Annäherung am Beispiel Nackenmuskulatur bei chronischen Nackenschmerzen
Ein typisches Nackenschmerzsymptom ist das Gefühl verspannter Muskulatur. Patienten wie Behandelnde gehen i.d.R. davon aus, dass verspannte Muskulatur fester oder steifer sei als asymptomatische Muskulatur und dass das Ziel einer Therapie eine Senkung des Muskeltonus sei. Ultraschall-Scherwellenelastografie ermöglicht die Messung und Bildgebung der Steifigkeit von (Muskel-)gewebe. Unsere Studie mit Scherwellenelastografie der Nackenmuskulatur in Ruhe und während unterschiedlicher Aktivitäten an 38 Frauen, 20 mit chronischen Nackenschmerzen und 18 Kontrollen, zeigt eine hohe individuelle Variabilität der Rekrutierung, der intra- und intermuskulären Koordination der Nackenmuskulatur sowie im Mittel gleiche oder niedrigere objektive Muskelspannung bei den Nackenschmerzpatientinnen. Ergänzende systematische Literaturrecherchen unterstützen, dass das Gefühl verspannter Muskulatur nicht mit erhöhter objektiver Muskelanspannung korreliert, und dass bei Nackenschmerzen weder objektive Muskelsteifigkeit noch EMG-Aktivität erhöht sein müssen. Anscheinend spielt bei der Palpation die vom Patienten rückgemeldete Empfindlichkeit eine große Rolle.
Spezifizierung von Nackenmuskeldysfunktion durch digitale Bildanalysen
Elastogramme (Bilder) der Steifigkeit der Nackenmuskulatur erlauben neue Einsichten in mechanische Gewebeeigenschaften und in die aktive Anspannung verschiedener Muskeln mit ähnlicher Funktion. Die Komplexität der Bilder bedingt eine hohe Subjektivität ihrer visuellen Bewertung. In wieweit können computergestützte, selbstlernende Auswertungsverfahren die Nackenelastogramme der Patientinnen der im ersten Vortrag vorgestellten Studie von den Bildern der Kontrollen unterscheiden? Wo liegen die Gruppenunterschiede und was bedeuten sie für die Interpretation einer „Nackenmuskeldysfunktion“? Mit den besten 30 Variablen erreichten wir eine kreuz-validierte AUC (Fläche unter der ROC-Kurve) von ca. 0,8, mit den besten 50 Variablen sogar eine kreuz-validierte AUC von ca. 0,85. Dabei waren Bilder von Aktivität aussagekräftiger als Bilder entspannter Muskulatur. Die Analysen belegen, dass Nackenschmerzpatienten häufig Schwierigkeiten mit der Rekrutierung der tiefliegenden, spinal stabilisierenden Muskulatur zeigen.
Intramuskuläre Koordination motorischer Einheiten unter verschiedenen (schmerzhaften) Bedingungen
Muskuläre Koordination findet nicht nur zwischen Muskeln sondern auch innerhalb dieser zwischen Muskelanteilen und motorischen Einheiten statt. Verschiedene Methoden der Elektromyografie (EMG) und insbesondere High-Density EMG ermöglichen Einblicke in das Timing, den Ort und die Anzahl von Muskelaktionspotentialen und somit in Muskelrekrutierung. Wie verändert sich Muskelrekrutierung unter Bedingungen wie experimenteller Schmerz, Fatigue, Ischämie und was bedeutet das für die Bewegung?