Die praktische Schmerzmedizin ist durch Parallelwelten charakterisiert. Auf der einen Seite steht die traditionelle Schulmedizin, deren Disziplinen regelmäßig auf den Kongressen der Deutschen Schmerzgesellschaft vertreten sind. Auf der anderen Seite stehen zahlreiche Therapeuten, die in der schulmedizinisch orientierten Schmerzmedizin eher wenig oder gar nicht repräsentiert sind, die aber dennoch einen signifikanten Teil der Patienten mit Schmerzen behandeln und wie die traditionelle Schulmedizin Erfolge und Misserfolge aufweisen können. Zur letzten Gruppe zählen Fachrichtungen wie Neuraltherapie und Osteopathie, und die Akupunktur als eine Methode der Komplementärmedizin. Diese Methoden nehmen für sich in Anspruch, ihre therapeutischen Wirkungen auf neuronale Mechanismen zurückführen zu können und ebenso wissenschaftlich begründbar zu sein bzw. zu werden wie die sogenannte Schulmedizin. Da diese verschiedenen Fachrichtungen wissenschaftlich kaum miteinander kommunizieren und auch ihre eigenen Publikationsorgane haben, möchte ich der Programmkommission ein Symposium vorschlagen, in dem die Verfahren Akupunktur und Neuraltherapie thematisiert werden. Es sollen die wesentlichen Konzepte dieser Methoden angesprochen werden und es soll dargestellt werden, bei welchen Schmerzzuständen Erfolge erzielt werden können. Ferner soll thematisiert werden, wo die wesentlichen Lücken bei diesen Methoden zu konstatieren sind, sowohl in der Erfassung der Erfolgsrate dieser Therapien als auch ihrer wissenschaftlichen Grundlagen. Es wurde meiner Erinnerung nach in der Programmkommission des letzten Schmerzkongresses bemerkt, dass auch Disziplinen ausserhalb der Schulmedizin einmal thematisiert werden sollten.
Im ersten einführenden Vortrag von mir soll die möglichen neuronalen Angriffspunkte dieser Therapien aus neurophysiologischer Seite dargestellt werden. Im zweiten Vortrag von Dominik Irnich soll der Stand des Wissens über die Wirkung und die Wirkmechanismen der Akupunktur thematisiert werden. Die therapeutische Effektivität der Akupunktur ist bei verschiedenen Indikationen gut belegt. Hierzu soll das Symposium einen Überblick geben, und es soll dargestellt werden, welche Wirkmechanismen derzeit als besonders relevant angesehen werden.
Im dritten Vortrag von Lorenz Fischer sollen die Eingriffsmöglichkeiten der Neuraltherapie besprochen werden. Wissenschaftlich orientierte Vertreter der Neuraltherapie wie Lorenz Fischer berichten sowohl in Studien als auch in Kasuistiken über therapeutische Erfolge. Sie gehen davon aus, dass durch wiederholte Procainapplikationen vorhandene neuroplastische Störungen wenigstens teilweise umgekehrt werden können und dass dadurch auch bei viele chronischen Schmerzen Besserungen möglich sind. Dieses Konzept soll dargestellt und zur Diskussion gestellt werden.