolls mit dem Präparat MabThera® behandelt. Es handelte sich dabei um Kinder mit Posttransplantations-lymphoproliferativen Erkrankungen (PTLD) (n=12), Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantation (n=13), nephrotischem Syndrom (n=13), Autoimmunhepatitis (n=6), anderen Autoimmunerkrankungen (n=18), onkologischen Krankheitsbildern (n=6) und weiteren seltenen Erkrankungen (v. a. EBV-assoziiert) (n=8). Zielvariablen: n=76, B-Zell-Verläufe, IgG-Spiegel, Auftreten von Infektionen und Nebenwirkungen, und Monitoring des klinischen Outcomes; n=21, Epstein-Barr-Viruslast.
Ergebnisse RTX führte zu einer Verminderung des B-Zell-Anteils auf nahezu 0%. Die Rekonstitutionszeit war inter- und intraindividuell unterschiedlich und betrug, abhängig vom Applikationsintervall im Median 8,5 bzw. 15 Monate. Sie konnte prolongiert sein (bis zu 2 Jahre). 51,9% entwickelten eine Hypogammaglobulinämie. Hierbei war die Wahrscheinlichkeit bei Kindern unter 4 Jahren um das 2,6-fache signifikant höher als bei Älteren. Außerdem stieg das Risiko mit der Anzahl der Applikationen und der Kürze des Intervalls. Rezidivierende Infekte ließen sich bei 15,3% der Kinder beobachten. Bei weiteren 15% kam es zu schweren, invasiven Infektionen (Sepsis, Pneumonie). Nebenwirkungen (v. a. Dyspnoe, Schüttelfrost, Kopfschmerzen oder Fieber) traten mit 31,6% zwar häufig, aber ohne lebensbedrohliche Zwischenfälle auf. Bei 76% der Patienten fiel die Epstein-Barr-Viruslast sofort unter die Nachweisgrenze. Die Therapie der unterschiedlichen Grunderkrankungen erfolgte entweder nach einem festen Schema, symptom- oder B-Zell-gesteuert. Gute Behandlungsergebnisse waren bei der PTLD und dem nephrotischen Syndrom zu verzeichnen. Viele Autoimmunerkrankungen zeigten (teilweise in Kombination mit Plasmapheresen und Begleitmedikation) ein Ansprechen.
Schlussfolgerung RTX hat sich in dieser Erhebung als effektives und gut verträgliches Medikament zur Behandlung unterschiedlicher Erkrankungen erwiesen. Der Off-label-Einsatz ist im pädiatrischen Bereich aufgrund der Wirksamkeit und des tolerablen Nebenwirkungsprofils gerechtfertigt.
Background and Objective.
Sclerosing cholangitis (SC) is a chronic cholestatic liver disease with a serious liver related complication rate of approximately 50% at 10 years from diagnosis. Timely diagnosis and optimal management of children with SC and inflammatory bowel disease (IBD-SC) may improve outcome but is clinically challenging. Importantly, solid data on consistently managed IBD-SC patients is lacking.
Methods.
In this study we report the outcome of two IBD-SC patient cohorts managed at Cambridge University Hospital (CUH) and King’s College Hospital London (KCH). The cohorts are unique in that liver disease was diagnosed either at the same time as IBD or at subsequent follow up and all patients were diagnosed and managed in a consistent manner. We describe the incidence of major liver related complications and analyse predictors for improved outcome.
Results.
55 IBD-SC patients were analyzed – 29 (34% female) in the Cambridge cohort and 26 (27% female) in the London cohort. Importantly, liver and IBD diagnoses were similar in the Cambridge and London group with 69% and 61% diagnosed with autoimmune sclerosing cholangitis (ASC) and 86% and 88% diagnosed with ulcerative colitis (UC)/IBD colitis unclassified (IBDu). Time from IBD to SC diagnosis was significantly shorter at CUH (2.7 ± 6.1 months) as compared to KCH (15.7 ± 26.1 months; p=0.02). Complication free survival rates were 100% at CUH and 91% (5 years) and 64% (10 years), respectively, at KCH. Splenomegaly at diagnosis was the strongest risk factor for the development of liver-related complications.
Conclusion.
Children with IBD-SC may have a better clinical outcome than previously reported. Moreover, our data suggest that earlier diagnosis and treatment may improve outcome in pediatric IBD-SC.
Aims: Congenital anomalies (CAs) are the 5th leading cause of death in children under 5 years, globally. Without emergency surgical care, many gastrointestinal CAs are incompatible with life. We compared, for the first time, management and outcomes of a selection of common gastrointestinal CAs in low-, middle- and high-income countries (LICs, MICs and HICs) globally.
Methods: Children’s surgical care providers across the globe were invited to participate in the study and collect clinical data prospectively on consecutive patients presenting primarily with seven CAs (Table 1) over a minimum of one month between October 2018 - April 2019. The primary outcome was all-cause in-hospital mortality. Univariate analysis was used to identify factors associated with mortality (p 0.01), which were then analysed using multivariate logistic regression, presented as (adjusted odds ratio, p value). All participating centres had study approval.
Results: 1445 collaborators from 272 hospitals (11 LICs, 171 MICs, 90 HICs) in 74 countries contributed data. 3841 patients with 3967 study conditions were included. The following were associated with mortality: country income status (0.35, p < 0.001, Table 1), induced vaginal versus spontaneous delivery (0.42, p = 0.024), weight at presentation (0.61, p < 0.001), unavailability of ventilation when required (3.74, p = 0.009), unavailability of parenteral nutrition when required (2.95, p = 0.001), sepsis on arrival (1.99, p < 0.001), additional CA (1.63, p = 0.001), surgical site infection (1.62, p = 0.034), unavailability of a Surgical Safety Checklist (1.25, p = 0.014).
Conclusion: Significant disparities in mortality exist for common gastrointestinal CAs globally. Rapid action is required through a coalition of global stakeholders to eradicate these inequalities.
Einleitung: Zöliakie ist eine systemische Autoimmunkrankheit mit einer Prävalenz von ~ 1%. Die Zöliakie ist durch eine Enteropathie gekennzeichnet, die mit multiplen Komplikationen und Komorbiditäten einhergeht. Die Krankheit wird häufig verspätet oder gar nicht diagnostiziert, da man sich ihrer unterschiedlichen klinischen Manifestationen oft nicht bewusst ist. Die Erhebung der Belastung der Patienten durch die Erkrankung selbst und deren Komorbiditäten sowie die Erfassung des Bedarfs zur Verbesserung der Versorgungsqualität sollte eine Priorität der Versorgungsforschung hierzu sein. Um diese Lücke zu schließen, haben die Deutsche Zöliakiegesellschaft (DZG e.V.)und das Kompetenznetz Darmerkrankungen ein deutschlandweites Patientenregister für Zöliakiepatienten (GeCeR) initiiert, um die aktuelle Qualität in Diagnose und medizinischer Betreuung der Betroffenen offenzulegen.
Methoden: Das GeCeR ist als ein patientenzentriertes Online-Register für die Gesundheitsversorgung in Deutschland konzipiert, das auf die Aufnahme einer großen Zahl von Patienten mit Zöliakie ausgerichtet ist (zunächst 3.000 bis 5.000, kann im Weiteren auf 10.000 Zöliakie-Patienten erweitert werden). Eingeschlossen werden Betroffene aller Altersgruppen mit einer selbst gemeldeten Zöliakie-Diagnose. Die Fragebögen erfassen Informationen zur diagnostischen Abklärung, zu Symptomen und Komorbiditäten, zur subjektiven und objektiven Belastung der Patienten durch die Zöliakie (Gesundheitszustand, Lebensqualität, psychosoziale und physische Komorbiditäten) sowie zur aktuellen medizinischen Betreuung und Behandlung. Die Verifizierung der Diagnose wird durch einen Fragebogen an den betreuenden Arzt ergänzt. Die Teilnehmer erhalten alle 12 Monate Online- oder Papierfragebögen zur Nachkontrolle.
Ergebnisse: Die Rekrutierung begann am 31. Oktober 2019 durch eine Ankündigung auf der Online-Plattform und der Patientenzeitschrift der DZG und wird durch regionale Patientengruppen, Ärzte, medizinische Fachgesellschaften usw. fortgesetzt. Bis Ende März hatten sich über 2700 Personen registriert, über 900 Fragebögen wurden ausgefüllt zurückgesendet. Eine Zwischenanalyse zur Diagnostik und ersten Ergebnissen zu vorliegenden Teilhabestörungen und Belastungen durch die Erkrankung werden bis Ende August 2020 vorliegen.
Zusammenfassung: Die sehr hohe Registrierungsrate innerhalb der ersten Monate deutet auf ein großes Interesse der Patienten an der Kommunikation ihres Gesundheitszustands hin und bestätigt die jüngsten deutschen Ergebnisse einer Umfrage im Rahmen des EU-geförderten Projekts FocusInCD, die auf eine unzureichende Qualität der Versorgung von Zöliakie-Patienten in der Vergangenheit hindeuten. Die Daten aus diesem Register werden prospektive Daten über die aktuelle Faktenlage in Deutschland liefern, Lücken und Bedürfnisse identifizieren mit dem Ziel, die Versorgungssituation zu verbessern und weitere Forschung einschließlich neuer therapeutischer Optionen zu fördern.
Hintergrund: Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist die häufigste chronische Lebererkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Bislang stellt die multimodale Lifestyle Modifikation mit dem Ziel der Gewichtsreduktion die primäre Therapie dar. Vorklinische Studien weisen jedoch darauf hin, dass Epoxyeicosanoide, eine Klasse von bioaktiven Lipidmediatoren, möglicherweise protektive Effekte bei der Entwicklung beziehungsweise beim Fortschreiten der NAFLD vermitteln. Diese Epoxyeicosanoide werden durch Cytochrom P450 (CYP) Epoxygenasen generiert und durch die lösliche Epoxidhydrolase (sEH) inaktiviert.
Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, mögliche Assoziationen zwischen der Bildung von Epoxyeicosanoiden und dem histologischen Schweregrad der pädiatrischen NAFLD zu identifizieren.
Material und Methoden: Wir führten eine umfassende LC-MS basierte lipidomische Analyse von Fettsäuren und Lipidmediatoren bei 40 pädiatrischen Patienten mit bioptisch gesicherter NAFLD in Lebergewebe, Vollblut- und Serumproben durch. Eine zusätzliche Proteomanalyse in einer Subgruppe von 34 Patienten wurde durchgeführt, um die Expression beteiligter CYP Epoxygenasen und der sEH zu bestimmen. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Kruskal-Wallis Test beziehungsweise mittels einer einfaktoriellen Varianzanalyse mit anschließendem Games-Howell Post Hoc Test.
Ergebnisse: Die Menge an hepatischen Epoxyeicosanoiden zeigte einen signifikanten Anstieg mit höherem Steatosegrad. Die Menge der jeweiligen Stammfettsäuren änderte sich dabei nicht. Allerdings stieg die CYP Epoxygenase Aktivität mit höherem Steatosegrad signifikant an, während die sEH Aktivität und Expression abnahm. Im Gegensatz dazu, sank die Menge der Epoxyeicosanoide mit fortgeschrittener Fibrose, begleitet von einem Abfall der Aktivität und Expression der CYP Epoxygenasen.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieser Studie lassen vermuten, dass die vermehrte Bildung von Epoxyeicosanoiden eine protektive Reaktion auf steatotischen Stress darstellt, um einem Fortschreiten der Erkrankung entgegenzuwirken. Der CYP Epoxygenase/sEH Syntheseweg ist somit möglicherweise ein geeigneter therapeutischer Angriffspunkt in der Behandlung der pädiatrischen NAFLD.
Hintergrund
Pädiatrische Patienten mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) werden mit zunehmendem Alter aktiver in die Behandlung ihrer Erkrankung involviert. Somit ist es von großer Bedeutung die Einschätzungen von Kindern und Jugendlichen zum alltäglichen Krankheitsempfinden und zum Stellenwert der täglichen Arzneimitteltherapie zu kennen.
Fragestellung
Ziel war es, die Einschätzung des alltäglichen Krankheitsempfindens bei pädiatrischen Patienten mit einer CED zu erfassen und zu untersuchen, welche Bedeutung die tägliche Arzneimitteltherapie für die Kinder und Jugendlichen hat.
Methoden
Über einen Zeitraum von 9 Monaten erfolgte in einer universitären Kinder- und Jugendklinik die prospektive Datenerhebung. In die Studie wurden konsekutiv alle pädiatrischen Patienten mit einer CED und mindestens einem Arzneimittel eingeschlossen. Die Datenerhebung erfolgte mittels strukturiertem Interview und anschließender Beobachtung der Arzneimittelanwendung. Die Sorgeberechtigten und die Patienten erteilten zuvor die Einwilligung zur freiwilligen Studienteilnahme.
Ergebnisse
47 Patienten nahmen an der Studie teil, welche im Median 15,89 (Q25/75 14,01/16,88) Jahre alt waren. Im Median erhielten die Patienten 3 (2/3,5) Arzneimittel. 34% (16/47) der Patienten gaben an, dass es ihnen zum Zeitpunkt des Interviews eher schlecht bis sehr schlecht ging. Von dieser Patientengruppe gaben 31% (5/16) diverse Ängste an, wie beispielsweise einen künstlichen Darm zu benötigen oder dass ihre Arzneimittel nicht mehr wirken könnten. Zusätzlich fühlten sich 44% (7/16) von dieser Patientengruppe stark bis sehr stark durch ihre Erkrankung in der Schule beeinträchtigt, beispielsweise durch häufigen Stuhlgang oder das Verpassen von Unterricht. Von den 66% (31/47) der Patienten, denen es nach eigener Angabe zum Zeitpunkt des Interviews eher gut bis sehr gut ging, empfanden dennoch 29% (9/31) ein negatives Gefühl wie Angst, Wut, Trauer, Scham oder Ekel für ihre Erkrankung. Die tägliche Anwendung ihrer Arzneimittel sahen 89% (42/47) der pädiatrischen Patienten als eher wichtig bis sehr wichtig an. 83% (35/42) begründeten ihre Einschätzung mit Aussagen wie „weil es mir hilft“, „weil ich weiß, dass es mir damit besser geht“, „weil ich keine Lust auf einen Schub habe und die Medikamente mir helfen“. Von den 47 befragten Patienten gaben 44 Patienten an ihre Arzneimittel selbstständig anzuwenden. Bei 93% (41/44) dieser Patientengruppe trat in der Arzneimittelanwendung mindestens ein arzneimittelbezogenes Problem auf.
Schlussfolgerung
Pädiatrische Patienten mit einer CED berichten über negative Auswirkungen ihrer Erkrankung und zeigen ein großes Bewusstsein für die Relevanz der täglichen Arzneimitteltherapie. Um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu stärken und die psychosoziale Situation der Betroffenen zu verbessern, sollten die Kinder und Jugendlichen mit einer CED aktiv in die interdisziplinäre Betreuung durch Ärzte und Apotheker miteinbezogen werden.
Einführung
Der M. Wilson ist eine seltene Erbkrankheit des Kupferstoffwechsels mit Beteiligung mehrerer Organe. Die Lebererkrankung bei M. Wilson umfasst eine Lebersteatose, histologische Anzeichen einer akuten und chronischen Hepatitis und schließlich eine Leberzirrhose. Hier berichten wir über einen 9-jährigen männlichen Patienten mit einer negativen Familienanamnese für Lebererkrankungen, der zur diagnostischen Aufarbeitung von Leberfunktionstests in einer Routine-Blutuntersuchung in unser Krankenhaus eingewiesen wurde. Bei der Ultraschalluntersuchung fanden sich multifokalen Leberläsionen.
Fallbericht:
Der Patient berichtete über keine körperlichen Beschwerden. Eine virale und bakterielle Infektion wurde ausgeschlossen, IgG befand sich im Normbereich und leberspezifische Autoantikörper waren negativ. Er hatte ein normales Eisenprofil und eine normale Alpha-1-Antitrypsinkonzentration. Serum-Coeruloplasmin war erniedrigt (0,08 [0,15-0,30 g / l]), aber die 24-stündige Kupferurinausscheidung war normal (23 µg / 24 h [ < 40 µg / 24 h]). LDH lag im Normbereich. Der Leberultraschall zeigte mehrere hypoechogene, oval geformte, fokale Läsionen mit einem Durchmesser von ca. 5 mm, die im Leberparenchym diffus verteilt waren. Die Farbdoppler-Bildgebung zeigte eine normale Perfusion dieser Knötchen. Die Echogenität des Leberparenchyms war ebenso unauffällig wie der Blutfluss in der Pfortader und den Lebervenen. Es wurde eine leichte Splenomegalie festgestellt, jedoch keine periphere oder intraabdominelle Lymphadenopathie. Das MRT ergab in T2-gewichteten Bildern mehrere hypointensive Knoten mit einem signalintensiven retikulären Muster. Es gab keine Kontrastverstärkung dieser Knoten. Die PET-MRT zeigte keine Hinweise auf ein Lymphom. Dann wurde eine Leberbiopsie durchgeführt, die eine portale, teilweise septale und perisinusoidale Fibrose zeigte. Steatosis hepatis wurde in 20-25% der Hepatozyten gefunden. Die Kupferkonzentration im Lebergewebe war deutlich erhöht (1048 µg / g [ < 250 µg / g]. Die genetische Untersuchung auf ATP7A-Mutation steht noch aus. Die Kombination von erniedrigtem Serum-Coeruloplasmin und erhöhtem Kupfergehalt im Lebergewebe war ein Hinweis auf die Diagnose eines M. Wilson. Ein Kayser-Fleischer-Ring wurde nicht festgestellt. Der Ferenci-Wert für die Diagnose eines M. Wilson betrug 4 Punkte. Der Patient wurde anfangs mit D-Penicillamin behandelt und wegen anhaltender Übelkeit auf Trientin umgestellt. Bei seiner jüngeren Schwester wurde ebenfalls ein M. Wilson diagnostiziert, bei ihr jedoch nicht zeigen ähnliche Leberknötchen.
Fazit:
M. Wilson ist oft eine diagnostische Herausforderung, die mit verschiedenen klinischen Symptomen einhergeht. Das knotige Erscheinungsbild der Leber bei unserem Patienten wurde beim M. Wilson selten beschrieben (Akhan et al., European Journal of Radiology 69 (2009) 147–155) und war ein diagnostisches Hindernis. Es bleibt unklar, ob diese knotigen Veränderungen lokale Steatose oder Fibrose repräsentieren.
Hintergrund:
Die Autoimmunpankreatitis (AIP) im Erwachsenenalter ist eine seltene und unterdiagnostizierte Erkrankung, deren genaue Inzidenz und Prävalenz noch unklar ist (1). Die AIP korreliert im Erwachsenenalter häufig mit Auftreten von IgG4 (2). Im Kindesalter existieren nur einzelne Fallberichte, die zeigen, dass die Erkrankung in 22% der Fälle mit einer IgG4-Erhöhung einhergeht (3). Aufgrund der Seltenheit der pädiatrischen AIP existiert keine eigene Leitlinie, weshalb diagnostisch und therapeutisch auf die Erwachsenenleitlinien zurückgegriffen werden muss.
Fallbericht:
Wir sahen eine deutlich beeinträchtigte 13-jährige Patientin mit seit 5 Tagen bestehendem Fieber und starken Kopf- und Gliederschmerzen. Es zeigte sich ein blander klinischer Untersuchungsbefund und unauffällige Befunde in cMRT und Liquorpunktion. In der laborchemischen Diagnostik fanden wir initial mäßig erhöhte Entzündungsparameter, erhöhte Transaminasen sowie ein leicht erhöhtes IgG. Die Lipase zeigte sich hochnormal. Eine initiale Abdomensonographie war unauffällig. Im stationären Verlauf entwickelte die Patientin Bauchschmerzen. Entzündungsparameter und Lipase stiegen deutlich an, sodass wir von einer Pankreatitis ausgingen. Die Symptomatik persistierte unter bereits begonnener Therapie mit Flüssigkeitszufuhr, fettreduzierter Kost und im Verlauf antibiotischer Therapie. Die erneute Abdomensonographie zeigte eine Echogenitätserhöhung des Gallenblasenbettes um den Ductus choledochus und eine prominente Pankreasdarstellung. Eine daraufhin durchgeführte MRCP zeigte eine ödematös-exsudative Pankreatitis mit zunächst reaktiver Cholezystitis, geringer Cholangitis und Cholestase ohne Cholezysto- oder Choledocholithiasis. Eine operative Therapieoption wurde diskutiert. In Zusammenschau der beschriebenen Diagnostik und der unter Therapie persistierenden Symptomatik stellten wir die Verdachtsdiagnose einer Autoimmunpankreatitis- und cholangitis. Trotz fehlendem Nachweis von IgG4 im Serum initiierten wir nach 14 Tagen persistierendem Fieber die immunmodulatorische Therapie mit Prednisolon (0,6mg/kgKG/Tag intravenös). Hierunter zeigte sich eine prompte Entfieberung und Rückgang der beschriebenen Bauchschmerzsymptomatik. Die Weiterbehandlung erfolgt in der pädiatrisch-gastroenterologischen Sprechstunde der Charité.
Fazit:
Es zeigte sich ein gutes therapeutisches Ansprechen auf Prednisolon. Dies ist diagnostisch beweisend für die oben genannte Diagnose und konnte hier eine operative Therapie verhindern. Im beschriebenen Fall fanden wir wie in der Mehrzahl der publizierten pädiatrischen AIP-Fälle keine IgG4-Korrelation. Bei nur 30 publizierten Fällen (2) ist die Erkrankung eine diagnostische sowie therapeutische Herausforderung. Die pädiatrische AIP unterscheidet sich maßgeblich von der Erkrankung im Erwachsenenalter. Jeder Fallbericht zur AIP bei Kindern und Jugendlichen trägt somit zur Verbesserung der Diagnosestellung und Weiterentwicklung von therapeutischen Interventionen bei.
Einleitung:
Das Chorangiom ist ein benigner hamartomatöser Tumor der Blutgefäße der Plazenta, der in ca. 1% der Schwangerschaften auftritt. Das infantile Hämangiom der Leber ist ein vaskulärer Tumor, der insbesondere junge Kinder betrifft. Der klinische Verlauf variiert beim infantilen Hämangiom vom asymptomatischen Zufallsbefund bis hin zu Leber- und Herzversagen.
In der Literatur wird ein möglicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Gefäßtumoren diskutiert.
Fallvorstellung:
Eine 31-jährige IG/0P stellt sich in der 32+3 SSW mit Polyhydramnion und unklarem Plazentatumor vor. In der 35+1 SSW erfolgt die primäre Sectio aufgrund von Beschwerdezunahme der Patientin. In der Plazentahistologie bestätigt sich die Verdachtsdiagnose eines Chorangioms.
Das Neugeborene zeigt multiple kutane Hämangiome. In Sonographie und MRT lassen sich zusätzlich Leberhämangiome mit multifokaler Tumorlokalisation nachweisen. Die Echokardiographie ist ohne relevante Auffälligkeiten, insbesondere ohne Hinweise für ein erhöhtes Shuntvolumen über die Leberhämangiome. Laborchemisch finden sich Zeichen einer Cholestase und Transaminasenerhöhung ohne Einschränkung der Leberfunktion. Es wird eine Behandlung mit Propranolol eingeleitet. Im langfristigen weiteren Verlauf sind die Hauthämangiome vollständig rückläufig und die Leberhämangiome sonographisch nicht mehr nachweisbar.
Ergebnisse:
Die Ätiologie infantiler Hämangiome ist bis heute nicht geklärt. In der Diskussion um die Entstehung infantiler Hämangiome werden z.B. plazentare Progenitorzellen als Ursprung infantiler Hämangiome angenommen. Infantile Hämangiome und Kapillaren der Plazenta zeigen beide mehrere identische Oberflächenmarker, wie z.B. GLUT1, Merosin und Lewis-Y-Antigen, die bisher auf keinem anderen Gewebe in ähnlicher Zusammensetzung gefunden wurden. Darüber hinaus finden sich in den Microarray Genexpressionsanalysen große Übereinstimmungen, die eine Verbindung andeuten könnten.
Zusammenfassung:
In der Literatur wir ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten eines Chorangioms der Mutter und Hämangiom des Kindes kontrovers diskutiert. Zukünftige Studien hierzu sind nötig. Infantile Hämangiome der Leber können zu Herz- und Leberversagen führen, weshalb eine frühzeitige Diagnose wünschenswert wäre. Hier könnte ein breiteres Bewusstsein für einen möglichen Zusammenhang dieser beiden vaskulären Veränderungen hilfreich sein.
Hintergrund:
Congenitale extrahepatische portosystemische Shunts (CEPS) sind seltene Fehlbildungen, bei denen die V. mesenterica superior und die V. lienalis direkt in die V. vaca inferior münden. Damit wird die Leber ganz oder teilweise umgangen. Jedoch existiert in den meisten Fällen eine hypoplastische Pfortader. CEPS werden häufig in Zusammenhang mit Lebertumoren beschrieben. Die Pathomechanismen, die zur Entwicklung von Lebertumoren bei CEPS führen, sind jedoch weitgehend unklar.
Fragestellung:
Anhand des Falles eines 9-jährigen Jungen mit CEPS und hepatozellulärem Adenom erfolgt eine Zusammenfassung der aktuellen diagnostischen und therapeutischen Herangehensweise sowie eine kurze Beschreibung möglicher Pathomechanismen der Tumorentstehung bei Patienten mit CEPS.
Falldarstellung:
Ein 9-jähriger Junge fiel auf mit Harndrang, abdominellen Schmerzen, Kopfschmerzen, Juckreiz sowie einer Verschlechterung der Schulleistungen. Sonographisch konnte ein großer Tumor im rechten Leberlappen diagnostiziert werden. Ein MRT zeigte einen kurzen extrahepatischen Shunt zwischen V. mesenteria superior, V. lienalis und V. cava inferior sowie eine hypoplastische Pfortader. Histologisch ergab sich ein HNF-1alpha inaktiviertes Adenom der Leber. Als Therapieverfahren wurde ein chirurgischer Shuntverschluss gewählt. Dieser wurde aufgrund des hohen Portalvenendruckes von > 35mmHg im “shunt occlusion test” erst in einem zweiten Eingriff komplett verschlossen. Im Anschluss zeigte sich eine deutlich verbesserte Perfusion der Pfortader. Im Verlauf besserten sich Bauch-und Kopfschmerzen, der Juckreiz ging zurück, und auch die Schulleistung verbesserte sich. Eine MRT-Verlaufskontrolle nach 4 Monaten zeigte eine schmale, aber gut durchflossene Pfortader sowie eine deutliche Größenreduktion des Adenoms (von 11.5x10x9cm auf 10x8x6cm).
Diskussion:
Es gibt drei verschiedene pathomechanistische Ansätze, welche bisher in Bezug auf die Entstehung von Lebertumoren bei Patienten mit CEPS diskutiert werden: Eine exzessive Arterialisierung, verbunden mit erhöhter Sauerstoffspannung im Lebergewebe, könnte den verminderten portalen Blutfluss kompensieren und eine Hypertrophie von Lebergewebe verursachen. Auch veränderte Perfusionsdrücke in der Leber werden ursächlich diskutiert. So sieht man auch bei Patienten nach einer Fontan-Korrektur oder mit idiopathischer portaler Hypertension eine Häufung von Lebertumoren. Außerdem wird spekuliert, dass die veränderte Durchblutung der Leber bei CEPS zu hormonellen Dysbalancen im Lebergewebe führt, die ebenfalls zur Tumorentstehung beitragen könnten.
Schlussfolgerung:
Bei Kindern mit Lebertumoren ist es sehr wichtig, dass ein CEPS ausgeschlossen wird. Eine vorzeitige Resektion des Tumors könnte einen späteren Shuntverschluss unmöglich machen und ist auch nicht immer notwendig. Allein ein Shuntverschluss kann zu einer Tumorregression führen.
Einleitung: Schwere Immunzytopenien wie die autoimmunhämolytische Anämie (AIHA), chronische Immunthrombozytopenie (ITP) und das Evans Syndrom (ES) sind häufig mit Immundysregulation assoziiert. Bei einigen angeborenen Immundefekten steht die Immundysregulation in engem Zusammenhang zu frühzeitiger Immunsenescence und einem lymphozytären Exhaustion-Profil. Die Muster dieser Immunprofile können möglicherweise einen Hinweis auf den zugrundeliegenden Pathomechanismus erworbener und angeborener Immundefekte sein.
Patienten und Methoden: Eine longitudinale, prospektive, multizentrische Registerstudie zu schweren Immunzytopenien (sic-reg.org) wurde 2019 initiiert. Das Register schließt pädiatrische und jugendliche Patienten mit Immunzytopenie ein. Aktuell liegt eine frühe Interim-Analyse von Immunphänotyp-Biomarkern der ersten inkludierten Patienten vor. In der ersten Gruppe wurden 12 Patienten (Durchschnittsalter 9 Jahre; Altersverteilung 4-16 Jahre; männlich, n=5) mit ITP, AIHA oder ES eingeschlossen, drei von ihnen bei Rezidiv ihrer Erkrankung als retrospektive Patienten. In der zweiten Gruppe erfassten wir 19 Patienten mit bekanntem angeborenem Immundefekt als Beobachtungspatienten. Bei allen Patienten wurde initial, nach 6 und nach 12 Monaten eine quantitative FACS-Analyse der naiven und Gedächtnis-/T- und B-Subklassen und der altersassoziierten bzw. seneszenten Lymphoyztensubklassen durchgeführt.
Ergebnisse: Zehn von 12 Patienten mit Immunzytopenie zeigen ein pathologisches Verlaufsmuster an allen drei Messzeitpunkten in mindestens einer der naiven bzw. Gedächtnis- oder seneszenten Lymphozytensubklassen. Auch acht der 19 Patienten mit angeborenem Immundefekt zeigen mindestens in einer der Lymphozytensubklassen einen pathologischen Verlauf. Daneben präsentierten einige Patienten im Verlauf einzelne auffällige Abweichungen in bestimmten Lymphozytensubklassen.
Schlussfolgerung/Diskussion: Auf Grundlage der Interim-Daten ist die systematische Analyse von Lymphozyten-Differenzierungsprofilen bei Patienten mit schweren Immunzytopenien indiziert, um diagnostische und prognostische Biomarker-Profile erstellen zu können. Das lymphozytäre Biomarker-Profil kann in Abhängigkeit von der Grundkrankheit jedoch noch spezifischer gestaltet werden. Durch die geplante Kombination unserer Daten mit der single-cell transcriptome Technik und Analyse epigenetischer Faktoren soll der Pathomechanismus der Immundysregulation weiter aufgeklärt werden.
Hintergrund
Trommelschlegelfinger sind ein unspezifisches Symptom chronischer Sauerstoffmangelzustände, assoziiert mit Vitien oder chronischen Lungenerkrankungen. Eine seltene Differentialdiagnose sind Raumforderungen, die zu einer Beeinträchtigung des Sauerstoffaustausches führen. Das Hodgkin-Lymphom (HL) ist die häufigste Lymphomerkrankung des Kindes- und Jugendalters, ca. 180 Neuerkrankungen treten pro Jahr in Deutschland auf. Führende Symptome sind eine schmerzlose, derbe Lymphknotenschwellung und eine B-Symptomatik. Bei mediastinalem Befall können Husten, venöse Einflussstauung und Atemnot auftreten. Die Dauer der Anamnese variiert zwischen Tagen und vielen Monaten. Die Behandlung umfasst eine stadienadaptierte Kombinationschemotherapie, die -abhängig vom Therapieansprechen- durch eine Strahlentherapie ergänzt wird. Die Heilungsraten erreichen z.T. 95%.
Fallbericht
Unsere 11-jährige Patientin wurde mit Fieber, Husten und Luftnot nach negativem SARS-COV2 Test zugewiesen. Bei Aufnahme zeigte sie sich in reduziertem Allgemeinzustand mit Orthopnoe und Sauerstoffsättigungen < 90% im Sitzen. Bei der klinischen Untersuchung fielen neben einer Lymphknotenschwellung Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel auf. Radiologisch zeigten sich eine nahezu vollständige Verschattung der rechten Lunge, ein vom oberen vorderen Mediastinum ausgehender Tumor mit Verdrängung der Mediastinalstrukturen und ein septierter Pleuraerguss. Laborchemisch fielen eine Leuko- und Thrombozytose, Anämie sowie erhöhte Werte für CRP, LDH und eine erhöhte BSG auf. Im peripheren Blut ergab sich kein Hinweis auf Blasten.
Anamnestisch bestand bereits seit > 6 Monaten eine zunehmende Belastungsinsuffizienz. Hinzu traten im Verlauf persistierender Husten und ein Gewichtsverlust. Wiederholte Vorstellungen bei verschiedenen Ärzten resultierten in verschiedenen symptomatischen Therapieansätzen. Unter einer Therapie mit Sauerstoffgabe, Prednisolon (60 mg/m2/d) und einem Erythrozytenkonzentrat konnte das Mädchen stabilisiert und die Diagnostik durch eine PET-CT ergänzt werden. Diese zeigte eine zentral nekrotische, randständig stoffwechselaktive Raumforderung, intrapulmonale Herde, multiple supradiaphragmale Lymphknotenmanifestationen und eine Aktivierung des Knochenmarks. Bei klinisch und radiologisch deutlicher Befundbesserung erfolgte 5 Tage nach Aufnahme die Biopsie eines zervikalen Lymphknotens. Hier zeigte sich in der Schnellschnittdiagnostik zunächst nur eine granulomatöse Entzündung, die Aufarbeitung erbrachte die Diagnose eines klassischen HL. Die Patientin wird seither entsprechend ihres Stadiums (IV) im Treatment-Level 3 des EuroNet-PHL-C2-Protokolls behandelt und hat keinen Sauerstoffbedarf mehr.
Zusammenfassung
Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel sind ungewöhnliche Begleitsymptome der Erstmanifestation eines HL. Inwiefern die Infektsaison und COVID-19-Pandemie die Diagnose verzögert und damit eine frühere Diagnose in einem niedrigeren Stadium verhindert haben bleibt unklar.
Hintergrund
Das Ziel der WHO, die Masern zu eliminieren ist weiter unerreicht: 2018 starben weltweit bei etwa 10 Millionen Infektionen 140.000 Menschen an Masern, davon größtenteils Kinder unter fünf Jahren. [1]
Die erste Impfung gegen Masern mit Masern-Mumps-Röteln-Lebendvakzine wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat, bzw. bei Besuch einer Kindertagesstätte ab dem 9. Lebensmonat, empfohlen. Gegenüber Masern exponierte Kinder können nach dem vollendeten 6. Lebensmonat geimpft werden.
Für Säuglinge, die jünger als 6 Monate alt sind und Masern exponiert wurden empfiehlt die STIKO die intravenöse (i.v.) Gabe von 400mg Immunglobulinen (IVIG) pro Kilogramm Körpergewicht (kg KG) als Postexpositionspropyhylaxe (PEP). [3] Um die Wirksamkeit einer nachfolgenden MMR-Lebendimpfung sicherzustellen, wird diese von der STIKO bisher erst 8 Monate nach IVIG-Gabe empfohlen. [3,4]
Fragestellung
Da die Notwendigkeit mit der Lebendimpfung 8 Monate nach IVIG-Gabe zu warten nie empirisch belegt wurde, soll in der Studie „WIN – Wann Impfung Nach IVIG?“ geprüft werden, ob Kinder bereits vier Monate nach IVIG-Gabe aktiv mit MMR-Vakzine geimpft werden können. Wir vermuten, dass bei einer Halbwertzeit i.v. verabreichter Immunglobuline von etwa 3 Wochen ein Abfall der IgG-Konzentration in den Bereich des insuffizienten Schutzes von 0,2 IU/ml IgG-Antikörper gegen Masern nach etwa 4 Monaten auftritt. Zu diesem Zeitpunkt wären die Kinder nicht mehr gegen Masern geschützt und die Lebendimpfung mit MMR-Vakzine sollte dann einen aktiven Impfschutz vermitteln.
Gleichzeitig soll diese Studie erfassen, ob durch das neue Masernschutzgesetz die Inzidenz von Masern-exponierten Säuglingen rückläufig ist.
Durchführung
Die Studie wird ausgehend von der Charité Berlin und mit Unterstützung durch das Robert-Koch-Institut (RKI) ab Mai 2020 in mehreren deutschlandweiten Kooperationszentren durchgeführt.
Masern-exponierten Säuglingen, die jünger als 6 Monate alt sind, wird vor IVIG Gabe Blut für die Masernserologie (ELISA und Focus Reduction Neutralisation Test (FRNT) (Referenzdiagnostik des RKI)) entnommen. Speichel und Urin werden mit RT-PCR auf Masernviren untersucht. Bei einem Kontrolltermin nach 4 Monaten werden die spezifischen IgG-Konzentrationen gegen Masern erneut bestimmt (ELISA und FRNT). Sofern diese unter 0,2 IU/ml gefallen sind, werden die Patienten mit MMR-Lebendvakzine geimpft. Der Impferfolg wird 6 Wochen später durch erneute Bestimmung der spezifischen IgG-Konzentrationen überprüft.
Korrespondenzautor
Prof. Dr. Horst von Bernuth
Email horst.von-bernuth@charite.de
Tel +4930450566931
Fax +4930450566631
Background: Measles is one of the most infectious diseases, which can cause serious illness, lifelong complications, even death. Since 1998, Germany has been striving to achieve the WHO goal to eliminate measles. Although the implementation of vaccination programs increased vaccination rates, drastically reducing measles incidence in Germany (from 6039 infections in 2001 to 2465 infections in 2015), there has been a global resurgence of measles outbreaks. Due to the high infectivity of measles, vaccination coverage rates must be ≥95% for both doses to break the transmission and reduce its incidence. The 2017 school entrance examination in Germany showed 97.1% measles vaccination rate for 1st dose and only 92.8% for 2nd dose, thereby missing the target.
Objective: This narrative review discusses the latest measure taken by Germany to control measles infections and its possible impact on future vaccinations.
Methods: A rapid appraisal of challenges and solutions to achieve elimination of measles was performed. For this, a comprehensive search of the available literature published up to 2019 in English was executed, using separate terms for public perspectives, hesitancy, challenges. Information from local literature and online SurvStat@RKI 2.0 databank were included in the research.
Results: Observed reasons for insufficient vaccination coverage were hesitancy, parents’ affected perception of the risks of the disease and inadequate compliance (e.g. under-served/unvaccinated populations, non-compliance for 2nd dose). The latest measure taken by Germany to increase vaccination coverage and reduce immunity gap was to introduce mandatory measles mumps rubella (MMR) vaccination, through the Measles Protection Act. In effect as of 01-March-2020, this Act stipulates that all persons born after 1970 who are cared for or work in a community facility, and those working in healthcare facilities must provide proof of measles immunity. While compulsory vaccination avoids putting other people’s health at risk, it may also lead to unintended consequences (e.g. high coverage of mandatory vaccines but lower than needed coverage of recommended ones). Differential programs could negatively affect the vaccine uptake (parents becoming more vaccine resistant). A recent German study showed that mandatory immunization can increase the anger/resistance of some individuals and decrease their intention to accept other recommended vaccines. Credible communication and increased knowledge of diseases amongst the public could avoid such potential side effects.
Conclusion: Despite the availability of safe and effective MMR vaccines, many challenges remain to eradicate measles, insufficient vaccination rates being the main cause for eradication failure. The implementation of mandatory measles vaccination could circumvent this issue, but it also comes with risks. The next years will show how this law will affect vaccination behavior in Germany.
Zielsetzung:
Das Kawasaki-Syndrom (KS) ist eine Erkrankung, an der in der Regel Kinder im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren erkranken. Das Vorhandensein verschiedener Haupt- und Nebenkriterien hilft bei der Diagnosestellung. Die Risikoeinschätzung mittels Kobayashi Score entscheidet über das initiale Therapieregime.
Im vorliegenden Fall berichten wir über ein atypisches KS.
Methoden:
Aufnahme eines bisher unauffälligen und normal entwickelten 3-monatigen männlichen Säuglings mit seit einem Tag bestehendem Fieber bis 38,7 °C, Rhinitis, Diarrhoe und Trinkverweigerung.
Aufnahmebefund: Wach, aufmerksam, Körpertemperatur 37,7 °C, blasses Hautkolorit, dezentes Exanthem im Windelbereich, HF 174/min, sonst unauffälliger Untersuchungsbefund.
Initiale Laborauffälligkeiten: Leukozyten 20,5 /nl, C-reaktives Protein (CRP) 2,70 mg/dl, GOT 609 U/l, GPT 193 U/l, G-GT 133 U/l. Unauffällige Sonographie des Abdomens. Unter dem Verdacht einer Gastroenteritis erfolgte eine supportive Therapie. Im Verlauf von 36 Stunden klinische Verschlechterung mit reduziertem Allgemeinzustand, Irritabilität, Entwicklung eines stammbetonten Exanthems mit Plantar- und Palmarerythem und beidseitiger Rötung der Konjunktiven, sowie Tachykardie bis 210 /min. Laborchemisch Anstieg des CRPs auf 8,9 mg/dl, NT-pro-BNP 6194 ng/l, unverändert erhöhte Transaminasen. Liquorpunktion: Leukozyten 111/µl, Eiweiß 63 mg/dl. Kein Erregernachweis, unauffällige Echokardiographie (Kobayashi Score: 5/11).
Bei Verdacht auf ein atypisches KS Therapie mit Immunglobulinen (Ig) 2 g/kg und ASS 30 mg/kg. Unter der Therapie zunehmende ausgeprägte Sinustachykardie auf maximal 240 /min. Erfolgreiche Senkung der Herzfrequenz mit Volumensubstituton unter Sedierung mit Phenobarbital.
Nach einer zweiten Ig-Gabe und intravenöser Therapie mit Prednisolon anhaltende Entfieberung, Exanthem, Sinustachykardie und die erhöhten Laborwerte rückläufig. Entlassung in gutem Allgemeinzustand am 9. stationären Tag.
Im Verlauf keine Koronaraneurysmen, insgesamt altersgerechte unauffällige Entwicklung.
Diskussion:
Der vorliegende Fall zeigt die Manifestation eines KS in inkompletter/atypischer Form.
Gastrointestinale Beschwerden treten bei diesen Verläufen gehäuft auf, eine Begleithepatitis ist möglich.
Aseptische Meningitiden können auftreten, differentialdiagnostisch ist an eine durch die Ig-Therapie verursachte Liquor-Leukozytose zu denken.
Die Vielfalt der möglichen Organbeteiligungen sowie das junge Alter können zu einer verspäteten Diagnose und schwerwiegenden Komplikationen führen.
Hintergrund: Die ständige Impfkommission (STIKO) empfahl bis August 2015 für alle Kinder bis zu 24 Lebensmonaten (LM) eine Pneumokokken-Konjugatimpfung im sogenannten 3+1 Schema, mit Impfungen im Alter von 2, 3, 4 und 11-14 LM. Im August 2015 wurde das Impfschema für alle reifgeborenen Kinder um eine Dosis reduziert (2+1 Schema mit Impfungen im Alter von 2, 4 und 11-14 LM). Die Rationale hierfür war, dass trotz einer möglicherweise geringeren Effektivität des 2+1 Schemas den Kindern eine Impfung weniger verabreicht werden muss, assoziiert mit Kosteneinsparungen und der Annahme einer besseren Impfakzeptanz.
Fragestellung: Ziel der Studie ist es, Impfraten reifgeborener Kinder der Geburtskohorten 2013 (3+1 Schema empfohlen) und 2016 (2+1 Schema empfohlen) zu ermitteln, sowie die Einhaltung der empfohlenen Impf-Zeitfenster zu prüfen und miteinander zu vergleichen. Dargestellt sind die Ergebnisse der Nachbeobachtung von jeweils 24 LM.
Methoden: Retrospektive Datenbankanalyse (InGef, Institut für angewandte Versorgungsforschung Berlin) von Abrechnungsdaten einer für Deutschland bezüglich Alter und Geschlecht repräsentativen Stichprobe mit mehr als 4 Millionen gesetzlich Krankenversicherten. Studienpopulation waren alle Kinder der Stichprobe, die entweder zwischen 1.1.2013-31.12.2013 oder zwischen 1.1.2016-31.12.2016 reifgeboren und im Beobachtungszeitraum (individuell 24 LM) durchgängig versichert waren. Kinder mit mind. einer Pneumokokken-Impfung (Impfziffer 89118 oder 89120) galten als geimpft. Studienendpunkte waren die Impfrate (Anteil der pro Dosis geimpften Kinder) sowie die Einhaltung der empfohlenen Impfzeiträume.
Ergebnisse: 90,9% (91,2%, in Klammern jeweils die Daten der Geburtskohorte 2013) der Kinder erhielten bis zum Alter von 24 LM mind. eine Pneumokokken-Impfung, 9,1% (8,8%) erhielten keine. Eine Booster-Impfung entsprechend dem 3+1 Schema erhielten 67,7% der in 2013 geborenen Kinder. Insgesamt nur 75,6% der in 2016 geborenen Kinder erhielten eine Booster-Impfung, 71,7% nach dem 2+1 Schema und 3,9% nach dem 3+1 Schema. Von den geimpften Kindern erhielten 51,1% (44,2%) die 1. Dosis gemäß STIKO im Alter von 2 LM. Der Booster im Alter von 11-14 LM erfolgte bei 46,3% (45,1%) der Kinder zeitgerecht entsprechend der STIKO-Empfehlung.
Schlussfolgerungen: Bei reifgeborenen Kindern ist die STIKO-Empfehlung zum 2+1 Schema der Pneumokokken-Impfung weitgehend umgesetzt worden. Der Anteil der ungeimpften Kinder blieb jedoch konstant bei ca. 9%. Bei der Booster-Impfung im 2. Lebensjahr konnte eine leichte Steigerung der Impfrate beobachtet werden. Allerdings erhielten rund 24% der in 2016 reifgeborenen Kinder keine oder eine unvollständige Pneumokokken-Impfung. Beim Anteil der zeitgerecht geimpften Kinder zeigte sich für die 1. Dosis ein signifikanter Unterschied, was jedoch nicht für die Booster-Impfung zutraf. Es gibt somit bisher keinen Hinweis, dass die Reduktion des Impfschemas zu einer substantiell besseren Impfakzeptanz geführt hat.
Problem: Trotz explodierender Fallzahlen von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen gibt es wenig Publikationen zu erkrankten Kindern.
Methodik: Literaturrecherche.
Ergebnis:
COVID-19 ist auch eine systemische Gefäßentzündung.
SARS-CoV-2-Infektionen lösen nicht nur Pneumonie, sondern auch Endothelitis in den verschiedenen Organen aus – mit fatalen Folgen (Autopsie von COVID-19-Patienten).
Normalerweise erkranken in D @ 9/100.000 Kinder/Jahr am Kawasaki-Syndrom. Nun gibt es aus von der Coronavirus-Pandemie besonders stark betroffenen Ländern Warnungen auf steigende Fallzahlen. Festzuhalten ist zunächst: Insgesamt bleibt die Erkrankung immer noch selten u. Kinder sind von Covid-19 deutlich weniger betroffen als z.B. Senioren. Aber ein Zusammenhang zwischen der Zunahme der Fälle des Kawasaki-Syndroms u. SARS-CoV-2 ist naheliegend. Es passt auch gut zu den Hinweisen, dass SARS-CoV-2 offenbar auch bei Erwachsenen die Gefäße befällt u. dort eine Entzündung auslöst.
In UK warnte der NHS, dass in den vergangenen 3 Wochen die Zahl von Kindern mit einer Multisystem-Entzündung, die einer intensivmedizinischen Versorgung bedurfte, gestiegen ist. Es bestehe die wachsende Sorge, dass ein SARS-CoV-2-assoziiertes Entzündungssyndrom bei den Kindern auftritt oder dass ein anderer, noch nicht identifizierter, infektiöser Erreger mit diesen Fällen in Verbindung gebracht werden könnte.
Auch aus Spanien u. Italien gibt es Warnungen. Ravelli/Genua berichtet am 24.04.20 über die italienische Gesellschaft für Pädiatrie über eine Zunahme der Fälle von Kindern mit Kawasaki-Syndrom in den letzten Wochen, v.a. in den am stärksten von Covid-19 betroffenen Gebieten des Landes. Es ist noch unklar, ob SARS-CoV-2 direkt an der Entwicklung beteiligt ist. Auch eine Sekundärinfektion sei möglich. Von einem zufälligen Geschehen sei aber nicht auszugehen u. ein Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie naheliegend.
Die Asociación Española de Pediatría (AEP), informierte am 28.04.20 über seltene Schockfälle bei Kindern. Das Krankheitsbild sei anfangs durch Fieber, Erbrechen o. möglicherweise nur durch Bauchschmerzen, Hautausschlag, rote Augen u. schlechten AZ gekennzeichnet. Man kenne die Ursache noch nicht. Auch die AEP bringt bakterielle Infektionen ins Spiel, die sich als Sekundärinfektion auf die Viruserkrankung entwickeln könnten.
Natürlich stellt sich die Frage, ob es auch in Deutschland ähnliche Beobachtungen gibt. In einem Survey der DGPI zu hospitalisierten Kindern mit Covid-19 an deutschen Kinderkliniken, der seit dem 18.3.20 läuft, wurde bisher von drei Kindern mit vergleichbaren Krankheitsbildern berichtet. Detaillierte Daten mit weiteren Informationen zu diesen Fällen liegen derzeit nicht vor. Aktuell (Stand: 17. Kalenderwoche) Erhebung an 61 Kliniken, insgesamt 114 Kinder, von denen 12% eine intensivmedizinische Behandlung benötigen.
Konklusion:
Entwicklung auf KAWASAKI-Syndrom u. Auftreten schwerer Erkrankungen im Kindesalter wird weiter aufmerksam gemonitort.
Hintergrund:
Die Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) ist eine seltene immunologische Erkrankung, die leicht mit einer Sepsis verwechselt werden kann. Neben genetisch determinierten Formen einer HLH können verschiedene infektiöse Trigger zu einer sekundären HLH führen.
Fallbericht:
Ein 8 Monate alter männlicher Säugling mit antibiotikaresistentem Fieber wurde bei Lungenversagen zur Extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) Therapie verlegt. Leitsymptome und Befunde waren anhaltendes Fieber (> 40 °C), zunehmende Hepatosplenomegalie und zusätzlich einsetzende Panzytopenie (Hb 6,5 g/dl, Thrombozyten 32.000/µl, Leukozyten 2.700/µl, Granulozyten 800/µl). Im Labor zeigten sich ein erhöhtes Ferritin (1.020 µg/l), sCD25 (30.247 U/ml), CRP (195 mg/l) und Triglyzeride (3,58 mmol/l). Zunächst blieben sämtliche infektiologischen und immunologischen Untersuchungen bezüglich eines primären Immundefekts unauffällig. Ein Tumor oder eine Leukämie fanden sich nicht. In der Knochenmarkpunktion sah man eine ausgeprägte Hämophagozytose. Immunologische Hinweise für eine familiäre HLH zeigten sich bei z.B. normaler Degranulation von NK-Zellen und einer regelrechten Perforin Expression nicht. In einer erneuten breiten infektiologischen Diagnostik zeigte sich nach primär unaufälligen Befunden (Tbc-PCR, säurefeste Stäbchen) am 7. Tag unter ECMO ein positiver Gamma Interferon Assay. Auch ohne bestätigten Nachweis einer Tbc erfolgte bei beginnendem Multiorganversagen umgehend eine 4-fach tuberkulostatische Therapie. Im weiteren Verlauf wurde eine Tuberkulose bestätigt (säurefeste Stäbchen, PCR und Kultur in Borstel positiv). Das Kind blieb 4 Wochen an der ECMO und konnte 5 Tage nach Abgang extubiert werden. In den bildgebenden Untersuchungen zeigten sich typische Herde einer Miliartuberkulose (ZNS) sowie im rechten Lungenhilus. Die HLH-typischen Befunde bildeten sich innerhalb von 2 Wochen zurück. Bei der Mutter wurde eine Lungentuberkulose festgestellt. Nach einem Jahr wurde die tuberkulostatische Therapie beendet. Im Follow-up zeigte sich eine moderate, psychomototrische und sich bessernde Entwicklungsverzögerung.
Diskussion:
In diesem Fall eines Säuglings trafen zwei Mimiker aufeinander. Die Tbc ist für die sehr diversen klinischen Ausprägungen, z.B. in der Lunge, Knochen, Lymphknoten u.a. bekannt und die HLH ähnelt zunächst stark einer Sepsis. Tbc kann eine sekundäre HLH triggern und in einer PubMed Suche fanden sich 8 weitere Fälle. Dieser Fall berichtet nach unserer Kenntnis zum ersten Mal von einem erfolgreichen Einsatz einer ECMO bei einem Säugling.
Schlussfolgerung:
Bei Säuglingen sollte bei einem septischen Krankheitsbild mit Lungenversagen und Zeichen der HLH an eine Tuberkulose gedacht werden. Die ECMO kann eine Brückentherapie darstellen, bis die spezifische Infektion ausreichend kontrolliert ist.
Introduction: Persistently raised IL-6 with no resulting CRP-increase was observed in a healthy female term neonate (38+4 weeks of gestational age), that presented 7 hours postpartum with mild signs of respiratory distress. Due to raised IL-6 (1152 ng/l) neonatal infection was suspected and antibiotic treatment (ABx) was given using gentamicin/ ampicillin iv in standard doses for 5 and 7 days, respectively. Since day 2 of treatment the patient was clinically inconspicuous. Blood cultures stayed negative. CRP was below threshold (< 0.3 mg/l) at all times, while IL-6 remained high (48h: 905 ng/l, d5: 723 ng/l, d9: 713 ng/l, d11: 868 ng/l). The parents were non-consanguinous caucasians, the mother was healthy with no signs of immunological disease.
Methods: Since delayed IL-6-degradation has been observed due to diaplacentary transmission of maternal anti-IL-6-autoantibodies (anti-IL-6-AAB), this was the suspicion in our patient. To prove this hypothesis whole blood of the patient and her mother was stimulated in vitro with IL-6 in low (1 ng/ml) and higher concentrations (10 – 1000 ng/ml) and with IL-10 (10 ng/ml) as positive control. Transcription factor STAT3-phosphorylation was measured intracellularly by FACS analysis in monocytes and CD4+ T-cells. This stimulation was repeated using both sera with healthy control peripheral blood mononuclear cells (PBMCs). Finally, an anti-IL-6 antigen-specific ELISA was performed using serum of both patient and mother.
Results: Upon stimulation with IL-6 in low concentrations, no STAT3-phosphorylation was detected in whole blood of the patient or her mother or in presence of either of their sera in control PBMCs. Some degree of STAT3-phosphorylation was detected upon stimulation with IL-6 in higher concentrations. An anti-IL-6-IgG-AAB was detected in serum of both patient and mother by ELISA.
Discussion: Initial results showed functional blockade of IL-6-signaling. We postulated a maternal and diaplacentary transmitted anti-IL-6-AAB blocking the binding of IL-6 to its receptor (IL-6R) or gp130, inhibiting both signal transduction and IL-6-degradation in vivo. In an antigen-specific ELISA this AAB was demonstrated to be of the IgG subtype.
Clinical relevance of anti-IL-6-AABs is currently unclear. Case-reports describe an association with staphylococcal infections and even severe sepsis. In contrast, high titers of anti-IL-6-AABs have been claimed to exist in 0.1% of healthy blood donors, albeit without reporting results of functional assays. Therapeutical blockade of IL-6 or IL-6R does not lead to severe infections in the majority of patients.
We do, however, see a risk of ABx treatment being prolonged unnecessarily in neonates with persisting high levels of IL-6, due to blocked degradation. In patients with clinical signs of infection and/or raised IL-6 and no detectable CRP, testing should be done for anti-IL-6-AAB. Testing for IL-8 and PCT may support the decision to discontinue ABx in these cases.
Hintergrund:
Das COPA Syndrom ist eine 2015 entdeckte Immundysregulation autosomal dominanter Vererbung. Es kommt zu schwerwiegenden autoimmunologischen Krankheitsbildern variabler Ausprägung aus Polyarthritis, Nephritis und pulmonalen Manifestationen mit meist progredienter Lungenfibrose bis hin zu Lungentransplantation und teils tödlichen Verläufen mit Manifestation im Kindesalter. Wir beschreiben das Therapieregime und den Krankheitsverlauf einer Patientin und ihrer ebenfalls betroffenen Mutter. Patienteneinwilligungen lagen vor.
Fallvorstellung:
Bei der heute 15-jährigen Patientin wurde im 5. Lebensjahr eine seropositive Polyarthritis mit kutaner Vaskulitis und Lungenfibrose diagnostiziert. Ihre Mutter erkrankte mit 32 Jahren an ähnlichen Symptomen. Die Großmutter mütterlicherseits verstarb vor dem 50. Lebensjahr an einer unklaren Erkrankung, welche als systemischer Lupus erythematodes mit Lungenfibrose diagnostiziert wurde. 2016 wurde bei Mutter und Tochter ein COPA Syndrom diagnostiziert. Die initiale Therapie der Tochter erfolgte mit Hochdosis-Kortikosteroiden und Azathioprin, ohne dass eine Remission erreicht wurde. Unter B-Zell Depletion mit Rituximab und anschließender Immunregulation mit dem CTLA-4-IgG Abatacept, zeigte sich nach kurzer Remission ein Rezidiv. 2017 wurde die Indikation zur präemptiven B-Zell Depletion bei der Tochter, später auch bei der Mutter gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestand bei beiden Patientinnen ein ähnliches Krankheitsbild mit klinisch und serologisch deutlicher Krankheitsaktivität, Autoantikörperbildung und erhöhten Entzündungswerten. Die Therapie wurde im Verlauf angeglichen und umfasste folgende Medikamente: Prednisolon p.o., Azathioprin, Mykophenolat, Leflunomid und Dapson. Als B-Zell Depletion erhält die Tochter Rituximab, die Mutter Ofatumumab. Die Supportivtherapie beinhaltet Cotrimoxazol und subkutaner Immunglobulinsubstitution. Es zeigt sich ein sehr gutes Ansprechen der Patientinnen: serologisch Normalisierung der Entzündungswerte, deutlich rückläufige Autoantikörper, klinische Remission der Polyarthritis und Vaskulitis. Zudem kam es zu erstmalig gutem Ansprechen der initial rasant progredienten pulmonalen Symptome. Aktuelle Verlaufskontrolle: wird nachgereicht.
Schlussfolgerung:
Das COPA Syndrom ist eine seltene Erkrankung mit Verläufen ähnlich einer Autoinflammation oder einer Overlap-Erkrankung aus Polyarthritis und ANCA-assoziierter Vaskulitis mit Autoantikörperbildung. Schwerwiegende Verläufe machen eine Immunsuppression nötig. Bei unserer Patientin und ihrer Mutter konnten unter Therapie eine deutliche klinische Besserung erzielt werden und der entzündliche Anteil der pulmonalen Problematik gestoppt werden. Verlaufskontrollen müssen zeigen, ob der kleinzystische Umbau der Lunge sistiert oder ggf. weitere Therapieoptionen notwendig werden. Um den genauen Krankheitsmechanismus zu verstehen und Therapieoptionen zu evaluieren sind weitere Falluntersuchungen notwendig.
Background: Antibiotic exposure in early life has been associated with an increased risk of chronic conditions such as childhood obesity as well as with negative effects on the gut microbiota. To avoid inappropriate antibiotic prescribing, antimicrobial stewardship programs have been implemented. However, detailed information on potential changes, e.g., regarding first antibiotic use in life, is lacking.
Objective: To describe the time span between birth and first antibiotic prescription as well as the type of the first prescribed antibiotic agent in different birth cohorts in Germany (2004–2015).
Methods: Using the German Pharmacoepidemiological Research Database (GePaRD), covering ~17% of the German population, we identified children born between 2004 and 2015. Each newborn was followed until 2016 or end of enrolment in the database. Prescriptions of systemic antibiotics were identified based on outpatient drug dispensations. We estimated Kaplan–Meier curves to determine time to first antibiotic prescription in life and assessed the type of the first prescribed antibiotic agent.
Results: Among ~1.5 million newborns included overall, 55% received an antibiotic prescription before the age of two years. Children in more recent birth cohorts received the first antibiotic prescription later than those in less recent birth cohorts: The median age at first antibiotic prescription was 18 months for children born in 2004 and 24 months for those born in 2014. Across all birth cohorts, amoxicillin and the broad-spectrum antibiotic cefaclor were the most frequently prescribed first-in-life antibiotics, and their proportions rose between 2004 and 2014 (amoxicillin: from 31% to 37%; cefaclor: from 20% to 29%). An increasing proportion was also observed for the broad-spectrum antibiotic cefuroxime (2% in 2004 and 6% in 2014), whereas it decreased for the narrow-spectrum antibiotics erythromycin (13% in 2004 and 6% in 2014) and phenoxymethylpenicillin (7% in 2004 and 4% in 2014).
Conclusions: Our study showed that the age at first antibiotic prescription has increased over the years, but the proportion of broad-spectrum antibiotics prescribed as first-in-life antibiotic agents continues to be at a high and further increasing level. The appropriateness of this prescribing behavior requires further monitoring to ensure rational antibiotic prescribing in early life.
Hintergrund
Spontane Milzrupturen im Kindes- und Jugendalter sind extrem selten. Es sind nur ca. 30 pädiatrische Fälle beschrieben. Als Risikofaktoren wurden u.a. Infektionen (z.B. EBV) und maligne Erkrankungen beschrieben.
Fallbericht
14-jährige Patientin mit plötzlich einsetzenden Bauchschmerzen und darauffolgendem Kollaps. Vor einer Woche fieberhafter Infekt ohne Fokus. Keine Vorerkrankungen, kein Trauma.
Bei Aufnahme reduzierter Allgemeinzustand, arterielle Hypotonie (RR 80/40 mmHg) und Tachykardie. Starker Druckschmerz mit Abwehrspannung im rechten Unterbauch, übrige internistische Untersuchung unauffällig.
Sonografisch große Menge freier Flüssigkeit sowie Ovarialzyste rechts. Die parenchymatösen Organe wurden bis auf eine Splenomegalie zunächst als unauffällig beschrieben.
Im Labor Leukozytose (17 000 / µl mit 12% atypischen Lymphozyten), Hb 11,2 g / dl, CRP negativ. Ferner Transaminasenerhöhung (GOT 132 U/l, GPT 58 U/l), restliche Werte unauffällig.
Bei V.a. Ovarialtorsion sofortige Laparoskopie. Intraoperativ Appendix und nicht stielgedrehte Ovarialzyste. Vielmehr konnte eine langstreckige Milzruptur mit aktiver Blutung als Beschwerdeursache identifiziert werden. Daraufhin Laparotomie und Splenektomie. Ein organerhaltendes Vorgehen war nicht möglich.
Postoperativ Überwachung auf der Intensivstation, zwischenzeitlich Hb-Abfall auf 6 g/dl, zweimalige Transfusion, weiterer Verlauf unkompliziert. Antibiotische Dauerprophylaxe und Komplettierung Impfschutz gemäß Asplenie-Empfehlungen des RKI.
Als Ursache der spontanen Milzruptur stellte sich retrospektiv eine vorausgehende, oligosymptomatische EBV-Infektion mit massiver Splenomegalie heraus: Zurückliegender fieberhafter Infekt ohne Fokus, Milzgröße 18 x 9 x 7 cm, Transaminasenerhöhung, positive EBV-Serologie sowie histologisch im Milzparenchym Hinweise auf eine frische EBV-Infektion.
Diskussion
Diagnostische „Pitfalls“ in diesem Fall: 1) Seltenheit einer spontanen Milzruptur: Keine „gängige“ Differenzialdiagnose akuter Bauchschmerzen, wenn ein Trauma verneint wird. 2) Die zurückliegende EBV-Infektion war weder aus Anamnese noch aus dem Aufnahmebefund ersichtlich. 3) Druckschmerz im rechten Unterbauch und Nachweis einer Ovarialzyste ließen eine andere Ursache vermuten 4) Die sonografischen Veränderungen der Milz waren diskret und wurden zunächst übersehen.
Fazit:
1) Eine Milzruptur ist eine seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Ursache eines akuten Abdomens im Kindes- und Jugendalter. Sie sollte auch bei negativer Trauma-Anamnese und negativer EBV-Anamnese differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden.
2) Die sonografischen Veränderungen an der Milz sind gelegentlich nur diskret ausgeprägt und können leicht übersehen werden. Daher sollte bei Nachweis von freier Flüssigkeit unklarer Ursache und Kreislaufinstabilität zügig eine erweiterte Bildgebung (z.B. CT) und / oder eine diagnostische Laparoskopie erfolgen.
Hintergrund: Bei V.a. Meningitis/ Enzephalitis kann eine frühzeitige Identifikation verursachender Pathogene für das Überleben und Vermeidung von Folgeschäden entscheidend sein. Andererseits können kalkuliert verabreichte Breitbandantibiotika Resistenzen begünstigen. Die Sensitivität von Liquor- und Blutkultur bei der Erregeridentifikation ist jedoch gering und Ergebnisse liegen frühestens nach 2-3 Tagen vor. Ein 2015 erstzugelassener Schnelltest (Multiplex PCR Panel, MPP) ermöglicht die Identifikation von 14 versch. Erregern aus einer Liquorprobe in < 2 Std.
Fragestellungen: Führt die zusätzlich zur konventionellen Liquorkultur erfolgende Verwendung eines MPP bei V.a. entzündliche ZNS Erkrankung zu i.) Reduktion des Antibiotikaverbrauchs, ii) Verkürzung der stationären Behandlungsdauer, iii) Verbesserung der Behandlungsergebnisse?
Methoden: Bizentrische, retrospektive Kohortenstudie mit Einschluss von Patienten < 18 J. und klinisch vermuteter entzündlicher ZNS-Erkrankung. Studienzentren: Zwei in Ausstattung, Größe, Einzugsgebiet vergleichbare, ca. 40 km entfernte Kinderkliniken (KK1, KK2), einziger Unterschied ist die MPP-Verfügbarkeit (KK1 ja, KK2 nein). Einschluss aller 2017 und 2018 stationären Patienten, bei denen eine Lumbalpunktion aufgrund des V.a. entzündliche ZNS Erkrankung erfolgte. Das MPP wird in KK1 bei schwerer Erkrankung, HSV-Exposition u. Neonaten zusätzlich angewendet. Datenauswertung gemäß zuvor festgelegtem Statistist. Analyseplan.
Ergebnisse: Studienpopulation: 213 Patienten; 106 aus KK1, 107 aus KK2. Vergleichbares Alter: Median 7,4 J. in KK1, bzw. 6,1 J. in KK2. Keine signifikanten Unterschiede beider Subkohorten hinsichtlich Anteil von Neonaten, CrP bei Aufnahme und Behandlungsfrequenz auf der Intensivstation. Nachweis von 21 ZNS-Infektionen in KK1 (entspr. 19.8 %) bzw. 23 ZNS-Infektionen in KK2 (21.5 %; jew. ohne Neuroborreliose). 23 Direktnachweise pathogener Erreger; 11 in KK1 (7 viral, 4 bakteriell), 12 in KK2 (7 viral, 5 bakteriell). In KK1 9 von 11 Detektionen per MPP, d.h. in < 2 Std. (übrige zwei: 1 Keimnachweis simultan MPP/Kultur, 1 in MPP nicht enth. Borreliennachweis per single-PCR). Per MPP Nachweis 4 konventionell nicht nachweisbarer Erreger (2 HHV-6, 2 Humanes Parechovirus) mit Konsequenz rascher Deeskalation von Diagnostik u. Therapie. Nicht-signifikant geringerer Gesamtverbrauch an Antibiotika pro Patient in KK1 ggü. KK2 (KK1-Median 2,83 Tage, IQR 9,73 T.; KK2 3,33 T. IQR 8,00 T.; p = 0,793). Bei vergleichbarer Zahl mit Aciclovir anbehandelter Patienten (KK1 n =18, KK2 n =17) Nachweis einer signifikant kürzeren Behandlungsdauer mit Aciclovir in KK1 (Median 1.3 T., IQR 2.0 T.) ggü. KK2 (Median 2.7 T., IQR 1.3 T., p =0,0397). Kein Unterschied bzgl. stationärer Aufenthaltsdauer und Folgeschäden.
Schlussfolgerung: In unserem Kollektiv konnte durch die zusätzliche Verwendung von MPP Liquordiagnostik bei vermuteter entzündlicher ZNS-Erkrankung ein signifikant geringerer Aciclovirverbrauch gezeigt werden.
Hintergrund: Akute Ischämien der Akren sind im Kindesalter sehr selten. Sie erfordern rasches Handeln und sorgfältige Differentialdiagnosen, um bleibende Schäden zu vermeiden.
Fallbericht:
Anamnese: Ende März 2020 stellte sich ein 13-jähr. türkisches Mädchen mit Rötung, Schwellung und livider Verfärbung der Zehen beider Füße in der Notaufnahme vor. Trauma, sportliche Überlastung, Kälteexposition und Tragen enger Schuhe wurden verneint. Es bestanden keine Arthralgien, B-Symptome oder verminderte Belastbarkeit. Seit 2 Wochen fiel eine intermittierende Rötung der Wangen und des Dekolletés auf. Seit 2 d zunehmende Symptomatik der Füße. Keine Vorerkrankungen oder Medikamenteneinnahme. Familienanamnese leer.
Klinik: Guter Allgemeinzustand, beide Füße eiskalt. Alle Zehen beider Füße geschwollen, teils gerötet/weiß-blass/livide verfärbt, Motorik eingeschränkt. Dorsal drei dunkel verfärbte, 2-3mm messende Stellen. Rekap um 6 sec, Sensibilität intakt, Berührungsschmerz. Alle peripheren Pulse tastbar. Übriger pädiatrischer Befund unauffällig.
Diagnostik: Differentialdiagnostisch dachten wir an arteriellen Verschluss, Raynaud-Syndrom, Vaskulitis oder familiäres Mittelmeerfieber (FMF). Ein arterieller Verschluss konnte dopplersonographisch ausgeschlossen werden. Hinweise auf eine Vaskulitis gab es laborchemisch und sonographisch (Abdomen, Echo) nicht. Kein Anhalt für ein Antiphospholipid-Syndrom bei unauffälliger Blutgerinnung, Thrombozytenzahl und unauffälligen Autoantikörpern. Bei unauffälligem Serumamyloid-A und fehlenden Hinweisen auf ein FMF wurde auf eine genetische Untersuchung verzichtet. Seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie wurden in Italien gehäuft akute Ischämien der Akren bei Kindern beobachtet [1]. Die erste COVID-19-Serologie unserer Patientin und die Kontrolle nach 3 Wochen waren Ig-M und Ig-G negativ. Ebenso zeigten sich weitere Serologien IgM-negativ. Aktuell gehen wir von einer Typ-1-Interferonopathie, dem Chilblain-Lupus erythematodes aus. Die Genetik steht noch aus. Die Diagnosekriterien der Mayo Clinic (Schwellung > 24h, Erythem der Füße/Zehen, Beginn Ende März) treffen bei unserem Fall zu [2].
Therapie: Es erfolgte eine Therapie mit Amlodipin, Prednisolon und Ibuprofen. Nach wenigen Stunden besserte sich der Lokalbefund deutlich, nach 3 Wochen persistieren einige narbige Veränderungen im Bereich der Ulzerationen bei voller Motorik und Sensibilität.
Schlussfolgerungen: Dieser Fall zeigt, dass eine sorgfältige Abklärung wichtig ist, um die richtige Therapie einleiten und bleibende Schäden vermeiden zu können. Die Typ-1-Interferonopathie ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit chronischer Aktivierung von Typ-1-Interferonen, was zu systemischer Autoinflammation und -immunität führt. Dazu gehört u.a. Chilblain-Lupus [3]. Studien konnten positive Effekte durch Nifedipin und Pentoxyfyllin zeigen [4]. Aktuelle Studien testen den Einsatz der JAK-Inhibitoren Tofaxitinib, Ruxolitimin, die im Signalweg der Typ-1-IFN-Immunantwort eingreifen.
Einleitung:
Eine Infektion mit Influenzaviren ist eine der häufigsten viralen Erkrankungen bei Kindern in der Wintersaison. Meist ist die Symptomatik auf Fieber und Husten begrenzt, selten kommt es zu Komplikationen wie Pneumonien und Myositiden (1). Neurologische Komplikationen zeigen sich zumeist als febrile Anfälle aber auch als akute Enzephalitis. Enzephalopathien treten in sehr seltenen Fällen auf (2). Insbesondere während der pandemischen Grippe 2009 durch Influenza H1N1 gab es jedoch auch gehäuft Berichte von schweren neurologischen Manifestationen (3).
Methode:
Wir berichten über ein zuvor altersentsprechend entwickeltes dreijähriges Mädchen mit einer schweren Enzephalitis nach nachgewiesener Influenza-A-Infektion.
Es erfolgte die Verlegung in unsere Klinik nach 7 Tagen Fieber und zunehmender Somnolenz, Episoden schrillen Schreiens sowie Anarthrie und Dysphagie. Bei dortiger Aufnahme zeigte sich ein positiver Influenza-A Test.
Ergebnisse:
Liquoranalytisch zeigten sich im Status initial 39 Zellen mit nur minimal erhöhten Glucose- und Lactatwerten und normwertigem Protein, im ZNS-Panel kein Nachweis eines Erregers. In der wiederholten Lumbalpunktion nach 3 Tagen zeigte sich ein Normalbefund. Elektroenzephalographisch zeigte sich eine schwere Enzephalopathie.
Im cMRT stellte sich ein Hirnödem mit Diffusionsrestriktion im cerebellären Marklager dar. In Zusammenschau beider Befunde diskutieren wir eine autoimmunvermittelte Demyelinisierung (ADEM), differenzialdiagnostisch musste eine zytotoxische Genese sowie eine Enzephalitis durch Influenzaviren in Betracht gezogen werden. Im Liquor konnten keine ADEM-assoziierten Antikörper und keine Influenza-RNA nachgewiesen werden. Bildmorphologisch und elektroenzephalographisch zeigte sich bereits ab dem 6. Behandlungstag ein deutlicher Rückbildungstrend bei jedoch klinisch sehr zögerlichem Verlauf: Bei Entlassung in die Rehabilitationsklinik nach 16 Tagen waren Schlucken und Fixieren wieder möglich, jedoch zeigte sich weiterhin eine Anarthrie.
Diskussion:
Insgesamt erhärtete sich der Verdacht einer Influenza-Enzephalopathie.
Autoimmuinreaktionen auf der Grundlage von gegen Influenza gerichteten Antikörpern gegen Zellen in den Basalganglien sind in der Literatur beschrieben (4).
Neurologische Auswirkungen dieser Erkrankung zeigen kein einheitliches Bild und erschweren somit die Diagnosestellung (5). Mögliche therapeutische Ansätze (Oseltamivir, Glukokortikoide, Immunglobuline) sollten diskutiert werden.
Hintergrund
Infektionen mit dem pandemischen Sars-CoV-2 verlaufen bei Kindern nicht selten asymptomatisch, jedoch nehmen Berichte über schwere Verlaufsformen bei pädiatrischen Patienten zu. Aktuelle Publikationen zeigen zudem einen substanziellen Anteil von Coinfektionen mit mehreren Erregern zusätzlich zu Sars-CoV-2.
Fallbericht
Ein 10 Monate alter Säugling wurde wegen Schnupfen, Husten und Fieber ambulant vorgestellt. Anamnestisch erwähnenswert waren eine kürzlich aufgetretene fieberhafte Erkrankung beider Eltern und des älteren Geschwisters sowie eine Armenien-Reise wenige Wochen zuvor. Die Sars-CoV-2-PCR aus dem Rachenabstrich ergab ein schwach positives Ergebnis, daher erfolgten die Meldung ans Gesundheitsamt und die häusliche Quarantänisierung der ganzen Familie unter V.a. Covid-10. Drei Tage später berichteten die Eltern über schlechte Trinkleistung und anstoßende Atmung. Im Röntgen Thorax zeigte sich das Bild einer Lobärpneumonie mit Transparenzminderung im rechten Ober- und Mittelfeld ohne sonographischen Nachweis eines Pleurergusses. Daher erfolgte die stationäre Aufnahme unter strengen Insolationskautelen. Die laborchemisch deutlich erhöhten Entzündungszeichen (CRP 404 mg/l) waren mit Covid-19 und bakterieller Superinfektion vereinbar. Daher erfolgte die antiinfektive Therapie mit Imipenem und Vancomycin i.v. über 10 d und die ambulante Fortsetzung mit Amoxicillin/Clavulansäure. Bei hierunter persistierendem Fieber wurde eine niedrig dosierte Corticoidtherapie begonnen, welche zu einer anhaltenden Entfieberung führte. Bei der Kontrolle 5 d nach Entlassung zeigte sich im Thorax-CT das Bild einer karnifizierenden Pneumonie des Mittel- und Unterlappens mit Kontakt zu einer abgekapselten, luftgefüllten Pleuraempyemhöhle über eine Fistel und eine Konsolidierung im rechten Oberlappen. Aufgrund des guten Allgemeinzustands und der respiratorischen Stabilität entschieden wir uns für ein konservatives Vorgehen bei Fortsetzung der Therapie mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol unter engmaschiger Beobachtung.
Nach dem initial schwach positiven Nachweis von Sars-CoV-2-RNA blieben 5 erneute PCR-Untersuchungen aus Rachensekret und Stuhl sowie die Virus-Serologie (Sars-CoV-2-IgG/IgA) negativ , so dass retrospektiv von einem falsch positiven ersten Testergebnis auszugehen ist.
Diskussion/Schlussfolgerung
Die zur zum Nachweis einer Sars-CoV-2-Infektion herangezogenen Methoden weisen ein substanzielles Risiko falsch positiver Ergebnisse auf. Die große Variabilität der klinischen Verläufe und die begrenzten Erfahrungen mit der Krankheit erschweren die Diagnostik zusätzlich. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen in Bezug auf Ressourcenverbrauch, Exposition gegenüber tatsächlich Erkrankten, fraglich erworbenen Immunität und auf andere Familienmitglieder sollte stets auch an die Möglichkeit eines falsch positiven Befundes gedacht werden.
Hintergrund: Blutentnahmen bedeuten für Frühgeborene Stress, können Anämien auslösen und negative Auswirkungen auf die Kurz- und Langzeitentwicklung haben. Eine nicht-invasive Diagnostik bei Frühgeborenen ist daher wünschenswert. Wir wollen prüfen, ob flüchtige volatile Substanzen (volatile organic compounds, VOC), die im Körper bei physiologischen und pathophysiologischen Prozessen entstehen und über Haut, Urin, Stuhl bzw. Ausatemluft an die Umwelt abgegeben werden, als diagnostische Biomarker geeignet sind. Ziel ist es, eine nicht-invasive Methode zur VOC-Analyse von Windelinhalt zu entwickeln. Hierbei sind verschiedene Einflussfaktoren zu berücksichtigen.
Material und Methode: Es wurden VOC-Profile von 133 Stuhl- und Urinproben von insgesamt 12 Frühgeborenen sowie von 35 Pflegemittel- und Medikamentenproben mittels Multikapillarsäulen-gekoppelter Ionenmobilitätsspektrometrie (MCC/IMS) untersucht. Frühgeborene, die auf den neonatologischen Stationen des Universitätsklinikums Homburg betreut wurden und ein Geburtsgewicht < 2.000 g bzw. ein Gestationsalter < 32 Wochen hatten, wurden in die Studie eingeschlossen. Die statistische Auswertung der Daten wurde unter Verwendung des Mann-Whitney-U-Tests mit Bonferroni-Korrektur durchgeführt.
Ergebnisse: Wir konnten zeigen, dass sich mit Hilfe des MCC/IMS Windeln von Frühgeborenen anhand der enthaltenen Ausscheidungen (Stuhl, Urin oder beides) über VOC in einem Signifikanzlevel von p < 0,05 klassifizieren lassen. Es zeigte sich, dass die Dauer der Lagerung der Windel, aber auch Pflegemittel und die verabreichten Medikamente das VOC-Profil beeinflussen.
Diskussion: Wir haben eine Umgebungsluft-unabhängige Methode zur Messung von VOC an Bioproben in Windeln Frühgeborener mittels Multikapillarsäulen-gekoppelter Ionenmobilitätsspektrometrie (MCC/IMS) entwickelt. Die Ergebnisse stellen einen innovativen Ansatz zur nicht-invasiven Diagnostik in der Neonatologie dar. Durch Messung potentieller Einflussfaktoren wie Pflegemittel und Einwegmaterialien (Windeln) können die Signale der Bioproben korrekt zugeordnet werden. Von großer klinischer Bedeutung könnte die Anwendung der VOC-Analyse in der Diagnostik verschiedener Krankheitsentitäten, wie z.B. Infektionen sein. Die Methode birgt großes Potential und wird daher bei der Diagnostik weiterer Krankheitsbilder erprobt.
Schlussfolgerungen: Profile volatiler organischer Substanzen (VOC) können zuverlässig und Umgebungsluft-unabhängig an den Ausscheidungen von Frühgeborenen erhoben werden und könnten sich zur Suche nach Biomarkern in der Neonatologie eignen.
Background
Sacrococcygeal teratoma is the most common solid tumour in the neonatal period. Incidence is 1:30.000 - 170.000 live births with predominantly male patients. In one-third of the cases there is an association with urogenital anomalies like persistent urogenital sinus (UGS) or others like hip dysplasia (1). Non-immunological hydrops fetalis (NIHF) is a possible comorbidity factor.
Case report
This female premature was delivered via cesarean at 31 + 6 weeks of gestational age due to rapidly developing NIHF and anhydramnion with no consanguinity in the family history. The mother showed dyspnea and signs of lung edema as symptoms of mirror syndrome. In former prenatal screenings of the female fetus, there had been the suspicion of a sacrococcygeal tumor mass, which was later confirmed by fetal MRI. Ascites puncture was implemented immediately before cesarean section. After intubation and stabilization with fluid, ascites was drained, and packed red blood cells were transfused. On NICU, physical examination revealed systolic heart murmur, edematous genitalia and a palpable resistance in left lower abdomen. Bilateral renomegaly and hydronephrosis were detected on ultrasound as well as the previously known sacrococcygeal tumour mass. The infant was mechanically ventilated until day of life (DOL) 4. Ascites drainage was removed on DOL 8. On DOL 12 the patient presented a distended abdomen, plain abdominal x-ray showed pneumoperitoneum and the urinary catheter produced meconium, thus an urgent explorative laparotomy was conducted. Intraoperatively, erosion of the urinary catheter into the rectum was found. The extirpation of the mass required an additional perineal approach and the teratoma including the coccyx were resected. Closure of the rectum with a short Hartmann pouch and an end-colostomy were necessary. The eroded UGS was closed and a suprapubic urinary catheter was placed through the umbilicus. Pathology confirmed teratoma. A voiding-cystourethrogram showed UGS with a long common channel. The infant was discharged on DOL 55. Final reconstructive surgery of the intestine and the UGS was postponed until 1 and 2 years of age.
Conclusion
This case shows the functional relation of multiple disease entities of child and mother. NIHF in sacrococcygeal teratoma is usually due to high output failure. Apparently in this patient, fetal ascites evolved to the obstructive component of the tumor mass and contributed to NIHF development. Although, premature delivery is not of proven benefit in cases of NIHF, we chose an early delivery due to severe symptoms in both, child and mother. So far, the combination of Altman type IV sacrococcygeal teratoma with persistent urogenital sinus, associated NIHF and combined mirror syndrome has not been mentioned in current literature.
Methode: Analyse des Outcomes von Neugeborenen Reanimationen nach Einführung von Videobegleitung durch Assistenz- und Fachärzte der Neonatologie, sowie des Stress Levels der Beteiligten durch semistrukturierte Befindlichkeits- und Belastungsfragebögen sowie Reanimationsprotokolle, retrospektive Analyse der Transportfrequenz mittels Auswertung der Transport und Videobegleitungsprotokolle
Das Perinatal Zentrum im Friedrichshain betreut mehr als 6000 Geburten im Jahr an 3 Standorten. Notfalleinsätze bei komplizierter Erstversorgung oder Reanimationen sind der klinische Alltag. Oftmals war es schwierig, die aktuelle Situation des Neugeborenen und die Durchgeführten Interventionen gut einzuschätzen und telefonisch zu begleiten. Verantwortlich für die unmittelbare Erstversorgung der Neugeborenen sind in beiden externen Häusern Geburtsmediziner*innen und Anästhesist*innen. Diese werden 4 x pro Jahr im Neugeborenreanimation von den Kinderärzt*innen unserer Abteilung trainiert. Aufgrund von Kommunikationsproblemen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Fehleinschätzungen. Ein internes Notfallkommunikationstraining für alle Abteilungen verbesserte die Situation nur teilweise.
Unter der Annahme, das eine Videobegleitung der Erstversorgung vor Ort eine Verbesserung der Einschätzung durch unsere Ärzt*innen im Perinatal Zentrum ermöglicht, sowie der Vorstellung, dass eine fachliche Begleitung der Notfallsituation das Outcome des Neugeborenen verbessert, installierten wir in beiden Standorten Videokameras mit Webbasierter Bild -Übertragung, sowie eine telefonische Freisprechanlage. Ebenfalls wurde ein Kommunikationsleitfaden für die telefonische Betreuung erarbeitet.
Fragestellung:
1. Wurden durch die Videobegleitung weniger Notfalltransporte notwendig
2. Konnte das subjektive Sicherheitsgefühl verbessert und der Stresslevel der Kollegen in den zu versorgenden Geburtskliniken, verringert werden
3. Konnte durch die Begleitung eine nachvollziehbare Verbesserung der Erstversorgung oder Reanimation nachgewiesen werden?
Ergebnisse: Befinden sich in der Auswertungsphase und liegen zum Kongress vor. Erste Erhebungen zeigen einen positiven Einfluss auf den Stress Level aller beteiligten sowie die Verringerung der Einsatzfrequenzen
Zusammenfassung:
Begleitung einer komplizierten Erstversorgung durch Assistenz- und Fachärzte mittels Live Video und Audio in Geburtskliniken ohne kinderärztliche Präsenz scheint einen positiveren Einfluss auf die Arbeitsbedingungen, Transportfrequenz und die Einhaltungen der ERC- Richtlinien zu haben.
Fallbericht: Wir übernahmen ein einjähriges, aufgrund einer onkologischen Grunderkrankung immunsupprimiertes Mädchen in deutlich reduziertem Allgemeinzustand mit drohendem respiratorischen Versagen auf unsere Intensivstation. Die Patientin befand sich zum Aufnahmezeitpunkt in einer absoluten Neutropenie und war bereits antibiotisch behandelt. Bei Verdacht auf eine Candida-Sepsis begannen wir zusätzlich eine antimykotische Therapie. Im Verlauf gelang der Nachweis von Candida in der Blutkultur mit ebenfalls positivem Candida-Antigen. Das Mädchen entwickelte ein Multiorganversagen mit notwendiger maschineller Beatmung sowie Hämodialyse. Im Rahmen des Wiederanstieges der Leukozyten entwickelte sich ein ausgeprägtes SIRS mit Vasoplegie, welches katecholaminresistent war. Daher entschieden wir uns für einen individuellen Therapieversuch mit Methylenblau und Terlipressin. Zunächst wurde ein Methylenblau-Bolus (5mg/kg) verabreicht, nach 30 Minuten lag weiterhin eine ausgeprägte Hypotonie vor, weshalb eine kontinuierliche Gabe von Terlipressin erfolgte. Innerhalb der nächsten Stunde stieg der arterielle Mitteldruck deutlich an und die Terlipressin- und Noradrenalindosen konnten über die nächsten Stunden deeskaliert werden. Wir führten diesen Effekt zumindest teilweise auf die Wirkung des Methylenblau zurück und begannen eine kontinuierliche Gabe von 0,45mg/kg/h. Hierunter konnte nach 36h die Gabe von Noradrenalin beendet und die von Terlipressin deutlich reduziert werden. Im weiteren Verlauf kam es nicht erneut zu einer Vasoplegie.
Literaturreview: Für den Einsatz von Methylenblau in der Therapie des vasoplegen Schockes beim Kind liegt keine Evidenz vor. Die spärliche Datenlage besteht aus positiven Fallberichten aus mehreren Jahrzehnten von der Anwendung in der neonatalen Sepsis, im septischen Schock bei einem Kleinkind, sowie im vasoplegen Schock nach Nierentransplantation bei einer Jugendlichen bzw. nach Herztransplantation bei einem Kleinkind.
Betrachtet man die Daten aus der Erwachsenenmedizin fällt auf, dass Methylenblau in der S3-Leitlinie Sepsis von 2018 keine Erwähnung findet, wohingegen die IAG Schock der DIVI 2005 den probatorischen Einsatz von Methylenblau im septischen, noradrenalinrefraktären Schock als gerechtfertigt sieht. Die S3-Leitlinie zur intensivmedizinischen Versorgung herzchirurgischer Patienten von 2018 schreibt, dass Methylenblau ebenso wie andere Vasopressoren zu einem Anstieg des arteriellen Mitteldruckes führt, jedoch bestehe aufgrund der uneindeutigen Studienlage Unklarheit, ob sich die Ergebnisse bei Patienten durch den Einsatz von Methylenblau verbessern.
Schlussfolgerung: Aus den vorliegenden Daten lässt sich keine allgemeingültige Handlungsempfehlung zur Gabe von Methylenblau im katecholaminresistenten, vasoplegen Schock im Kindesalter ableiten. Die Erwägung einer additiven Gabe scheint aber bis zum Vorliegen weiterer Daten, vorallem aufgrund des bisher als gering beschriebenen Nebenwirkungsspektrums, gerechtfertigt.
Hintergrund: Bei der Versorgung von Neugeborenen reicht das Spektrum von einer „natürlichen“ und von Hebammen begleiteten Geburt bis hin zur Maximalversorgung extrem unreifer oder schwerkranker Kinder unter Einbezug entsprechender personeller und technischer Ressourcen. Die Primärstudienlage bei Hochrisikogeburten (u.a. Geburtsgewicht <1500 g) deutet auf einen Zusammenhang zwischen neonatalem Outcome und Fallmenge bzw. Zentralisierungsgrad hin. Mit der dazugehörigen Mindestmenge hat der Gesetzgeber der Studiensituation Rechnung getragen und die Versorgung von Geburten mit Geburtsgewicht <1250 g an eine definierte Menge von 14 Fällen gebunden. Vor diesem Hintergrund wird ebenfalls über das Verhältnis zwischen Fallmenge und Outcome bei Reifgeborenen/ Niedrig-Risiko-Geburten diskutiert.
Fragestellung: Besteht ein Zusammenhang zwischen der Fallmenge einer Geburtsklinik (primäre Exposition) und Behandlungsqualität, definiert als kindliche und/oder mütterliche Sterblichkeit (primäres Outcome) bei explizit reifgeborenen Niedrigrisikogeburten sowie unselektierten Geburtskohorten?
Methode: Von März bis Mai 2018 (Update Mai 2020 geplant) führten die Autoren ein systematisches Review durch. Nach der Registrierung bei PROSPERO erfolgte die systematische Suche in den Datenbanken Medline und Embase. Eingeschlossen wurden Studien, die mindestens maternale oder kindliche Sterblichkeit im Zusammenhang mit der Fallmenge untersuchten. Sekundäre Outcomes waren u.a. Kaiserschnittraten, Geburtskomplikationen, Wiederaufnahmen und Entwicklungsverzögerungen. Um eine Vergleichbarkeit des Settings sowie der Zeiträume zu gewährleisten, wurden nur Studien aus Ländern herangezogen, deren Neonatalsterblichkeit <5/1000 Geburten liegt und mit einem Publikationsdatum zwischen 2000 und April 2018. Die PRISMA-Methodenstandards kamen bei der Durchführung des Reviews zur Anwendung.
Ergebnisse: Von 6.464 Treffern wurden nach einem mehrstufigen Auswahlprozess 10 Studien / 11 Publikationen zu obengenannter Fragestellung eingeschlossen. Die Untersuchungen wurden hauptsächlich in Westeuropa durchgeführt und basierten primär auf Geburtsregistern und deuten nach der qualitativen Analyse auf ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko vor allem in sehr kleinen und kleinen Geburtskliniken hin. Eine Meta-Analyse konnte aufgrund inhaltlicher Heterogenität bei der Bestimmung von Fallschwellen, Mortalitätsdefinitionen und Adjustierungen nicht durchgeführt werden. Ein Vergleich der heterogenen Studienergebnisse wurde dadurch sehr erschwert. Für kleine und insbesondere sehr kleine Häuser zeigten sich Hinweise auf ein höheres Sterblichkeitsrisiko, während die Zahl der Kaiserschnitte in sehr kleinen und kleinen Krankenhäusern niedriger ist. In 3 von 4 Studien lag eine erhöhte 7-Tages-Mortalität vor und 4 von 7 Studien zeigten Hinweise auf eine erhöhte 28-Tages-Mortalität in kleinen und sehr kleinen Kliniken.
Diskussion: Grundsätzlich gibt es für den Zusammenhang zwischen dem neonatalen Outcome Reifgeborener und der Fallzahl von Geburtskliniken deutlich weniger Studienevidenz als für die Frühgeborenen. Das Review zeigte, dass ein tendenziell höheres Sterblichkeitsrisiko in sehr kleinen und kleinen Geburtskliniken vorliegt. Zugleich war der übergeordnete Vergleich der Evidenz aufgrund unterschiedlicher Adjustierung sowie differenten Definitionen zu „großen“ und „kleinen“ Kliniken und den gewählten Referenzbereichen sehr erschwert. Aufgrund dieser Limitationen sowie der Nicht-Betrachtung struktureller und organisationsbezogener Charakteristika (Bsp. Verlegungsstrategie, Stadt-Land-Unterschiede) verhindern eine generalisierbare Bewertung eines mortalitätsrelevanten Zusammenhangs zwischen Fallmenge und Outcome bei Reifgeborenen.
Praktische Implikation: Trotz beträchtlicher Heterogenität und qualitativen Einschränkungen bei der Studienmethodik deutet die derzeitige Studienlage auf höhere Mortalitätsraten von Termingeborenen in kleinen und sehr kleinen Kliniken mit Geburtszahlen von <1.000 pro Jahr. Um neben weiteren Studien eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse unter¬schiedlicher Konzentration geburtshilflicher Versorgung zu erreichen, wäre die Gründung eines europäischen Geburtenregisters ein wichtiger Schritt, weil dadurch die erheblichen Unterschiede in den Endpunkten der Studien weniger ins Gewicht fallen würden und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse optimiert stattfinden kann.
Problemstellung:
Schulsport wird gegenwärtig weder dem Anspruch gesunder noch chronisch kranker Kinder gerecht u. repräsentiert ein wesentliches, leider aber weitgehend ungenutztes Präventionsprogramm in der Erziehung zu einem gesunden Lebensstil (Bevölkerungsstrategie).
Methodik:
Umfangreiche eigene Studien zum intensivierten Schulsport (BREGASS-Studie) u. zur Sporttherapie bei Kindern mit AHF, Dm1 u. Asthma bronchiale.
Ergebnis:
Für chronisch kranke Kinder ist der Stellenwert von Sport noch viel höher als bei gesunden Kindern: Gesundheit wird vorwiegend nach Sporttauglichkeit, nach gleichwertiger physischer Leistungsfähigkeit gesunder Altersgenossen, bewertet u. weniger nach Krankheitssymptomen. Des Weiteren ist Sport in geeigneter Form , wie auch eigene Studien zu AHF, Dm1 u. Asthma bronchiale dokumentieren, wesentliche Säule im Therapieregime chronischer Krankheiten im Kindesalter. Körperliche Leistungsschwäche hat ihre Ursache oft in ungerechtfertigter Sportrestriktion , zumeist nicht in der Erkrankung selbst. Körperliches Training behebt sie. Sport(therapie)-verbote sind einschneidendste Restriktionen. Ungerechtfertigt erhöhen sie die Betroffenheit chronisch kranker Kinder, beeinträchtigen sie deren motorische u. sozialintegrative Entwicklung, gefährden sie das zentripetale Versorgungskonzept u. Ziel „bedingter Gesundheit“. Aufgabe des Pädiaters ist die sachkundige Beurteilung der individuellen Belastbarkeit u. Sporttauglichkeit, um unnötige Gefährdungen zu vermeiden (regelmäßige sportmedizinische Gesundheitsüberprüfung, (Spiro)-Ergometrie). Bei Sportfreistellungen sollten möglichst nur Teilfreistellungen ausgesprochen werden: „Soviel Sport wie möglich, nur soviel Sportrestriktion wie notwendig!“ Die Entscheidung sollte immer individuell geprägt sein (personalisierte Medizin), Empfehlungstabellen sind nur Anhaltspunkt. Das ärztliche Attest sollte stets verständlich u. sportpädagogisch umsetzbar sein. Der Sportlehrer sollte v.a. im kindlichen Präventions- u. Rehabilitations-Sport, in allgemeiner (1. Hilfe) sowie spezieller krankheitsbezogener Hilfe geschult sein, wie z.B. bei belastungsinduzierter Bronchokonstriktion (Asthma) u. Hypoglykämie (Dm1), u. sollte Grundlagen der Hilfe bei Sportzwischenfällen mit chronisch kranken Kindern auch an Mitschüler weitergeben.
Konklusion:
1. Organisationsform u. Inhalte des Schulsportes müssen intensiviert u. gesundheitsorientiert werden –weg vom nur Leistungsgedanken.
2. Ausbildungs-Curricula der Sportwissenschaftler sollten mehr pädiatrische Sportmedizin u. Krankheitslehre beinhalten.
3. Pädiatrische Sportmedizin in Prävention u. Rehabilitation sollte als interdisziplinäre Pädiatrie u. als Rehabilitationsforschung chronisch kranker Kinder noch stärker in die Kinder- u. Jugendmedizin integriert werden. Es geht nicht nur darum chronisch kranke Kinder am Sport teilnehmen zu lassen sondern Bewegung u. Sport als wesentliches Behandlungsprinzip adäquat im Therapieregime gezielt einzusetzen.
Problem:
Kardiovaskuläre Infektionen sind stets von hoher Praxisrelevanz u. mit signifikanter Morbidität u. Mortalität assoziiert.
Methodik:
EbM-Literaturrecherche, Praxis-Fazit.
Ergebnisse:
Neues zu Endokarditisrisikokonstellationen: Eine große retrospektive Studie in UK (NHS-Daten) lieferte erstmals einen validen Risikovergleich u. somit wichtige Aspekte, die in zukünftigen Endokarditisprophylaxe-Empfehlungen Berücksichtigung finden dürften: Die Endokarditisinzidenz in UK lag bei 36 Fällen/1 Mio. Einwohner/Jahr, die Mortalität bei 17%. Die Endokarditisinzidenz war am höchsten bei Patienten mit vorausgegangener Endokarditis (266x höher als Referenzgruppe) u. hoch nach erfolgtem Klappenersatz (70x) oder Klappenrekonstruktion (77x), bei AHF mit Shunt-/Konduitversorgung (86x). Für Subgruppen mit bisher unklarem Risiko fanden sich sehr differente Inzidenzen – sehr hoch für Patienten mit Kunstherz/linksventrikulärem Assist-Device (LVAD, 124x), signifikant geringer für Patienten mit implantiertem Schrittmacher/Kardioverter-Defibrillator (10x) u. für Herztransplantierte (6x).
Neues zu Enterokoccus faecalis-Endokarditis: Studien belegen bei Vorliegen eines oder mehrerer Risikofaktoren für Endokarditis (Herzklappenprothese, OR 3,9; ambulant erworbene Bakteriämie OR 3,4; >/= 3 pos. Blutkulturen OR 3,7; unklare Eintrittspforte OR 2,4; monomikrobielle Bakteriämie OR 2,7; Immunsuppression OR 2,8) sollte bei Patienten mit E. faecalis-Bakteriämie ein TEE durchgeführt werden. Bei Patienten mit ambulant erworbener E. faecalis-Endokarditis u. unklarer Eintrittspforte/Fokus sollte bei Adulten eine Koloskopie erwogen werden (V.a. Assoziation bzw. 17-fach höhere Prävalenz für kolorektales Ca).
Neues zur oralen Therapie der Endokarditis: Trotz Landmark-Studie (POET) darf nun bei Endokarditispatienten keinesfalls die Therapie beliebig u. frühzeitig oralisiert werden! Vor allem bei Endokarditis bei Prothesenklappen u. durch Staphylokokken u. Enterokokken soll eine Oralisierung – bis Vorliegen weiterer Daten – nur in Einzelfällen u. unter engmaschiger Kontrolle erfolgen.
Neues zu Infektionen Kunstherz/linksventrikuläre Assist-Devices: Infektionen stellen eine häufige, schwierig zu behandelnde u. wiederkehrende Komplikation bei LVAD-Patienten dar. Suffizientes chirurgisches Débridement u. eine intensivierte Antibiotikatherapie (oftmals mit Biofilm-aktiven Substanzen) sind essentiell. Komplette oder fast komplette LVAD-Explantation ist Ultima Ratio. Nota bene: Kontrollierte LVAD-Infektion ist keine KI für eine HTX.
Fazit:
Im klinischen Alltag sollte in den identifizierten Endokarditis-Hochrisikogruppen der Anfangsverdacht für eine Endokarditis entsprechend hoch sein u. eine suffiziente diagnostische Abklärung erfolgen.
Die POET-Studie rüttelt am Dogma der i.v. Therapie der Endokarditis.
Bei Infektionen von Kunstherzen/LVAD enge Kooperation zwischen pädiatrisch/internistisch-infektiologischen Versorgern u. herzchirurgischen Transplantationszentren wichtig.
Problem:
2007 wesentliche Revision EP-Guidelines: EP nur noch bei erwartungsgemäß schwerem IE-Verlauf empfohlen (IIa,C). NICE/UK 3/2008 EP i.c. abgeschafft. Fragen: Auswirkung EP-Restriktion, EP-Umsetzung, Kontroverse um EP-Ausweitung?
Methodik:
Eigene Versorgungsforschung bei Zahnärzten (Endocarditis Prophylaxis in Interventions in Oropharynx/EPIO-Study), EbM-Literaturrecherche, Praxis-Fazit.
Ergebnis:
384 Zahnärzte geprüft (240 m., 144 w., Alter 25-64 J., 23 Kliniker, 361 Praktiker, standardisierte Befragung): ØWissen um EP bei dentalen Eingriffen nur ca. 38,6%, min.18,75,% u. max. 82,82%, ØUnwissen 61,4%. Kliniker nicht besser als Niedergelassene. Kenntnisse v.a. in EP-Indikation, kaum in Praxisumsetzung bei Risikostratifizierung von Patienten. Kaum Wissen um leitliniengerechte Präparate u. Dosierungen bei Kindern u. Erwachsenen bei Hochrisiko, bei Penizillinallergie. Meist Vermischung EP u. Therapie dentaler Infektionen; EP auch nach KHK-Reperfusion (PCI).
Allg. Anamnese meist nur schriftlich erhoben.
Populationsstatistiken zu totaler EP-Restriktion in UK: Methodisch erfasst alle 1xVerschreibungen Amoxicillin 3g/Clindamycin 600mg u. Hospitalisierungen mit IE 1/2004-3/2013, total 19804 Fälle. Verschreibungsdaten Antibiotika: vor NICE 3/2008: 10900, nach NICE 6 Monate: 1307, h.s. Einsparung 88%. Datenanalyse der IE-Inzidenz (Krankheitsausfälle) u. Todesfälle/10 Mio./Monate nach NICE: h.s. Anstieg der IE-Fälle/Monat über früheren Trend (0,11 Fälle/Mio./Monat, CI 0,05-0,16); 3/2013 extra beziffert 35 IE-Fälle/Monat. InPatient-Mortality potenzieller, n.s. Anstieg mit Extraberechnung von 1,5 IE-Tode/Monat bzw. 18 IE/Tode/Jahr. Hoch- u. Niedrig-Risikopatienten gleich betroffen.
Diskussion:
Aktuelle Daten Uni-HZ NRW (ESC) bestätigen eigene EPIO-Daten mangelnder EP-Umsetzung bei Zahnärzten.
Neue Daten aus UK suggerieren IE-Zunahme nach EP-Cancelung.
EMAH-Studien UK u. ALKK-Register D zeigen keinen Anstieg der IE-Inzidenz u. Rückgang der IE-Morbidität u. -Mortalität!
NRAHF: von 24.380 registrierten Patienten 231(1%) bereits eine IE, 25(11%) verstorben. 1/3 Überlebender hatte komplexen AHF, 1/3 TOF, 20% Aortenvitium u. 10% VSD. Verstorbene hatten am häufigsten (40%) komplexen AHF oder TOF(32%).
Epidemiolog. US-Daten: keine IE-Inzidenzzunahme, aber Erregershift zu Staph. aureus u. Enterokokken.
ESC-Leitlinie 2015 zur IE: Restriktive EP-Empfehlungen bestätigt.
NRAHF (D,UK): EP-Erinnerungserfordernis bei jeder Visite belegt.
Fazit:
IE weiter sehr ernste Erkrankung, Morbidität u. Letalität inakzeptabel hoch. Bei AHF
IE-Inzidenz -150x höher vs. Gesunden.
Konsequentere Umsetzung ESC-EP-Guidelines incl. Mund- u. allg. Hygiene zur Prävention gesundheitsassoziierter Infektionen.
Schulungen zu EP-Akzeptanz u. leitliniengerechter Durchführung v.a. bei Zahnärzten.
Gute Zahnpflege, Kontrollen. Zahnsanierung vor Herz-OP.
EP-Erinnerung bei jeder ärztlichen Visite.
Pathophysiolog. Besonderheiten konkreter AHF variieren EP-Procedere.
Körperliche Aktivität trägt wesentlich zu kardiovaskulärer Risikoreduktion in Primär- u. Sekundärprävention bei. Jedoch können kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) beim Sport mit erhöhter Mortalität, dem plötzlichen Herztod (SCD), assoziiert sein.
Methodik:
EbM-Literaturrecherche, eigene jahrelange Untersuchungen.
Ergebnis:
In einer Kohortenstudie (2019): 131.558 Pat. mit CVD vs. 310.240 ohne, FU 5,9 Jahre ergab sich für die Mortalität in Relation zu körperlicher Aktivität pro 500 MET x Min/Woche eine hochsign. 14 bzw. 7% Risikoreduktion in Sekundär- u. Primärprävention.
SCD: bei Sportlern ist definiert als nicht-traumatisches, unerwartetes, fatales Event < / = 1h nach Symptomen bei zuvor guter Gesundheit. Inzidenz beim Sport ist gesamt 4,6/Mio. Einwohner/Jahr (Männer 10,6; Frauen 0,4, junge Leistungssportler 9,8; junge allg. Bevölkerung 2,2). Altersverteilung beim Sport war beim Survey in Frankreich 2005-2010: n=820 SCD, 10-75 Jahre, junge Leistungssportler n=50/820 (6%), allg. Bevölkerung n=770/820 (94%). Ursachen sind in westlichen Ländern nach Häufigkeit altersabhängig KHK (75%, @50% Frauen u. Schwarze), Kardiomyopathien (10-15%, NIDCM, HCM, ARVC, etc.), Arrhythmiesyndrome (1-2%, LQTS, BrS, CPVT, ERS, etc.), valvuläre Herzerkrankungen (1-5%), u. andere.
Prognostischer Nutzen von körperlicher Aktivität bei stabiler KHK: CLARIFY prosp. französisches Register: n=32.370 amb. Pat., FU 5 Jahre, komb. Endpunkt CV Tod, MI, Schlaganfall: Anstrengende körperliche Aktivität 1-2x/Wo. →18% Risikoreduktion vs. leichter Aktivität.
Bei HFrEF ist nach RCT hochintensives Training (90-95% max. HR) moderatem (60-70% max. HF) nicht überlegen.
Körperliche Aktivität ist nach UK Biobank cohort (n=402.406 Personen) mit niedrigem Risiko für Vorhofflimmern u. Kammerarrhythmien assoziiert.
VES: Abklärung empfohlen bei VES >/= 2 in Ruhe- bzw. >/= 500 in 24h-EKG.
Eur. Empfehlungen bei Myokarditis (EAPC 2019): kein Training für 3-6 Mo. (IIb/C). Kriterien für Sportfreigabe: normale LVEF u. Serum-Biomarker, keine Arrhythmien im LZ-EKG u. Ergometrie (IIa/C).
ICD: Freizeitsport 6 Wo. nach ICD-Implant bzw. -Therapie (ATP o. Schock); Belastungstest max. HF im SR →Trainings-HF -30/Min. unter Detektion; ggf. HF-Uhr Selbstmonitoring; cave: Kontaktsportarten, extreme ipsilaterale Armbewegungen. Reevaluation alle 6 Mo..
Fazit:
1. SCD sehr selten. SCD verhindern durch Tauglichkeitsuntersuchung.
2. Körperliche Aktivität zur Primär- u. Sekundärprophylaxe →Mortalität↓.
Empfehlungen: 500-1000 MET-Min./Wo. regelmäßige körperliche Aktivität →z.B. 150 Min. Nordic Walking.
3. KHK, Herzinsuffizienz (Paradigmenwechsel): moderates Training 60-70% max. HR.
4. Myokarditis: →Sportpause. Biomarker? LVEF? Arrhythmien? (Cardio-MRT).
5. ARVC: kein intensiver Sport o. Wettkampf →Progression.
6. ICD: kein Wettkampfsport, kein Sport mit Risiko bei Synkope.
7. Körperliche Aktivität →atriale u. ventrikuläre Arrhythmien↓.
Exzessiver Ausdauersport →HZV↑ →LA↑ →AF.
Katheterablation bei symptom. AF.
Problem: Trotz explodierender Fallzahlen von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen gibt es wenig Publikationen zu erkrankten Kindern.
Methodik: Literaturrecherche.
Ergebnis:
COVID-19 ist auch eine systemische Gefäßentzündung.
SARS-CoV-2-Infektionen lösen nicht nur Pneumonie, sondern auch Endothelitis in den verschiedenen Organen aus – mit fatalen Folgen (Autopsie von COVID-19-Patienten).
Normalerweise erkranken in D @ 9/100.000 Kinder/Jahr am Kawasaki-Syndrom. Nun gibt es aus von der Coronavirus-Pandemie besonders stark betroffenen Ländern Warnungen auf steigende Fallzahlen. Festzuhalten ist zunächst: Insgesamt bleibt die Erkrankung immer noch selten u. Kinder sind von Covid-19 deutlich weniger betroffen als z.B. Senioren. Aber ein Zusammenhang zwischen der Zunahme der Fälle des Kawasaki-Syndroms u. SARS-CoV-2 ist naheliegend. Es passt auch gut zu den Hinweisen, dass SARS-CoV-2 offenbar auch bei Erwachsenen die Gefäße befällt u. dort eine Entzündung auslöst.
In UK warnte der NHS, dass in den vergangenen 3 Wochen die Zahl von Kindern mit einer Multisystem-Entzündung, die einer intensivmedizinischen Versorgung bedurfte, gestiegen ist. Es bestehe die wachsende Sorge, dass ein SARS-CoV-2-assoziiertes Entzündungssyndrom bei den Kindern auftritt oder dass ein anderer, noch nicht identifizierter, infektiöser Erreger mit diesen Fällen in Verbindung gebracht werden könnte.
Auch aus Spanien u. Italien gibt es Warnungen. Ravelli/Genua berichtet am 24.04.20 über die italienische Gesellschaft für Pädiatrie über eine Zunahme der Fälle von Kindern mit Kawasaki-Syndrom in den letzten Wochen, v.a. in den am stärksten von Covid-19 betroffenen Gebieten des Landes. Es ist noch unklar, ob SARS-CoV-2 direkt an der Entwicklung beteiligt ist. Auch eine Sekundärinfektion sei möglich. Von einem zufälligen Geschehen sei aber nicht auszugehen u. ein Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie naheliegend.
Die Asociación Española de Pediatría (AEP), informierte am 28.04.20 über seltene Schockfälle bei Kindern. Das Krankheitsbild sei anfangs durch Fieber, Erbrechen o. möglicherweise nur durch Bauchschmerzen, Hautausschlag, rote Augen u. schlechten AZ gekennzeichnet. Man kenne die Ursache noch nicht. Auch die AEP bringt bakterielle Infektionen ins Spiel, die sich als Sekundärinfektion auf die Viruserkrankung entwickeln könnten.
Natürlich stellt sich die Frage, ob es auch in Deutschland ähnliche Beobachtungen gibt. In einem Survey der DGPI zu hospitalisierten Kindern mit Covid-19 an deutschen Kinderkliniken, der seit dem 18.3.20 läuft, wurde bisher von drei Kindern mit vergleichbaren Krankheitsbildern berichtet. Detaillierte Daten mit weiteren Informationen zu diesen Fällen liegen derzeit nicht vor. Aktuell (Stand: 17. Kalenderwoche) Erhebung an 61 Kliniken, insgesamt 114 Kinder, von denen 12% eine intensivmedizinische Behandlung benötigen.
Konklusion:
Entwicklung auf KAWASAKI-Syndrom u. Auftreten schwerer Erkrankungen im Kindesalter wird weiter aufmerksam gemonitort.
Problem:
Neue Guidelines zur SVT wurden 9/19 von ESC vorgestellt. Was ist neu u. wichtig?
Methodik:
Literaturrecherche, Praxis-Fazit.
Ergebnis:
Meiste Änderungen umfassen Verschiebungen der Empfehlungsgrade für Therapien mit Medikamenten.
Zu wichtigsten Aussagen gehört das Angebot einer Katheterablation als 1. Wahl bei allen erneut eintretenden u. den meisten fokalen Arrhythmien, zusammen mit einer gründlichen Besprechung von Risiken u. Vorteilen.
Modifiziertes Valsalva-Manöver:
Primär, bevor ein Medikament zum Einsatz kommt, sollte bei hämodynamisch stabilen Patienten ein Valsalva-Manöver durchgeführt werden. Dabei wird in der neuen Leitlinie ein modifiziertes Vorgehen empfohlen: Halbaufrechte Position, Dauer 15 Sek., am Ende sofortiges Hinlegen u. Anheben der Beine. Damit wird ein höherer intrathorakaler Druck aufgebaut, effektiv nur ein Druck von 40 mmHg (REVERT-Studie: Konversion nach 1 Min. bei 43 % der Patienten, beim herkömmlichen Valsalva-Manöver nur 17 %).
Vor Therapieeinleitung sollte immer ein 12-Kanal-EKG erfolgen. Bei Schmalkomplex-Tachykardien handelt es sich immer um eine SVT, bei einer Breitkomplex-Tachykardie sollte man primär immer von einer VT ausgehen, bis das Gegenteil bewiesen ist. Es kann sich aber auch um eine SVT mit aberrierender Überleitung oder bei Schenkelblock handeln.
Adenosin ist Diagnostikum u. Therapeutikum:
Bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Schmalkomplex-Tachykardie ist u. bleibt Medikament 1. Wahl im Rahmen der Akuttherapie Adenosin i.v., Substanzen 2. Wahl ß-Blocker. Erste Daten zeigen auch hohe Konversionsraten bei Etripamil (Kalziumkanalblocker) als Nasenspray. Verapamil u. Diltiazem werden abgewertet, Digoxin u. Amiodaron nicht mehr erwähnt.
Bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Breitkomplex-Tachykardie sollte auch zunächst ein Valsalva-Manöver erfolgen. Auch hier ist, wenn ohne Hinweis für Präexzitation, Medikament 1. Wahl Adenosin i.v.. Bei Ineffektivität wird jetzt zunächst Procainamid statt Amiodaron empfohlen (PROCAMIO-Studie: Konversionsrate Amiodaron 38 %, Procain aber 67 %). Verapamil, Sotalol u. Lidocain werden nicht mehr propagiert.
Chronische Therapie ist Katheterablation:
Für die chronische Therapie der SVT ist die Katheterablation Methode der Wahl. Dies gilt sowohl für FAT u. AVNRT bzw. AVRT als auch für die akzessorische Bahn bei Präexzitations-Syndromen. ß-Blocker, Verapamil u. Diltiazem oder Flecainid bzw. Propafenon sollten nur noch bei Ablehnung der Ablation vom Patienten oder nicht Durchführbarkeit erfolgen. Bei FAT ist als Ultima Ratio auch Kombination eines ß-Blockers mit Ivabradin oder Amiodaron Option.
Konklusion:
Einige Antiarrhythmika für akute Fälle sind neu, doch Schwerpunkt liegt auf der Katheterablation für langfristigen Nutzen. Mit Erfolgsrate > 90 %, Rezidivrate < 10 %, Komplikationsrate < 1 % u. Mortalität 0,1 % ist die Katheterablation ein sehr effektives u. sicheres Verfahren, sodass sie primär für alle symptomatischen Tachykardien zu empfehlen ist.
Hintergrund
Die Pumonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt (VSD) ist ein komplexer Herzfehler bestehend aus einer Atresie der Pulmonalklappe, häufig mit Atresie des Pulmonalarterienstamms, einem unterentwickelten rechtsventrikulären Ausflusstrakt, einem großem VSD sowie einer über dem VSD reitenden Aorta. Häufig liegen MAPCAS (major aortopulmonary collateral arteries) vor. Die Lungenperfusion erfolgt durch den PDA, MAPCAs oder Koronarfisteln. Leitsymptom ist eine Zyanose, die vom Ausmaß der Lungendurchblutung abhängt und meist schon bei Geburt vorhanden ist. Je nach Ausprägung der MAPCAs kann es aber auch zu einer Lungenüberflutung mit Herzinsuffizienzzeichen kommen.
Fallbericht
Wir berichten von einem 2-jährigen Mädchen (Körperlänge 12. Perzentile, Körpergröße 5. Perzentile) mit Pulmonalatresie, bei der die Erstdiagnose im Alter von 2 Jahren und 9 Monaten erfolgte. Die Patientin stellte sich initial aufgrund eines langanhaltenden respiratorischen Infekts vor. Es wurde eine periphere Sauerstoffsättigung von 78% gemessen und daraufhin eine weitere kardiale Diagnostik eingeleitet. Den Eltern war auf Nachfrage aufgefallen, dass die Patientin bei Belastung rasch ermüde und zyanotische Fingerkuppen aufweise. Auch sei sie immer auffallend blass gewesen. Klinisch zeigte sich die Patientin in gutem Allgemeinzustand, mit blassem Hautkolorit und lautem 2. Herzton. Das EKG wies einen Sinusrhythmus mit Rechtstyp auf. In der Echokardiographie wurde eine Pulmonalklappenatresie mit einem hypoplastischen, blind endenden Infundibulum gesehen. In der folgenden Herzkatheteruntersuchung wurden insgesamt 6 MAPCAs dargestellt, die aus der linken Arterie subclavia sowie aus der Aorta descendens zu den Lungenlappen ziehen und zT. stenotisch waren. Pulmonaliswurzel und -bifurkation stellten sich ohne Durchgang zum rechten Ventrikel dar. Die Patientin wird nun zur OP-Planung in unserer kinderkardiochirurgischen Konferenz besprochen. Wir hoffen im Verlauf darüber berichten zu können.
Schlussfolgerung
Auch bei normalen Sättigungen im Pulsoxymetriscreening kann ein angeborener Herzfehler nicht ausgeschlossen werden. Bei der Pulmonalatresie können im Fall einer pulmonalen Überflutung auch normale Sauerstoffsättigungen vorliegen, wie es bei unserer Patientin wahrscheinlich der Fall war. Es kann sein, dass Stenosierungen der MAPCAS mit Verschlechterung der pulmonalen Durchblutung erst im Verlauf auftreten. Ein weiteres Problem des Pulsoxymetriescreenings kann auch in der Qualität der Ableitung liegen. Bei Unsicherheit bezüglich der Validität sollte die Ableitung solange an den verschiedenen Extremitäten wiederholt werden, bis eine valide Ableitung vorliegt. Auch im Kleinkind- und Jugendlichenalter sollten niedrige Sättigungen, sei es als Zufallsbefund oder im Rahmen von respiratorischen Infekten, stets an einen Herzfehler denken lassen.
Introduction:
Currently there are three licensed hexavalent vaccines in Europe (DTaP-HBV-IPV-Hib). DT3aP-HBV-IPV-Hib was the first one approved over 19 years ago (2000). In the last 6 years, two other hexavalent vaccines were approved in Europe (DT5aP-HBV-IPV-Hib in 2016 and DT2aP-HBV-IPV-Hib in 2013). These newer vaccines were primarily evaluated in clinical trials that evaluated non-inferiority for immunogenicity and compared reactogenicity to DT3aP-HBV-IPV-Hib. These three vaccines incorporate antigens for the same 6 diseases (diphtheria, tetanus, pertussis, polio, hepatitis B and Haemophilus influenzae type B) but differ in formulation (antigen number, quantity, manufacturing process and adjuvant). The aim of this study is to assess the safety data for two of these hexavalent vaccines (DT3aP-HBV-IPV-Hib and DT2aP-HBV-IPV-Hib) which have been evaluated through multiple studies.
Methods:
A systematic literature review was conducted in MEDLINE, Embase, BioSciences Information service, Cochrane Library and other databases in January 2019. Only direct head-to-head randomized, controlled, prospective trials were included. A meta-analysis of the following solicited reactions: injection site reaction (pain, redness, swelling and any grade 3 injection site reaction); systemic reactions (fever, drowsiness, irritability, persistent crying, anorexia, vomiting, any grade 3 systemic reaction); and discontinuations due to any reason, was conducted assuming random-effects model in R software using Metafor package. Only results obtained during the primary series were included.
Results:
Nine unique articles were identified in the systematic review of which six were included in the meta-analysis of primary series. For these six studies, overall risk of bias for safety outcomes was considered as low in one study, with some concerns in four studies and high in one study due to lack of information on the randomization process. For DT3aP-HBV-IPV-Hib, odds ratios (OR; 95%CI) using DT2aP-HBV-IPV-Hib as a reference, were: pain at injection site 0.74 (0.62-0.89); redness at injection site 0.72 (0.63-0.83); swelling at injection site 0.86 (0.74 -0.99); any grade 3 injection site reaction 0.81 (0.64-1.01); fever 0.67 (0.54-0.83); drowsiness 0.82 (0.71-0.94); irritability 0.82 (0.69-0.98); persistent crying 0.72 (0.61-0.84); anorexia 0.83 (0.72-0.95); vomiting 0.96 (0.83-1.11); any grade 3 systemic reaction 0.71 (0.58-0.88); and discontinuations due to any reasons 0.98 (0.60-1.61). Most studies used a 3 primary + 1 booster dose schedule, one used a 2 primary + 1 booster dose schedule.
Conclusion:
This analysis shows that there are lower odds of developing the analyzed local and systemic adverse events after vaccination with DT3aP-HBV-IPV-Hib as compared to DT2aP-HBV-IPV-Hib. These results could help to inform frontline immunizers and patients about the expected side effects and the chances of experiencing these with these two vaccines.
Einleitung:
Kinder und Jugendliche sind im Alltag unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt. So kommt es regelmäßig zu Kontaktaufnahmen mit Notfallambulanzen in Kinderkliniken und/oder mit Giftnotrufzentralen, um fragliche Ingestionen oder versehentliche Intoxikationen abzuklären bzw. die damit verbundenen Risiken einschätzen zu lassen (2). Über absichtliche Vergiftungen wird selten berichtet, auch wenn eine hohe Dunkelziffer angenommen wird (1). Aktuell wird über insgesamt vier Fälle mit initial verschleierten, lebensbedrohlichen Intoxikationen bei einem Säugling und drei Jugendlichen berichtet.
Fall 1:
14-jährige Jugendliche mit Makrohämaturie seit 3 Tagen. Körperliche Untersuchung (KU): ältere Ritzspuren an Armen und Beinen, Labor (L): Quick und PTT nicht messbar, Einzelfaktoren zeigen deutliche verminderte Aktivität der Vit.-K abhängigen Faktoren, Nachweis von Phenprocoumon Metaboliten (Marcumar ®) im toxischen Bereich. Patientin gesteht im Verlauf Suizidversuch.
Fall 2:
17-jährige Jugendliche mit akuter Blutungsneigung seit 1 Woche. KU: mehrere Hämatome am Stamm. L: idem zu Fall 1, Metabolite von Flocoumafen (Rattengift) positiv. Patientin berichtet nachträglich von möglichem Mordversuch bei Flucht aus der Türkei bei geplanter Zwangsverheiratung.
Fall 3:
5 Monate alter weiblicher Säugling mit akuter Atemstörung wird Notarztbegleitet in die Klinik gebracht. KU: bedrohliche Hypopnoe mit Apnoen, nicht erweckbar, Miosis bds.. L: initial unauffällig, CT, MRT, LP und EEG unauffällig. Bei persistierender Miosis Gabe von Naloxon, darauf promptes Ansprechen. Nachweis von Tramadol in therapeutischer Konzentration im Plasma und Serum. Es kommt zur Verurteilung der Mutter wegen schwerer Körperverletzung.
Fall 4:
17-jährige Jugendliche mit akuter Bewusstseinsstörung und Hypopnoe. VG: Hirnfehlbildung und shuntversorgter Hydrocephalus internus. KU: nicht ansprechbar, GCS 6, Hypopnoe mit Apnoen, Miosis bds.. L: initial unauffällig, CT und Rö-Shuntverlauf ohne Hinweise auf die Ursache der akuten Befunde. Während Gabe von Naloxon promptes Ansprechen mit tiefer Atmung und Schreien. Mutter berichtet nachträglich, sie habe bei schweren Hüftschmerzen ein Fentanyl Plaster geklebt und wieder entfernt. Im Urin finden sich Fentanyl-Metabolite und im Rö-Becken zeigte sich bds. luxierte Hüftgelenke.
Diskussion:
Absichtlich herbeigeführte Intoxikationen treten sowohl bei Säuglingen aber auch bei Jugendlichen auf. Die Symptomatik kann lebensbedrohlich sein. Kindern und Jugendlichen können Opiate oder Vitamin K Antagonisten ohne ihr Wissen zugeführt werden. Diese Berichte lassen vermuten, dass möglicherweise ähnliche Fälle nicht als Intoxikationen aufgedeckt werden. Aus Sicht der Autoren erscheint es sinnvoll zu sein, bei unklarer Ätiologie bedrohlicher Symptome wie Blutungsneigung oder Atemstörungen an eine nicht akzidentelle Intoxikation zu denken und rasch die einen Rechtsmediziner zu konsultieren.
Aus der Unfallchirurgie wurde uns ein 8 Wochen alter weiblicher Säugling zur weiteren Abklärung bei Femurschaftspiralfraktur rechts verlegt. Das Kind sei am Morgen vom Vater im abgedunkelten Raum aus dem Gitterbett hochgenommen worden und dabei mit dem rechten Bein zwischen den Gitterstäben hängen geblieben. In Anschluss habe es eine Schonhaltung eingenommen und offensichtlich Schmerzen gehabt. In mehrfachen Gesprächen mit den Eltern ließ sich kein anderer oder früherer Unfallmechanismus eruieren.
Radiologisch zeigte sich eine dislozierte Femurschaftfraktur rechts mit spiralförmigem Verlauf. Zudem eine periostale Knochenneubildung, welche mit einer frischen Fraktur zunächst nicht vereinbar war. Eine hinzugezogene Referenzradiologie teilte die Ansicht, dass die Fraktur älter und auch der Unfallmechanismus nicht plausibel seien.
Es fanden sich keine Hämatome oder andere äußere Verletzungszeichen.
Eine Schädelsonographie ergab einen altersentsprechenden Befund, die augenärztliche Untersuchung den Ausschluss von retinalen Blutungen.
Leiliniengemäß erfolgte ein Röntgenskelettscreening. Hier zeigten sich keine weiteren Frakturen, aber mehrere periostale Reaktionen ähnlich der im Frakturbereich, die als Normvariante („Beninge Periostreaktion des Neugeborenen“)und nicht als Kallusbildung nach Fraktur gewertet wurden.
Das ursprünglich in Frage gestellte Frakturalter schien nun möglich - der geschilderte Unfallmechanismus allerdings weiterhin fragwürdig.
Laborchemisch ergab sich kein Hinweis auf eine Erkrankung des Knochenstoffwechsels oder Rachitis. Auf eine molekulargenetische Untersuchung bzgl. Osteogenesis imperfecta wurde aufgrund o.g. Befunde und leerer Familienanamnese verzichtet.
Bei - unabhängig vom aktuellen Unfallgeschehen - bestehender familiärer Belastungssituation wurde das zuständige Jugendamt mit Zustimmung der Eltern involviert.
Dieser Fall zeigt das nicht seltene Phänomen einer „Benignen Periostreaktion des Neugeboren“, das differentialdiagnostisch von einer Kallusbildung bei älteren Frakturen abzugrenzen ist und zu Fehldatierung von Frakturen führen kann.
Diskutabel bleibt weiterhin der geschilderte Unfallmechanismus als Ursache einer Oberschenkelpiralfraktur bei einem Neugeborenen.
Hintergrund:
Die Ergebnisse der meisten Studien, die die kontrastmittelunterstützte Miktionsurosonographie (MUS) mit der Miktionszystourethrographie (MCU) vergleichen, deuten darauf hin, dass die kontrastmittelunterstützte MUS der MCU in der Erkennung eines vesikoureteralen Refluxes (VUR) überlegen ist. Vermutet wird, dass durch die längere Beobachtungszeit, die die MUS ermöglicht, eine größere Anzahl intermittierender VUR erfasst werden. Darüber hinaus erhöht eine zyklische Überprüfung eines VUR (Beobachtung von mehreren Füllungsphasen und Miktionen) die Detektionsrate eines VUR, wie Studien zeigen, in denen in der Regel in zwei Zyklen überprüft wurde , ob ein VUR vorliegt.
Fragestellung:
Wie groß ist die Abhängigkeit der Sensitivität der MUS von der Anzahl der beobachteten Zyklen, wenn man mehr als zwei Zyklen bei einer größeren Patientenzahl beobachtet? Wie viele Zyklen sollten zum Ausschluss eines VUR beobachtet werden?
Patienten und Methode:
Untersucht wurden in einer Kinder- und Jugendarztpraxis vom 5.1.2016 bis 31.12.2019: 302 Patienten mit 607 Nieren-Ureter-Einheiten (NUE).
Alters- und Geschlechtsverteilung: weiblich 225 Patienten Altersdurchschnitt 2,5 Jahre (Range 1 Monat-17 Jahre), männlich 77 Patienten Altersdurchschnitt 6 Monate (Range 1 Monat-2,5 Jahre).
Die Untersuchungen erfolgten per MUS farbkodiert mit dem Ultraschallkontrastmittel SonoVue® in durchschnittlich 3,14 Zyklen und bei nicht nachweisbarem VUR in durchschnittlich 3,5 Zyklen (Range 1-6 Zyklen).
Ergebnis:
Bei 118 von 302 Patienten wurde ein VUR nachgewiesen. Bezogen auf NUE waren 163 von 607 NUE refluxiv. Bei 32,5% der NUE trat der VUR intermittierend auf. In Abhängigkeit von der Anzahl der beobachteten Zyklen kam es zu einem deutlichen Anstieg der Sensitivität der MUS. Legt man die Beobachtung von fünf Zyklen als Referenz für die Sensitivität zugrunde, ergeben sich folgende Werte für die Sensitivität: 1 Zyklus = 82%, 2 Zyklen = 88%, 3 Zyklen = 96%, 4 Zyklen = 99%, 5 Zyklen = 100%.
Schlussfolgerung:
Will man eine Sensitivität in der Erfassung eines VUR von 96% erreichen, müssen 3 Zyklen beobachtet werden. Bei Beobachtung von weniger als 3 Zyklen nimmt die Sensitivität deutlich ab.
Hintergrund:
In Veröffentlichungen konnte gezeigt werden, dass ein Katheterurin einen besseren Beitrag zur Diagnose einer Pyelonephritis leistet als ein aufgefangener Urin. Frage war, ob sich dies auch in den Ergebnissen der Refluxüberprüfung wiederspiegelt.
Eine Pyelonwandverdickung wird als mögliches Begleitphänomen einer Pyelonephritis beschrieben. Wird diese bei Kindern mit vesikoureteralem Reflux (VUR) gehäuft gesehen?
Fragestellung:
Gibt es Faktoren (Art der Harngewinnung zur Diagnose der indikationsauslösenden Pyelonephritis, persistierende Pyelonwandverdickung), die die Vorhersagewahrscheinlichkeit, dass bei stattgehabter Pyelonephritis ein VUR vorliegt, erhöhen?
Patienten und Methode:
222 Kinder wurden nach Pyelonephritis mittels Mitionsurosonographie (MUS) mit dem Ultraschallkontrastmittel SonoVue® farbkodiert auf das Vorliegen eines VUR überprüft. Untersucht wurde, ob eine Abhängigkeit der Refluxdetektionsrate
a) von einer bestehenden Pyelonwandverdickung und
b) von der Art der Harngewinnung (aufgefangener Urin versus Katheterurin) zur Diagnosestellung der indikationsauslösenden Pyelonephritis
besteht.
Alters- und Geschlechtsverteilung: weiblich 147 Patienten, Altersdurchschnitt 2,0 Jahre (Range 1 Monat – 17 Jahre), männlich 75 Patienten, Altersdurchschnitt 6 Monate (Range 1 Monat – 2,5 Jahre)
Ergebnis:
Bei 30,2% der nach Pyelonephritis untersuchten Kinder konnte ein VUR diagnostiziert werden. Es zeigte sich eine Abhängigkeit der Refluxdetektionsrate
1. vom Vorliegen einer Pyelonwandverdickung (Refluxdetektionsrate bei leichter Pyelonwandverdickung < 1 mm = 25% und bei deutlicher Pyelonwandverdickung ≥ 1 mm = 76%) und
2. von der Art der Harngewinnung zur Diagnosestellung der indikationsauslösenden Pyelonephritis(weibliche Patienten mit Harngewinnung mittels Katheterurin = 37% und weibliche Patienten > 1 Jahr mit Harngewinnung mittels Katheterurin = 51%))
Schlussfolgerung:
Die Art der Harngewinnung zur Diagnose eine Pyelonephritis hat, insbesondere bei weiblichen Patienten > 1 Jahr, einen Einfluss auf die Vorhersagewahrscheinlichkeit, ob ein VUR vorliegt, ebenso wie eine deutliche Pyelonwandverdickung (≥ 1 mm).
Hintergrund: Allgemein wird die Zirkumzision als definitive Behandlung des Lichen sclerosus (LS) bei Jungen und Männern angesehen. Trotzdem leiden einige Betroffene an chronischen Symptomen. Diese Studie untersucht die Faktoren, welche die sexuelle Lebensqualität bei Männern mit chronischem LS beeinflussen aufgrund einer Umfrage und fokussierten Interviews.
Methoden: Nach einem positiven Votum der Ethikkommission wurden allen männlichen Mitgliedern des Vereins Lichen Sclerosus kontaktiert und gebeten, eine Online-Umfragebogen auszufüllen. Außerdem wurde ihnen die Möglichkeit zum direkten, fokussierten Interview angeboten. Abgefragt wurden Informationen zum Krankheitsverlauf, zu einer eventuell vorangegangenen Zirkumzision, sowie andere relevante Faktoren. Die sexuelle Lebensqualität wurde mit dem validierten "sexual quality of life score for men" (SQoL-M) erhoben. Die Daten der zirkumzidierten und unzirkumzidierten Teilnehmer wurde verglichen. Eine Poweranalyse wurde vor Studienbeginn durchgeführt.
Ergebnisse: Insgesamt haben 126 Männer an der Umfrage teilgenommen, von denen 51 anamnestisch zirkumzidiert worden waren. Damit erreichte die Studie die geforderte Power. Insgesamt hatten beide Kohorten im Schnitt niedrige SQoL-M scores, wobei sich kein Unterschied zwischen zirkumzidierten (47, 95% Konfidenzintervall [KI] 35-59) und unzirkumzidierten (46, 95% KI 38-54) Teilnehmern ergab (p=0.97). Zirkumzidierte Männer wurden häufiger durch einen Urologen behandelt, unzirkumzidierte dagegen häufiger durch einen Dermatologen. Zirkumzidierte wurden auch häufiger mit Immunmodulatoren behandelt.
Fazit: Obwohl es sich bei den untersuchten Personen um eine selektionierte Gruppe von Männern mit chronischem Lichen sclerosus handelt, zeigt diese Studie, dass die Zirkumzision nicht in allen Fällen eine definitive Therapie darstellt, und dass Betroffene mit oder ohne Zirkumzision eine niedrige sexuelle Lebensqualität aufweisen. Daher sollten alle männlichen Patienten mit Lichen sclerosus langfristig im Verlauf kontrolliert werden, selbst wenn sie als Kind zirkumzidiert wurden. Kinderchirurgen sollten ihre Patienten und deren Eltern dementsprechend beraten.
Background
The use of kidney function and injury markers for early detection of drug-related glomerular or tubular kidney injury in infants, children and adolescents requires age-specific data on reference intervals in a pediatric healthy population. This study characterizes serum values for eight kidney function and injury markers in healthy infants, children and adolescents.
Methods
A single center prospective observational study was conducted between December 2018 and June 2019. Serum samples from 142 healthy infants, children and adolescents aged between 0 and 16 years were collected. Statistical analyses for eight markers (albumin, beta 2-microglobulin, beta-trace protein, creatinine, cystatin C, kidney injury molecule-1, neutrophil gelatinase-associated lipocalin, uromodulin) were performed to obtain reference intervals and associations with age, sex and weight were investigated (Pearson correlation, linear and piecewise regression).
Results
Albumin and creatinine increased with age (p < 0.01), whereas beta 2-microglobulin, beta-trace protein and kidney injury molecule-1 values decreased with advancing age (p < 0.05) in this healthy pediatric study population. Cystatin C showed dependency on sex (lower concentration in females) and decreased with age until reaching approximately 1.8 years; thereafter an increase with age was seen. Neutrophil gelatinase-associated lipocalin and uromodulin did not show any age-dependency.
Conclusion
This study provides age appropriate reference intervals for key serum kidney function and injury markers determined in healthy infants, children and adolescents. Such reference intervals facilitate the interpretation of changes in kidney function and injury markers in daily practice, and allow early detection of glomerular and tubular injury in infancy, childhood and adolescence.
1. Einleitung:
Die therapeutische Apherese (TA) bei Kindern und Jugendlichen erweitert die therapeutischen Möglichkeiten bei einer Vielzahl von Erkrankungen. Das Wirkprinzip beruht darauf, dem Blutplasma gelöste pathogene Stoffe (z.B. Antikörper) zu entziehen bzw. Plasmafaktoren zu ersetzen. Studien im pädiatrischen Bereich sind meist monozentrisch mit kleinen Fallzahlen. Ziel dieser Analyse war es Indikationen, Effektivität und Komplikationen therapeutischer Apherese multizentrisch, retrospektiv zu erfassen und zu analysieren.
2. Material/Methode:
Insgesamt wurden aus dem Zeitraum 2008 bis 2018 alle Kinder und Jugendliche (n=183), die eine TA erhalten hatten, aus drei kindernephrologischen Zentren analysiert.
3. Ergebnisse:
Ausgewertet wurden 1528 Behandlungen, davon 1233 Plasmapheresen (PF) sowie 295 Immunadsorptionen (IA). Die Zahl der Behandlungen pro PatientIn lag im Mittel bei 5 [1;26] bei Anwendung der PF. Im Falle der IA wurden im Mittel 7 [1;12] Sitzungen durchgeführt. Angewandt wurde die TA bei Kindern mit hämolytisch urämischen Syndrom (HUS) (20%), antikörpervermittelter Transplantatabstoßung (9,5%) und Autoimmunencephalitis (8,8%). Bei 72,1% der PatientInnen konnte eine Besserung der Symptomatik im Verlauf der therapeutischen Apherese erzielt werden. In 9 Fällen (6,4%) konnte eine komplette Remission erreicht werden. Bei Anwendung der PF wurde bei 70% der PatientInnen eine Zustandsverbesserung bewirkt, bei 7,5% konnte eine Remission hergestellt werden. Im Falle der mit IA Behandelten, konnte bei 85% der PatientInnen eine Zustandsverbesserung verzeichnet werden. Bei den 1528 durchgeführten TA gab es eine Komplikationsrate von 9%. 32,4% waren unspezifische Symptome (Übelkeit, Kopfschmerzen), 28,2% allergische Reaktionen und in 9,2% der Behandlungen Katheter-Dysfunktionen (Dislokationen, Obstruktionen, Infektionen). Bei der PF wurden in 10,1% der Sitzungen Komplikationen dokumentiert (14,2% bei PF mit FFP als Substituat, 7,5% bei PF mit Humanalbumin). Bei der IA lag die Komplikationsrate bei nur bei 4,1%. 98,6% der PatientInnen erhielten die Behandlung über einen zentralen Venenkatheter.
4. Diskussion:
TA im Kindesalter ist ein sicheres und effektives Behandlungsverfahren. Insgesamt konnte bei über 70% der PatientInnen eine Besserung der Symptomatik durch die TA erzielt werden. Bei Einsatz von FFP ist die Komplikationsrate doppelt so hoch wie bei Anwendung von Humanalbumin; am besten wird die IA vertragen. Um den längerfristigen Therapieerfolg abschätzen zu können, stellt die prospektive Datenerfassung in einem Register eine Option dar.
Einleitung
ANCA-assoziierte Vaskulitiden (AAV) sind Multisystemerkrankungen, die als nekrotisierende Vaskulitis definiert und mit dem Auftreten von zirkulierenden Autoantikörpern gegen Myeloperoxidase (MPO) oder Proteinase 3 (PR3) assoziiert sind [1]. AAV treten selten im Kindes- und Jugendalter auf (0,5 -6,39 Fälle/106 Kindern/Jahr) [2].
In dieser Arbeit beschreiben wir die Krankheitsverläufe von zwei 13-jährigen Jugendlichen mit MPO-positiver ANCA-Vaskulitis und schwerer Glomerulonephritis.
Methoden
Zwei Jugendliche präsentierten sich mit kurzen Anamnesen - Patientin 1 mit Fieberepisoden unklarer Genese, beidseitigen Beinschmerzen und zweimaliger antibiotischer Vorbehandlung, Patientin 2 stellte sich im fortgeschrittenen Stadium mit Ödemen und Hämoptysen vor.
Außer einer chronischen Sinusitis (Pat. 1) keine Vorerkrankungen. Die Patientinnen wurden initial auswertig behandelt. Die Verlegungen in unsere Klinik erfolgten zur Therapie bei akutem Nierenversagen.
Ergebnisse
Laborchemisch fielen neben stark erhöhten Nierenretentionswerten bei Patientin 1 erhöhte p- und c-ANCA-Titer sowie Antikörper gegen MPO und bei Patientin 2 erhöhte p-ANCA-Titer, Antikörper gegen MPO und vermindertes C3-Komplement auf. In der Nierenbiopsie zeigte sich eine ausgeprägte rapid-progressive Glomerulonephritis mit fokalen Nekrosen, Halbmondbildung und Tubulusschädigungen. Patientin 2 war deutlich schwerer betroffen.
Begleitend wurden Eisenmangelanämien (beide Patienten), Thrombosen der Venae femorales bei Antiphospholipid-Syndrom (Pat. 1), eine pulmonale Beteiligung und ein Fibrinogenverlust (Pat. 2) diagnostiziert.
Es fand sich kein Anhalt für eine kardiale, neurologische oder ophthalmologische Beteiligung.
Zur Remissionsinduktion erfolgten mehrmalige Plasmapheresen (4x/9x), eine Steroid-Stoß-Therapie und nachfolgend vier Rituximab-Gaben. Anschließend Remissionserhalt mit Azathioprin und einem oralen Steroid.
Supportiv wurde eine salzarme Kost und eine Therapie mit einem ACE-Hemmer (Pat. 1) bzw. einem AT1-Antagonisten (Pat. 2) begonnen. Unter der Therapie kam es zu einer akuten Verbesserung des Allgemeinzustandes. In den Folgemonaten normalisierten sich die Retentionswerte bei Patientin 1, bei Patientin 2 zeigten sie sich rückläufig, im Verlauf dann leider wieder ansteigend.
Diskussion
AAV im Kindesalter sind selten. Eine Leitlinie zur Behandlung von AAV im Kindesalter existiert bisher nicht, Therapieempfehlungen sind angelehnt an die Leitlinien der Erwachsenenmedizin [2]. Unsere Ergebnisse zeigen, dass trotz schwerwiegendem bioptischen Befund ein Therapieversuch mit Rituximab erfolgreich sein kann. Dagegen ist bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf die Behandlung schwierig.
Hintergrund: Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege („Congenital anomalies of the kidney and urinary tract“, CAKUT) treten bei zwei bis fünf von 1000 Geburten auf. Sie bilden die häufigste Ursache für eine terminale Niereninsuffizienz im Kindes- und Jugendalter. Der klinische Phänotyp ist gekennzeichnet durch eine große Heterogenität aufgrund der Vielfalt an Fehlbildungen und assoziierten Syndromen. Der molekulargenetische Hintergrund der Fehlbildungen bleibt bisher in der Mehrzahl der Fälle unklar.
Fragestellung: Ziel dieser Arbeit war es, Kinder und Jugendliche mit CAKUT phänotypisch und genotypisch zu charakterisieren und Faktoren, die mit der Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz (CNI) assoziiert sind, zu ermitteln.
Material und Methoden: Es wurden Daten der Patient*innen mit CAKUT, die in einem Zeitraum von 20 Monaten in der kindernephrologischen Ambulanz vorstellig wurden, retrospektiv im Rahmen einer monozentrischen Querschnittsstudie analysiert.
Ergebnisse: Unter den 405 erfassten Patient*innen war die häufigste Diagnose eine Nierendysplasie/-hypoplasie (65%), gefolgt von Harntransportstörungen (43%). 44% der Kinder wiesen eine CNI auf und 6% waren bereits terminal niereninsuffizient. In der univariaten Analyse waren männliches Geschlecht und Frühgeburtlichkeit mit höheren CNI-Stadien assoziiert (p = 0,004 bzw. p < 0,001). Die 188 Kinder und Jugendlichen mit einem pränatal auffälligen Sonographiebefund der Nieren und/oder der ableitenden Harnwege einschließlich eines Oligo-/Anhydramnions hatten ein statistisch signifikant höheres Risiko für eine CNI Stadium IV oder V (p = 0,004). Patient*innen mit Harnwegsinfektionen als initiale Auffälligkeit wiesen hingegen signifikant niedrigere CNI-Stadien auf (p = 0,006). In einer multivariaten Analyse waren Frühgeburtlichkeit (p = 0.033) und Harnwegsinfektionen als initiale Auffälligkeit (p = 0.043) signifikant assoziiert mit CNI-Stadium ≥ II. Genetische Untersuchungen waren bei 16% der Patient*innen erfolgt. Als häufigste, dem Phänotyp zugrundeliegende, genetische Aberration wurde eine Mutation im HNF1β-Gen identifiziert, gefolgt von Mutationen im GATA3-Gen.
Schlussfolgerung: Es konnten verschiedene mit der Entwicklung einer CNI assoziierte Faktoren identifiziert werden. Die Ergebnisse sollten in einer prospektiven Studie validiert werden. Perspektivisch können die gewonnenen Resultate zur Erstellung von Richtlinien für die Beratung und Betreuung von CAKUT-Patient*innen genutzt werden.
Background
Encephalitis associated with antibodies against the metabotropic glutamate receptor 5 (mGluR5) is an autoimmune disease characterized by a complex neuropsychiatric syndrome (Ophelia syndrome). It often affects young adults and is associated with Hodgkin lymphoma. mGluR5 belongs to the family of G protein-coupled receptors and activates an intracellular signal cascade. In the past, receptor dysfunction has been associated with schizophrenia, autism, fragile-X syndrome, and Parkinson’s disease. The role of anti-mGluR5 in autoimmune encephalitis though remains unclear; and so do the underlying pathomechanisms of antibody binding and the link between tumor and autoimmunity.
Methods and preliminary results
Recently, we treated a 15-year-old patient with Ophelia syndrome and anti-mGluR5 antibodies. We generated recombinant monoclonal antibodies from memory B cells and antibody secreting cells of the patients’ CSF by using single cell cloning. With tissue- and cell-based assays (TBA/CBA) we characterize the binding patterns and affinities of these anti-mGluR5 antibodies. To address functional effects of the antibody binding we now look for receptor internalization, shifts in cluster localization and impact on cell viability after antibody incubation with neuronal cell cultures. We further investigate the down-stream signaling of mGluR5 and look for changes in phosphorylation and Ca2+ release.
2 years after the encephalitis, the very same patient developed a Hodgkin lymphoma. Immunohistochemistry on fixed biopsy material now showed anti-mGluR5 antibody binding. The binding pattern differs from the one on non-encephalitic Hodgkin patients. Further experiments need to verify and evaluate these findings. Therefore, more patients have to be included and antibody binding on several Hodgkin cell lines will be investigated.
Aims and outlook
With this project we want to provide new insight into autoimmunological pathomechanisms on the metabotropic receptor mGluR5 as well as on the link between tumor and autoimmunity. A better understanding of the pathophysiology may modify treatment strategies and serve patients with autoimmune encephalitis in general.
Hintergrund: Intravenös (i.v.) Onasemnogen-Abeparvovec (früher AVXS-101) ist eine einmalige Gentherapie, die dafür konzipiert ist, die monogene Grundursache von spinaler Muskelatrophie (SMA) zu behandeln, indem das defekte primäre Survival-Motoneuron 1 (SMN1) Gen ersetzt wird.
Fragestellung: In dieser Studie wird die Sicherheit von IV Onasemnogen-Abeparvovec bei SMA-Patienten beurteilt und umfasst 4 klinische Studien über alle klinischen Untersuchungen hinweg (START, NCT02122952; STR1VE-EU, NCT03461289; STR1VE-US, NCT03306277; SPR1NT, NCT03505099), das United States Managed Access Program, das Long-Term Registry (RESTORE), und die Post-Marketing-Daten.
Material und Methodik: Bis zum 31. Dezember 2019 erhielten 335 präsymptomatische oder symptomatische SMA-Patienten (2–4SMN2) intravenöses Onasemnogen-Abeparvovec. Unerwünschte Ereignisse (UE) wurden gemäß der allgemeinen Terminologie-Kriterien für UE untersucht.
Ergebnisse: Es wurden keine neuen Todesfälle berichtet. Zwei Todesfälle nach der Dosierung wurden zuvor berichtet: 1 aufgrund eines Atemstillstands und einer wegen Atemnot und hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie. Beide Todesfälle wurden als nicht auf die Behandlung bezogen bewertet. Von allen Patienten wurde berichtet, dass 319 (95,2%) ≥ 1 UE, 121 (36,1%) ≥ 1 UE in Verbindung mit der Behandlung hatten, 136 (40,6%) ≥ 1 schwerwiegendes UE und 43 (12,8%) ≥ 1 schwerwiegendes UE in Verbindung mit der Behandlung hatten. Bei Patienten in der klinischen Studie traten Erhöhungen der Lebertransaminasen bei 77/85 (90,6%) Patienten auf (die Zeit bis zum Einsetzen war im Allgemeinen 35 [7–64] Tage nach der Dosierung). Alle Erhöhungen waren ohne klinische Symptome und verschwanden mit Prednisolon. Thrombozytopenie trat bei 4/85 (4,7%) der Patienten auf; alle waren ohne klinische Folgen vorübergehend. Klinische kardiale Befunde von Bedenken wurden nicht beobachtet. Die Entzündung der Dorsal-Spinalganglien ist ein präklinischer Befund, der auf einer gründlichen Analyse klinischer Daten basiert. Ein präklinischer und klinischer Plan zur Überwachung dieses Effekts wurde implementiert. Insgesamt sind UE in Zusammenhang mit Onasemnogen-Abeparvovec in allen Studien konsistent; alle werden überwacht und sind behandelbar. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale identifiziert.
Schlussfolgerung: Basierend auf Sicherheitsdaten aller Quellen bis zum 31. Dezember 2019 bleibt das Gesamtsicherheitsprofil für intravenöses Onasemnogen-Abeparvovec für SMA-Patienten günstig.
Hintergrund: Onasemnogen-Abeparvovec (ehemals AVXS-101) wurde entwickelt, um die genetische Ursache der spinalen Muskelatrophie (SMA), Survial-Motoneuron 1 Gen (SMN1) Verlust/Mutation anzugehen.
Fragestellung: Wir beurteilen endgültige Daten von STR1VE-US (NCT03306277), einer multizentrischen, offenen, einarmigen, Einzeldosis-Studie der Phase-III , die in den Vereinigten Staaten durchgeführt wird und die Wirksamkeit und Sicherheit einer einmaligen intravenösen Infusion von Onasemnogen-Abeparvovec bei Patienten (Pat) mit SMA1 im Alter von < 6 Monaten (Mo) prüft.
Material und Methodik: Co-primäre Endpunkte: unabhängiges Sitzen für ≥ 30 Sekunden beim 18-monatigen Besuchstermin, Überleben (kein Todesfall/permanente Beatmung) mit 14 Mo. Co-sekundäre Endpunkte: Fähigkeit der Weiterentwicklung mit 18 Mo. (toleriert dünne Flüssigkeiten, keine mechanische Ernährungsunterstützung, altersgemäßes Gewicht), Unabhängigkeit von einer Beatmungsunterstützung mit 18 Mo. (basierend auf der Verwendung von Trilogy BiPAP). Sicherheitsendpunkte: unerwartete behandlungsbezogene Toxizität von Grad ≥ 3 basierend auf CTCAE.
Ergebnisse: Die Studie ist abgeschlossen, die endgültigen Daten werden vorgestellt. Alle 22 Pat erfüllten die Kriterien der Intent-to-Treat-Population (symptomatisch mit Bi-Allelic SMN1 Verlusten und 2 Kopien von SMN2 ohne die Variante im SMN2 Krankheitsmodifikator). Alle co-primären und co-sekundären Endpunkte waren der Pediatric Neuromuscular Clinical Research (PNCR)-Vergleichsbehandlung statistisch überlegen. 21 von 22 Pat (95,5 %) überlebten ≥ 10,5 Mo. ohne permanente Beatmungsunterstützung und 20 von 22 Pat (90,9 %) zeigten ein ereignisfreies Überleben bis zum Alter von 18 Monaten. Im Vergleich dazu zeigte der relevante PNCR-Datensatz ein ereignisfreies Überleben von 50 % bei 10,5 Monaten und 25 % bei 13,6 Monaten. Vierzehn Pat (63,6 %) erreichten den Meilenstein von unabhängigem Sitzen während der Studie, 13 (59,0 %) davon zeigten auch diese Fähigkeit beim 18-monatigen Besuchstermin. 9 von 22 Pat (40,9 %) zeigten die Fähigkeit der altersentsprechenden Weiterentwicklung im Alter von 18 Monaten und bei 15 von 22 Pat (68,1 %) war keine Beatmungsunterstützung zu irgendeinem Zeitpunkt während der Studie erforderlich. Beide wiesen einen positiven Vergleich zum PNCR-Datensatz auf. Bis zum Alter von 18 Monaten erreichten 19 Pat (86,4 %) motorische Meilensteine, bestätigt durch eine unabhängige zentrale Videoüberprüfung. Es wurden schnelle, frühe und anhaltende Verbesserungen bei CHOP-INTEND beobachtet. Die Sicherheit war im Allgemeinen vergleichbar mit der in der Phase-I-START-Studie und der Nutzen-Risiko-Wert bleibt positiv.
Schlussfolgerungen: Insgesamt zeigen die endgültigen Daten der STR1VE-US-Studie, dass Onasemnogen-Abeparvovec bei der Behandlung von Pat mit SMA1 einen signifikanten therapeutischen Nutzen hat, und das Nutzen-Risiko-Profil bleibt positiv.
Hintergrund: Bis zur Einführung effektiver Therapien (2016) waren unterstützende Therapiemaßnahmen die einzige Behandlungsoption für Patienten (Pat) mit Spinaler Muskelatrophie (SMA). Inzwischen stehen krankheitsmodifizierende Behandlungen (Gentherapie [Onasemnogen-Abeparvovec], Antisense-Oligonukleotide [Nusinersen]) zur Verfügung, die die Prognose dramatisch verbessert haben. Aktuell sind Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Pat mit diesen Therapien nur begrenzt verfügbar.
Fragestellung: Hier präsentieren wir erste Ergebnisse zur Beobachtung von Wirksamkeit und Nebenwirkungen bei Pat, die krankheitsmodifizierende SMA-Therapien (allein oder in Sequenz/Kombination) erhalten, um die Auswirkungen der Intervention auf Pat, und darüber hinaus auf das das Gesundheitssystem zu beschreiben.
Material und Methodik: RESTORE ist ein prospektives, multizentrisches Register für Pat mit SMA, das speziell zur Überwindung der in der Literatur beschriebenen Limitationen bestehender Einzel(produkt)register entwickelt wurde. Die geplante Nachbeobachtungszeit beträgt 15 Jahre ab der Aufnahme in die Studie oder bis zum Tod.
Ergebnisse: Bis zum 31. Januar 2020 waren Daten für 67 Pat verfügbar, die alle aus de novo klinischen Zentren in den Vereinigten Staaten stammten; für 56 Pat lagen detaillierte Informationen über die Behandlungsverlauf vor: Onasemnogen-Abeparvovec allein (n=18), Nusinersen allein (n=11), Nusinersen nach Verabreichung von Onasemnogen-Abeparvovec (n=2), Nusinersen vor Verabreichung von Onasemnogen-Abeparvovec (n=17), Nusinersen sowohl vor als auch nach Verabreichung von Onasemnogen-Abeparvovec (n=8). Für zehn Pat lagen >1 CHOP INTEND-Score zur Auswertung vor und fur acht (80%) Pat erhohten sich die Scores während der initialen Nachbeobachtungsphase. Daten zu unerwünschten Ereignissen (UE) wurden für 39 der 56 Pat mit bekannten Behandlungsschemata berichtet; 32 (82,1%) berichteten über ≥1 UE; 15 (38,5%) berichteten über ≥1 schwerwiegende UEs (6 [15,4%] im Zusammenhang mit der Behandlung). Erste Wirksamkeits- sowie Nebenwirkungsprofile für jede Behandlungskohorte werden präsentiert. Die Anzahl der im RESTORE Register aufgenommnenen Pat nimmt weiterhin zu; per 24. April 2020 umfasste die Datenbank Informationen zu 94 Pat von 39 aktiven Zentren in den Vereinigten Staaten.
Schlussfolgerung: Das RESTORE-Register bietet erweiterte Bewertungen aus der Praxis von Patientenergebnissen und SMA-Interventionen. Die Mehrzahl der Pat für die >1 CHOP INTEND-Score im Nachbeobachtungszeitraum vorlag, wiesen höhere Scores auf. Auf Grundlage zur Zeit verfügbarer Daten, stimmen die im RESTORE-Register beobachteten UE-Erfahrungen mit Onasemnogen-Abeparvovec mit den zuvor beschriebenen Erfahrungen aus klinischen Studien für SMA überein; weder bei den mit Onasemnogen-Abeparvovec behandelten Pat noch bei denen, die die Behandlung wechselten, wurden neue Sicherheitssignale identifiziert.
Hintergrund: Die spinale Muskelatrophie Typ 1 (SMA1) ist durch eine motorische neuronale Degeneration sowie fortschreitende Muskelschwäche gekennzeichnet. Unbehandelte SMA ist die häufigste genetische Ursache pädiatrischer Mortalität.
Fragestellung: Untersuchung des therapeutischen Nutzens von Onasemnogen-Abeparvovec im Hinblick auf die Ergebnisse der krankheitsmodifizierenden Therapie bei Patienten mit SMA1.
Material und Methodik: Der therapeutische Nutzen in 22 Patienten mit SMA1 (2 Kopien des Motorneuron-Gen (SMN2)) behandelt mit Onasemnogen-Abeparvovec in der Phase III STR1VE-Studie (NCT03306277) wurde verglichen mit jenen unbehandelter Patienten in 2 Studien zum natürlichen Krankheitsverlauf (Pediatric Neuromuscular Clinical Research Network (PNCR): ≤36 Monate, n=23; NeuroNEXT-101 (NN-101): ≤24 Monate, n=16) sowie der ENDEAR (NCT02193074) Kontrollgruppe (n=27). In STR1VE wurden Überleben (Tod/permanente Beatmung), die motorische Funktion (Children’s Hospital of Philadelphia Infant Test of Neuromuscular Disorders (CHOP-INTEND)), das Erreichen motorischer Meilensteine, erforderliche Beatmungs-/Ernährungsunterstützung, sowie Hospitalisierungenuntersucht.
Ergebnisse: Im Alter von 14 Monaten waren 20/22 Patienten (90,9%) in STR1VE frei von permanenter Beatmung im Vergleich zu 25% in PNCR. Die mittlere Überlebensdauer in NN-101 betrug 8 Monate. Patienten in PNCR und NN101 erreichten keine motorischen Meilensteine, während bei STR1VE, 13/22 (59,1%) im Alter von 18 Monaten für ≥ 30 Sekunden keine Unterstützung beim Sitzen benötigten, 1/22 standen mit Unterstützung, 1/22 (4,5%) gingen mit Unterstützung und 1/22 (4,5%) gingen allein. Bei STR1VE betrugen die mittleren Veränderungen bei CHOP INTEND von der Baseline nach 30 Tagen post Behandlung (n=22) +6,9 Punkte und nach 18 Monaten (n=16) +19,3 Punkte; 7/22 Patienten (32%) erforderten sporadische Unterstützung durch künstliche Ernährung und 7/22 (32%) erhielten temporäre Beatmungsunterstützung während der Studie. Der mittlere, nicht adjustierte annualisierte Grad des Krankenhausaufenthalts (Krankenhausaufenthalte/folgende Anzahl der Probandenjahre) betrug 4,3 für die mit Placebo behandelten Patienten bei ENDEAR vs. 0,8 für die STR1VE-Patienten.
Schlussfolgerung: Eine einzelne Dosis von Onasemnogen-Abeparvovec bei STR1VE verbesserte das Überleben sowie das Erreichen motorischer Meilensteine, während die Krankenhauseinweisungen reduziert wurden; dies deutet auf verringerte Behandlungskosten sowie eine geringere Belastung für die Patienten,der Pflegenden, sowie der breiteren Gesellschaft hin, was auf eine Gesamtverbesserung der Lebensqualität im Vergleich zum natürlichen Krankheitsverlauf hinweist.
Hintergrund: Onasemnogen-Abeparvovec (ehemals AVXS-101) wurde entwickelt, um die genetische Ursache der spinalen Muskelatrophie Typ 1 (SMA1) anzugehen. In der Phase-I-Studie (START; NCT02122952) zeigten Patienten, die eine einmalige hochdosierte (vorgeschlagene therapeutische Dosis) Infusion erhielten (n = 12), signifikant verbesserte Ergebnisse im Vergleich zum unbehandelten natürlichen Verlauf.
Fragestellung: Hier evaluieren wir die Langzeitsicherheit bei Patienten, die zuvor in START behandelt wurden, sowie die Langzeitwirksamkeit bei Patienten aus beiden Kohorten. START-Patienten konnten sich nach eigener Wahl in eine Langzeit-Nachbeobachtungsstudie (Long-Term Follow-Up, LTFU) (NCT03421977) aufnehmen lassen.
Material und Methodik: Primäre Zielsetzung: langfristige Sicherheit. Für die Patienten sind jährliche Besuchstermine angesetzt (5 Jahre lang). Anschließend ist ein jährlicher Telefonkontakt vorgesehen (weitere 10 Jahre lang). Zu den Untersuchungen gehören die Aufnahme der Krankengeschichte/die Auswertung der Patientenakte, eine körperliche Untersuchung, klinische Laboruntersuchungen, Lungenuntersuchungen und Überprüfung der Meilensteine.
Ergebnisse: Bis zum 31. Dezember 2019 waren 13 Patienten (niedrige Dosis, n = 3; therapeutische Dosis, n = 10) eingeschrieben. Die ältesten Patienten waren 6,2 (niedrige Dosis) und 5,6 (therapeutische Dosis) Jahre alt. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (UE) wurden bei 8/13 Patienten berichtet; jedoch wurden keine schwerwiegenden UE als mit der Behandlung in Verbindung stehend angesehen oder führten zum Abbruch der Studie, was ein günstiges Risiko-Nutzen-Profil unterstützt. Alle Patienten, die die therapeutische Dosis erhalten haben, haben überlebt und sind frei von dauerhafter Beatmung (mittleres Alter [Bereich] beim letzten Datenschnitt: 4,8 [4,3-5,6] Jahre; mittlere Zeit [Bereich] seit der Verabreichung: 4,5 [4,1-5,2] Jahre). Diese Patienten haben entweder alle zuvor erreichten Meilensteine beibehalten oder neue Meilensteine erreicht; zwei Patienten haben den Meilenstein Stehen mit Unterstützung neu erreicht, während sie zu keinem Zeitpunkt begleitend eine das Survival Motorneuron-Protein (SMN) hochregulierende Therapie erhielten. Von den zehn rekrutierten Patienten, die eine therapeutische Dosis erhielten, benötigten sechs mehr als vier Jahre nach der Verabreichung keine regelmäßige, tägliche unterstützende Beatmung. Darüber hinaus haben sechs nie eine begleitende hochregulierende SMN2-Therapie erhalten.
Schlussfolgerung: Die Daten deuten darauf hin, dass Onasemnogen-Abeparvovec ein günstiges Risiko-Nutzen-Profil aufweist und mit neuen Meilensteinentwicklungen weiterhin seine Wirksamkeit unter Beweis stellt.
Hintergrund: Spinale Muskelatrophie (SMA) führt zu einem Verlust der motorischen und respiratorischen Funktionen. Ursache ist die biallelische Deletion/Mutation des Survival-Motor-Neuron-1-Gens (SMN1). Kopien eines ähnlichen Gens (SMN2) beeinflussen den Schweregrad der Erkrankung.
Fragestellung: Hier beurteilen wir die Sicherheit und Wirksamkeit von Onasemnogen-Abeparvovec (ehemals AVXS-101) bei präsymptomatischen SMA-Patienten.
Material und Methodik: SPR1NT (NCT03505099) ist eine laufende multizentrische, offene Phase-III-Studie. Asymptomatische Patienten, bei denen die Entwicklung einer SMA erwartet wird (2-3 SMN2, ≤ 6 Wochen), erhalten eine einmalige IV-Infusion und werden 18/24 (2/3 SMN2) Monate lang untersucht. Primäre Endpunkte: Sitzen für ≥ 30 Sekunden (2 SMN2)/Stehen ohne Unterstützung für ≥ 3 Sekunden (3 SMN2). Sekundäre Endpunkte: Überleben und selbständige Nahrungsaufnahme bei Normalgewicht (2 SMN2); selbständiges Gehen (3 SMN2). Untersuchungsergebnis: Verbesserung der Motorik (CHOP INTEND [2 SMN2]). Sicherheitsendpunkte: Inzidenz unerwünschter Ereignisse (UE)/schwerwiegender UE.
Ergebnisse: Bis zum 31. Dezember 2019 hatten 30 Patienten Dosen erhalten (2 SMN2/3 SMN2/4 SMN2, n=14/15/1) und die Rekrutierung war abgeschlossen. Mittleres Alter (Bereich) bei Dosierung (Tage): 2 SMN2, 20,6 (8,0-34,0); 3 SMN2, 28,7 (9,0-43,0). Alle Patienten, die noch am Leben sind, haben beim letzten Besuch keine unterstützende Beatmung in Anspruch genommen. Unter den 2 SMN2-Patienten haben alle CHOP INTEND-Scores von ≥ 50 erreicht, der den bei unbehandelten Patienten beobachteten Maximalwert übertrifft; 8 saßen (alle innerhalb des von der Weltgesundheitsorganisation [WHO] festgelegten 1.-99. Perzentils; Bereich: 5,7-11,8 Monate); 4 standen und gingen ohne Unterstützung (Bereich: 12,2-18,3 Monate). Von den 3SMN2-Patienten standen 4 ohne Unterstützung (9,5-12,4 Monate); 3 gingen ohne Unterstützung (12,2-15,1 Monate). Die verbleibenden Patienten in beiden Kohorten, die diese Meilensteine nicht erreicht haben, haben das WHO-Fenster noch nicht überschritten. Alle Patienten sind in der Lage, ihr Gewicht ohne Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme zu halten, und die meisten blieben im angemessenen, gesunden Gewichtsbereich und gedeihen gut. 30/30 Patienten erlebten ≥ 1 UE; 17/30 erlebten behandlungsbedingte UE. Alle schwerwiegenden UE wurden erfolgreich behandelt und wurden nicht als mit der Behandlung in Verbindung stehend betrachtet Die gemeldeten UE waren überschaubar und stimmten mit dem bekannten Sicherheitsprofil von Onasemnogen-Abeparvovec überein.
Schlussfolgerung: Die Daten zeigen, dass präsymptomatische Patienten, denen Onasemnogen-Abeparvovec verabreicht wurde, weiterhin die primären Endpunkte (motorische Meilensteine der WHO) erreichten, was einen signifikanten therapeutischen Nutzen belegt. Die präsymptomatische Behandlung ermöglicht das Erreichen altersgerechter motorischer Meilensteine.
Hintergrund: Die Spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch Deletion oder Mutation des SMN1 Gens verursacht wird. Die Schwere der Erkrankung (SMA-Typ) korreliert mit der Anzahl von SMN2 Kopien. Die Gentherapie (Onasemnogen-Abeparvovec) sorgt für eine nachhaltige, kontinuierliche Produktion des SMN-Proteins via Übertragung eines voll funktionierenden SMN1 Gens und ist von der FDA zugelassen, mit laufenden Studien für die SMA-Typen 2 und 3 und präsymptomatischer Behandlung für alle SMA-Typen. Da wirksame Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, führen viele US-Bundesstaaten ein Neugeborenen-Screening (NBS) ein, um SMN1-Deletionen und SMN2-Kopien zu detektieren, was eine frühe Diagnose sowie eine präsymptomatischen Behandlung ermöglicht.
Fragestellung: Hier versuchen wir, die wirtschaftlichen Auswirkungen des NBS und der präsymptomatischen Gentherapie zu beschreiben.
Material und Methodik: Es wurde ein entscheidungsanalytisches Modell erstellt, um die Kostenwirksamkeit von NBS bei 10.000 hypothetischen Neugeborenen aus der Sicht eines US-amerikanischen Kostenträgers zu bewerten. Im Basisfall wurde das NBS bei präsymptomatischer Gentherapie für jeden positiven SMA-Test mit mit Gentherapie für symptomatische SMA Typ 1 ohne NBS verglichen. Daten und Annahmen zu Lebenszykluskosten und Nutzen für SMA-Typen stammen aus dem SMA-Bericht des Institute for Clinical and Economic Review 2018; andere Werte wurden der veröffentlichten Literatur entnommen. Zu den Modell-Outputs gehörten Kosten, qualitätsbereinigte Lebensjahre (Quality Adjusted Life-Years, QALYs) und inkrementelle Kosten-Effektivitäts-Verhältnisse (Incremental Cost-Effectiveness Ratios, ICERs). Szenario- und Sensitivitätsanalysen prüften die Robustheit des Modells.
Ergebnisse: Im Basisfall kostete das NBS für eine Population von 10.000 Neugeborenen mit präsymptomatischer Gentherapie Test 3.150.087 USD und produzierte 269.997 QALYs. Das ICER betrug 57.969 USD/QALY im Vergleich zurGentherapie ohne NBS mit für Patienten mit symptomatischer SMA Typ 1. Wenn in der Szenarioanalyse nur präsymptomatische Patienten mit ≤3 SMN2-Kopien behandelt wurden, dominierte NBS, war deutlich kosteneffektiv.
Schlussfolgerung: Im Vergleich zu keinem Screening ist das NBS bei präsymptomatischer Gentherapie für SMA aus Sicht der US-Kostenträger eine kosteneffiziente Option. Die Ergebnisse reagierten am empfindlichsten auf die Behandlungsstrategien (d. h. Behandlung in Abhängigkeit von SMN2-Kopienzahl) und die Verteilung der SMA-Typen; die Screening-Kosten hatten einen minimalen Einfluss.
Hintergrund: Das Vollbild des Sturge-Weber Syndroms (SWS) ist gekennzeichnet durch die Trias Naevus flammeus im Gesicht, Epilepsie und Glaukom. Entwicklungsverzögerung, „stroke-like“ episodes und Verhaltensprobleme können ebenso eine therapeutische Herausforderung darstellen. In Deutschland liegen für diese „Orphan Disease“ keine aktuellen Daten zu Epidemiologie, erfolgter Diagnostik und Ansprechen auf Therapiemaßnahmen bei Kindern vor.
Fragestellungen: Anzahl betroffener Kinder in Deutschland, Alter bei Erstdiagnose, Therapieerfolg
Material und Methoden: Datenerhebung mittels einer multinationalen Querschnittsstudie. Dabei wurden mittels E-Mail-Verteiler ca. 1700 in Deutschland, Schweiz und Österreich registrierte Neuropädiater kontaktiert und um Meldung ihrer Patienten mit SWS gebeten („ESNEK“, Erhebung seltener neurologischer Erkrankungen im Kindesalter, Universität Göttingen). Versand eines Fragebogens zu Anamnese, Diagnostik, Symptomen und Therapie an einwilligende Patienten/Sorgeberechtigte. Eine modifizierte Fassung des Fragebogens wurde durch die betreuenden Kinderneurologen ausgefüllt.
Ergebnisse: 111 Meldungen von päd. Patienten mit klinischer Diagnose „SWS“ aus Deutschland, Schweiz und Österreich. 47 Patienten/ Sorgeberechtigte nahmen an unserer Erhebung teil (42,3 %), davon 25 Jungen und 22 Mädchen (Alter 4 Monate-17 J., Median 4,2 J.). Bei n =35 lag ein „klassisches“ SWS vor (Typ I nach Roach, entspr. 74,5 %), bei weiteren 6 Typ III nach Roach (12,8 %), d.h. ohne Hautbeteiligung. 6 Fälle waren Overlap-Phakomatosen oder systemische Angiomatosen. 80,4 % aller Patienten wurden innerhalb des 1. LJ diagnostiziert. Fast alle Patienten erhielten mind. ein cMRT (n = 46), mind. ein EEG (n = 46) und mind. eine augenärztl. Untersuchung (n = 47). Behandlung der strukturellen Epilepsie in 14 Fällen mit AED-Monotherapie (29,8 %), in 26 Fällen mit Kombinationstherapien (55,3 %) mit 2-4 Medikamenten. Insgesamt wurden 17 verschiedene AED eingesetzt, in variablen Kombinationen (am häufigsten wurden Levetiracetam, Oxcarbazepin, Valproat, Lamotrigin und Phenobarbital verwendet). 7 Patienten (14,9 %) nahmen keine AED ein. 21 Patienten erhielten eine Aspirin-Prophylaxe (44,7 %), 2 gaben Therapie mit Cannabidiol an. Der Therapieerfolg mit Levetiracetam oder Oxcarbazepin wurde durch die betreuenden Neuropädiater i.d.R. als „gut“ angegeben (n =11 von 14 Pat. mit AED-Monotherapie). Insgesamt 4 Patienten waren neurochirurgisch behandelt worden. Es liegen weitere Ergebnisse zu Haut- und Augenbeteiligung vor.
Diskussion/ Schlussfolgerung: Das SWS wird mehrheitlich vor Vollendung des ersten Lebensjahres diagnostiziert. Schweregrad und Verlauf variieren deutlich zwischen verschiedenen Patienten. Häufig ist eine AED-Kombinationstherapie zur Epilepsiebehandlung erforderlich, wobei die verwendeten Substanzkombinationen heterogen sind. Longitudinale Studien und Patientenregister stellen vielversprechende Instrumente zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse dar.
Background: Pseudotumor cerebri (PTC) is a condition defined by elevated intercranial pressure, diagnosed upon confirmation of normal brain parenchyma without the presence of structural mass or lesions in MRI. Paediatric incidence is reported by the ESPED as 0.47 per 100,000 population in Germany (1). Children with obesity are more at risk for developing PTC than children with normal weight, increasingly during and after puberty (2). Given the severe potential outcomes of untreated PTC such as permanent loss of vision (3), early diagnosis is crucial.
Objective: The aim of this investigation was to better understand clinical presentation and diagnostic measures of PTC and to identify possible risk factors as well as to evaluate clinical courses and correspondingly determine responses to applied therapies. This study design provides a comprehensive representation of PTC in clinical practice.
Methods: The electronic database of the Department of Pediatric Neurology at Charité was filtered for patients that were treated for pseudotumor cerebri between 2009 and 2019. 85 children and adolescents (mean age: 11.96 ± 4.43 years at diagnosis) were selected for inclusion in this study. A retrospective chart review was performed, looking at variables including age, sex, body mass index, reason for first presentation, symptoms throughout clinical course, physical and ophthalmic examination findings, neuroimaging results and means of treatment as well as response to treatment modalities and clinical course. Determination of BMI-per age percentiles allowed for accurate assessment of weight groups.
Results: Out of the 85 patients, 55% were female and 45% were male. Most commonly found symptoms were headache, visual disturbance, dizziness and nausea. We identified a strong corellation of pseudotumor cerebri with overweight and obesity (58% of patients were overweight or obese). Papilledema or papilla anomalies were found in 66% of patients. Cerebral spinal fluid opening pressures correlated positively with age and were higher in female patients. The most common cranial MRI findings were peri-optic subarachnoid space distension, empty sella and transverse sinus stenosis, but 60% of patients presented without any of these. Most patients received acetazolamide, and many were counselled to reduce weight.
Our research is currently focussed on long-term outcomes of patients with PTC including duration of therapy, side-effects and the necessity for further interventions. Here particular emphasis is being put on the success of acetazolamide therapy, pain management and development of clinical presentation, including improvements of symptoms throughout treatment. This additional data will be available by the time of the congress.
Hintergrund. Varianten im Gen der schweren Kette des zytoplasmatischen Dynein 1 (DYNC1H1, MIM_600112) wurden bei seltenen neuromuskulären Erkrankungen wie der Spinalen Muskelatrophie mit Betonung der unteren Extremitäten (SMA-LED) und bei Entwicklungsstörungen des Nervensystems wie dem autosomal-dominanten Mentalen Retardierungssyndrom 13 (MRD13) identifiziert.
Fragestellung. Die variablen Symptome von Patienten mit pathogenen Varianten im DYNC1H1-Gen stellen den Pädiater durch die große Heterogenität der klinischen Erscheinungsbildes mit überlappenden Phänotypen und die nicht eindeutige Klassifikation der DYNC1H1-assoziierten Erkrankungen vor Herausforderungen in der Diagnostik. Ziel dieser Arbeit war es das Spektrum dieser heterogenen Krankheitsentität zu erfassen und neu zu klassifizieren.
Material und Methoden. Phänotyp und Genotyp von zehn pädiatrischen Patienten mit pathogenen DYNC1H1-Varianten wurden in einer multizentrischen Studie analysiert. Zur Genotyp-Phänotyp Korrelation wurde mittels der Datenbank Pubmed eine Literaturrecherche zur Identifikation aller bereits in der Literatur beschriebenen Patienten mit pathogenen DYNC1H1-Varianten durchgeführt. Die Daten wurden im Folgenden mittels SPSS ausgewertet und graphisch aufbereitet.
Ergebnisse. Die zehn Patienten der Studie und Literatur wiesen ein breites und überlappendes Spektrum an klinischen Zeichen und Symptomen auf, welche von einer reinen Reduktion der Muskelkraft als Ausdruck einer Beteiligung des peripheren Nervensystem (PNS) bis zur schweren geistigen Behinderung und Beteiligung des zentralen Nervensystem (ZNS) reichten. Eine retrospektive Analyse aller publizierten Mutationen ergab eine domänenspezifische Genotyp-Phänotyp-Korrelationen: Mutationen in der Dimerisierungsdomäne korrelierten mit einer Verminderung der Muskelkraft der unteren Extremitäten und weniger mit einer Beteiligung des ZNS, wohingegen pathogene Varianten in der motorischen Domäne mit zerebralen Fehlbildungen einhergingen.
Schlussfolgerung. Die aktuelle Unterteilung in verschiedene Krankheitsentitäten wie SMA-LED bzw. MRD13, mit der der Kliniker bei der diagnostischen Abklärung von DYNC1H1- assoziierten Störungen konfrontiert ist, spiegelt die Heterogenität und die überlappenden klinischen Krankheitsmanifestationen nicht suffizient wider. Auf der Grundlage der erhobenen Daten schlagen wir eine neue klinische Klassifikation für DYNC1H1- assoziierten Erkrankungen (DYNC1H1-related disorders) vor, die eine Unterteilung vornimmt in ein primär neuromuskuläres Erscheinungsbild (DYNC1H1-NMD) mit ausschließlicher Beteiligung des PNS und diese mit einer Beteiligung des PNS und ZNS (DYNC1H1-NDD).
Background: Gene transfer therapy is promising for Duchenne muscular dystrophy (DMD). We designed an adeno-associated virus vector (rAAVrh74) containing a codon-optimized human micro-dystrophin transgene driven by a muscle-cardiac specific promoter, MHCK7. Findings from 4 patients in our open-labeled, single-dose, Phase I/IIa trial (NCT03375164) are presented.
Question: Is AAVrh74.MHCK7.micro-dystrophin gene transfer safe, well-tolerated, and successful in patients with DMD?
Material and methods: Eligible patients: ambulatory boys (4-7y); confirmed DMD mutations; creatine kinase (CK) elevations (>1,000 U/L); ≤80% predicted 100-meter timed test (100m); no AAVrh74 antibodies; stable steroid dosing (≥3 mo). IV infusion (2.0x1014 vg/kg rAAVrh74.MHCK7.micro-dystrophin) given. Prednisone (1 mg/kg/d) initiated 1d before gene delivery, tapering after 30d. Primary endpoint: safety. Secondary and exploratory endpoints: micro-dystrophin expression by western blot (WB) and immunohistochemistry (IHC); functional outcomes by North Star Ambulatory Assessment (NSAA), 100m, Time to Rise, 4-Stair Climb; CK.
Results: No serious adverse events were observed by serum chemistry. Three patients had transiently elevated gamma-glutamyl transpeptidase (resolved with steroids). No adverse immune responses observed. Robust transgene expression was observed in all: mean 81.2% muscle fibers expressing micro-dystrophin (mean intensity 96% at the sarcolemma by IHC). WB showed mean micro-dystrophin expression of 74.3% without fat/fibrosis adjustment and 95.8% when adjusted (Day 90). All patients had confirmed vector transduction and showed robust reductions in CK (mean change baseline to 1 year: -67.3%). Motor function was improved in all, measured by increased ambulatory function (100m), increased muscle strength (Time to Rise, 4-Stair Climb), and overall motor abilities (NSAA). All 4 patients demonstrated a clinically meaningful improvement on NSAA as early as Day 90.
Conclusion: rAAVrh74.MHCK7.micro-dystrophin infusion was well-tolerated, demonstrating successful systemic delivery of micro-dystrophin transgene and targeted expression of functional micro-dystrophin protein.
Bei erwachsenen Patienten wurde gezeigt, dass sowohl die rheumatische Erkrankung an sich als auch die immunsuppressive Therapie mit pulmonalen Veränderungen einhergehen kann. In der Therapie der rheumatischen Erkrankungen werden auch bei Kindern und Jugendlichen häufig Medikamente aus der Gruppe der „disease-modifying antirheumatic drugs“ (DMARDs) und Biologica eingesetzt. Als sensitiverer Lungenfunktionsparameter im Vergleich zur Spirometrie hat sich zur Entdeckung früher Lungenschäden bei Erwachsenen die DLCO erwiesen. Für Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen gibt es bislang wenige Einzelfallberichte und kaum Studien zu Erkrankungs- und Therapie-bedingten Lungenveränderungen. Der LCI als Marker frühzeitiger Lungenschäden findet bisher hauptsächlich in der Betreuung von Kindern mit primären Lungenerkrankungen (z.B. CF, PCD) Anwendung. Wir haben die Bestimmung des LCI und der DLCO in die kinderrheumatologische Jahresuntersuchung integriert, um zu klären, ob der LCI für die Früherkennung von Lungenschäden bei Kindern mit rheumatischer Grunderkrankung sensitiver ist als die DLCO.
LCI- (Stickstoff Multiple Breath Washout) und DLCO- Messungen (Single Breath Washout mit einer Mischung aus He und CO als Tracer-Gas) erfolgen mit dem EasyOne ProLab (ndd Medical Technologies).
Bei 18 Patienten (11 Mädchen) mit juveniler idiopathischer Arthritis (n=11) oder andere Erkrankung des rheumatischen Formenkreises (n=7) aber ohne pulmonale Symptomatik wurden parallel der LCI und die DLCO bestimmt. Das mediane Alter (Bereich) betrug 14,0 (9-17) Jahre, die mediane Erkrankungsdauer 3,5 (0-10) Jahre. Die Patienten erhielten über unterschiedliche Zeiträume eine immunsuppressive Therapie mit Methotrexat (n=14) und/oder Biologicals (n=6). Der mediane LCI betrug 7,8 (6,1-14,1), der auf die Hämoglobinkonzentration korrigierte mediane DLCO 81,5 (50-119) %. Nur 2 Patienten zeigten unauffällige Befunde für LCI (≤ 7,0) und DLCO (≥ 80%), 8 Kinder zeigten einen pathologischen LCI bei unauffälliger DLCO und 8 Patienten pathologische Werte für LCI und DLCO. Mit der LCI wurden mehr Patienten mit frühen Lungenschäden identifiziert als mit der DLCO (p=0,0116; Fisher Exact Test).
Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem hohen Anteil (16 von 18) pädiatrischer Patienten mit Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis Störungen der Lungenfunktion auch bei fehlenden pulmonalen Symptomen nachweisbar sind. Der LCI ist nicht nur die im Kindesalter einfacher durchführbarere, sondern im Vergleich zur DLCO auch die sensitivere Untersuchungsmethode früher Lungenschäden. Eine Aufnahme des LCI in die Jahresuntersuchung von Kindern mit rheumatischer Grunderkrankung als Screening auf Lungenschäden ist zu diskutieren.
Hintergrund:
Die Osteogenesis imperfecta (OI) beruht auf funktionellen Defekten im Typ-I-Kollagen mit charakteristisch erhöhter Frakturneigung. Der Phänotyp bestimmt die Einteilung in fünf klinische OI-Typen. Neugeborene, die in der Perinatalperiode versterben, werden dem Typ II zugeordnet. Lebenslimitierend ist meist eine respiratorische Insuffizienz aufgrund einer Lungenhypoplasie. Typ III ist die schwerste nichttödliche Verlaufsform. Lebenslimitierend ist häufig eine restriktive Lungenfunktionsstörung aufgrund der Skelettdysplasie.
Wir berichten von einer Patientin mit einer Lungenhypoplasie bei OI aufgrund einer bislang nicht beschriebenen COL1A1-Mutation. Lebenslimitierend war eine pulmonale Hypertonie, die in der Literatur nach unserer Kenntnis bei OI nicht beschrieben wurde.
Fallbericht:
Pränatal wurde mittels Amniozentese im COL1A1-Gen eine heterozygote de novo Mutation (9-Basenpaar-Duplikation: c.2526_2534dup p.Ala847 Pro849dup) nachgewiesen, die eine schwerwiegende Funktionsstörung des Proteins vermuten ließ. Der Befund der fetalen Sonographie war passend zu einer OI mit Lungenhypoplasie.
Geburt per Sectio bei 38+2 Schwangerschaftswochen bei Wehentätigkeit. Komplikationslose postnatale Adaptation. Apgar-Score 9/10/10. Nabelarterien-pH 7,07. Es zeigten sich verkürzte Extremitäten aufgrund von multiplen Frakturen mit konsekutiver Fehlstellung und radiologisch eine Thorax- und Lungenhypoplasie. Die Patientin war in den ersten sechs Lebenswochen respiratorisch wenig beeinträchtigt.
Im Alter von 6 Wochen kam es zu einer respiratorischen Verschlechterung, die eine Sauerstoff-Therapie erforderlich machte. Echokardiographisch zeigte sich eine pulmonal-arterielle Hypertonie, sodass eine Therapie mit Sildenafil begonnen wurde.
Im weiteren Verlauf zeigte die Patientin eine zunehmende pulmonale Verschlechterung bis zur respiratorischen Globalinsuffizienz. Auf die nicht-invasive Atemunterstützung zeigte sich kein suffizientes Ansprechen. Echokardiographisch war der pulmonal-arterielle Druck trotz fortgeführter Sauerstoff- und Sildenafil-Therapie systemisch bis suprasystemisch.
Nach interdisziplinärer Diskussion und ausführlichem Gespräch mit den Eltern wurde im Konsens auf eine weitere Therapieintensivierung verzichtet. Die Patientin verstarb im Alter von knapp 10 Wochen.
Diskussion:
Die o.g. Mutation wurde bei unserer Patientin erstmals beschrieben. Pränatal wurde eine schwere Verlaufsform der OI vorhergesagt, die sich postnatal bestätigte.
Lebenslimitierend war die respiratorische Verschlechterung aufgrund der Lungenhypoplasie und der damit einhergehenden pulmonalen Hypertonie. Aus der Literatur ist bekannt, dass Erkrankungen mit Lungenhypoplasie häufig mit einer pulmonalen Hypertonie einhergehen. Dieser Zusammenhang wurde bei der OI bisher nicht beschrieben, erscheint jedoch naheliegend.
Schlussfolgerung:
Bei OI mit Lungenhypoplasie sollte frühestmöglich an eine pulmonale Hypertonie gedacht werden, da diese prognosebestimmend sein kann.
Background: Despite current management, patients with long-chain fatty acid oxidation disorders (LC-FAOD) may still experience disease-related major clinical events (MCEs) leading to hospitalizations and potentially death. Triheptanoin, an odd-carbon medium-chain triglyceride consisting of three 7-carbon fatty acids on a glycerol backbone, is being investigated for LC-FAOD treatment. An expanded access program (EAP) with triheptanoin for LC-FAOD has been ongoing since February 2013. There are three access pathways for qualified patients: 1) emergency access to investigational new drugs (eIND), 2) individual compassionate use (CU), 3) nominative Temporary Authorisation for Use (nATU; France only) and 4) nominative use under Italian Drug Agency approval (law 326/2003).
Methods: Information on patient demographics, disease history, prior therapy, dietary management, and treatment outcome on triheptanoin was requested via questionnaire from physicians treating patients under the EAP.
Results: As of September 1, 2018, 67 patients with worsening LC-FAOD (21 eIND, 28 CU, 18 nATU) have been treated with triheptanoin under the EAP; completed questionnaires were received for 51 patients (16 eIND, 22 CU, 13 nATU). Almost all patients had a history of MCEs prior to triheptanoin treatment, and the most common MCEs were rhabdomyolysis (76%), hypoglycemia (53%), and cardiomyopathy (49%). Based on the clinical opinion of treating physicians, treatment with triheptanoin resulted in improvement of most patients’ MCE (80%) that led to the EAP request, as well as their long-term LC-FAOD outcome (76%). Median duration of triheptanoin treatment was 22.6 months as of February 28, 2019 (range: 0.1 to 67.8 months). Most patients (76%) remain on triheptanoin therapy. Reasons for discontinuation were GI intolerance (2%), cardio respiratory arrest (2%), diarrhea (2%), recurring emesis (2%), worsening of disease (2%) or reason not provided (2%). Six patients (12%) died due to worsening of underlying disease; no deaths were attributed to triheptanoin.
Conclusions: Real-world data show significant risk for patients with LC-FAOD despite current management and the need for urgent early intervention. These critically ill patients benefit from triheptanoin treatment, and most patients show improved outcomes and remain on triheptanoin therapy.
Background: Long-chain fatty acid oxidation disorders (LC-FAOD) are autosomal recessive conditions that impair conversion of long-chain fatty acids into energy, resulting in major clinical events (MCEs). Triheptanoin, an odd-carbon medium-chain triglyceride consisting of three 7-carbon fatty acids on a glycerol backbone, is being investigated for LC-FAOD treatment.
Methods: An open-label, long-term extension study (NCT02214160) is evaluating the safety and efficacy of triheptanoin in patients with LC-FAOD who participated in prior clinical trials, investigator-sponsored trials (ISTs) or expanded access programs. Patients not previously treated with triheptanoin were also enrolled in the extension study. The primary outcome was frequency and duration of MCEs. For the analysis of MCEs, in addition to descriptive statistics, a comparison was performed between the pre-triheptanoin treatment phase and the triheptanoin treatment phase using a paired t-test. The Wilcoxon signed rank test was performed as a nonparametric alternative to the paired t-test when the normality assumption was questionable, and median values were presented instead of means.
Results: In total, 75 patients enrolled as of 01 June 2018; 24 of these patients rolled over from a phase 2 study, 31 were from ISTs or expanded access programs, and 20 were triheptanoin treatment-naïve. Prior to triheptanoin treatment, the 24 rollover patients from the phase 2 study had a mean annualized event rate of 1.76 events/year; following an additional 36 months of triheptanoin treatment (≥3 years of total treatment), there was a reduction in the mean annualized event rate to 0.96 events/year (p=0.0319). The 20 treatment-naïve patients had a pre-treatment median annualized event rate of 2.33 events/year, and after triheptanoin treatment, there was a reduction in the median annualized event rate to 0.71 events/year (p=0.1072), consistent with results from the 24 rollover patients. Median MCE days were reduced by 66% and 80% in the rollover and triheptanoin-naïve groups, respectively. In the 31 patients from ISTs or expanded access programs, pre-treatment data were not available for comparison. The most common related adverse events among all 75 patients were diarrhea, abdominal pain/discomfort, and vomiting; most were mild to moderate in severity. Three patients had serious adverse events (diverticulitis, ileus, and rhabdomyolysis) that were considered possibly related to study drug by the investigator; all serious adverse events resolved. Two patients had adverse events leading to death; both were determined by the investigator to be due to underlying disease and not related to study drug. Most patients (87%) are continuing treatment.
Conclusions: Triheptanoin showed sustained clinical benefit in reducing the rate and duration of MCEs in two distinct patient cohorts. Additionally, safety was consistent with previous observations during this long-term treatment.
Background: Vestronidase alfa (recombinant human beta-glucuronidase) is an enzyme replacement therapy approved in several countries for patients with Mucopolysaccharidosis (MPS) VII, a highly heterogeneous, ultra-rare disease.
Methods: UX003-CL203 was an open-label trial designed to investigate the safety and efficacy of vestronidase alfa (4mg/kg IV every other week) in subjects with MPS VII < 5 years old. Eight subjects (1.6-5 years) enrolled; 7 completed the 48-week Treatment Period and continued up to 2.6 years (44-136 weeks; median 95.1 weeks).
Results: Urinary glycosaminoglycan (uGAG) dermatan sulfate decreased significantly (p < 0.0001) from baseline (BL) by least square (LS) mean of 60% at Week 4, with reduction sustained at Week 48 ( 61%) and throughout the study. All subjects achieved ≥ 50% reduction in uGAGs.
Improvement in height z-scores [mean (SD) z-score change of 0.196 (0.30) from -2.630 (1.17) at BL to -2.045 (0.27) at Week 48] and a positive trend toward increased growth velocity from a mean (SD) z-score of 2.59 (1.49) at BL to 0.39 (2.10) post-BL (p=0.27), were observed.
BL hepatomegaly resolved in 3/3 subjects assessed by ultrasound and 5/6 subjects assessed by physical examination (PE) by end of study; BL splenomegaly resolved in 1/3 subjects assessed by ultrasound and 2/2 subjects assessed by PE.
All subjects experienced at least one treatment-emergent adverse event (TEAE); 5 subjects (62.5%) experienced TEAEs assessed as related to study drug. Three subjects (37.5%) experienced serious TEAEs; most were known complications of MPS VII. Four subjects (50.0%) experienced mild or moderate infusion-associated reactions (IARs). No subjects discontinued due to AEs or IARs. All subjects developed anti-drug antibodies and 3 developed neutralizing antibodies, although no association with uGAG reduction was apparent. Safety with long-term exposure was consistent with the known safety profile of vestronidase alfa, and no new safety concerns were identified.
Conclusions: Long-term vestronidase alfa treatment demonstrated sustained reductions in uGAGs, continued growth, and improved hepatosplenomegaly in children with MPS VII < 5 years old.
Mucopolysaccharidosis III (MPS III; Sanfilippo disease) is a rare autosomal recessive lysosomal storage disorder. Each of the four subtypes is characterised by the deficiency of an enzyme catalysing the metabolism of glycosaminoglycan (GAG) heparan sulphate. GAG accumulates in the cells, causing neurological regression and affecting multiple organ systems. Cognitive decline accelerates in the second stage of the disorder hence an early diagnosis is essential to maximise new treatment outcomes. However, a delay in diagnosis is very common and information on the patient’s journey until MPS III diagnosis is limited.
This study aimed to investigate delays from symptom onset to genetic diagnosis in patients with MPS III.
The survey used an online questionnaire specifically designed as part of an international study involving 13 countries. The survey was conducted in Germany between Jun–Nov 2017. Parents or caregivers of children with MPS III were invited to take part through Gesellschaft für MPS eV.
Forty-three children with MPS III (Types A: 67%; B: 26%; C: 7%) were included in the study (49% females). Mean age of individuals at the time of the survey was 21.4 (±9.5) years (range 3–39). None of the children had been tested for MPS III as a result of a sibling’s diagnosis.
Mean age at which the first symptom was noticed was 0.8 (±2) years (range 0–4; n=40). Seventy-six percent (n=30) of children had seen a general practitioner or primary care paediatrician more than ten times before being referred to a different type of healthcare professional. On average, children were referred to 5 (±2) types (range 2–10; n=41) of healthcare professional before seeing a geneticist or being referred to a specialist to confirm the disorder.
Mean age at diagnosis was 5.8 (±4.1) years (range 0.8–20.0; n=43). Most children (n=43) were diagnosed by hospital paediatricians (51.2%), followed by paediatricians specialising in metabolic disorders (14.0%), geneticists (9.3%), neurologists (9.3%), metabolic consultants (7.0%) and developmental paediatricians (4.7%). Mean lag time between first noticing a symptom and diagnosis was 5.3 (±3.9) years (range 0.4–19.0; n=40).
Only 9.5% of children (n=42) had a genetic test to confirm the MPS III disorder, with 71.4% of children having the disorder confirmed by urinary GAG testing, 45.2% by enzyme activity testing, or a combination of both, with 33.3% of children undergoing a skin biopsy to determine MPS III subtype.
This study highlights the challenges in diagnosis of rare genetic diseases and the need for genetic testing earlier in the diagnostic pathway to allow patients access to the relevant medical support and intervention, necessary for an improved quality of life.
Hintergrund: Das CANDLE-Syndrom ist eine seltene, wenig bekannte, genetisch definierte autoinflammatorische Erkrankung mit bislang weniger als 100 beschrieben Fällen weltweit.
Fallbericht: Präsentiert wird ein einjähriges Mädchen mit livid-erythematösen nodulären Hautläsionen, bilateral, an Armen und Beinen, meist prätibial. Nach zwei Wochen manifestierte sich Fieber mit Schwellung der Hand- und Fußrücken, Myalgie und Arthralgien. Es wurde die Verdachtsdiagnose einer Pannikulitis in Form eines Erythema nodosum gestellt. Die Echokardiographie ergab einen Perikarderguss und moderate Pleuraergüsse beidseits. Unter Steroidtherapie und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kam es zur sofortigen Entfieberung und partiellem Rückgang der Symptome. Bei Reduktion der Steroide verschlechterte sich das Krankheitsbild jedoch erneut mit Fieberschüben bis 40 °C, abdominellen Beschwerden und begleitender Leukozytose, Thrombozytose, mikrozytämischer Anämie und erhöhter LDH, CRP und BSG. Im Abdominal-MRT zeigte sich eine mesenteriale Pannikulitis. Eine Erhöhung der Steroiddosierung sowie eine Therapieeskalation mit Etanercept erreichten lediglich eine zehn Tage anhaltende Entfieberung. Bei erneuten Fieberschüben, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Muskelschwäche, Lipodystrophie sowie Transaminasen- und Triglyceridenerhöhung wurde mit einer Kombitherapie aus Anakinra, Steroiden und NSAR eine geringe Regredienz der Entzündungsparameter, nicht jedoch eine Kontrolle der Krankheitsprogression, erreicht. Die progrediente fazialbetonte Lipodystrophie zusammen mit früh-auftretenden Fieberschüben, Fingerschwellungen, Wachstumsstillstand, Muskelatrophie, prominentem Abdomen, generalisierte Lymphadenopathie und Hepatosplenomegalie führte klinisch zur Diagnose eines CANDLE-Syndroms. Die Interferon-Signatur wies eine starke Typ 1-Interferonaktivierung nach, die unsere Verdachtsdiagnose bestätigte. Molekulargenetisch zeigten sich keine pathogenen Veränderungen im PSMB8-Gen, die Ergebnisse der Whole Exome Sequenzierung stehen aus. Schließlich wurde der off-label Therapie mit dem JAK 1/2-Hemmer Baricitinib zugestimmt. Binnen weniger Tage kam es zur Fieberfreiheit und Halbierung der Entzündungs- und Transaminasenwerte. Gewicht und Wachstum normalisierten sich, der Rückgang der Myositis und der Arthralgien erlaubte der Patientin, wieder zu laufen und den Kindergarten zu besuchen.
Diskussion: Das CANDLE-Syndrom gilt als Typ-1- Interferonopathie. Der genetische Hintergrund ist heterogen. Neben Mutationen im PSMB8-Gen sind weitere Mutationen beschrieben. In unserem Fall war das viel zu früh in der Kindheit auftretende E. nodosum mit anhaltender begleitender systemischer Inflammation und sich entwickelnder Lipodystrophie diagnostisch wegweisend. Therapeutisch erwies sich Baricitinib, ein JAK-1/2 Inhibitor, zur Hemmung des Interferon-α Entzündungswegs als sehr effektiv.
XHintergrund: Morbus Wilson (MW) ist eine seltene autosomale, rezessive Störung des Kupfertransports. Eine toxische Akkumulation von Kupfer in Niere, Leber und Gehirn ist die Folge. Das Krankheitsbild ist klinisch heterogen mit hepatischen und neuro-psychiatrischen Erscheinungsformen. Die Behandlung erfolgt mit Chelatbildnern, z.B. D-Penicillamin und Trientin, und durch Reduktion der Kupferaufnahme. Wenig ist bekannt über die pharmakologischen Parameter der Behandlung mit Trientin, insbesondere bei betroffenen Kindern.
Hier soll die Pharmakokinetik (PK) von Trientin bei Kindern untersucht werden, auch im Vergleich zu Erwachsenen, für mögliche Rückschlüsse zu pädiatrischen Dosierungsstrategien.
Methoden: Offene, single-dose, single-center Studie zur Bestimmung der steady-state-PK von Trientin-dihydrochlorid bei damit vorbehandelten MW-Patienten im Jugend- und Erwachsenenalter aus der regulären ambulanten Betreuung. Morgendliche orale einmal Dosis der sonst üblichen Trientinmenge auf nüchternen Magen. Blutproben wurden vor der Einnahme und zu 10 definierten weiteren Zeitpunkten bis 12 Stunden nach Einnahme entnommen. Bestimmung der Serumkonzentration von Trientin, sowie weiterer Parameter. NCT01874028. Analyse mit Microsoft-Excel und Microsoft-Access (Version 2016).
Ergebnisse: Vier Jugendliche (J), mittleres Alter 13,8 Jahre (SD 1,5; Median 13) und 15 Erwachsene (E), mittleres Alter 47,4 Jahre (SD 9,1; Median 48) wurden ausgewertet. Ein 19-jähriger wurde nicht zugeordnet. BMI J: 19,4 (SD 1,4), E: 24,3 (SD 4,0). Coeruloplasmin im Serum J: 12,2 mg/dl (SD 1,5); E 9,0 mg/dl (SD 4,6); Gesamt-Kupfer im Serum J: 4,8µmol/l (SD 2,4), E: 3,1 µmol/l (SD 2,2); ALAT J: 20,5 (SD 0,5), E: 34,9 (SD 15,4); GGT J: 15,8 (SD 4,3), E: 79,5 (SD 112,2). Übliche Tagesdosis Trientin J: 900,0mg (SD 223,9), E: 1066,7mg (SD 307,0). Mittlere Studien-Trientin-Einmaldosis J: 400mg (SD 200); E: 467mg (SD 174); J: 11,9 mg/kg Körpergewicht (SD 6,5; min 5,2; max 20,2), E: 9,1 mg/kg KG (SD 3,2; min 3,3; max 16,7).
Nach Dosis normalisierte Cmax: J 1,66 (ng/ml)/(mg) (SD 0,42), E: 2,03 (ng/ml)/(mg) (SD 1,18). Nach Dosis normalisierte AUC(0-t): J 6,56 (ng/ml h)/(mg) (SD 1,59), E: 7,87 (ng/ml h)/(mg) (SD 5,22); Tmax: J 2,65h, E: 1,48h. T1/2 J: 2,9h (SD 0,5), E: 3,9h (SD 1,3). R2 bei linearer Regression von Dosis zu Cmax: J: 98%, E: 43%.
Diskussion: Es wurde kein relevanter Unterschied in den pharmakokinetischen Parameter bei oraler Trientingabe zwischen Jugendlichen und Erwachsenen mit Morbus Wilson gefunden. Allerdings findet sich eine deutlich stärkere Korrelation zwischen Dosis und Serumkonzentration bei den untersuchten Jugendlichen als bei erwachsenen Patienten, was mit deren geringerer Streuung des Krankheitsfortschritts zusammenhängen könnte. Die Aussage ist durch die kleine Fallzahl limitiert. Weitere Untersuchungen, auch zur Pharmakodynamik wären wünschenswert.
Hintergrund: Die Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) ist eine seltene genetische Erkrankung mit fortschreitender, durch Traumata und Entzündungen getriggerter Verknöcherung von Skelettmuskeln und Bindegewebe, die meist bereits im Jugendalter zu weitgehendem Mobilitätsverlust führt. Aktuell ist keine kausale Therapie verfügbar. Die Erkrankung verläuft schubweise und ist dann oft schmerzhaft. Das mittlere Überleben liegt mit großer Spannbreite bei 40 Jahren.
Fragestellung: Wir berichten von einer FOP-Patientin mit ausgeprägtem chronischen Schmerzsyndrom und fragen nach Möglichkeiten des multimodalen Managements.
Kasuistik: Bei der heute 17-jährigen Patientin wurde die Diagnose der FOP im Alter von 2 Jahren gestellt. In der Folge versteiften allmählich alle großen Gelenke; bettlägerig ist die Patientin seit 2 Jahren. Chronische, von akuten Schüben unabhängige Schmerzen bestehen seit ca. 3/2019, seit 7/2019 erfolgt multimodale Therapie durch spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Die Patientin beschreibt drei Arten von Schmerz: 1) Knochenschmerzen bei Krankheitsschüben (VAS 3-9), 2) einschießende stechende Schmerzen am ganzen Körper, v.a. Rücken (VAS 5-10) und zeitweilig 3) Magenschmerzen/Kopfschmerzen (VAS 5-10). Mehrfach erfolgte eine ausführliche somatische Diagnostik bezüglich der Schmerzätiologie, jedoch ohne wegweisende Befunde.
Seit Aufnahme in die SAPV Umsetzung eines multimodalen Behandlungskonzepts: Medikamentös kamen NSAR zur Anwendung, hochpotente kurz- und langwirksame Opioide; zusätzlich Koanalgetika (Pregabalin) und Adjuvanzien (Antiemetika, Protonenpumpeninhibitoren). Auch erfolgten intensive tiefenpsychologische Psycho- und Verhaltenstherapie, Massagen, Wärmepflaster. Wiederholt wurden massive Medikamentennebenwirkungen berichtet (Übelkeit bei Fentanyl-Pflaster, Schwindelzustände bei Metamizol, Unwirksamkeit von Hydromorphon und Fentanyl-Lutschtabletten), daneben auch Panikzustände, was zu häufigen Medikamentenwechseln und Unzufriedenheit führte. Die Patientin empfand schließlich nur bei Anwendung von nasalem Fentanyl-Spray Erleichterung, wodurch dessen auch missbräuchliche Verwendung getriggert wurde. Unterschiedliche medikamentöse Maßnahmen erwiesen sich als lediglich kurzzeitig wirksam.
Im Rahmen einer Schmerzkrise erfolgte die stationäre Re-Evaluation der Therapie. Dabei profitierte die Patientin insbesondere von psychotherapeutischen Interventionen.
Diskussion: Wir diskutieren ein mögliches Schmerzverstärkungssyndrom durch Immobilisierung auf Grundlage psychosozialer Belastungsfaktoren wie Pubertätskonflikten, Grundkrankheits-bedingter Angst, Schulstress etc.; als weiterer Triggerfaktor die in der Corona-Pandemie gesteigerte soziale Isolation.
Fazit: Die Behandlung chronischer Schmerzen bei FOP sollte im Rahmen eines multimodalen Therapieansatzes erfolgen, sensibel für psychosoziale Belastungen sein und beständig an die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden.
HINTERGRUND
Die Canavan-Leukodystrophie (Canavan disease = CD) ist eine seltene neurodegenerative Erkrankung, bei der durch eine genetisch bedingte Defizienz des Enzyms Aspartoacylase (ASPA) der Abbau von N-Acetylaspartat (NAA) verhindert wird. Betroffene Kinder entwickeln einen Makrozephalus, sind psychomotorisch schwer beeinträchtigt und versterben früh. Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich auf symptomatische und palliative Therapien.
Obwohl es sich bei NAA um das Stoffwechselprodukt mit der zweithöchsten Konzentration im Gehirn von Säugetieren handelt, ist seine physiologische Rolle wenig verstanden. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der NAA-Stoffwechsel nicht nur im Gehirn, sondern auch in peripheren Geweben eine wichtige Rolle in der Pathogenese verschiedener Krankheiten spielt, so zum Beispiel im Fettgewebe, in Immun-, Lungen- und Prostatakrebszellen. Es ist unklar, welche Rolle die ASPA-Defizienz außerhalb des Nervensystems bei CD-Patienten spielt.
FRAGESTELLUNG
Ziel des Forschungsprojektes PeriNAA ist es, den NAA-Stoffwechsel sowohl zentralnervös als auch in peripheren Geweben genauer zu charakterisieren. Ein besser verstandener Pathomechanismus kann die Entwicklung wirksamer Therapien für die Canavan-Leukodystrophie und auch potentiellfür andere Krankheiten, bei denen der NAA-Stoffwechsel involviert ist, ermöglichen.
MATERIAL UND METHODE
Nach informiertem Einverständnis der Patienten erfolgt eine retrospektive und prospektive Analyse von Daten des Krankheitsverlaufes und peripherer Manifestationen des M. Canavan. Pseudonymisierte Informationen, Fibroblasten und Blutproben werden an die PeriNAA-Kooperationspartner der TU Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums in München weitergeleitet.
Mit Hilfe von Gas-Chromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS), gerichteter und ungerichteter Isotopen-gestützter Metabolomikmethoden, sowie RNA-Sequenzierung wird der Stoffwechsel von genetisch veränderten Zelllinien, primären Zellen, Geweben von CD-Mausmodellen sowie Bioproben von CD-Patienten untersucht werden. Mit Hilfe einer informatikbasierten Modellierung soll ein prädiktives mechanistisches Modell des NAA-Stoffwechsels entwickelt werden.
ERGEBNISSE und Diskussion
Der Juniorforschungsverbund PeriNAA wird bis zum August 2024 vom BMBF gefördert, um mit Hilfe einer integrativen Analyse den physiologischen N-Acetylaspartatstoffwechsel und die Pathophysiologie des M. Canavan zu untersuchen. Hierbei soll ein prädiktives, mechanistisches Modell des NAA-Stoffwechsels entwickelt werden. Aufgrund der Seltenheit der Canavan-Leukodystrophie ist eine Zuweisung externer Canavan Patienten durch kinderärztliche Kollegen eine wichtige Unterstützung.
HINTERGRUND
Die cerebrotendinöse Xanthomatose (CTX) ist eine seltene Leukodystrophie, die durch eine autosomal-rezessiv vererbte Störung der Sterol -7-Hydroxylase eine verminderte Chenodesoxycholsäure-Produktion und erhöhte Plasma-Cholestanol-Spiegel verursacht. Die klinischen Manifestationen der CTX sind variabel. Häufig leiden die Betroffenen unter chronischen Durchfällen, Katarakten und Entwicklungsauffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter sowie einer fortschreitenden Leukodystrophie, Xanthomen und einer Arteriosklerose im jungen Erwachsenenalter. Die Therapie mit Chenodesoxycholäure ist für die CTX in Deutschland zugelassen.
FRAGESTELLUNG
Klinik, Verlauf und Diagnostik bei vier Patienten mit CTX.
MATERIAL UND METHODE
Retrospektive Analyse diagnostischer und klinischer Informationen von vier CTX Patienten.
ERGEBNISSE
Bei allen vier Patienten mit molekulargenetisch gesicherter CTX zeigten sich erhöhte Cholestanolwerte im Blut und im Krankheitsverlauf klassische Symptome der CTX.
Die Diagnose der Patienten wurde im Alter zwischen 8 und 41 Jahren gestellt. Zum Analysezeitpunkt sind ein Patient 9 Jahre alt, drei Patienten 30-47Jahre alt. Bei allen vier Patienten wurde von epileptischen Anfällen berichtet, wobei das Spektrum von Fieberkrämpfen bis zur dauerhaft therapiebedürftigen Epilepsie reichte. Drei von vier Patienten entwickelten im Kindes-und Jugendalter eine chronische Diarrhoe, bei ebenfalls drei Betroffenen wurde eine Entwicklungsverzögerung während der kindlichen Entwicklung berichtet. Bis zum Erwachsenenalter entwickelten alle drei erwachsenen Patienten beidseitige Katarakte, im Erwachsenenalter dann jeweils psychiatrische Symptome. Zwei der Erwachsenen entwickelten Xanthome. Die beiden erwachsenen Patienten, die ein cMRT erhielten, zeigten typische Veränderungen der weißen Hirnsubstanz. Ein Patient erlitt im Alter von 39 Jahren einen Herzinfarkt.
Alle vier Patienten begannen eine Therapie mit Chenodesoxycholsäure, woraufhin bei zwei von drei der Patienten umgehend die chronischen Durchfälle sistierten.
DISKUSSION und SCHLUSSFOLGERUNG
Die CTX ist eine ohne Behandlung fortschreitende Leukodystrophie des Erwachsenenalters mit einer Vielfalt weiterer Organmanifestationen. Erste Symptome im Kindes- und Jugendalter können eine neonatale Cholestase, chronische Durchfälle, Katarakte und Entwicklungsauffälligkeiten sein. Diese sollten an eine CTX denken lassen. Da man davon ausgeht, dass ein früher Therapiebeginn mit der zugelassenen Therapie, der oralen Einnahme von Chenodesoxycholsäure, den Verlauf positiv beeinflussen kann, ist für die Zukunft eine frühzeitige Diagnose mit Hilfe eines zu etablierenden Neugeborenen-Screenings anzustreben.
Fallbericht:
Bei unserem Patienten handelt es sich um einen Jungen, der als Frühgeborenes (35+1 SSW, 2870g) und erstes Kind der Mutter nach 4 Aborten bei sonst unauffälliger Familienanamnese betreut wurde.
Postnatal Neugeboreneninfektion mit meningealer Beteiligung ohne Keimnachweis. Es bestand eine Trinkschwäche und eine beginnende Gedeihstörung. Des Weiteren fand sich eine milde Pulmonalklappenstenose sowie ein multiperforiertes Vorhofseptum. Das Kind wurde mit kurzen Unterbrechungen durchgehend stationär betreut. In der 6. Lebenswoche erfolgte eine Pyloromyotomie bei hypertrophe Pylorusstenose. Auch anschließend bestand weiterhin die Trinkschwäche mit progredienter Gedeihstörung. Es konnten keine autoimmunologischen, metabolischen, entzündlichen oder malignen Ursachen für diese gefunden werden.
Im Laufe des ersten Lebenshalbjahrs wurden mehrere Stigmata evident (hohe Stirn, antimongoloide Lidachse, hypotrophe Nasenwurzel, tiefsitzende Ohren). Hinzu kam eine motorische Entwicklungsverzögerung mit Makrozephalie sowie muskulärer Hypotonie. Bei nun zunehmender hämodynamischer Relevanz der Pulmonalklappenstenose erfolgte in der 19. Lebenswoche eine Ballondilatation. Zusätzlich musste eine antikongestive Therapie begonnen werden, ohne dass es zu einer relevanten Besserung der Trinkleistung und der Dystrophie kam.
Rezidivierende Fieberschübe und Hyper-IgM-Phänotyp veranlassten im 5. Lebensmonat umfassende immunologischen Diagnostik. Diese erbrachten keinen Hinweis auf eine Immundefizienz. Stattdessen Verdacht auf hepatolienale Candida-Infektion (echoarme Rundherde in Leber und Milz und Candida-Antigen im Blut nachweisbar), die über 41/2 Monate erfolgreich behandelt wurde. Erst nach PEG-Anlage mit 11 Lebensmonaten konnte eine Gewichtszunahme erzielt werden.
Die Diagnose des Noonan-like-Syndroms with loose anagen hair wurde durch eine Exom-Analyse gestellt; es fand sich eine pathologische Sequenzveränderung c.4A>G,p.(Ser2Gly) im SHOC2-Gen.
Diskussion:
Das 2003 erstmals beschriebene Noonan-like-Syndrom with loose anagen hair ist phänotypisch gekennzeichnet durch Merkmale Hypertelorismus, Ptoses, hohe Stirn, relative Makrozephalie, Kleinwuchs, kognitive Defizite, ausgeprägtes hyperaktives Verhalten, angeborene Herzerkrankungen und leicht zu zupfendes, spärliches Haar. Bisher gibt es nur wenige beschriebene Patienten mit diesem Syndrom. Zur Diagnosestellung unklarer syndromaler Erkrankungen etabliert sich immer mehr die Exom-Analyse als Methode der Wahl, die auch in unserem Fall durchgeführt wurde.
Problem:
Dyslipidämien von großer klinischer Bedeutung, da einige wichtige CVRF für frühe Arteriosklerose sind.
Methode:
Literaturrecherche Medline, PubMed etc., Praxis-Fazit.
Ergebnis:
Häufigste FH-Ursache LDLR-Defekt: Mutation im LDLR-Gen auf Chromosom 19p13.2, LDLR-Funktion, -Transkription oder -Internalisierung betreffend.
Phänotyp ‚Gain- of-Function‘-Mutation von PCSK9 (Lokation 1p32, vermindertes Rezeptor-Recycling) vergleichbar mit LDLR-Defekt, Phänotyp bei familiärem defektivem ApoB o. ApoB-Mangel (Lokation 2p24, defektives Binding von apoB an LDLR) schwächer ausgeprägt. Weitere Gen-Mutation Autosomal recessive Hypercholesterinämie (LDLRAP1)(Lokation 1p36, defektives LDLR-Adaptorprotein beeinträchtigt LDLR-Internalisation).
Klinisch Atherogenese acceleriert von Geburt an u. maternale Hypercholesterinämie während Gravidität erhöht weiter Atheroskleroselast bei Kindern. Rate der Atherosklerose-Entwicklung bei FH im Lebensalter direkt proportional LDL-Chol-Konzentrationen, daher viel höher bei homozygoter als bei heterozygoter FH. Atherosklerose führt zu schwerer Hauptstamm- o. 3-Gefäßerkrankung, kann sich auch auf Aortenbogen u. -klappensegel ausdehnen, v.a. bei homozygoter FH. Atherosklerosebefall Femoral- u. Zerebralarterien weniger häufig.
Patienten mit homozygoter FH präsentieren sich mit oft symptomatischer KHK bereits im Kindes- u. Adoleszentenalter. Systolisches Aortengeräusch Hinweis auf supravalvuläre AS.
Patienten mit heterozygoter FH entwickeln später symptomatische KHK, 3. u. 4. Dekaden, v.a. ohne Therapie u. bei weiteren CVRF (Rauchen, HTN o. Dm) u. FA für KHK.
Sehnenxanthome nahezu pathognomonisch für FH, bei homozygoter FH auch planare Hautxanthome bei Alter 10. Fehlen von Xanthomen o. Arcus cornealis schliesst FH nicht aus, v.a. bei jüngeren Patienten.
In Subgruppe Kinder therapeutische Targets für Plasma-LDL-Chol(IFHF):
- Alter 8-10 Jahre, passende Diät, LDL-Chol > 4 mmol/L bei 2 Gelegenheitsmessungen: < 4 mmol/L (< 150 mg/dL);
- Alter > 10 Jahre, passende Diät, LDL-Chol > 3,5 mmol/L bei 2 Gelegenheitsmessungen: < 3,5 mmol/L (< 130 mg/dl).
Neben Lebensstiländerung sollte Ernährung/Diät für Kinder (> 2 Jahre) modifiziert werden (Zusammensetzung Fettgehalt, Cholesterinaufnahme < 300 mg/Tag).
IFHF-Guidelines empfehlen pharmakotherapeutisch für Kinder mit FH im Alter 8-10 J. Start mit low-dose-Statin-Monotherapie, im Alter > 10 Jahre ebenfalls Statintherapie mit Option zusätzlich von Ezetimib oder Gallensäuren-Binder. Höhere Dosen potenterer Statine bei homozygoter FH erforderlich.
Zusatz-Monitoring physische Entwicklung, Pubertät u. GOT, GPT, CK, Crea.
Apharese ab 5 Jahre, bei Plasma-LDL-Chol > 9 mmol/L (> 350 mg/dL) nach max. Pharmakotherapie.
Neue Therapien schwerer FH in Erprobung (Studien) o. bereits zugelassen:
Mipomersen, Lomitapide, PCSK9-AK u. CETP.
Fazit::
Schlechte Prognose der FH, Morbidität u. Mortalität, v.a. homozyg. FH, wird bereits bei Kindern durch Behandlung entscheidend verbessert.
Hintergrund:
Commotio cordis bezieht sich auf den plötzlichen arrhythmischen Tod, der durch einen Aufprall von Gegenständen auf die Brustwand verursacht wird.
Methodik:
Selektive Literaturrecherche in PubMed. Erarbeitung praxisrelevanter Aspekte.
Ergebnis:
Commotio cordis ist vor allem bei Sporttreibenden bzw. Sportlern zwischen 8 und 18 Jahren zu sehen, die mit „Geschossen“ wie Baseball, Hockey-Pucks oder Lacrosse-Bällen Sport treiben. Diese Geschosse können die Athleten in der Mitte der Brust mit einem schon geringen Aufprall treffen, der aber ausreicht, um das Herz in eine Arrhythmie zu versetzen. Unter Kampfsport kann ein Schlag der Hand auch dazu führen, dass das Herz seinen Rhythmus ändert.
SYMPTOME: Athlet wurde von einem Gegenstand wie Baseball, Baseballschläger oder Lacrosse-Ball in die Brust getroffen. Es sollte kein offenes Trauma geben. Der Athlet stolpert in der Regel für einige Sekunden vorwärts, worauf Bewusstlosigkeit, Apnoe und Pulslosigkeit folgt. Ein AED zeigt Kammerflimmern.
PRÄVENTION: Trainer sollten bei Übungen und Spielen anwesend sein. Schulung von Trainern, Eltern und Athleten über Anzeichen von Commotio Cordis und Durchführung von CPR und Verwendung eines AED. Jederzeit einen AED in der Nähe von Spielfeldern bereithalten. Sicherstellen, dass Trainer wissen, wo der AED zu finden ist, dass ein Notfallaktionsplan vorhanden ist, dass die Schutzausrüstung ordnungsgemäß angebracht ist. Schulung des Athleten zur Vermeidung mit einem Ball/Puck getroffen zu werden. Vermeiden von Kraftunterschieden zwischen Teilnehmern und Trainern. Verwenden von Sicherheitsbällen.
DIFFERENZIALDIAGNOSE: Herzstillstand. Lungenerkrankungen. Hypertrophe Kardiomyopathie. Commotio cerebri. Hitze-Synkope.
THERAPIE: Verwenden eines AED und Defibrillation so schnell wie möglich. Für jede Verzögerung von 1 Minute, die durch den AED geschockt werden könnte, sinkt die Überlebensrate um 10%! Die Verwendung eines AED gibt dem Athleten die größten Überlebenschancen. Aktivieren des Notrufs und des Notfallaktionsplans der Schule. Fortsetzen des AED-Einsatzes und der CPR, bis medizinischer Rettungsdienst ankommt und übernimmt.
WANN KANN WIEDER SPORT GETRIEBEN WERDEN? Vor Wiederaufnahme des Spiels sollte betroffener Athlet eine kardiologische Herzbeurteilung erhalten. Vor Wiederaufnahme der Sport-Praxis ist ärztliche Freigabe erforderlich. Der Sporttrainer sollte während des Reeinsatzes klinisches Urteilsvermögen anwenden und den Athleten sorgfältig beobachten, um sicherzustellen, dass keine kardiale Episode auftritt. Anpassen der Praxis, indem ein persönlicher Schutz hinzugefügt wird, z. B. Brustpolsterung, und/oder Wechsel auf Sicherheitsbälle.
Konklusion:
Ohne sofortige CPR und Defibrillation ist die Prognose von Commotio cordis düster mit seltenem Überleben. Prävention ist mit Einschränkungen möglich und erforderlich.
Problemstellung:
Bewegung ist sowohl für Gesundheit als auch Wohlbefinden des Menschen essentiell. Fitness ist eines der wichtigsten Prädiktoren für Erhaltung von Gesundheit u. langer Lebensdauer. Die Basis für lebenslanges Bewegen wird dabei im Kindesalter gelegt.
Methodik: Literaturrecherche, eigene Untersuchungen, Praxis-Fazit.
Ergebnis:
Vielfach wissenschaftlich belegt ist für die Prävention kardiovaskulärer u. vieler weiterer chronischer Erkrankungen (v.a. sogenannter Zivilisationskrankheiten) sich ausreichend zu bewegen. Die Verbesserung der motorischen u. körperlichen Leistungsfähigkeit geht parallel mit einer Steigerung auch der kognitiven Leistung. Dadurch nehmen auch Selbstwertgefühl u. soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit u. Leistungsbereitschaft zu.
Körperliche Fitness verbessert zahlreiche Parameter: Adipositas, kardiovaskuläre Parameter (HOMA-Index, RR, Lipide, hsCRP), motorische Entwicklung, Kognition u. psychosoziale Gesundheit, mentale Gesundheit, QoL – so nach den Daten einer großen Metaanalyse (142 Studien) mit 319.311 Kindern im Alter von 5 – 17 Jahren aus 20 Ländern.
Zur „Dosis“ ist die Datenlage noch spärlich. Die NASPE (USA) hat 2002 erstmals Empfehlungen für Bewegung in unterschiedlichen Altersgruppen herausgegeben. 2016/17 wurden für die BRD nationale Bewegungsempfehlungen erstellt, internationale Leitlinien aufgenommen: Für Kinder u. Jugendliche in Abhängigkeit vom Alter werden täglich mindestens 90 Min. Sport u. Alltagsaktivitäten, z.B. der Schulweg, in einem Umfang von 12.000 Schritten empfohlen: Säuglinge u. KK so viel wie möglich im natürlichen Bewegungsdrang bewegen; KITA-Kinder angeleitete u. nichtangeleitete Bewegung 180 Min./Tag; Grundschulkinder u. Jugendliche 90 Min./Tag moderate bis intensive Intensität, 60 Min. durch Alltagsaktivität, mindestens 12.000 Schritte.
Bewegungsarme Kinder sind schrittweise an das Ziel zu führen.
Des weiteren werden altersbezogene Höchstwerte für vermeidbare Sitzzeiten, v.a. Medienkonsumzeiten, angegeben: Säuglinge, KK 0 Min., KITA-Kinder max. 30 Min./Tag, Grundschulkinder max. 60 Min./Tag, Jugendliche max. 120 Min./Tag, jeweils möglichst wenig.
Wichtigste Botschaft: den natürlichen Bewegungsdrang von Kindern so weit wie möglich unterstützen. Für jedes Alter ist die Differenzierung zwischen einer Mindestmenge an angeleiteter u. intensiver Bewegung u. der Empfehlung die freie, unstrukturierte Bewegung zu fördern, nicht zu begrenzen, wichtig.
Bewegungszeiten erreichen in der Realität bei Weitem nicht die empfohlenen Werte. Zweite Welle KIGGS-Studie belegt: < 30%. Bewegung nimmt ab Schulalter ab, Mädchen schlechter als Jungen, weitere Verschlechterung mit zunehmendem Alter.
Konklusion:
Frühe Bewegungsförderung ist Grundlage für lebenslange Gesundheit.
Täglich 90 Min. Bewegung u. Sport, möglichst wenig Sitzzeiten u. Medienkonsum sind die Empfehlungen.
Bemühungen um Steigerung von Bewegung u. Begrenzung der Sitzzeiten sind bislang leider weiterhin von unzureichendem Erfolg.
Hintergrund:
Nachdem Kinder in der Vergangenheit gesellschaftlich eine untergeordnete Rolle spielten, entwickelte sich erst langsam ein Bewusstsein für ihre besonderen Bedürfnisse. Seit der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention (CRC) (1989) und ihrer Ratifizierung in fast allen Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen (UN) ist das Bewusstsein um die Rechte kranker Kinder in aller Welt gestiegen. Auch wenn die Staatenberichte und die „Schattenberichte“ regelmäßig die Umsetzung der CRC monitorieren, so gibt es doch wenige empirische Daten zur Beachtung ihrer Prinzipien in deutschen Kinderkliniken.
Ziel der Studie:
Ziel der empirischen Studie war es, die Bedeutung der CRC für die Kindermedizin herauszuarbeiten sowie Daten zur Awareness und bisherigen Implementierung in deutschen Kinderkliniken zu erheben, um einen Ansatz für neue Strukturen in der Kinderheilkunde zu entwickeln, die der CRC gerecht werden.
Material und Methoden:
Zur Erhebung der Daten wurde ein Online-Fragebogen mit 67 Fragen entwickelt, zu dessen Teilnahme alle in deutschen Kinderkliniken tätigen Ärzte aufgerufen wurden. Die Einladung zur Teilnahme wurde zunächst via E-Mail über die jeweiligen Klinikdirektoren der pädiatrischen Abteilungen/Kliniken verschickt. Zusätzlich wurde im Rahmen einer Rundmail der DGKJ auf die Umfrage aufmerksam gemacht und der entsprechende Zugangslink versendet.
Ergebnisse:
Insgesamt nahmen 8,5% (n=525) der an pädiatrischen Abteilungen tätigen Ärzte an der Umfrage teil. Bei der Datenanalyse zeigte sich unter den Teilnehmern insgesamt ein großes Bewusstsein über die CRC und ihre Relevanz für Kinder, jedoch war nur 49,7% der Befragten die konkrete Bedeutung für die medizinische Betreuung kranker Kinder im Krankenhaus bewusst. Nur bei 10,7% der teilnehmenden Ärzte wurden die Prinzipien der CRC im Rahmen von Informationsveranstaltungen der Klinik thematisiert und nur 8,4% gaben an im Rahmen ihrer Ausbildung speziell für den Umgang mit Kindern im Krankenhaus geschult worden zu sein. Bezogen auf die einzelnen Artikel der CRC zeigten sich in vielen Bereichen große Defizite in deren Umsetzung im klinischen Alltag.
Schlussfolgerung:
Die Studie zeigt die Relevanz und hebt die bestehenden Defizite in der Umsetzung der CRC im klinischen Alltag hervor. Sie macht deutlich, wie wichtig eine genauere Untersuchung der Thematik ist, um entsprechende Strukturen für eine bessere Achtung und Umsetzung von Kinderrechten im Klinikalltag erarbeiten zu können. Wünschenswert wären international-vergleichende Untersuchungen. Auf Grundlage dieser Daten können weitere Schritte in der Umsetzung der CRC in der Kindermedizin ermöglicht werden.
Einleitung
Das Thema Interprofessionalität wird in der täglichen Praxis in Klinik und Niederlassung immer mehr in den Vordergrund gerückt. Im Rahmen von interprofessionellen Ausbildungsstationen (IPSTAs) wird Interprofessionalität in die Lehre/Ausbildung integriert und praxisorientiert umgesetzt.
Angefeuert durch die Lehrbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie entstehen derzeit vielfältige digitale Lehrangebote, um weiterhin Unterricht zu ermöglichen. Dabei werden jedoch vielfach rein monoprofessionelle Angebote geschaffen und die Chancen, die digitale Lehr-Lernkonzepte bieten für interprofessionelle Lehre (IPL) nicht genutzt.
Fragestellung: Im Rahmen der „Kinder-IPSTA Bonn“ am Universitätsklinikum Bonn wurden Teile der interprofessionellen Lehre (IPL) digital neu gestaltet, mit dem Ziel digitale Lehre, interprofessionelle Lernthemen und praktische Lehrformate sinnvoll zusammenzuführen.
Methoden und Ergebnisse:
In Bonn besteht seit Mai 2019 die „Kinder-IPSTA Bonn“ auf einer kinderkardiologischen Station. In Rahmen von 3-4-wöchigen Einsätzen betreuen PJ-Studierende und Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeschüler*innen im letzten Jahr eigenständig Patient*innen und ihre Angehörigen im interprofessionellen Team, unterstützt durch ärztliche und pflegerische Lernbegleitungen.
Aus einem interprofessionellen Team heraus wurden nun Vorschläge und Konzepte erarbeitet, um die didaktische Begleitung der nächsten IPSTA-Einsätze digital durchzuführen bzw. zu unterstützen. Im Fokus standen dabei der Einführungs- und Abschlusstag.
Wir möchten das Konzept des Einführungstages der Kinder IPSTA Bonn sowie den Methodenmix vorstellen und von ersten Erfahrungen und Herausforderungen berichten.
Mit dem Ziel für die interprofessionelle Teamarbeit zu sensibilisieren und auf den Praxiseinsatz in der Kinder IPSTA Bonn vorzubereiten wurden Themen, wie Kommunikation und Notfallmanagement, in asynchronen digitalen Lerneinheiten und Lerneinheiten entsprechend des "flipped classroom" Prinzips gestaltet. Dies soll die Lehre zu "Corona Zeiten" ermöglichen und darüber hinaus das Zusammenspiel von interprofessioneller und praktischer Lehre verbessern.
Diskussion:
Die digitale Lehre bietet eine Chance interprofessionelle Lerninhalte und Auszu
Bei Schaffung von neuartigen Lehrangeboten sollte der interprofessionelle Aspekt stets bedacht und umgesetzt werden. Dazu brauch es bereits bei der Schaffung der Strukturen die Sensibilität für dieses Thema. Interprofessionelle Lehre muss dabei im interprofessionellen Team entwickelt werden.
Die Digitalisierung der Lehre und interprofessionelle Lehre sind zwei Vorhaben zur Modernisierung und Qualitätsverbesserung der Lehre mit dem Ziel die beste ganzheitliche Patientenversorgung zu gewährleisten. Diese beiden Vorhaben können und sollten Hand in Hand gehen.
Background and Objective. Worldwide, more than 350 million people are chronically infected with the hepatitis B virus (HBV). HBV is one of the most important risk factors for liver cirrhosis and hepatocellular carcinoma (HCC), and no definite medical cure exists. Personalised molecular diagnostic improvements for disease course prediction including pharmacological response are urgently needed in order to improve morbidity and mortality. Chronic viral infections induce microRNA secretion into the peripheral blood stream, which can serve as a non-invasive source for molecular diagnostics.
Aim of the study. To characterize the microRNome in HBV infections, we analyzed microRNA signature patterns in vitro in HBV infected hepatocytes and in liver tissue from HBV transgenic mice, as well as in blood and liver biopsy samples of children with chronic HBV infections.
Methods. We utilized a biobank containing blood/serum samples and clinical outcome parameters of more than 900 paediatric patients with chronic HBV infections documented over a period of more than two decades. We assessed 120 longitudinally collected serum samples from at several time-points: 1. at initial diagnosis; 2. before HBeAg/anti-HBeAg seroconversion; 3. After seroconversion. We further we distinguished patients treated with nucleoside analogues and untreated cases. For comparison we also utilized human liver biopsies and hepatocellular in vitro models as well as HBV transgenic mice with and without HBV-induced HCC development.
Results. We determined differential microRNA profiles of up to 488 microRNAs between initial diagnosis and later infection stages. HBeAg/anti-HBeAg seroconversion and antiviral treatment in children as well as specific in vivo hepatocytes and murine liver tissues were associated with altered microRNA expression profiles. In vivo, serum expression of hsa-miR21-5p, hsa-miR-215-5p, hsa-miR-375, hsa-miR-4492, hsa-miR-145-5p, hsa-miR-24-3p, hsa-miR-4516 and hsa-miR-486-5p was negatively associated with HBV infection or vaccination state. In vitro, Hepatocytes differentially expressed hsa-miR-122, hsa-miR-21, hsa-miR-30-5p, hsa-miR-181a-5p and hsa-miR-24-1 according to HBV/HCC state.
Conclusion. Our study highlights the possibility that microRNA profiling could be utilized to complement standard serological testing in order to improve personalized molecular diagnostics in children with chronic HBV infections. This could enable improved monitoring of disease progression and the assessment of antiviral treatment success. Moreover, microRNAs of functional interest can be identified using our dataset - a major subject of ongoing studies.
Zielstellung:
Bei Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL) und lymphoblastischem Lymphom (LBL) sind aseptische Osteonekrosen (ON) unter der Therapie eine häufige Nebenwirkung, die die Lebensqualität der Patienten deutlich beeinträchtigt. Die OPAL-Studie (Osteonekrosen bei pädiatrischen Patienten mit ALL und LBL) prüft die Wertigkeit von MRT-Untersuchungen für die Frühdiagnose von ON. Ziel der Arbeit war es, mithilfe von Diffusions- und Perfusionsanteilen in ADC-Karten eine prospektive Aussage zum Auftreten von ON treffen zu können.
Material und Methoden:
Bei 19 Patienten wurden ADC-Messungen der Diffusions- und Perfusionsanteile aus einer bi-exponentiellen DWI-Analyse durch ROIs in der Dia-, Meta- und Epiphyse am distalen Femur sowie der proximalen Tibia zum Diagnosezeitpunkt, nach 6, 9 und 12 Monaten durchgeführt und retrospektiv verglichen.
Ergebnisse:
Die leukämischen Infiltrationen stellten initial in der STIR hyper- und in der T1 hypointens dar. Nach 6 und z.T. 9 Monaten wiesen die ossären Strukturen bei den meisten Patienten ein inverses Signalverhalten zur Ausgangsuntersuchung auf und zeigten analog zu STIR im zeitlichen Verlauf eine Abnahme der Signalintensität. Durch dieses Diffusionsverhalten konnten mit dem bi-exponentiellen IVIM (intravoxel incoherent motion) Modell zur Analyse der DWI-Daten an der Diaphyse keine validen Ergebnisse erzielt wreden. Zum Zeitpunkt 12 Monate grenzten sich ON mit einem hyperintensen Signal (STIR und DWI) deutlich von der Umgebung ab. Signifikante Unterschiede in den Voruntersuchungen zwischen Regionen mit späterer ON und ohne spätere ON konnten in der Diffusion und Perfusion nicht nachgewiesen werden.
Schlussfolgerung:
Eine prospektive Aussage zur Entwicklung von ON bei Kindern mit ALL und LBL unter antileukämischer Therapie ist mittels Diffusion und Perfusion im MRT mit den verwendeten Methoden nicht erfolgreich. Damit bietet diese Studie eine Grundlage für weitere Anpassungen des Modells , die in zukünftigen MRT-Studien verwendet werden könnten.
Hintergrund:
Das primär als Fettgewebshormon bekannte Leptin agiert auch als proinflammatorisches Zytokin, wobei seine Wirkungen durch Bindung an die lange Isoform des Leptinrezeptors (OB Rb), welcher unter anderem im Gehirn exprimiert wird, vermittelt werden. Zusätzlich zu seinen metabolischen und immunmodulierenden Funktionen fördert Leptin die Angiogenese, spielt eine Rolle bei der Gehirnentwicklung und ist an neuroprotektiven Effekten beteiligt.
Fragestellung:
Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung der OB-Rb-Expression in Relation zu neurodegenerativen Vorgängen im Gehirn neugeborener Ratten, verursacht durch Hyperoxie (ein häufiges Problem bei der Behandlung von Frühgeborenen mit respiratorischer Insuffizienz) oder durch Gewebeschädigung (wie im Falle einer intrazerebralen Blutung bei Frühgeborenen).
Material und Methoden:
6 d alte Wistar Rattenjunge wurden entweder 80 % Sauerstoff ausgesetzt oder mit Phorbolester (500 µg intraperitoneal injiziert) behandelt. Nach einer Expositionsdauer von 0, 2, 6, 12 und 24 h wurden die Tiere (n = 5 in jeder Gruppe) getötet und die Cortices für molekulare Experimente auf RNA-Ebene (quantitative RT-PCR) sowie Protein-Ebene (Western Blot) mit jeweils OB-Rb-spezifischen Primern bzw. Antikörpern verarbeitet.
Ergebnisse:
Nach Hyperoxie kam es zu einer signifikanten Erniedrigung der OB-Rb – Expression auf mRNA- und Protein-Ebene auf ca. 40 % des Wertes der Kontrolltiere. Im Fall der Behandlung mit Phorbolester war eine signifikante Erhöhung der OB-Rb – Expression auf mRNA- und Protein-Ebene auf ca. 170 % des Wertes der Kontrolltiere zu verzeichnen. Diese Effekte hatten ihr Minimum bzw. Maximum nach 6 - 12 h auf transkriptionaler und nach 24 h auf translationaler Ebene.
Schlussfolgerung:
Die Exposition von neugeborenen Ratten mit Hyperoxie führt zu einer statistisch signifikanten zeitabhängigen Erniedrigung, die Behandlung mit Phorbolester zu einer statistisch signifikanten zeitabhängigen Erhöhung der OB-Rb – Expression in den Cortices der Tiere; diese Effekte sind sowohl auf transkriptionaler als auch auf translationaler Ebene evident. Eine mögliche Interpretation dieser Daten zeigt einen Benefit sowohl bei Hyperoxie durch eine Eindämmung der durch Leptin induzierten Angiogenese als auch bei einer Gewebeschädigung durch eine Verstärkung der durch Leptin vermittelten Neuroprotektion.
Einleitung:
Das Brugada-Syndrom ist eine seltene vererbte Ionenkanalerkrankung, die durch maligne Herzrhythmusstörungen zum Tode führen kann. Häufig manifestiert sich die Erkrankung als Synkope oder plötzlicher Herztod in jedem Lebensalter. Das typische EKG-Bild sind intermittierende ST-Hebungen in V1 bis V3 mit Rechtsschenkelblock, z.B. getriggert durch Fieber. Das im Intervall meist unauffällige EKG erschwert die Diagnose dieser lebensbedrohlichen Erkrankung.
Wir berichten von einem 11-jährigen Patienten mit rezidivierendem Fieber und Erbrechen seit 2 Wochen, der nach zweimaliger Präsynkope im Liegen und Stehen in unserer Klinik vorgestellt wurde.
Fallbericht:
Die klinische Aufnahmeuntersuchung einschließlich der Vitalparameter war bis auf einen diskreten abdominellen Druckschmerz unauffällig.
Laborchemisch zeigten sich stark erhöhte Infektparameter (CRP 9,91mg/dl, PCT 18,5ng/dl, Leukozyten 9,28T/nl) und negative Herzenzyme.
Sonographisch ergab sich der Verdacht auf Appendizitis bei klinisch weiterhin unauffälligem Abdomen. Beginn einer intravenösen Antibiose mit Cefuroxim bei noch unklarem Fieberfokus.
Im wegen der Präsynkope durchgeführten EKG Sinustachykardie (Herzfrequenz 120/ Minute) und ST-Streckenhebungen aus dem tiefen S in V1 (0,3mV) und V2 (0,4mV).
Am Folgetag hatte der Patient subfebrile Temperaturen und einen ansonsten internistisch unauffälligen Befund. Das Kontroll-EKG war unauffällig. In der Sonographie weiterhin Appendizitiszeichen. Bei dringendem Verdacht auf Brugada-Syndrom und perforierter Appendizitis erfolgte die Verlegung in das kooperierende kinderkardiologische Zentrum. Dort intraoperative Befundbestätigung einer gedeckt perforierten Appendizitis. In der kinderkardiologischen Diagnostik konnten die typischen EKG-Veränderungen durch einen Ajmalin-Test reproduziert und somit auch die Diagnose eines Brugada-Syndroms gesichert werden. Auf die Implantation eines implantierbaren Defibrillators wurde aufgrund des jungen Alters und der Gefahr einer Traumatisierung durch akzidentelle Schockabgabe verzichtet. Stattdessen wurde ein Eventrekorder implantiert, die Familie geschult und eine genetische Untersuchung veranlasst (ausstehend).
Fazit:
Fallbericht eines pädiatrischen Patienten, bei dem es im Rahmen einer eher subklinisch und prolongiert verlaufenden Appendizitis zur klinischen Manifestation eines bisher nicht vorbekannten Brugada-Syndroms kam.
Der Fall verdeutlicht die Wichtigkeit einer zeitnahen EKG-Diagnostik bei jeglicher Form kollaptischer Zustände im Kindes- und Jugendalter – auch wenn andere Diagnosen – in unserem Fall die Appendizitis - zunächst im Vordergrund stehen.
Zudem wird deutlich, dass ein unauffälliges EKG lebensbedrohliche angeborene Herzrhythmusstörungen nicht ausschließt. Daher sollte bei Synkopen gezielt nach Warnsymptomen („Red Flag“ in unserem Fall: Kollaps im Liegen) gefragt werden und bei verdächtiger Anamnese und / oder unklaren EKG-Befunden eine erweiterte kinderkardiologische Abklärung erfolgen.
Hintergrund.
Maldeszensus testis (MT) gehört zu den häufigsten kinderchirurgischen Krankheitsbildern weltweit. Unbehandelt stellt MT einen relevanten Risikofaktor für Subfertilität und maligne Entartung dar. Wir haben die größte deutsche MT Kohorte beschrieben und gezeigt, dass – obwohl laut AWMF Leitlinie die Behandlung im ersten Lebensjahr empfohlen ist – Deutschlandweit nur bis zu 8% der 5547 Patienten im ersten Lebensjahr operiert werden. Die Ursache hierfür ist unklar.
Fragestellung.
Ziel der Studie war es, zu analysieren ob späte Orchidopexien auf verspätete Behandlung von primärem MT (pMT) oder auf das erst in späterem Alter auftretende Krankheitsbild des sekundären MT (sMT) zurückzuführen ist. Im Weiteren charakterisierten wir klinische und epidemiologische Unterschiede zwischen pMT und sMT und untersuchten den Wissensstand zu Diagnostik und Behandlung von sMT bei behandelnden Ärzten.
Methodik.
Wir führten eine Mixed-Methods Multicenter-Querschnittsstudie durch. An sechs deutschen Kliniken untersuchten wir 310 konsekutive Jungen, die zwischen April 2016 und Juni 2018 mit Indikation MT orchidopxiert wurden hinsichtlich frühkindlicher Entwicklung der Hodenposition und Alter zum Operationszeitpunkt. Darüber hinaus führten wir eine Online-Befragung zum diagnostischen und therapeutischen Management von sMT bei 1017 ÄrztInnen verschiedener Disziplinen und PJ-Medizinstudierenden durch.
Ergebnisse.
Nur 13% der Patienten wurden im ersten Lebensjahr operiert. Bei Patienten mit zuvor bekannter Hodenposition (67%) waren pMT (n=103) und sMT (n=104) gleich häufig. 56% der nach dem ersten Lebensjahr durchgeführten Orchidopexien betraf Patienten mit sMT. Nur 15% der befragten ÄrztInnen zogen sMT als Ursache für späte Orchidopexie bei MT in Betracht.
Schlussfolgerung.
Die meisten Patienten mit MT werden – anders als gemäß AWMF Leitlinie empfohlen – nicht im ersten Lebensjahr operiert. sMT scheint deutlich häufiger vorzukommen als zuvor angenommen und stellt somit einen signifikanten Grund für die hohe späte Orchidopexierate bei Patienten mit MT dar. Der Kenntnisstand zu sMT bei behandelnden ÄrztInnen muss verbessert werden und Screening-Untersuchungen sollte auch bei Jungen mit zuvor deszendiertem Hoden über das frühkindliche Alter hinaus stattfinden.
Seit Erstbeschreibung der NMDA-Rezeptorenzephalitis (2007) sind viele weitere antineuronale Antikörper in Patienten mit diversen neurologischen Symptomen identifiziert worden, nicht selten mit Altersgipfel im Jugend- bzw. frühen Erwachsenenalter. Die Zunahme der Antikörpertestung und positiver Testergebnisse erfordert einen hohen klinischen Bedarf an Untersuchungen, die die funktionelle Relevanz einzelner Antikörper klären.
Wir fokussierten in der aktuellen Arbeit auf GABA-A-Rezeptor(GABAAR)-Antikörper, die im Liquor von Patienten mit enzephalitischem Krankheitsbild, epileptischen Anfällen und MRT-Veränderungen gefunden werden. In bisherigen Studien konnte gezeigt werden, dass Serumproben von GABAAR-Enzephalitis Patienten zu neuronalen Funktionsstörungen in vitro führen. Jedoch blieb unklar, ob die GABAAR–Antikörper alleine diese pathogenen Effekte verursachen und ob diese auch in vivo relevant sind.
Aus dem Liquor einer pädiatrischen Indexpatientin isolierten wir einzelne B-Zellen und Antikörper-sezernierende Zellen über Fluoreszenz-aktivierte Zellsortierun. Aus jeder Einzelzell-cDNA amplifizierten wir die variablen Domänen der Immunglobulin-codierenden Gene und klonierten diese in ein Expressionsvektorsystem. Zur rekombinanten Herstellung monoklonaler Antikörper (mAK) wurden humane Zellen (HEK) transient mit entsprechenden Vektorenpaaren transfiziert. Aus den aus HEK-Zellüberstanden aufgereinigt mAK wurde deren Bindungsverhalten auf Gewebeschnitten und zellbasierten Tests analysiert. Ausgewählte GABAAR-mAK wurden mittels immunohistochemischer, molekularbiologischer und elektrophysiologischer Verfahren hinsichtlich ihrer funktionellen Effekte untersucht.
Aus dem Liquor einer pädiatrischen GABAAR-Enzephalitis-Patientin generierten wir 68 rekombinante humane mAK. Fünf mAK zeigte Reaktivität gegen GABAAR, abei können einzelne mAK die Bindung anderer GABAAR-mAK verdrängen oder verstärken. Humane GABAAR-mAK führen zu einer Abnahme der inhibitorischer Spontanaktivität und selektiv zu einer Reduktion GABAerger Ströme auf autaptischen Neuronen. Nach intraventrikulärer Applikation von GABAAR-mAK zeigen Mäuse gesteigerte epileptiforme Aktivität im EEG sowie eine erhöhte Mortalität. Neben der GABAAR-mAK identifizierten wir eine Vielzahl weitere mAK im ZNS Repertoire der Indexpatientin. Diese binden charakteristisch an verschiedene hirnspezifische Epitope.
GABAAR-mAK verursachten spezifische Störungen GABAerger Funktionen in vitro und in vivo, die typischerweise mit einer gesteigerten Frequenz epileptischer Ereignisse und erhöhter Mortalität einhergingen. Diese GABAAR-Antikörper können damit als direkt pathogen gewertet werden.
Die Aufarbeitung von mAK aus dem Liquor zeigte sich als eine vielversprechende Methode zur Klärung der funktionellen Relevanz von Antikörpern gegen bereits etablierte Autoantigene sowie zur Identifikation bisher unbekannter Autoantigene. Vielmehr sind humane mAK ein wertvolles Tool in neurowissenschaftlichen Anwendungen.
Hintergrund: Die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte Gefäßerkrankung mit ausgeprägter klinischer Variabilität. Neben der typischen Epistaxis und den oft richtungsweisenden perioralen Teleangiektasien können auch Teleangiektasien im Bereich des Gastrointestinaltrakts vorkommen. Zudem können pulmonale, zerebrale und hepatische arteriovenöse Malformationen auftreten und zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
Fall: Der 5-jährige Patient wurde im Rahmen einer Studienteilnahme mit einer transkutanen, peripheren Sauerstoffsättigung zwischen 82 und 84% auffällig. Das ehemalige und hypotrophe Frühgeborene (29 + 2/7 SSW, Geburtsgewicht 900g, u.a. Atemnotsyndrom Grad 1) entwickelte sich bis dato regelrecht. Er sei bisher ein aktiver Junge und im Alltag uneingeschränkt belastbar gewesen. Lediglich bei längeren Fahrradausflügen hätte er über Beinschmerzen geklagt. Belastungs- und Ruhedyspnoe, chronischer Husten, rezidivierende Infekte, Synkopen, Schwindel, Zyanosen, Herzrasen oder –stolpern wurden verneint. Familienanamnestisch berichtet die Mutter selbst von täglichem Nasenbluten und kleinen Teleangiektasien der Zunge, Lippen und Arme.
Klinisch fielen bei dem Jungen Uhrglasnägel auf, die neben einer laborchemisch seit 10 Monaten bestehenden Polyglobulie auf eine chronische Hypoxämie hindeuteten. Ansonsten zeigte sich ein unauffälliger pädiatrisch-internistischer Befund.
Eine infektiologische, pulmonale oder kardiale Ätiologie der Hypoxämie wurde laborchemisch, sonographisch und radiologisch ausgeschlossen. Die Lungenfunktionsdiagnostik war unauffällig. Weiterführend wurde im low-dose CT der Verdacht auf pulmonale, arteriovenöse Malformationen im linken posterioren Lungenunterlappen (Größe ca. 3 cm) sowie dem ventralen Mittellappen gestellt. Die Bestätigung mittels CT-Angiographie zeigte darüber hinaus zahlreiche kleinere Läsionen.
Die weitere Diagnostik und Therapie erfolgte mittels Herzkatheteruntersuchung zur exakten Darstellung der Gefäßfehlbildungen. Hierbei gelang eine Teilembolisierung der zuführenden Gefäße der arteriovenösen Malformation des Unterlappens. Die transkutane Sauerstoffsättigung betrug nach Intervention 88%. Weitere interventionelle Verschlüsse oder eine chirurgische Resektion der noch vorhandenen arteriovenösen Malformationen werden in Abhängigkeit der weiteren Entwicklung und der Sauerstoffsättigung erfolgen. Bei zahnärztlichen und operativen Eingriffen mit erhöhtem Bakteriämierisiko ist eine Endokarditisprophylaxe unabdingbar, da aufgrund des Rechts-Linksshunts ein erhöhtes Risiko von intrazerebralen Abszessen besteht (1).
Letztlich stellten wir nach der Diagnose der pulmonalen vaskulären Malformationen bei unserem Patienten auch bei seiner Mutter aufgrund der typischen Teleangiektasien und der hochfrequenten Epistaxis die Erstdiagnose einer hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie. Sie wird zur weiteren Untersuchungen in unserer Ambulanz für Gefäßfehlbildungen mitbetreut.
Hypophosphatasie (HPP) ist eine seltene genetische Erkrankung, die durch eine verminderte Aktivität der gewebeunspezifischen alkalischen Phosphatase (AP) gekennzeichnet ist. Anhand des Patientenalters beim Auftreten erster Symptome werden 6 Subtypen (perinatal, pränatal, infantil (innerhalb der ersten 6 Lebensmonate), kindlich (nach 6. Lebensmonat), adult und Odonto-HPP) differenziert. Während früh auftretende Subtypen ausgeprägte Mineralisationsstörungen aufweisen und daher früh diagnostiziert werden, zeigen die adulte und die Odonto-HPP keine oder nur geringe skelettale Auffälligkeiten. Durch einen frühzeitigen Verlust von Zähnen der 1. Dentition haben die infantile, die kindliche und die Odonto-HPP auch eine große Relevanz für die (kinder-)zahnärztliche Praxis. Innerhalb einer Familie zeigen Kinder zumeist eine vergleichbare klinische Symptomatik, wenn sie rezessiv von der Erkrankung betroffen sind.
Es werden die zahnmedizinischen und die wesentlichen klinischen Befunde von drei Geschwistern vorgestellt, die an HPP leiden. Die Eltern sind heterozygote Träger der Erkrankung und zeigen bislang keine klinischen Auffälligkeiten. Das älteste Mädchen (kindliche HPP) trägt die AP-Mutationen beider Elternteile. Bis zum Alter von 3½ Jahren sind 14 Zähne vorzeitig exfoliiert. Die Körperlänge bewegt sich im Bereich der 10. Perzentile. Das mittlere Mädchen (Odonto-HPP) weist lediglich die väterliche Mutation auf. Es liegen keine auffälligen skelettalen Befunde vor. Bis zum 6. Lebensjahr sind fünf Zähne vorzeitig ausgefallen. Das jüngste Mädchen (infantile HPP) ist ebenfalls compound heterozygot betroffen. Bereits in den ersten Lebenswochen lagen lebensbedrohliche skelettale Beteiligungen vor. Bis zum Alter von 5½ Jahren sind neun Zähne vorzeitig ausgefallen. Nach Enzymersatztherapie konnte die Körperlänge, die deutlich unterhalb der 3. Perzentile lag, angehoben werden.
Bei zunehmender skelettaler Beteiligung sind an den Zähnen der 2. Dentition sowohl Schmelzhypoplasien als auch Formveränderung der Zahnkronen zu beobachten. Bei den häufigeren leichten HPP-Formen ist ein frühzeitiger Zahnverlust im Gebiss der 1. Dentition ohne Entzündungszeichen der Gingiva oder traumatisch bedingter Lockerung das Kennzeichen, das entscheidend zur Diagnosefindung beitragen kann.
Die Ausprägung der klinischen Symptome bei HPP wird zumeist durch die hohe Anzahl von Mutationen (> 400) erklärt. In dieser Familie konnten bei Schwestern drei verschiedene HPP-Subtypen festgestellt werden. Die klinischen Beeinträchtigungen korrelieren weder mit der genetischen Mutation noch mit dem Ausmaß frühzeitig exfoliierter Zähne. Dieses legt den Schluss nahe, dass weder das Geschlecht für den Phänotyp der Erkrankung verantwortlich sein kann, noch dass es eine Korrelation von Genotyp und Phänotyp zu geben scheint. Eine Prognose der Schwere der Erkrankung oder der Anzahl frühzeitig ausfallender Zähne ist somit nicht möglich.
Introduction
Arginase 1 Deficiency (ARG1-D) is an inherited metabolic disease with elevated plasma arginine and prominent neurological manifestations (spasticity, seizures, and intellectual disability). Although diagnostic testing by plasma arginine is widely available, the variable presentation and rarity of the condition may lead to delayed or mis-diagnosis. Given the known impact of plasma arginine reduction with diet and recent advances in the ability to reduce plasma arginine, prompt diagnosis is important in optimizing patient outcomes. The aim of this study was to review the clinical presentation of patients with ARG1-D, including the magnitude of delay in diagnosis.
Method
An extensive review of published English-language literature identified 140 unique ARG1-D cases from 1965 to 2019.
Results
Lower limb spasticity was present in 84% of 117 patients. Intellectual disability was noted in 82% of 97 patients with available data and was moderate or severe in 39% of them. Seizures and upper limb spasticity were present in 70% and 50% of patients respectively and 56% had failure to thrive. Maximal plasma arginine exceeded 4.5x ULN (n=112, ULN=115µM) in >50% of patients. Despite disease management, arginine values remained elevated beyond 200 µM in most patients (n=33). Median age at presentation was 2 years (n=81). Delays in diagnosis by ≥2 years were reported in 39% of patients and by ≥5 years in 24% of patients; the median age at death was 17 (n=20).
Conclusions
ARG1-D presents with prominent neurological manifestations with significant delays in time to diagnosis. Patients are at risk of progression to develop more severe complications with early mortality. Plasma amino acid analysis to assess arginine levels in patients presenting with spasticity, seizures and cognitive impairment could lead to early diagnosis and earlier initiation of interventions that reduce morbidity and mortality risk in this patient population.