Der Nutzen der Behandlung chronischer Schmerzen mit Opioiden steht weltweit derzeit auf dem Prüfstand. Überschaubare Evidenz und die Erfahrung mit der Opioid-Epidemie vor allem in Nordamerika prägen die Diskussion in der Medizin, aber in der Gesellschaft. Die Kombination einer steigenden Verordnung von Opioiden, assoziiert mit einem Anstieg der missbräuchlichen/süchtigen Verwendung sowie notfallmäßiger Krankenhausaufnahmen und Todesfällen mit verordneten Opioiden verdeutlichen die Notwendigkeit einer kritischen Einordnung unter Berücksichtigung der aktuellsten Erkenntnisse zur Wirksamkeit, aber auch der Einordnung dieser Risiken im Kontext der Versorgung in Deutschland. In 2020 werden zwei S3-Leitlinienprojekte zu dieser Thematik aktualisiert, LONTS (Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen, Federführung Deutsche Schmerzgesellschaft) und Medikamentenbezogene Störungen (Federführung DGPPN und DG-Sucht). Beide LL wurden in enger Zusammenarbeit der federführenden Fachgesellschaften durchgeführt, und letztlich konsistente Empfehlungen abgestimmt.
Im ersten Vortrag wird Winfried Häuser die aktuellen Daten aus Deutschland und Europa im Kontext der nordamerikanischen Opioide-Epidemie darstellen. Dabei geht es um die Häufigkeit der Verordnung von Opioiden (z.B. kurzfristig versus langfristig), Erkenntnisse aus Daten der gesetzlichen Krankenversicherung und den deutschen Suchtsurvey zur Häufigkeit und zu assoziierten Risiken für einen schädlichem/abhängigen Gebrauch, Hinweise für eine Fehlversorgung. Letztlich ist die Schlussfolgerung, dass es für Deutschland keine Hinweise auf eine Opioidepidemie gibt, aber eine kritische Anwendung unter individueller Abwägung von Nutzen und Risiken sinnvoll und notwendig ist.
Im zweiten Vortrag wird Frank Petzke auf die Veränderungen in der Überarbeitung von LONTS eingehen. Diesen liegen einerseits neue Meta-Analysen zur Wirksamkeit zu Grunde, die für einige Indikationen zu Veränderungen der Bewertung führten, andererseits wurden Anregungen zu Fragestellungen aus der Befragung der Mitgliede der Schmerzgesellschaft und der Konsensusgruppe zu Beginn der Überarbeitung aufgegriffen. Erweitert wurden auch Empfehlungen zu Nebenwirkungen/Risiken einer Behandlung mit Opioiden.
Im dritten Vortrag wird ein Vertreter der S3-Leitlinie medikamentenbezogene Störungen die Überlegungen und Empfehlungen zur Diagnostik eines schädlichen/abhängigen Gebrauchs medizinisch indizierter Opioide im Kontext von ICD 10 vorstellen und die Abgrenzung zwischen einer schmerzmedizinischen Behandlung mit Dosisreduktion/Entzug und den Angeboten der suchtmedizinischen Versorgung.