Hintergrund: Ausgehend von den Empfehlungen der DGSPJ, bei besonderen Indikationen spezialisierte stationäre Behandlungen anzubieten und damit die ambulante Arbeit der sozialpädiatrischen Zentren zu komplettieren, wurde vor zwei Jahren an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Friedrichshain in Berlin eine stationäre sozialpädiatrische Versorgung eingerichtet. Das multimodal angelegte Behandlungskonzept umfasst eine intensive ärztliche, psychologische und logopädische Betreuung. Als Komplementärtherapien stehen Physiotherapie und Sozialarbeit sowie eine konsiliarische Betreuung durch Kolleginnen und Kollegen verschiedener Fachdisziplinen zur Verfügung (u.a. Neuropädiatrie, Kindergastroenterologie, HNO, Urologie, Stillberatung). Ein besonderer Schwerpunkt liegt im Bereich der Fütter- und Gedeihstörungen. Darüber hinaus werden Kinder mit Regulationsstörungen, Entwicklungs- und Ausscheidungsstörungen, neurologischen Erkrankungen und Syndromen, Dysphagien, Schmerz- und Somatisierungsstörungen behandelt. Was als Pilotprojekt begann, ist aufgrund des Erfolges inzwischen verstetigt und im klinischen Alltag fest etabliert.
Methode: Die vorliegende Arbeit dient der Auseinandersetzung mit möglichen Indikationen für eine stationäre sozialpädiatrische Behandlung. Es soll die enge Vernetzung der stationären mit der ambulanten sozialpädiatrischen Arbeit anhand einer Fallbeschreibung eines zum Zeitpunkt der Aufnahme 1 6/12 Jahre alten Mädchen vorgestellt werden, welches nach ausbleibendem ambulanten Behandlungserfolg stationär sozialpädiatrisch behandelt wurde. Bei dem Kind lagen eine Fütterstörung und eine damit einhergehende mangelnde Gewichtsentwicklung vor. Während der zweiwöchigen intensiven Behandlung nach einem multimodalen Konzept (Bernard-Bonnin, 2006; Bolten, Möhler & von Gontard, 2013; Chatoor, I., 2009) fand eine ausführliche Diagnostik sowie Beratung und Anleitung der Eltern statt.
Ergebnisse: Es konnten konkrete Handlungsempfehlungen für Zuhause abgeleitet werden. Diese führten im ambulanten Verlauf zu einer deutlichen Anspannungsreduktion innerhalb der Familie und einer Veränderung der Essenssituation.
Diskussion: Es werden Vor- und Nachteile einer stationären Versorgung erörtert und notwendige Voraussetzungen an das Behandlungsteam diskutiert (von Gontard, Möhler & Bindt, 2015).
Hintergrund
Die Prävalenzen der einzelnen Entwicklungsstörungen (EWS) können für Pädiater wertvolle Erkenntnisse für die Diagnostik liefern. Ein Zusammenhang zwischen Frühgeburt und Auftreten von EWS ist bekannt, der Einfluss des Entbindungsmodus ist weniger untersucht.
Fragestellung
Ziel der Analyse war, EWS bei Kindern zwischen 0-8 Jahren anhand von Sekundärdaten zu untersuchen. Im Fokus standen dabei die Prävalenz und geschlechterspezifische Besonderheiten, sowie mögliche Einflüsse von Frühgeburt und Entbindungsmodus.
Material und Methoden
Datengrundlage bildeten anonymisierte stationäre und ambulante Abrechnungsdaten der Jahre 2008 bis 2016 einer Kohorte von 38.853 in 2008 geborenen TK-versicherten Kinder. Frühgeburt und EWS wurden mittels ICD-10 Codes definiert, der Entbindungsmodus über DRG. Zusammenhänge zwischen Frühgeburtlichkeit bzw. Entbindungsmodus und dem Auftreten von EWS im Alter von 0-8 Jahren wurden mittels risiko-adjustierten Hazard Ratios (HR) untersucht.
Ergebnisse
Leichte und mittlere EWS traten häufig auf: mehr als ein Drittel der untersuchten Kinder erhielt während der ersten 8 Lebensjahre mindestens einmal eine solche Diagnose. Am höchsten war die Prävalenz im Alter von 5 und 6 Jahren. Jungen waren in diesem Alter häufiger betroffen als Mädchen.
Das Risiko im Verlauf der ersten acht Lebensjahre für eine leichte oder mittlere EWS war für Frühgeborene deutlich höher [HR: 1,44]. Ein geringerer, dennoch statistisch signifikanter Zusammenhang zeigte sich für Kinder, die per Sectio entbunden wurden [HR: 1,09].
Das Spektrum der leichten und mittleren EWS umfasst die EWS des Sprechens oder der Sprache (Gesamtprävalenz 14%), die Artikulationsstörung (12 %), die umschriebenen EWS motorischer Funktionen (6%) sowie der Sigmatismus (6%); außerdem die nicht näher bez. EWS, die kombinierte umschriebene EWS und die expressive Sprachstörung (alle < 5%).
EWS, die die Entwicklung der Grobmotorik oder die allgemeine physiologische Entwicklung betrafen, traten vermehrt in den ersten zwei Lebensjahren auf. Erkrankungen der Feinmotorik und Sprachentwicklung manifestierten sich am häufigsten im 6. und 7. Lebensjahr. In diesem Alter waren auch bei allen einzeln untersuchten Erkrankungen Jungen stärker betroffen als Mädchen. Der Geschlechterunterschied trat erst nach den ersten beiden Lebensjahren auf.
Diskussion
Leichte und mittlere EWS gehören in den ersten 8 Lebensjahren zu den häufigsten nicht infektionsbedingten Diagnosen. Ihre frühzeitige Erkennung, stellt ÄrztInnen vor besondere Herausforderung. Sie ist jedoch notwendig um zu verhindern, dass aus Entwicklungsstörungen Nachteile oder sogar Behinderung entsteht. Die Bestimmung der einzelnen Prävalenzen kann hierbei eine wichtige Unterstützung darstellen.
Hintergrund: Exzessives Schreien, frühkindliche Schlaf- und Essstörungen werden im deutschsprachigen Raum als „Regulationsstörungen“ zusammengefasst, international findet der Begriff dagegen keine Anwendung mehr. Mit dem Symptomkomplex werden eine hohe elterliche Belastung, ein erhöhtes Risiko für Kindesmisshandlung und ein gehäuftes Auftreten psychischer Erkrankungen im Schulalter assoziiert. Die Klassifikation frühkindlicher Regulationsstörungen befindet sich im Umbruch. Diese Studie untersucht den erstmaligen Einsatz der diagnostischen Klassifikation seelischer Gesundheit im Kleinkindalter DC: 0-5 in einer deutschen klinischen Stichprobe mit Fokus auf das exzessive Schreien, frühkindliche Schlaf- und Essstörungen.
Fragestellung:
1. Ermittlung der Prävalenzraten (Therapeutenurteil).
2. Beschreibung korrespondierender kindlicher Verhaltensweisen und elterlicher Belastung (Elternbericht).
Material und Methoden: Design: Querschnittstudie. Zielgruppe: N = 136 Kinder (0-24 Monate, Patienten der Schreiambulanz des kbo Kinderzentrums München). Zielvariablen/ Instrumente: Klinische Diagnosen gemäß DC: 0-5 Klassifikation (DC: 0-3, 2016), kindliche Symptome anhand des Fragebogens zum Schreien, Schlafen, Füttern (Groß et al., 2013), elterliche Belastung anhand des Eltern-Belastungs-Inventars (Tröster, 2011).
Ergebnisse: Zwischenauswertung (N = 57; Alter: M =10.74 Monate; 52.6% Jungen) der laufenden Studie. Prävalenzen (Mehrfachdiagnosen möglich): Durchschlafstörung: 57.9%, Einschlafstörung: 42.1%, Essstörung (Einschränkung der Nahrungsaufnahme): 15.8%, sonstige Schrei-, Schlaf-, Essstörung: 26.3%. Kindliche Symptome: Durchschlafstörung: mind. 4-6 Mal/ Woche: Kind erwacht > 3 Mal/ Nacht: 87.9%, nächtliche Wachphasen > 20 Min.: 15.1%; Einschlafstörung: häufig bis sehr häufig: Einschlafzeit > 30 Min.: 42.0%, Weinen/ Wehren gegen Einschlafen: 50.0%; Essstörung: mind. 4-6 Mal/ Woche: wählerisches Essverhalten: 66.8%, Essen nur unter Ablenkung: 55.5%. Elternbelastung: Starke Belastung: Gesamtstichprobe: 45.6%, Schlafstörungen: 35.9%, Essstörung: 66.7%, sonstige Schrei-Schlaf-Essstörung: 53.3%. Sehr starke Belastung: Gesamtstichprobe: 24.6%, Schlafstörungen: 33.3% Essstörung: 11,1%; sonstige Schrei-, Schlaf-, Essstörung: 20%.
Diskussion/ Schlussfolgerung: Das untersuchte Kollektiv fällt durch einen hohen Anteil klinisch belasteter Eltern auf. Häufigste Diagnose ist die Durchschlafstörung, vorrangig gekennzeichnet durch häufiges nächtliches Erwachen der Kinder und bei einem Drittel der Betroffenen mit einer kritisch hohen Belastung verbunden. Die exzessive Schreistörung wurde nicht vergeben, was ggf. Rückschlüsse auf die Akzeptanz der neu eingeführten Diagnose unter Therapeuten zulässt.
In Niedersachsen werden zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdung „Fachkräfte Frühe Hilfen“ zur aufsuchenden Betreuung von Familien, in denen Kindeswohlgefährdung droht, eingesetzt. Zur Qualitätssicherung verwenden diese in vielen Kommunen seit dem Jahr 2010 eine standardisierte Dokumentation, deren Zahlen jährlich ausgewertet werden. Die bei der Betreuung erhobenen Daten sind ein gutes Kontrollinstrument für die Fachkräfte Frühe Hilfen selbst. Sie helfen den Fachkräften und den jeweils für sie zuständigen Koordinatorinnen bei der Eigenkontrolle und der Selbstreflektion. Im Jahr 2019 setzten 22 Kommunen aus Niedersachsen und einzelne Kommunen aus anderen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Hessen, Baden-Württemberg) diese Dokumentation ein und erhielten eine jährliche Auswertung der bei ihnen erhobenen Daten. In diesem Jahr konnten insgesamt 5,6 % der Neugeborenen/Säuglinge durch Fachkräfte Frühe Hilfen betreut werden. Bei 46,7 % begann die Betreuung bereits in der Schwangerschaft. In 82,2% der Betreuungen endete diese mit einer erheblichen Verbesserung der zu Beginn für das Kind vorgefundenen „Risikosituationen“ und in 23% konnte sogar eine Problemlösung festgestellt werden. Weitere detaillierte Daten sollen vorgestellt werden. Die Daten belegen die verlässliche und erfolgreiche Etablierung des Systems der aufsuchenden Betreuung durch Fachkräfte Frühe Hilfen.
Hintergrund
Kinder und Jugendliche mit FASD zeigen häufig aufgrund der Störung der Exekutivfunktionen in Kombination mit frühkindlicher Traumatisierung impulsungesteuertes provokantes Verhalten.
Zusätzlich stellen Schlafstörung und das schwierige Essverhalten eine besondere Herausforderung an das kindliche Umfeld dar.
Nach Besuchskontakten mit den leiblichen Eltern sind erhebliche Verhaltensstörungen beobachtbar.
Methode
Es wurden 3 Fachtagungen zum Thema FASD mit dem Focus Störung der Exekutivfunktionen, deren Auswirkungen auf die Teilhabe durchgeführt und Notwendigkeit eines spezifischen Kinderschutzes durchgeführt.
An alle Teilnehmer wurde ein selbstentwickelter Fragebogen mit den Schwerpunkten:
Beruflicher Hintergrund, Wissen/Wissenszuwachs zu FASD, Notwendigkeit eines besonderen Kinderschutzes, Unterstützung bei der Arbeit mit FASD Betroffenen und Sorgen bzgl. Retraumatisierung ausgegeben zur Abgabe nach erfolgter Fortbildung.
Ergebnisse
Insgesamt 185 Fragebögen waren rückläufig, die Haupterkenntnis war:
Notwendigkeit des besonderen Kinderschutz wegen:
• Verhaltensauffälligkeiten: 72%
• Gefahr der Retraumatisierung: 84%
• Störung des Sozialverhaltens: 77%
• Begleitung Besuchskontakt mit leiblichen Eltern notwendig: 93,5%
• Unterstützung als Prävention durch Ämter notwendig: 99%
Der Wissenserwerb nach Fortbildung wird positiv eingeschätzt.
Die institutionelle Unterstützung und Anzahl der Akteure wird als defizitär eingeschätzt.
Zusammenfassung
• Wissen zu FASD ist der beste Kinderschutz (Netzwerk, Aufklärung zu Auswirkungen FASD), Verhaltensauffälligkeiten stellen ein hohes Risiko dar
• Gefahr Retraumatisierung wird hoch eingeschätzt, besondere Aufmerksamkeit bezüglich der Gestaltung der Kontakte zu den leiblichen Eltern sind notwendig
• Umfangreiche Unterstützung durch das Jugendamt und andere Institutionen/ /Netzwerkstrukturen/Entlastung sind notwendig
• Wichtig: Austausch der Pflegeeltern untereinander und das Coaching von Fachkräften, damit das provokante Verhalten der FASD Kids nicht zu einer sekundären Viktimisierung führt
Hintergrund:
In der ICF und im Bundesteilhabegesetz nimmt Partizipation eine zentrale Stellung ein. Es wird empfohlen, Partizipation als bedeutsames Ziel von Rehabilitations- und Fördermaßnahmen zu setzen. [1]
Bisher stehen für Jugendliche in Deutschland keine verlässlichen Messinstrumente für eine Selbstbeurteilung ihrer Partizipation zur Verfügung. [2]
Im Gesamtprojekt wird daher ein Instrument für Wissenschaft und Praxis entwickelt um die Partizipation von Jugendlichen zu erheben und zu evaluieren.
Das theoretische Konstrukt von Partizipation ist im deutschsprachigen Diskurs über die knappe Nennung in der ICF hinaus noch nicht ausreichend definiert und bedarf einer Fortschreibung durch unterschiedliche Perspektiven.
Fragestellung:
Mit welchen Aspekten ergänzen die Perspektiven von Jugendlichen mit und ohne körperlich-motorischen Beeinträchtigungen und/oder chronischen Erkrankungen, von Eltern und von ExpertInnen die Fortschreibung des theoretischen Konstrukts der Partizipation?
Methoden:
Das Gesamtprojekt ist als 4-phasige Mixed-Methods-Studie aufgebaut.
In der ersten Phase, deren Ergebnisse in diesem Beitrag vorgestellt werden, wurden semistrukturierte Interviews mit Jugendlichen mit und ohne Beeinträchtigungen und Fokusgruppen mit ExpertInnen und Eltern durchgeführt. Die Auswertung erfolgte nach der Grounded Theory bei den Jugendlichen bzw. induktiv/deduktiv auf inhaltsanalytischer Grundlage bei ExpertInnen und Eltern.
Ergebnisse:
Ergebnisse der Fokusgruppendiskussionen der ExpertInnen zeigen, dass Partizipation verschiedene Komponenten umfasst, die im derzeitigen deutschsprachigen Diskurs noch zu wenig Berücksichtigung finden. So z.B. steht das Gefühl des Einbezogen-seins, d.h. die subjektiven Empfindungen der Betroffenen in der jeweiligen Lebenssituation im Vordergrund.
Aus Perspektive der Jugendlichen beinhaltet der Begriff der Partizipation, dass die Möglichkeit besteht nach ihren individuellen Vorstellungen Aktivitäten (oder Tätigkeiten) mit ihrer Peergroup, den Geschwistern oder Eltern zu vollziehen. Das kann sowohl eine aktive als auch eine passive Rolle innerhalb der Interaktion sein.
Eltern stellen diesem subjektiven Empfinden und den individuellen Partizipationsbedürfnissen normative Erwartungen gegenüber. Sie sehen Partizipation an bestimmten, auch nicht frei gewählten Lebenssituationen, als essentiell für die weitere Entwicklung der Jugendlichen.
Diskussion:
Eine umfassende Präzisierung des Partizipationsbegriffs im deutschsprachigen Raum gelingt nur durch die Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven.
Übereinstimmend mit dem internationalen Diskurs sollte sowohl in die Begriffspräzisierung als auch in das Messinstrument die subjektive Perspektive, abhängig von individuellen und kontextbezogenen Faktoren, einbezogen werden. Neben dieser Perspektive bedarf es zudem einer Berücksichtigung normativer, auf aktuell anstehende Entwicklungsphasen und Lebenssituationen bezogener Aspekte.
Hintergrund
Partizipative Entscheidungsfindung (PEF) kann die Qualität der Versorgung von Kindern mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen und ihren Eltern steigern. Bisher ist jedoch unklar, inwieweit Fachkräfte an Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) überhaupt partizipativ mit Kindern und Eltern Entscheidungen treffen, welche Faktoren mit der PEF assoziiert sind und damit potenzielle Ansatzpunkte für neue Versorgungsmaßnahmen darstellen, und ob die PEF mit der Behandlungszufriedenheit zusammenhängt.
Fragestellung
Ziel der Studie war es daher, (1) den Grad an PEF mit Kindern mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen sowie ihren Eltern zu quantifizieren, (2) Korrelate der PEF zu identifizieren und (2) Zusammenhänge zwischen der PEF und der Behandlungszufriedenheit zu untersuchen.
Methoden
Die Studie basiert auf den Baselinedaten der cluster-randomisierten PART-CHILD Studie, die aktuell an 15 SPZ durchgeführt wird. Alle Eltern und Kinder ≥ 7 Jahre wurden direkt nach ihrem Termin am SPZ zur Fragebogenstudie eingeladen. Die PEF und die Behandlungszufriedenheit wurden mit den Kinder- und den Elternversionen von collaboRATE-pediatric (binäres Outcome, 1 = optimales Niveau an PEF) bzw. der Kurzskala des CHC-SUN (Spanne: 6 – 30; hohe Werte = hohe Zufriedenheit) erfasst. Als Kovariablen wurden Alter und Geschlecht des Kindes, Art der Beeinträchtigung und Disziplin der betreuenden Fachkraft (z.B. Arzt, Psychologe, Physiotherapeut) erhoben. Multivariable Zusammenhänge wurden mittels generalisierter linearer gemischter Modelle untersucht.
Ergebnisse
Es wurden 242 Kinder und 844 Eltern in die Analysen eingeschlossen. Insgesamt gaben 38 % der Kinder und 58 % der Eltern ein optimales Niveau an PEF an. Mädchen und deren Eltern berichteten häufiger von einem optimalen Niveau an PEF als Jungen und deren Eltern (Mädchen: OR 1,5, 95% KI [1,1 – 2,3], p=0,03; Eltern von Mädchen: OR 1,3 [1,0 – 1,7], p=0,05). Es zeigte sich jedoch kein Zusammenhang zwischen PEF und dem Alter der Kinder, der Art der Beeinträchtigung und der Disziplin der betreuenden Fachkraft. Sowohl für Kinder als auch für Eltern bestand ein starker positiver Zusammenhang zwischen PEF und Behandlungszufriedenheit (Kinder: 3,5 [2,5 - 4,5]; Eltern: 4,0 [3,5 – 4,5]; jeweils p < 0,001).
Diskussion
Eltern gaben wesentlich häufiger ein optimales Niveau an PEF an als ihre Kinder, wobei insbesondere Mädchen und deren Eltern häufiger von optimaler PEF berichteten. PEF und Behandlungszufriedenheit korrelierten für Eltern und Kinder stark. Inwieweit PEF kausale Effekte auf die Behandlungszufriedenheit hat, wird im Rahmen der aktuell laufenden PART-CHILD Studie näher untersucht. Zukünftige Studien sollten untersuchen, wie die PEF mit Kindern gestärkt werden kann. Zudem sollte analysiert werden, inwiefern Geschlechtsunterschiede konsistent nachweisbar sind und wie diese erklärt und dann in der Praxis durch angemessene Maßnahmen ausgeglichen werden können.
Zielsetzung:
Sind die Ergebnisse der 2-Jahres-Nachuntersuchung prognostisch aussagekräftig für die Langzeitprognose von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g?
Materialien und Methoden:
175 Frühgeborene der Geburtsjahrgänge 2006 bis 2014 mit einem GG < 1500 g wurden mit korrigiertem 2. Lebensjahr (24 ± 1 Monate) zur Nachuntersuchung im SPZ am SRH Zentralklinikum Suhl schriftlich einbestellt. Die standardisierte Untersuchung erfolgte mittels den BSID-II. Zusätzlich wurde ab dem Geburtsjahrgang 2010 eine 5-Jahres-Nachuntersuchung mittels K- ABC II durchgeführt.
Der Untersuchungszeitraum für beide Nachuntersuchungen lag zwischen dem 01.03.2008 und 09.12.2019.
Ergebnisse:
119 von 175 Kindern (68 %) erschienen zur BSID II-Nachuntersuchung. Davon waren 69 Mädchen (58%) und 50 Jungen (42 %). Das Gestationsalter (GA) der untersuchten Kinder lag im Mittel bei 29,5 ± 2,3 SSW. Das Geburtsgewicht (GG) betrug im Mittel 1142 ± 300 g. Die Untersuchungen ergaben einen mittleren MDI von 95 ± 23 und einen mittleren PDI von 90±22. Einen signifikanten Unterschied gab es zwischen den Geschlechtern. Mädchen zeigten sich sowohl im MDI als auch im PDI signifikant besser entwickelt als Jungen. Signifikant schlechter waren MDI und PDI bei einem GG unter 750 g sowie bei Geburt vor der 28.SSW.
57 dieser Kinder konnten zusätzlich mit 5 Jahren mittels K-ABC II nachuntersucht werden. Hier ergab sich ein mittlerer FKI von 92±15.
Bei 40 Kindern (70 %) zeigte sich das Entwicklungsprofil identisch zum Ergebnis der 2- Jahresnachuntersuchung. Bei 13 (23 %) war das Ergebnis mit 5 Jahren schlechter. Von diesen wechselten 5 Kinder (38,5 %) vom überdurchschnittlichen Bereich in den Normbereich und 8 Kinder (61,5 %) vom Normbereich in den leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Das sind 14 % aller mit 5 Jahren nachuntersuchter Kinder. 4 Kinder verbesserten sich, wobei 2 Kinder vom leicht unterdurchschnittlichen Bereich in den Normbereich wechselten.
Zusammenfassung:
Im Vergleich zu unserer Voruntersuchung aus dem Jahr 2017 können wir die Ergebnisse mit einer größeren Stichprobe bestätigen. 70 % der mit 2- und 5 Jahren nachuntersuchten Kinder blieben in ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau. 14 % verschlechterten sich vom Normbereich in den unterdurchschnittlichen Bereich. Zusätzlich zeigte sich die Gruppe der Kinder mit einem Geburtsgewicht < 750 g als Risikogruppe in der kognitiven und motorischen Entwicklung. Die Nachuntersuchung ehemaliger Frühgeborener mit einem GG < 1500 g mit korrigiertem 2. Lebensjahr zeigt überwiegend eine aussagekräftige Prognose für die weitere kindliche Entwicklung bis zum 5. Lebensjahr. In Hinblick auf schulrelevante Fähigkeiten ist allerdings eine Nachuntersuchung mit 5. Lebensjahr standardisiert zu fordern.
Zielsetzung:
Wie sehen die Ergebnisse der 2 - Jahres-Nachuntersuchung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g mittels BSID-III in unserem Perinatalzentrum aus ? Zeigen Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht einen deutlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung ? Wie fällt der Vergleich mit der Kohorte der Geburtsjahrgänge 2006 – 2014 aus?
Methodik:
74 Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht < 1500 g wurden mit korrigiertem 2. Lebensjahr (24 ± 1 Monate) zur Nachuntersuchung am SPZ am SRH Zentralklinikum Suhl schriftlich einbestellt. Die standardisierte Untersuchung erfolgte mittels BSID-III. Der Untersuchungszeitraum lag zwischen dem 30.03.2017 und dem 11.12.2019.
Ergebnis:
59 von 74 Kindern (79,7 %) erschienen zur 2- Jahres-Nachunteruntersuchung mit den BSID-III. Es waren 54 Datensätze verwertbar. Davon waren 33 Mädchen (61 %) und 21 Jungen (39 %). Das Gestationsalter der untersuchten Kinder lag im Mittel bei 29,4 ± 2,6 SSW. Das Geburtsgewicht betrug im Mittel 1074 g ± 299 g. Die Untersuchungen ergaben im Mittel folgende Ergebnisse: Kognition 100 ± 22, Sprache 91 ± 20, Motorik 96 ± 16. Es gab keine signifikanten Unterschiede in Kognition, Sprache und Motorik bezüglich Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht.
Zusammenfassung:
Die Nachuntersuchung der Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g aus unserem Perinatalzentrum mit 2 Jahren mittels BSID-III zeigte keine signifikanten Unterschiede in Kognition, Sprache und Motorik bezüglich Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht. Damit zeigt sich in dieser Gruppe bei extrem unreifen Frühgeborenen (< 750 g, < 28. SSW) ein gleiches Outcome wie bei älteren und schwereren Frühgeborenen. Dies ist ein erheblicher Unterschied zu unserer Kohorte der Geburtsjahrgänge 2006 – 2014. Mögliche Gründe hierfür könnten sein: unterschiedliche Teststruktur, medizinischer Fortschritt im Bereich der Neonatologie in den vergangenen 15 Jahren, intensivere Nachbetreuung incl. therapeutischer Maßnahmen bei sehr unreifen Frühgeborenen, deutlich besseres Outcome der extrem unreifen Frühgeborenen.
Background: The frequency and type of drug prescriptions in children and adolescents require careful monitoring given the uncertainties and risks associated with pediatric drug use. Existing studies in this field using large health care databases, however, focused on any drug use (i.e., at least one prescription of a certain drug) while recurrent drug use may even be more relevant for monitoring.
Objective: To provide a comprehensive overview of frequencies and types of recurrent drug prescriptions in children and adolescents in Germany in 2016.
Methods: We used the German Pharmacoepidemiological Research Database (GePaRD)—a claims database covering ~17% of the German population. We identified children and adolescents aged 0–17 years with continuous insurance coverage in 2016 and assessed the prevalence of recurrent prescriptions (≥ 3 prescriptions of the same drug/therapeutic subgroup in 2016) based on ATC codes. We stratified the analyses by age and sex.
Results: Among 2.5 million children and adolescents included overall, the prevalence of recurrent drug prescriptions was 102 per 1,000 in girls and 87 per 1,000 in boys. For comparison, the prevalence of any drug prescriptions was more than five times higher. Among girls, the prevalence of recurrent drug prescriptions ranged between 43 (< 2 years) and 207 per 1,000 (13–17 years). In 2–12-year-old girls, systemic antibiotics (ATC subgroup J01) had the highest prevalence of recurrent use (2–5 years: 66 per 1,000; 6–12 years: 31 per 1,000). In girls aged 13–17 years, sex hormones (ATC subgroup G03) had the highest prevalence of recurrent use (146 per 1,000). Furthermore, unlike other age and sex groups, this subgroup showed a prevalence above 10 per 1,000 for levothyroxine. Among boys, the prevalence of recurrent drug prescriptions ranged between 61 (< 2 years) and 98 per 1,000 (13–17 years). In 2–5-year-old boys, systemic antibiotics had the highest prevalence of recurrent use (73 per 1,000). In older boys (6–17 years), psychoanaleptics (ATC subgroup N06) showed a higher prevalence than antibiotics. Methylphenidate was the most frequently prescribed recurrent drug among boys aged six years and older (6–12 years: 23 per 1,000; 13–17 years: 26 per 1,000).
Conclusions: This description of recurrent drug prescriptions provides important insights on chronic drug exposure in children and adolescents and highlights marked differences between age and sex groups. The high prevalence of three or more antibiotic prescriptions in preschoolers and of levothyroxine in girls aged 13–17 years are striking and require further consideration.
Hintergrund und Ziele: Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene stellen eine vulnerable Gruppe hinsichtlich der Entwicklung eines problematischen Internetnutzungsverhaltens dar, das zur Vernachlässigung wichtiger Lebensbereiche wie Schule und Familie, dem Absinken des psychosozialen Funktionsniveaus, sozialem Rückzug und einem klinisch relevanten Leidensdruck führen kann. Das Ziel der iPIN-Studie war es, die Machbarkeit und Wirksamkeit einer telefonbasierten Kurzintervention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit problematischer Internetnutzung in einem randomisiert-kontrollierten Studiendesign zu überprüfen.
Methoden: Mithilfe der Compulsive Internet Use Scale (CIUS) wurden Berufsschüler in Schleswig-Holstein und Hamburg (Alter M=20.6 Jahre; SD=4.68; 48.1 % weiblich) proaktiv hinsichtlich eines problematischen Internetnutzungsverhaltens gescreent. Probanden, die den cut-off Wert von mindestens 21 Punkten erreichten, wurden in einem vertiefenden Telefoninterview mit standardisierten Fragebögen zum Internetverhalten und psychischer Komorbidität befragt. Diejenigen, die mindestens zwei DSM-5-Kriterien für Internetabhängigkeit erfüllten, wurden randomisiert der Interventions- bzw. Kontrollgruppe zugeteilt. Die Intervention basierte inhaltlich auf Elementen der Motivierenden Gesprächsführung und kognitiver Verhaltenstherapie und umfasste bis zu 3 Telefonberatungen. Die Kontrollgruppe erhielt Informationsmaterialien. Zur Qualitätssicherung wurde die Intervention von Psychologen unter engmaschiger Super- und Intervision durchgeführt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 8.606 Schüler gescreent. Bei 938 Screening-positiven Schülern wurde ein vertiefendes Diagnostik-Interview durchgeführt. Hierbei erfüllten 507 Probanden die Einschlusskriterien der Studie, wovon 243 Schüler der Interventions- und 261 Schüler der Kontrollgruppe zugeordnet wurden. Ein telefonisches Follow-up-Assessment erfolgte nach 6 (n=312) und 12 (n=289) Monaten. In diesem Vortrag werden Stichprobenmerkmale sowie Daten zur Machbarkeit und Wirksamkeit der Intervention vorgestellt.
Schlussfolgerungen: Kurzinterventionen bei problematischer Internetnutzung stellen einen vielversprechenden Präventions- und Interventionsansatz bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dar. Die telefonische Erreichbarkeit der Probanden erwies sich jedoch als Herausforderung. In zukünftigen Studien sollten alternative Möglichkeiten der Kontaktaufnahme in Betracht gezogen werden.
Eine adäquate Schmerztherapie erfordert einen sorgfältigen Umgang mit Analgetika. Paracetamol und Ibuprofen sind die am häufigsten gegen Fieber und Schmerzen eingesetzten Substanzen im Kindesalter. Beide Substanzen können unerwünschte Wirkungen haben und bei Dauergebrauch zum Analgetika-induzierten Kopfschmerzsyndrom führen. Ziel der Analysen ist die nach Substanzgruppe, Indikation und ärztlicher Verordnung differenzierte Beschreibung der Entwicklung des Analgetika-Gebrauchs von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.
Aus KiGGS Welle 2 (2014-2017) liegen mittels standardisiertem Interview erhobene Daten zur aktuellen (d.h. in den letzten 7 Tagen) Anwendung von Analgetika und Antiphlogistika (ATC-Klassen N02 und M01, im Folgenden als „Analgetika“ bezeichnet) von 3.462 Drei- bis 17-Jährigen vor und werden mit Daten von n=14.870 Teilnehmenden der KiGGS-Basiserhebung verglichen. Für jedes Präparat wurde a) die Anwendungsindikation erfragt und den Kategorien Kopfschmerzen, andere Schmerzen, Fieber/Infekt oder Sonstiges zugeordnet und b) erfragt, ob eine ärztliche Verschreibung erfolgte.
Die Anwendungsprävalenz von Analgetika ist bei Mädchen und Jungen signifikant von 7,1% (95%-KI 6,6-7,6) auf 9,4% (8,0-10,9) gestiegen. In dieser Gruppe ist der Anteil ibuprofenhaltiger Präparate von 18,8% (15,9-22,1) auf 76,4% (69,4-82,2) gestiegen, der von paracetamolhaltigen von 50,0% auf 20,7% gefallen. Der Anteil des ASS-Gebrauchs ist von 21,2% auf 3,4% zurückgegangen. Auch die Anwendung anderer Analgetika ist von 14,0% auf 6,6% signifikant zurückgegangen. Der Anteil von Anwendungen von mehr als einer Substanz innerhalb von 7 Tagen ist im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung angestiegen (von 3,9% auf 7,2%).
Die Zunahme der Analgetikaanwendung ist auf einen gestiegenen Anteil von Kindern zurückzuführen, die diese wegen Fieber/Infekten und wegen anderer Schmerzen als Kopfschmerzen anwenden. Der Anteil der Analgetikaanwendung ohne ärztliche Verordnung ist signifikant gestiegen und liegt mit 74,2% (67,8-79,7) um 10 Prozentpunkte höher als in der KiGGS-Basiserhebung. Während eine ärztliche Verordnung bei Fieber und Infekten wie 10 Jahre zuvor bei jedem 2. Kind erfolgte, ist der Anteil der Selbstmedikation bei Schmerzen signifikant gestiegen und liegt über 80%.
Analgetikaanwendungen wegen Schmerzen haben in den letzten 10 Jahren zugenommen. Grund kann der auch in Deutschland beobachtete Anstieg der Prävalenz wiederholter Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen bei Kindern sein. Möglicherweise hat auch die Ablösung von Paracetamol durch ibuprofenhaltige Präparate beigetragen, da diese in einer als anwendungsfreundlicher wahrgenommenen Darreichungsform (Saft) erhältlich sind und diese die Anwendungsschwelle gesenkt haben könnte. Der häufig ohne ärztliche Verordnung erfolgende Analgetikagebrauch bei Kindern und Jugendlichen sollte in der kinderärztlichen Praxis und in der pharmako-epidemiologischen Forschung Anlass zu erhöhter Aufmerksamkeit für dieses Thema sein.
Hintergrund: Immer mehr Studien beschäftigen sich mit Zusammenhängen zwischen Eigenschaften der Wohnumgebung und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Dabei konnte das Potenzial von Grünflächen bezüglich körperlicher Aktivität und Wohlbefinden bereits mehrfach aufgezeigt werden. Es gibt jedoch kaum Studien, die den Anteil von Straßen in der Wohnumgebung als wichtigen Parameter der Wohnumgebung oder den Mediengebrauch als Hinweis auf ein eher passives Freizeitverhalten näher untersuchen.
Fragestellung: Hängen der Anteil von Straßen und der Anteil von Grünflächen in der Wohnumgebung von Kindern und Jugendlichen mit der Häufigkeit von aktivem (Bewegung im Freien) und passivem (Mediengebrauch) Freizeitverhalten, Übergewicht/Adipositas und emotionalen Problemen zusammen?
Material und Methoden: Alle Daten wurden im Rahmen der in Leipzig durchgeführten LIFE Child-Studie erhoben. Eine Gruppe jüngerer (3- bis 10-jähriger, N = 395) und eine Gruppe älterer (10- bis 18-jähriger, N = 405) Kinder wurden einbezogen. Straßen- und Grünflächenanteile im Umkreis von 50, 100 und 250 Metern um die Wohnadresse wurden aufbauend auf Fernerkundungstechniken und objektbasierten Bildanalysen geschätzt. Bewegung im Freien, Mediengebrauch (über TV, Spielkonsole, Handy, Computer) sowie emotionale Probleme (Skala des Strengths and Difficulties Questionnaires) wurden mittels Fragebogen erfasst. Übergewicht/Adipositas wurde als ein BMI über der 90./97. alters- und geschlechtsspezifischen Perzentile (nach Kromeyer-Hauschild et al., 2001) definiert. Zusammenhänge wurden – unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Alter, Geschlecht und Sozialstatus – mittels linearer Regressionsmodelle evaluiert.
Ergebnisse: In der Gruppe der 3- bis 10-jährigen Kinder hing ein höherer Straßenanteil in der Wohnumgebung mit einem höheren Mediengebrauch und einer höheren Wahrscheinlichkeit von Übergewicht/Adipositas zusammen. In der Gruppe der 10- bis 18-Jährigen ging ein höherer Straßenanteil mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von Übergewicht/Adipositas und mit weniger Bewegung im Freien einher. Außerdem hing in dieser Altersgruppe ein höherer Straßenanteil mit mehr emotionalen Problemen zusammen. Die Zusammenhänge waren am stärksten, wenn Straßen- bzw. Grünflächenanteile im Umkreis von 100 Metern um die Wohnadresse betrachtet wurden.
Schlussfolgerung: Die Beobachtungen lassen vermuten, dass sich der Aufbau der Wohnumgebung (und dabei vor allem der Straßenanteil) auf das Freizeitverhalten sowie auf BMI und emotionales Wohlbefinden auswirken kann, mit teilweise unterschiedlichen Effekten in Abhängigkeit vom Alter der Kinder. Dadurch unterstreichen die Ergebnisse die Wichtigkeit der Wohnumgebung für Verhalten, Gesundheit und Wohlbefinden im Kindes- und Jugendalter.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes.
Einführung: Basierend auf internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen des Weltklimarates befinden wir uns in einer Klimakrise mit aktiven, irreversiblen Kipppunkten (u.a. Permafrost, Amazonaszerstörung) für einen bewohnbaren Planeten. Dabei ist das Gesundheitssystem weltweit der 5. größte Treibhausgasemitter, wobei die Krankenhäuser mit 13% dazu beitragen. In Europa erzeugen das deutsche und schweizerische Gesundheitssystem die meisten Emissionen. Dieses widerspricht dem Hippokratischen Eid „Do no harm“, da der Klimawandel gravierende Auswirkungen auf die Volksgesundheit hat. Besonders Kinder und ältere Leute sind vom Klimawandel besonders betroffen. Ziel des internationalen Netzwerkes „Healthcare without harm“ (HCWH) ist es, die Emissionen des Gesundheitssystems zu senken und Klimaneutralität des Gesundheitssystems zu erreichen. Zudem sollen die Gesundheitssysteme besser auf die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels vorbereitet werden. Bislang haben Strategien zur Reduzierung der Emissionen aus dem Krankenhaussektor wenig Aufmerksamkeit erfahren.
Bevor wir unser mit dem Leben zu vereinbarendes C02 Budget vollständig aufgebraucht haben, bleiben uns maximal 8 Jahre Zeit, einen wesentlichen Wandel mit deutlicher Reduzierung unseres CO2 Ausstoßes und Klimaneutralität zu erreichen. Auswirkungen der Klimakrise sind für die Bevölkerung bereits jetzt deutlich spürbar: In 2003 hat die Hitzewelle 70.000 Tote in Europa herbeigeführt; eine Klimawandelfolge mit stark zunehmender Tendenz. Zudem werden häufiger schwerwiegende virale und bakterielle Infektionen als auch Epidemien und Pandemien auftreten, wie an der aktuellen Klima-Zoonose COVID-19 zu sehen ist. Den höchsten Anteil an den durch den Klimawandel bedingten Gesundheitsschäden hat allerdings die Luftverschmutzung. In 2012 sind in der EU etwa 403.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung gestorben. Personen aus Regionen hoher Luftverschmutzung scheinen anfälliger für eine vorzeitigen Tod durch eine COVID-19 Infektionen zu sein, vermutlich durch eine Vorschädigung der Luftwege. Dies verdeutlicht, dass Klimaschutz auch Gesundheitsschutz ist.
Da die Klimakrise ein multifaktorielles Problem ist und vielfache Lösungsansätze hat, hat die HCWH folgende Aktionspfeiler gesetzt:
Nachhaltige Beschaffung, Pharmazeutische Produkte, erneuerbare Energien, Isolation von Gebäuden, Transport, Ernährung, Abfall, Wasser, Chemikalien und Leadership.
Im Rahmen des Vortrags stellen wir verschiedene Nachhaltigkeitsprojekte vor, die wir derzeit durchführen bzw. erfolgreich implementiert haben. Desweiteren werden Beispiele aus anderen Ländern aufgezeigt.
Fazit: Für das Gesundheitssystem gibt es vielfache Möglichkeiten, CO2 Emissionen zu senken und zu einem umweltverträglicheren Gesundheitssystem beizutragen. Dies führt neben verminderten Verbrauchskosten und einem besseren CO2 Fußabdruck zu einer erhöhten Mitarbeiterzufriedenheit und einer größeren Identifikation mit dem Arbeitgeber.
Introduction
Contractures are a common complication in neurological conditions such as cerebral palsy, resulting in a limited range of motion (ROM). Stretching plays an important role in treatment of the affected joints. Controlled dynamic stretching (CDS) orthotic joints represent promising new devices to enhance existing therapy, but there are no data on this therapeutic option in children and adolescents.
Objectives
To analyze whether CDS orthotics reduce or prevent contractures of various joints in children and adolescents with the primary endpoint of clinically relevant improvement of passive ROM (PROM).
Patients and Methods
In this single-center, observational, intraindividually-controlled study, children and adolescents were recruited in 2018-2019 at the Charité Center for Chronically Sick Children. Patients received CDS orthotics in addition to their regular multidisciplinary treatment. CDS orthotics were used for knee flexion (KF) and extension (KE), elbow extension (EE), wrist dorsal extension (W) and ankle dorsal extension (DE). PROM and clinically relevant changes were assessed with neutral/zero-method and goal attainment scale (GAS) at baseline, after 6 (FU1) and 12 weeks (FU2), and 6 (FU3) and 12 months (FU4). Undesired events were monitored continuously.
Results
We treated 39 affected joints with CDS orthotics (13 KE, 10 W, 7 EE, 4 KF, 5 DE) in a total of 18 children (8 male, median age 9 years (range 5-15) with cerebral palsy, spina bifida or other genetic syndromes. In addition to contractures, most patients had increased muscular tone. Children received 1 to 4 (mean 2) orthotics. At FU2, PROM improved in 5/6 KE by 8 ± 3° (p < 0.05) and in 7/7 EE by 7 ± 6° (p < 0.05). We detected a trend towards PROM improvement in 4/6 W by 18 ± 12° (p = 0.05). All groups combined show a high significant improvement of PROM at short-term goals (FU2), though at FU4 exacerbation were found in some of the patients. CDS were globally well tolerated; parents and therapists noted alleviation in care, positioning, transfers and increased activity in therapy. Whereas PROM was improved in 97% (p < 0.05) of tested joints already at FU2, active usage of improved PROM was hardly found at FU4. As where the pre-specified long-term goals on body function level have been mostly achieved, the long-term goals on ICF level of activity have only improved for some of the patients.
Conclusion
This is the first study showing improvements in PROM attributed to CDS orthotics in the majority of joints after a short treatment period with consecutive clinical improvements of individually set goals in children and adolescents with chronic neurological conditions. Due to this observational study we have established to set guidelines for usage of the CDS orthotics for children and adolescents.
Körperliche, akute Erkrankungen können für Kinder, Jugendliche und ihre Familien sehr belastend und bedrohlich sein. Doch wie ist es mit chronischen Erkrankungen?
Mit welchen Belastungen und Herausforderungen werden chronisch kranke Kinder und Jugendliche konfrontiert? Und wie kann Eye Movement Desensitization and Reprocessing Therapie (EMDR) bei der Krankheitsbewältigung hilfreich sein?
In diesem praxisorientierten Vortrag werden anhand von Fallbeispielen Interventionen und ein traumatherapeutisches Vorgehen in der Arbeit mit dieser Patientengruppe vorgestellt, die die Kinder/Jugendlichen dabei unterstützen können
• mit der Diagnose einer chronischen Erkrankung,
• den notwendigen therapeutischen Maßnahmen (z.B. regelmäßige Injektionen bei Diabetes, Rheuma, Multipler
Sklerose),
• und der notwendigen Neuorientierung
besser zurecht zu kommen und eine neue Alltagsstabilität zu entwickeln.
Es wird die Notwendigkeit einer multiprofessionellen Zusammenarbeit zum Wohle der chronisch kranken Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien anschaulich dargestellt.
Hintergrund
Im Vergleich zu gesunden Gleichaltrigen zeigen Kinder mit mentaler Entwicklungsstörung auch bzgl. der sozial-adaptiven Entwicklung eine deutliche Verzögerung - häufig begleitet von Verhaltensproblemen, welche in das Behandlungsspektrum sozialpädiatrischer Zentren fallen. Diese Probleme zeigen sich im Alltag u.a. als Schlafstörung, Fütter-/Essstörung, mangelnde Selbständigkeit und Kooperation, Weglauftendenzen oder (auto-) aggressive Verhaltensweisen und führen aufgrund der starken familiären Belastung häufig zu einer intensiven stationären Therapie mit Elterntraining als wesentlichem Bestandteil. Ambulante Fördermaßnahmen im Rahmen der Regelversorgung wie Logopädie oder Ergotherapie greifen bei o.g. Problemen nicht. Daher wurde das Home Treatment-Projekt im kbo-Kinderzentrum München mit Hilfe der Robert-Vogel-Stiftung entwickelt.
Fragestellung
Ziel der Studie ist es, zu überprüfen, ob das Home Treatment für hochbelastete Familien mit Kindern mit „mentaler Entwicklungsstörung und Verhaltensproblemen“ eine alternative effektive Behandlungsoption im Übergangsbereich ambulante/stationäre Therapie sein kann. Es wird untersucht, ob Home Treatment als therapeutisches Angebot eine Reduktion der Verhaltensprobleme bewirkt (1), sowie elterliche Belastung (2) und Erziehungsprobleme (3) vermindert.
Methoden
Im Rahmen einer prospektiven Interventionsstudie mit Wait-List-Control-Gruppe sollen insg. ca. 60 Familien, die im SPZ mit o.g. Diagnosen betreut werden, nach Blockrandomisierung für 6-8 Wochen von verhaltens-/heilpädagogisch ausgebildeten Therapeuten unter ärztlich-psychologischer Supervision intensiv (2-3x/Woche) im häuslichen Umfeld angeleitet werden. Es kommen verschiedene Methoden zum Einsatz (u.a. Psychoedukation, Videoanalyse, ressourcenförderndes Verhaltensfeedback, Anleitung in vivo-/videogestützt, systematisches Üben neuer Fähigkeiten). Die Evaluation erfolgt mittels Fragebögen (VFE (1), EBI (2), EFB-K (3)) zu Beginn und am Ende der Intervention, 3 Monate nach Ende der Intervention, sowie in der Kontrollgruppe zu Beginn der Wartezeit.
Ergebnis
Es erfolgt eine Präsentation der Zwischenergebnisse der aktuell laufenden Studie basierend auf Daten aus dem Zeitraum von März 2019 bis August 2020. Bislang wurden 32 Patienten im Alter von 2 - 11 Jahren mit den Primärdiagnosen Trisomie 21 (n=14), Intelligenzminderung mit bekannter oder unbekannter Ursache (n=11), Autismus (n=6) für die Studie randomisiert.
Diskussion
Die Akzeptanz des Home Treatment bei betroffenen Familien, Behandlern und Therapeutinnen ist sehr hoch, es zeigen sich viele positive Einzelverläufe, die Nachfrage ist sehr groß.
Im klinischen Alltag zeigt sich, dass die Therapiedauer im Home Treatment der Schwere der geistigen Behinderung und der Verhaltensprobleme angepasst werden sollte. Zudem können in Einzelfällen ggf. ergänzende Maßnahmen, wie Logopädie oder psychotherapeutische Betreuung bei starker elterlicher Belastung sinnvoll sein.
Ein Drittel der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. Geflüchtete Frauen kommen nach Europa mit einem z. T. erheblich anderen Familien- und Frauenverständnis. Es muss den Frauen die Mög-lichkeit gegeben werden, die neue, andere Gesellschaft kennenzulernen, sich in dieser Gesell-schaft einzuleben und damit den Weg zu finden, sich zu integrieren.
Für viele von ihnen ist es schwierig, sich bei vielfältigen akuten oder chronischen Gesundheits-problemen bei ihren Kindern und bei sich selbst einer fremden, nicht aus dem Gesundheitsbe-reich kommenden Person anzuvertrauen.
In Niedersachsen wurden mit Landesförderung in den Jahre 2017 – 2019 in fünf Kommunen „Zentralen Frühe Hilfen“ für die gesundheitliche Betreuung von geflüchteten Frauen und Kindern eingerichtet. Diese werden als Gesundheitssprechstunde oder mit aufsuchender Betreuung von Fachkräften Frühe Hilfen (Familienhebammen oder Familien-Gesundheits-und Kinderkranken-pflegerinnen) geleitet.
z. B. folgende Aufgaben werden wahrgenommen:
Lotsenfunktion für Hilfe und Betreuung bei akuten und chronischen Erkrankungen der Frauen und Kinder (z. B. Ernährung der Kinder, Hygiene, Infektionsschutz, Begleitung zu Ärzten und Überwachung der empfohlenen ärztlichen Maßnahmen, Fragen der Emp-fängnisverhütung usw.)
Hilfe und Betreuung bei bestehender Schwangerschaft
Wahrnehmung einer Lotsenfunktion auch im Umgang mit Behörden
Motivation zum Erlernen der deutschen Sprache
Hilfe bei der zukünftigen Lebensgestaltung.
Es konnte gezeigt werden, dass eine strukturierte und professionelle gesundheitliche und sozial-medizinische Betreuung durch Fachkräfte Frühe Hilfen eine Orientierungshilfe und damit wichti-ge Grundlage für das Einleben von geflüchteten Frauen und Kindern in das neue Leben und in die neue „Heimat“ sein kann.
In der Auswertung der Dokumentation von 239 betreuten Frauen und Kindern in drei Standorten konnte gezeigt werden, dass bei folgenden Themen gute Erfolge erzielt werden konnten:
bei Fragen zur Gesundheit der Mutter: 52%
bei Fragen zur Gesundheit der Kinder: 51%
bei psychosozialen Problemen: 40%
bei „Alltagsproblemen“: 57%
bei Erziehungsthemen: 40%
Nach Ende der Erprobungsphase konnten diese Zentralen Frühe Hilfen wenigstens in drei der Kommunen weitergeführt werden.
Zielsetzung: Wir untersuchten den Zusammenhang zwischen von Eltern beobachteten Symptomen von Aufmerksamkeits-Defizit und Hyperaktivität (ADH) kurz vor der Einschulung und den schulischen Fähigkeiten am Ende der ersten Klasse unter Berücksichtigung des medizinischen Versorgungsbedarfs und weiterer potentieller Confounder.
Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie im Raum Mainz-Bingen wurden Schulanfänger des Jahres 2015 bei der Schuleingangsuntersuchung (SEU) rekrutiert. Symptome von ADH wurden vor der Einschulung über die Hyperaktivitäts-Skala des Strengths and Difficulties Questionnaire (ADH-Skala des SDQ; fünf ADH-Items, Range der ADH-Skala 0 bis 10) erhoben, ein erhöhter medizinischer Versorgungsbedarf über den Children with Special Health Care Needs-Screener (CSHCN). Am Ende der ersten Klasse beurteilten die Klassenlehrkräfte die schulischen Fähigkeiten in vier Bereichen jeweils auf einer Skala von -2 (unterdurchschnittlich) bis +2 (überdurchschnittlich). Die Werte wurden zu einem Summenscore addiert (-8 bis +8). Zusammenhänge zwischen ADH und schulischen Fähigkeiten wurden in mehreren gemischten linearen Regressionsmodellen analysiert: unadjustiert (Modell 1), adjustiert für sozio-demographische Parameter (Modell 2) und zusätzlich adjustiert für den medizinischen Versorgungsbedarf (Modell 3). Außerdem wurden alle fünf ADH-Items einzeln (Modelle 4a-e) und eine reduzierte ADH-Skala, bestehend aus den beiden Items mit dem stärksten Zusammenhang (Range: 0-4, Modell 5), analysiert, jeweils adjustiert für sozio-demographische Parameter und den medizinischen Versorgungsbedarf.
Ergebnisse: Von 3683 Schulanfängern konnten 1190 Kinder (51% Jungen, Altersdurchschnitt 7,3 Jahre) in die Analyse eingeschlossen werden. In Modell 1 führte jeder zusätzliche Punkt auf der ADH-Skala zu einer Verringerung der schulischen Fähigkeiten um 0,37 Punkte (95%CI [-0,45; -0,29]; p < 0,001). Der Effekt pro Punkt auf der ADH-Skala sank auf -0,24 Punkte (95%CI [-0,32; -0,16]; p < 0,001) nach Adjustieren für sozio-demographische Parameter (Modell 2) und auf -0,23 Punkte (95%CI [-0,31; -0,15]; p < 0,001) nach zusätzlicher Berücksichtigung eines medizinischen Versorgungsbedarfs (Modell 3). Von den fünf ADH-Items zeigten „motorische Unruhe“ (-0,61; 95%CI [ 0,87; -0,34]; p < 0,001) und die „Konzentrationsspanne“ (-0,95; 95%CI [-1,24; -0,66]; p < 0,001) die stärksten Effekte (Modell 4). Mit jedem zusätzlichen Punkt auf der reduzierten ADH-Skala verminderten sich die schulischen Fähigkeiten um 0,56 Punkte (95%CI [-0,72; -0,39]; p < 0,001; Modell 5).
Schlussfolgerung: Kurz vor der Einschulung von Eltern beobachtete Symptome von ADH korrelieren negativ mit den schulischen Fähigkeiten am Ende der ersten Klasse. Um gefährdete Kinder frühzeitig erfassen, ggf. behandeln und fördern zu können, könnte die Aufnahme der SDQ-ADH-Skala (oder zumindest der beiden effektstärksten Items “motorische Unruhe” und “Konzentrationsspanne”) in den Elternfragebogen der SEU erwogen werden.
Einleitung: Aus dem kindlichen Alltag sind digitale Medien nicht mehr wegzudenken. Studien haben mittlerweile gezeigt, dass eine hohe Nutzungsdauer elektronischer Medien im Vorschulalter häufiger mit Konzentrations- und Sprachentwicklungsstörungen einhergeht. Im Rahmen der Schuleingangs- sowie 4. Klassenuntersuchungen der Region Hannover wurden mithilfe eines Fragebogens der Medienkonsum im Vorschul- und Grundschulalter untersucht.
Methodik: Die Schuleingangsdaten des Jahrgangs 2019/20 (n = 10.925) der Region Hannover sowie Daten der 4. Klassenuntersuchung 2019 (n= 276) einzelner Grundschulen wurden ausgewertet. Anhand von Elternfragebögen wurde u.a. die Medienkonsumdauer des Kindes abgefragt. Die Sprachkompetenz des Kindes wurde im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung mittels der Methodik des sozialpädiatrischen Entwicklungsscreenings (SOPESS) erhoben und das Verhalten mit dem Strength and Diffculties Questionnaire (SDQ). Neben einer deskriptiven Analyse wurden multivariable logistische Regressionsanalysen adjustiert nach allen einbezogenen Faktoren berechnet.
Ergebnisse: Die multivariable Analyse zu den Schuleingangsdaten verdeutlicht eine signifikante Assoziation zwischen hohem Medienkonsum und mangelnder Sprachkompetenz (OR=2,1; 95%-KI 1,6-2,8) als auch Verhaltensauffälligkeiten (OR= 1,4; 95%-KI 1,2-1,8). Ein geringer elterlicher Bildungsgrad ist am stärksten mit Sprachdefiziten und Verhaltensauffälligkeiten assoziiert. Auch die Stratifizierung nach Bildungsgrad und Herkunftsland der Eltern zeigt bei geringem Bildungsgrad und einer nicht-deutschen Herkunft der Eltern eine hohe tägliche Medienkonsumdauer des Kindes. Die Auswertungen der 4.-Klasseuntersuchung zeigen, dass der tägliche Medienkonsum zwischen der Einschulung und der 4. Klasse deutlich zunimmt. Es wurden daraufhin Maßnahmen ergriffen, um verständliche und einheitliche Information zum kindlichen Medienkonsum als einen festen Bestandteil von Elterngesprächen in unterschiedlichen Settings (z.B. Schuleingangsuntersuchung, Elterngespräche) zu implementieren.
Diskussion: Trotz der eingeschränkten kausalen Aussagefähigkeit aufgrund des Querschnittdesigns weisen die Daten auf einen höheren Informationsbedarf bei benachteiligten Familien hinsichtlich einer kompetenten und altersgerechten Nutzung von Medien im Kindesalter. Um möglichst viele dieser Familien zu erreichen, erscheint es wichtig, den Eltern Zugang zu einheitlichen Informationen über Medienkonsum bei Kindern an verschiedenen Stellen zu ermöglichen. Um weitere Aussagen zu den Auswirkungen eines intensiven Medienkonsums machen zu können, wäre eine weitere longitudinale Studie mit Verknüpfung der Schuleingangsdaten mit den 4. Klassendaten der nächste Schritt.
Hintergrund: Durch die Zunahme chronischer Erkankungen im Kindesalter und einem Trend zur Ganztagsbeschulung steigt der Bedarf an medizinisch-pflegerischer Versorgung an Schulen. Konzepte für SGP fehlen bislang.
Zielsetzung: Entwicklung, Implementierung und Evaluation eines SGP-Konzeptes mit dem Fokus der Versorgung chronisch erkrankter Kinder auf der Basis von Case Management.
Methode: Von September 2018 bis Dezember 2019 wurde eine einarmige Machbarkeitsstudie durchgeführt und zwei Schulgesundheitsfachkräfte an zwei Grundschulen implementiert. Auf der Basis eines logischen Wirkmodells für komplexe Interventionen wurden die Machbarkeit, Akzeptanz, Nutzung und Implementierungsqualität quantitativ (z.B. Dokumentation der Versorgungen, Fragebögen für schulisches Personal und Eltern) und qualitativ (z.B. Fokusgruppen, leifadengestützte Telefoninterviews) evaluiert.
Ergebnisse: Insgesamt besuchten 702 Schüler und Schülerinnen die beiden Schulen. Es kam zu 4.914 Versorgungen. Die mittlere Anzahl der Versorgungen pro Tag stieg von (Schule 1/Schule 2) 5,5 auf 23,2 bzw. 4,5 auf 18 an. Die Reichweite der Versorgung betrug in einer Schule 80%. 84,8 bzw. 61,1% (Schule1/Schule2) des schulischen Personals gaben an, dass der persönliche wöchentliche Zeitaufwand für die Übernahme von fachfremden gesundheitsbezogenen Tätigkeiten deutlich oder etwas 9,1 bzw. 5,6% abgenommen hat (Befragung des schulischen Personals; N=51). Die Zusammenarbeit mit der Schulgesundheitsfachkraft wurde von den Lehrkräften als sehr hilfreich, unkompliziert und zuverlässig empfunden (Fokusgruppe; N=1). Die Eltern gaben an, sich gut über den Einsatz der Schulgesundheitsfachkraft informiert zu fühlen. Lediglich 1,8% waren nicht informiert gewesen. 85,8% der Eltern berichteten, dass ihr Kind gute bis sehr gute Erfahrungen mit der Schulgesundheitsfachkraft gemacht hatte (anonyme Elternbefragung; N=284). Elf chronisch erkrankte Kinder wurden innerhalb des Case Managements versorgt. Es fand eine durchgängige Nutzung des Case Managements statt (Mittelwert Schule1/Schule2: 24,5 bzw. 9,64 Kontakte pro Monat). Die tägliche Präsenz, die kontinuierliche Erreichbarkeit und die stetigen Rückmeldungen wurden als förderliche Faktoren für die Akzeptanz identifiziert (Elterninterviews; N=8).
Schlussfolgerungen: Die Implementierung von SGP und Case Management für chronisch kranke Schüler und Schülerinnen durch eine Schulgesundheitsfachkraft ist machbar. Die Maßnahme stieß auf große Akzeptanz seitens des Schulpersonals, der Kinder und Eltern und führte zu intensiver Nutzung des Angebots. Es kam zu einer Entlastung und Steigerung des Sicherheitsgefühls bei allen Beteiligten. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden für die Planungen einer nachfolgenden größeren Pilotstudie zur Abschätzung von gesundheitlichen und bildungsrelevanten Effekten auf Schülerebene genutzt.