Over the last three decades, motor domain in schizophrenia and related disorders has gained more scientific and clinical relevance, especially with regard to early detection of motor side effects of antipsychotic medication, early psychosis prediction, clinical outcome monitoring, and identification of new targets for non-invasive brain stimulation. In line with this development, the NIHM Research Domain Criteria (RDoC) initiative has recently introduced a sixth domain devoted to motor abnormalities in order to provide key insights into the relationship between specific motor system deficits and behavioral abnormalities. In recognition of this development, this symposium will present and discuss recent experimental work on neural mechanisms and putative clinical implications of motor system dysfunction in psychotic, affective and neurodevelopmental disorders. In addition, this symposium will bring clinicians and scientists together to appreciate the advantages and challenges of motor domain-based transnosologic research. By combining model-based approaches and empirical evidence, this symposium aims to contribute to the further development of a dimensional and motor domain-based research agenda, which will lead to a better understanding of the psychotic, affective and neurodevelopmental disorders. We anticipate that the findings presented and discussed during this symposium will decisively stimulate further multimodal and prospective studies on motor dysfunction in mental disorders.
Rassismus beinhaltet strukturelle, kulturelle, interpersonelle und individuelle Aspekte, die sich historisch und kontextuell verändern. Rassistisches Handeln, sowie rassistische Diskriminierungserfahrungen im Alltag und im Gesundheitswesen sind u.a. wichtige Determinanten von gesundheitlichen Ungleichheiten in der Bevölkerung.
Studien in Deutschland liefern Hinweise auf eine schlechtere psychische Gesundheit, sowie schlechtere psychische Versorgung von Menschen, die möglicherweise Zielgruppen rassistischer Diskriminierung sind. Diese werden am ehesten unter der Gruppe „Menschen mit Migrationshintergrund“ erfasst. Internationale Studien belegen, dass rassistische Diskriminierung eine unabhängige Einflussgröße für die psychische (und physische) Gesundheit darstellt.
Im Beitrag werden die Folgen rassistischer Diskriminierung für die psychische Gesundheit, sowie bei der Gesundheitsversorgung dargestellt und Handlungsmöglichkeiten diskutiert.
Psychische Erkrankungen sind als komplexes Krankheitsgeschehen zu verstehen; psychologische, biologische und soziale Aspekte müssen zusammengedacht werden, um psychische Erkrankungen besser verstehen zu können. Biologisch-psychiatrische Behandlungsansätze werden von Psychiatrie-Erfahrenen jedoch oft abgelehnt. In der öffentlichen Wahrnehmung dominieren Kritik und Ablehnung von Psychiatrie-Erfahrenen gegen „die“ biologische Psychiatrie. Daneben gibt es Ängste und Sorgen, aber auch Hoffnungen in Bezug auf Behandlungsansätze, in denen somatische Aspekte mit einbezogen werden. Dieses Symposium will die Sichtweisen von Psychiatrie-Erfahrenen in den Mittelpunkt stellen und einerseits ihre Kritik, Ängste und Sorgen in Bezug auf die biologische Psychiatrie aufgreifen. Andererseits sollen Potenziale und Chancen der biologischen Psychiatrie dargestellt und der Patientennutzen an konkreten Beispielen aus der akutstationären psychiatrischen Behandlung verdeutlicht werden.
Die organisatorischen Grundlagen für die Versorgung im Sinne von strukturellen Rahmenbedingungen, umschriebenen Angeboten sowie therapeutischer Werte und Grundhaltungen bilden die Basis jeglichen psychiatrischen Handelns und prägen die konkreten therapeutischen Interaktionen und den grundsätzlichen Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft. Die Beschreibung, Entwicklung und Evaluation der Versorgungsorganisation ist daher ein zentraler Bestandteil der psychiatrischen Praxis und Forschung. In diesem Symposium werden verschiedene Aspekte der aktuellen Versorgungsentwicklung in der Schweiz dargestellt und diskutiert. Der erste Beitrag beleuchtet den Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklungen und der Epidemiologie psychischer Erkrankungen. Der zweite Beitrag beschäftigt sich mit der Definition von Versorgungsregionen als Grundlage für die Beschreibung der Versorgungsorganisation und Inanspruchnahme psychiatrischer Leistungen. Im dritten Beitrag werden die jüngere Versorgungsentwicklung sowie die derzeit und zukünftig prägenden Paradigmen skizziert. In vierten Beitrag wird das integrierte Versorgungssystem des Tessins und dessen Auswirkungen auf die Anwendung von Zwang präsentiert.
Begutachtung der Berufsunfähigkeit betrifft nur wenige Antragsteller. Hintergrund sind offene Fragen zur beruflichen Leistungseinschränkung. Diese gelten den manchmal komplexen Krankheitsbildern, häufiger unvollständiger oder widersprüchlicher medizinischer Dokumentation.
Ziel der Begutachtung ist eine gleichwertige Behandlung aller Parteien durch objektive Ermittlung des medizinischen Sachverhalts. Der Antragsteller hat Anspruch auf eine faire Behandlung auch im Vergleich mit den anderen Versicherten. Auch der Versicherer benötigt eine objektive Einschätzung der Leistungsfälle. Die Schwelle der Leistungserbringung liegt in der Regel bei 50%-iger Berufsunfähigkeit. Der Grad der Berufsunfähigkeit ist nachvollziehbar zu beurteilen – weder zu tief (= Fehlendes Erkennen von objektiv Kranken, also niedrige Sensitivität) noch zu hoch (niedrige Spezifität).
Dieser Erkenntnisbildung stehen mehrere Umstände im Wege.
Der Versicherte versucht in der Gutachtensituation, sein Krankheitsbild zu verdeutlichen, um.einen Rentenanspruch durchzusetzen.
Der Gutachter hat in nur begrenzter Zeit den Krankheitsfall vollständig ermitteln, dabei übertriebene oder untertriebene Beschwerdeschilderungen zu erkennen.
Die Unterlagen aus früherer Behandlung wurden für andere Zwecke erstellt und berichten fast immer nur Teilaspekte der Krankengeschichte.
Manchmal liegen Fremdanamnesen eines Lebenspartners oder Familienangehörigen vor. Aber welche Motivation hat dieser bezogen auf das Gutachten? Auch Angehörige profitieren fast immer vom materiellen Ausgang des Versicherungsfalles.
Im Gutachten müssen alle verfügbaren Erkenntnisquellen gewürdigt werden, auch neuropsychologische Testung einschließlich der Symptomvalidierung, aktuelle Plasmaspiegel von Medikamenten. Z.B. Drogentests aus früheren Behandlungen können andere Ergebnisse zur Anamnese ergeben als Angaben des Probanden in der Gutachtensituation.
Im Symposium werden Beispiele aus der Praxis interaktiv analysiert.
Im psychiatrischen Alltag kommt es gelegentlich zu schwierigen Situationen mit Patienten, die Seelsorge in Anspruch nehmen. Die Vorstellungswelt mancher Patienten ist geprägt von religiösen oder spirituellen Überzeugungen, die ihr Krankheitsverständnis und Heilungserwartungen prägen. Diese können mit dem psychiatrischen Behandlungsverständnis und der erforderlichen Compliance kollidieren.
Um unnötige Konfrontationen zu vermeiden, die unter Umständen bis zu einem Behandlungsabbruch führen können, ist es notwendig, Seelsorge-Angebote besser in individualisierte Behandlungskonzepte einzubeziehen. Das Symposium erklärt die Wirkungen der Seelsorge anhand einer aktuellen Studie, stellt ein interreligiöses Projekt in einem großen Klinikum vor, beleuchtet die Besonderheiten muslimischer Seelsorge und zeigt Möglichkeiten einer besseren Zusammenarbeit zwischen Seelsorgern und Psychotherapeuten auf.
Der Ärztemangel in Deutschland ist längst in der Psychiatrie angekommen. Ein Weg aus der Krise ist die Begeisterung des Nachwuchses für unser Fachgebiet. Die Ausbildung in Studium und Weiterbildung ist dabei unser Aushängeschild. Vereinfacht könnte man sagen: „Gute Lehre – viel Nachwuchs!“ Offene Fragen sind, wie, wann und wo wir potentiellen Nachwuchs erreichen und mit welchen Unterrichtsmethoden wir Begeisterung vermitteln können. Damit wird sich das Symposium auseinandersetzen und Ihnen Anregungen für die eigene Lehre mitgeben.
Das Konzept wurde auf der somato-psychiatrischen Station I11 am Campus Großhadern LMU München von Pflegefachpersonen entwickelt.
Die theoretische Fundierung dieses Konzeptes stützt sich auf 3 Elemente:
Gestalttherapie – ein phänomenologisches Erfahrungs- und erlebnisorientiertes psychotherapeutisches Verfahren mit dem Ziel der Stimmigkeit und der Integration psychischer Prozesse und der differenzierten Reifung der Persönlichkeit nach innen und nach aussen. Es wird bewusstes Wahrnehmen, Erleben und Handeln gefördert.
Die Zentralen Aspekte der Interaktionstheorie nach Hildegard Peplau werden aufgegriffen. Die 4 Phasen der Pflege – Patient Beziehung, Orientierungsphase, Identifikationsphase, Nutzungsphase und Ablösephase werden für die Nutzung der Gruppe übertragen.
Die Selbstmanagementförderung ist eine problemorientierte und auf Problemlösung ausgerichtete Intervention. Sie verfolgt einen Patientenzentrierten Versorgungsansatz bei dem professionelle Helfer zur Aktivierung, Edukation und zum Empowerment der Patienten beitragen.
Der Behandlungsschwerpunkt der akutpsychiatrischen Station liegt bei affektiven Störungen (F32/F33), welche mit verschiedenen somatischen Erkrankungen einhergehen. Das BEC folgt dem Ziel, die PatientInnen auf die Entlassung und die Zeit zu Hause vorzubereiten, damit der Weg ins eigene Umfeld strukturiert, sicher und positiv gestaltet wird. Dieses Coaching – Konzept beinhaltet die fragebogengestützte, individuelle Zielsetzung und Strukturplanung, ein psychoedukatives Gruppentraining und die Evaluation. Die Patienten haben bereits in der ersten Woche das Angebot, sich mit der oftmals belastenden häuslichen Situation auseinanderzusetzen. Die Belastungserprobungen am Wochenende werden individuell, ziel- und bedürfnisorientiert vorbereitet. Zum Beispiel wird die persönliche Belastbarkeit und Handlungskompetenz in Bezug auf die alltäglichen Arbeitsanforderungen sowie die sozialen und kommunikativen Beziehungen/Kompetenzen angepasst.
Im Rahmen der COVID-Pandemie kam es zu einschneidenden Veränderungen in der stationären psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung. Diese Veränderungen sollen in diesem Symposium in vier kurzen Vorträgen dargestellt und anschließend diskutiert werden mit dem Ziel, Lehren für die Bewältigung künftiger Pandemien zu ziehen.
E. Gouzoulis-Mayfrank wird wichtige prozedurale und strukturelle Veränderungen in den Kliniken als Antwort auf die Pandemie darstellen. Dabei soll es um die Veränderungen in der Phase des lock-down und in der anschließenden Phase mit schrittweisem Rückgang zur Normalität gehen.
Ch. Kieser wird Erfahrungen aus einem Allgemeinkrankenhaus mit psychiatrischer Abteilung berichten, das von der Corona-Pandemie besonders betroffen war.
J. Zielasek wird den Verlauf der Aufnahmezahlen von neun psychiatrischen Fachkliniken eines großen Klinikverbundes im Rheinland (LVR-Klinikverbund) darstellen. Dabei wird es auch um die Frage gehen, wie der Weg zurück in eine „neue Normalität“ aussah.
A. Deister wird die Auswirkungen auf die Finanzierung der Krankenhäuser darstellen, wobei einerseits die Einnahmeverluste durch die verringerten Fallzahlen, andererseits auch die Kosten der Umstrukturierungen im Fokus stehen werden.
In der anschließenden Diskussion sollen Vorschläge für eine optimierte Vorbereitung psychiatrischer Fachkliniken und Abteilungen auf Viruspandemien diskutiert werden.
Trotz der nachgewiesenen Wirksamkeit von Psychotherapie bei psychischen Störungen fallen die individuellen Ansprechraten auf evidenzbasierte Psychotherapien sehr unterschiedlich aus, wobei ca. 1/3 der PatientInnen nicht ansprechen, einen Rückfall erleiden oder die Behandlung vorzeitig abbrechen. Um Psychotherapien für diese PatientInnen zu optimieren, gilt die Anpassung von psychologischen Interventionen an patientenspezifische Charakteristika als neue Herausforderung, was auch unter den Begriffen Precision Mental Health, Personalized Therapy oder Tailoring Treatments international diskutiert wird. Technologische Fortschritte, verbesserte statistische Methoden und moderne Therapiekonzepte wirken dabei zusammen. Datenbasierte Methoden werden hier sowohl zur Unterstützung von Prognosen, als auch für Verlaufskontrollen und personalisierte sowie adaptive Behandlungsvorschläge genutzt. In diesem Symposium werden vielfältige Ansätze vorgestellt, die zu einer Verbesserung der Wirksamkeit psychotherapeutischer Interventionen führen oder das Risiko ungünstiger Therapieverläufe oder vorzeitiger Abbrüche reduzieren können.
Zuerst stellt W. Lutz zunächst eine prospektive Studie zu einem computer-basierten Feedbacksystem (Trierer Therapienavigator) vor.
Anschließend präsentiert J. Rubel eine proof-of-concept Studie, in der das Potenzial einer personalisierten Zuordnung von Patienten zu Therapeuten untersucht wird.
J. Glombiewski wird anhand der Ergebnisse verschiedener Studiendesigns bei chronischen Schmerzen die aktuelle Evidenz zu patientenzentrierten Psychotherapie referieren.
Abschließend widmet sich T. Kaiser der Frage, wie sich der Behandlungserfolg in der stationären Psychosomatik mit Methoden des maschinellen Lernens bestmöglich vorhersagen lässt.
Seit vielen Jahren steht das Thema positiver Krisenbewältigung, die Beteiligung von Angehörigen, der Aufbau neuer Interventionen wie die Einführung des „Offenen Dialogs“ auf der Tagesordnung nicht nur unseres Fachverbandes. Unser Ziel ist der Aufbau und die bundesweite regelfinanzierte Etablierung von ambulanten Krisendiensten unter Einbeziehung von Peer-Experten. Bei diesem Symposium werden unterschiedliche, regional etablierte Good-Practice-Modelle zu Krisendiensten vorgestellt. Dabei stehen der seit vielen Jahren etablierte Berliner Krisendienst und der bayrische Krisendienst und ihre jeweilige Verknüpfung mit gemeindepsychiatrischen Trägern in einem besonderen Fokus. Weitere Beiträge des Symposiums sind die Konsequenzen der aktuellen Sozialrechtsänderungen für die vorhandenen und künftigen Krisendienste, sowie die Vermeidung von Zwang. Wie bei jeder unserer Symposien und ganz besonders bei dieser werden Psychiatrieerfahrene und deren Angehörige ihre Anforderungen sowie ihre Mitarbeit an Krisendiensten vorstellen.
Bitte beachten Sie: Die E-Poster werden zur Ansicht online veröffentlicht. Es erfolgt keine E-Poster-Präsentation während des digitalen Kongresses.
Ausgehend von der Epidemiologie und dem klinischen Bild der Zwangsstörung wird
zunächst auf das neurobiologische Modell einer Dysfunktion der fronto-striato-thalamischen
Regelschleife eingegangen, weil es die Grundlage zum Verständnis der Zwangsstörung
darstellt und auch in der kognitiven Behandlung der Störung eine gewisse Rolle spielt.
Anschließend wird möglichst praxisnah die kognitiv- verhaltenstherapeutische Behandlung
entwickelt. Beginnend mit dem Aufbau einer therapeutischen Beziehung, der Motivationsund
Zielanalyse und der Verhaltensanalyse werden die Techniken der Reizkonfrontation mit
Reaktionsmanagement dargestellt. Weiterer Schwerpunkt werden kognitive Techniken und
Techniken der Achtsamkeit bei der Behandlung der Zwangsstörung sein. Anschließend wird
auf die Evaluation der Behandlung und auf die Differentialindikation der verschiedenen
Behandlungsansätze eingegangen. Den Abschluß bildet eine kurze Darstellung
neurobiologischer Veränderungen des fronto-striato-thalamischen Regelkreises unter
Psychotherapie.
Dissoziative Symptome und Störungen werden trotz beachtlicher Prävalenzzahlen in der Praxis oft übersehen, nicht diagnostiziert und somit in der Behandlung nicht berücksichtigt. Mit Einschränkungen in kognitiven und emotionalen Bereichen, Veränderungen des Bewusstseins bis hin zu Störungen der Identität und der Körperkontrolle hat Dissoziation ein breites Spektrum an Auswirkungen auf das psychosoziale Funktionsniveau der Betroffenen und ihres Umfeldes.
Im ersten Teil des Vortrages geben wir einen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Begriffes der Dissoziation und stellen die Klassifikation und Phänomenologie dissoziativer Symptome und Störungen dar. Im Anschluss werden Befunde zur Ätiologie und Neurobiologie der Dissoziation dargestellt. Im zweiten Teil des Vortrages wird zunächst ein Überblick zur Datenlage der psychotherapeutischen Behandlung gegeben. Abschließend werden spezifische Behandlungselemente beschrieben, die sich als hilfreich und wirksam in der Behandlung von Dissoziation erwiesen haben.
Hintergrund:
Über die letzten Jahre scheinen die Phänomene des sexualisierten Substanzgebrauchs und des „Chemsex“ zunehmend um sich zu greifen. Bei Ersterem handelt es sich um den Konsum von Substanzen, zu Bahnung, Beeinflussung oder Förderung von Sexualität. „Chemsex“ ist eine Unterform des sexualisierten Substanzkonsums, bei welcher der Konsum von Methamphetamin, Mephedron, GHB oder GBL im Vordergrund steht. Nach aktuellem Wissensstand betrifft das Phänomen hauptsächlich Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). „Chemsex“ ist im Speziellen mit hohen Risiken bezüglich der körperlichen (v.a. sexuell übertragbare Erkrankungen, Hepatitis) und der seelischen Gesundheit (Abhängigkeitserkrankungen, Depression, Suizidalität) verbunden. Aufgrund der Komplexität der Thematik ergeben sich somit neue Herausforderungen für Diagnostik und Therapie dieser dementsprechend sehr gefährdeten Betroffenen. Die Erfahrung und Versorgung anhand interdisziplinärer und individualisierter Therapiekonzepte sind zum aktuellen Zeitpunkt begrenzt.
Inhalt des Symposiums:
Nach einem Überblick über die Grundlagen und Hintergründe, erfolgt die beispielhafte Vorstellung von unterschiedlichen, sich teils komplementierenden, konkreten, ambulanten und stationären Modellen aus dem ganzen Bundesgebiet, von der Etablierung bis zur Versorgung.
Ergebnis:
Das deutsche Gesundheitssystem scheint zum aktuellen Zeitpunkt keine ausreichende Antwort, auf dieses Phänomen zu haben, wobei sich auf lokaler Ebene durch verschiedene Initiativen bereits interdisziplinäre Versorgungsstrukturen sowohl für das ambulante, als auch für das stationäre Setting aufzubauen scheinen.
Ausblick:
Perspektivisch ist die Bedeutung der Etablierung eines standardisierten und validierten Therapiemanuals sowie der Ausbau von Therapiekapazitäten sowohl für den ambulanten, als auch den stationären Sektor zu betonen. Darüber hinaus erscheint eine bundesweite Vernetzung der einzelnen Versorgungsinstitutionen sinnvoll.
Die Vorausplanung therapeutischer Entscheidungen durch den Patienten dient der Durchsetzung seines Willens im Falle einer krankheitsbedingten Aufhebung der freien Willensbildung. In der somatischen Medizin trifft dies vor allem auf lebensbedrohende Zustände, akut oder am Lebensende, zu. Bei psychischen Störungen wurde über lange Zeit auf episodisch auftretende, krisenhafte Verschlechterungen fokussiert.
Entwicklungen in der Palliativmedizin bis hin zu der durch die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Regelung zur Suizidbeihilfe ausgelösten Diskussion um die Reichweite des Rechts auf ein selbstbestimmtes Sterben, wie auch der banale Fakt, das Menschen mit psychischer Störung älter werden, zeigen, dass diese Trennung eine künstliche ist. Vorausplanung sollte im Fachgebiet der Psychiatrie daher breiter gedacht und aktiv von therapeutischer Seite angeboten werden. Advance Care Planning, vorausschauende Behandlungsplanung, ist ein Ansatz dafür.
In dem Symposium soll daher zunächst ein Überblick über die historische Entwicklung der Vorausplanung, verschiedene Instrumente und Advance Care Planning im Sinne einer begleitenden Vorausplanung ermöglicht werden. Medizinethische Überlegungen zur Vorausplanung im Allgemeinen und bei psychischen Störungen im Besonderen folgen diesem Überblick und leiten über zu gerontopsychiatrischer Patient*innen. Gerade bei diesen zeigt sich der Bedarf einer umfassenden Vorausplanung, die sowohl die psychische Störung als auch die somatischen (Ko-) Morbiditäten umfasst. Abschließend sollen die Besonderheiten und Chancen der Vorausplanung einer palliativmedizinischen Versorgung bei Menschen mit psychischen Störungen erläutert werden.
Die Corona-Krise fordert auch die Versorgungformen in der Psychiatrie und Psychotherapie heraus. Insbesondere Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen sind auf die Flexibilität von Behandlungsangeboten angewiesen. Die Corona-Krise lässt dabei die Stärken der unterschiedlichen Behandlungssettings sehr deutlich zu tage treten, aber auch ihre Schwächen. Ob eine alternative Finanzierungsform wie sie in den Modellprojekten nach § 64b SGB V möglich ist, sich in dieser Situation besonders geeignet zeigt, über ein großes Maß an Flexibilität für die Nutzer und Nutzerinnen passende Behandlungsformen anbieten zu können, soll in diesem Symposium anhand von sehr unterschiedlichen Beispielen dargestellt und diskutiert werden: Dabei geht es neben den Besonderheiten einer psychiatrischen Klinik am Allgemeinkrankenhaus mit ihren umfangreichen somatischen Anforderungen auch um Beispiele aus einem großen Fachkrankenhaus und einem ambulanten Versorgungsnetzwerk mit den speziellen Anforderungen großer Systeme.
Die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker (AA) wurde im Jahr 1935 gegründet und stellt seit langem eine weltweite Bewegung dar. Der Alkoholismus wird bei den AA als chronische Erkrankung verstanden, gegen die es mit Hilfe eines 12-Schritte Programms anzugehen gilt. Spiritualität bzw. der Glaube an eine höhere Macht dürfen hier als das zentrale Element gelten. Des Weiteren kommt dem Leben in der Gemeinschaft bzw. dem Zusammenhalt in der Gruppe eine besondere Bedeutung zu. Die Effektivität der Arbeit der AA konnte mittlerweile durch zahlreiche Studien demonstriert werden – auch finden sich kritische Stimmen, die zu einem lebendigen Dialog beitragen. Welche Dynamik zwischen AA als konzeptionelle Selbstregulation und professioneller Therapie ergibt sich? Kann die spirituelle Dimension im „professionellen“ klinisch-therapeutischen Behandlungsfeld eine Rolle spielen? Welcher Stellenwert kommt dabei dem Leben in der Gemeinschaft zu? Wie wirkt das Zusammenspiel des Lebens in der Gemeinschaft und der professionellen Therapie? Diese und ähnliche Fragestellungen möchten wir in unserem Symposium auf der Basis von Erfahrungsberichten von Mitgliedern der AA bzw. gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse gemeinsam thematisieren.
Psychedelika wie Psilocybin oder LSD stellen eine der derzeit interessantesten Entwicklungen in der psychiatrischen Therapieforschung dar. In diesem Symposium soll die Diskussion, die beim Kongress 2019 mit einem Symposium und einer Pro-Con-Debatte begann und ein überwältigendes Echo hatte, fortgesetzt werden und von den verschiedensten Seiten beleuchtet werden. Es sprechen ein klinischer Therapieforscher (Gründer, ZI Mannheim), der Gründer eines privaten Unternehmens, das Psilocybin zur Marktreife entwickeln möchte (Lars Wilde, Compass Pathways), ein Gesundheitswissenschaftler und Präventionsforscher, der sich seit mehr als zehn Jahren mit dem Thema beschäftigt (Jungaberle, Mind Foundation) und ein Systemwissenschaftler, der sich seit Jahrzehnten mit der Frage nach der Interaktion zwischen Gehirn und Geist auseinandersetzt (Tretter, Bertalanffy Center, Wien). Psychedelika nicht nur als Therapeutika, sondern auch als Methodenwerkzeuge, versprechen, zur Weiterentwicklung des Faches Psychiatrie beizutragen.
Die Untersuchung des Liquors ist zur Differentialdiagnostik bei psychiatrischen Erkrankungen klinisch etabliert und hat aufgrund der Entdeckung von Autoantikörper vermittelten psychiatrischen Syndromen wie der NMDA-Rezeptorautoantikörper Enzephalitis zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Trotz langjähriger Forschung bleibt die Prävalenz von neuroimmunologischen oder neuroinfektiologischen Erkrankungen bei verschiedenen psychiatrischen Primärdiagnosen unklar und die Einordnung von pathologischen Liquorbefunden herausfordernd. Eine Präzisionspsychiatrie ist auf valide Biomarker angewiesen, welche bisher mittels blutbasierter molekularbiologischer Ansätze nicht etabliert werden konnten, sodass auch hier der Liquor vor herausragender Bedeutung sein könnte.
Das Symposium soll das Spektrum und die Relevanz der aktuellen Liquorforschung in der Psychiatrie darstellen und Ausblicke für zukünftige Forschungsschwerpunkte geben.
Niels Hansen (Göttingen) wird einleitend das Konzept und die Ziele des norddeutschen Registers zur Liquorforschung in der Psychiatrie (Consortium for Cerebrospinal fluid Analysis in Psychiatry-CAP) vorstellen und Daniel Lüdecke (Hamburg) im zweiten Teil des Vortrags Daten aus Hamburg zum unterschiedlichen Expressionsmuster von microRNA im Liquor bei Alzheimer Demenz im Vergleich zur frontotemporalen Demenz präsentieren. Der Vortrag wird weiterhin einen Ausbilck zur Relevanz von microRNA bei der Erforschung neuropsychiatrischer Erkrankungen diskutieren.
Inga Zerr (Göttingen) wird aktuelle Ansätze in der liquorgestützten Differentialdiagnostik demenzieller Erkrankungen weiter vertiefen und auf die Alzheimer Demenz als heterogene Erkrankung eingehen. Sie wird insbesondere mögliche Marker der Krankheitsprogression vorstellen und das Potential von Proteinaggregationsassays für den Nachweis von fehlgefalteten Proteinen bei neurodegenerativen Erkrankungen darstellen und diskutieren.
Sascha Sartorius (Mannheim) widmet sich anschließend in seinem Vortrag der Bedeutung von Liquorstudien im Bereich der Responseprädiktion bei affektiven Störungen und stellt Ergebnisse zu Veränderungen des Anti-Aging Proteins Klotho, sowie der A-Beta und Tau-Proteine im Liquor vor und nach einer Elektrokonvulsionstherapie vor.
Thomas Skripuletz (Hannover) wird abschließend die psychiatrische Liquorforschung aus der Perspektive der Neuroimmunologie beleuchten und hierbei insbesondere auf die Relevanz neuroimmunologischer Befunde bei psychiatrischen Patienten eingehen.
Wahn ist ein klassisches Phänomen der Psychopathologie, das durch seine Komplexität fasziniert und zugleich bei Berufsanfängern verunsichernd sein kann. In der klinischen Praxis ist Wahn häufig schwer zugänglich und der Umgang mit wahnkranken Patientinnen und Patienten bereitet oftmals Mühe. In diesem Symposium versuchen sich die Vortragenden aus verschiedenen Perspektiven dem Phänomen Wahn zu nähern, um so ein theoretisches und klinisch-praktisches Bild des Wahns zu zeichnen und daraus Vorgehensweisen für den Berufsalltag abzuleiten.
Thomas Fuchs wird in seinem Vortrag in psychopathologische Konzeptionen von Wahn einführen und die zwischenmenschliche Konstitution von Realität, insbesondere durch «joint attention» und Perspektivenübernahme, analysieren. Dabei wird er zeigen, wie dieser Aufbau einer gemeinsamen Wirklichkeit im Wahn misslingt. Dies erlaubt ein vertieftes Verständnis der typischen Unkorrigierbarkeit von wahnhaften Überzeugungen. Achim Haug wird sich in seinem Vortrag der Erfassung von Symptomen des Wahns mittels des AMDP-Systems widmen und insbesondere auf die Beurteilung der Phänomene eingehen. Rolf-Dieter Stieglitz stellt im Anschluss weitere Instrumente vor, die ergänzend und systematisch zum Einsatz kommen können, um die Diagnose eines Wahns zu erfassen und zu beurteilen, was die Grundlage für therapeutische Überlegungen darstellen kann. Abschliessend wendet sich Anke Maatz in ihrem Vortrag der kommunikativen Darstellung von Wahn zu, und zwar insbesondere unter dem Aspekt der intersubjektiven Teilbarkeit dieser Erfahrung. Dies eröffnet Perspektiven für den Umgang mit Wahn(kranken) im klinischen Gespräch wie auch für die Kommunikation mit Angehörigen.
Im psychiatrischen Kontext kommt es, analog zum gesellschaftlichen Diskurs, vermehrt zur Debatte über den Umgang mit Gewalt und Aggressionen und zu einem steigenden Bedürfnis nach Sicherheitsmaßnahmen. Obwohl Studien andere Befunde liefern, nimmt die subjektive Wahrnehmung von Gewalt psychiatrischer Patient*innen gegenüber Mitarbeitenden und anderen Personen zu. Deshalb werden u.a. Sicherheitsdienste auf psychiatrischen Stationen eingesetzt und restriktive psychiatrische Konzepte umgesetzt. Hintergrund ist eine steigende gesellschaftliche Sensibilisierung für die Themen Gewalt und Aggression. In diesem Symposium werden Hintergründe des zunehmenden Sicherheitsbedürfnisses, daraus abgeleitete Maßnahmen für die psychiatrische Versorgung sowie Konsequenzen für die therapeutische Grundhaltung Mitarbeitender, die Wahrnehmung der Patient*innen, das Stationsmilieu und die Behandlungsverläufe diskutiert. D. Richter beleuchtet anhand empirischer und theoretischer Analysen das gewandelte Erleben von Sicherheit und Aggressionsrisiken über die letzten Jahrzehnte im Kontext gesellschaftlicher Veränderungen. L. Mahler diskutiert anhand aktueller Studien Risikofaktoren für Gewalteskalationen und Zwangsmaßnahmen sowie Konzepte und Maßnahmen, die Gewalt, Aggressionen und Zwangsmaßnahmen reduzieren und zur größeren Sicherheit im akutpsychiatrischen Bereich beitragen. M. Jäger diskutiert Haltungen und Einstellungen psychiatrischer Fachpersonen gegenüber dem Gefährdungspotential psychiatrischer Pat. und stellt Risikoassessment sowie Sicherheitsmaßnahmen anhand von Konzepten und Studienergebnissen dar. Mit A. Nienaber reflektiert die Perspektive der psychiatrischen Pflege. Gerade für Pflegende, die häufig mit Gewaltsituationen konfrontiert sind, ebenso wie für Patient*innen und deren Angehörige ist Sicherheit ein wichtiges Thema. Der Vortrag beschäftigt sich damit, was Sicherheit für die jeweils Beteiligten bedeutet und wie sie in der psychiatrischen Versorgung hergestellt werden kann.
Verlässliche statistische Daten über die Anzahl der in der Prostitution tätigen Frauen und Männer in Deutschland liegen nicht vor. In fach- und öffentlichen Debatten werden Zahlen zwischen 200.000 bis 400.000 genannt. Bei nur drei Sexkäufern pro Tag pro Prostituierte lässt sich allerdings eine Zahl zwischen 600.000 bis 1,2 Millionen berechnen. Erst mit dem im Juli 2017 in Kraft getretenen „Prostituiertenschutzgesetz“ wurden eine Anzeigenpflicht von Prostituierten und die Führung einer Bundesstatistik festgeschrieben. Prostitution ist gesellschaftlich stigmatisiert. Bei ihr geht es um sexualisierte Gewalt und Verachtung gegen Frauen verbunden mit einer spezifischen Sehnsucht. Obwohl die Tätigkeit der Prostitution weit verbreitet ist, wird die Gesundheit und medizinischen Versorgung von Prostituierten wenig beachtet. Nur im Zusammenhang mit der Verbreitung von Infektionserkrankungen wurde Fokus auf Prostitution gelegt. Prostituierte bilden eine schwer zu erreichende und heterogene Personengruppe, ihre Zusammensetzung unterliegt einem ständigen Wandel durch Zuwanderung und Menschenhandel. Menschenwürde und das Menschenrecht auf körperliche und seelische Unversehrtheit werden dabei verletzt. Das Symposium möchte sensibilisieren und auf diese sehr bedürftige Gruppe aufmerksam machen. Der politische Aspekt, wie hier Menschen legal noch kränker gemacht werden, wird thematisiert. Die erste Referentin wird in die Thematik mit verfügbaren Daten und Fakten sowie dem Prostituierten-Schutzgesetz einführen und auf die interkulturelle Perspektive eingehen. Der zweite Referent wird zwei Fallgeschichten aus der Praxis differenziert vorstellen und diskutieren. Die dritte Referentin wird aus eigener Erfahrung über ihre Prostitutionsgeschichte berichten und psychologische Hintergründe selbst als Psychologische Psychotherapeutin beleuchten. Die vierte Referentin wird zu State-of-the-Art-Behandlung von Traumafolgestörungen referieren. Alle Beiträge werden mit dem Plenum diskutiert.
Exposure-based treatments are – on average – highly effective and recommended as first-line treatment for anxiety disorders. Yet, not all patients benefit equally well. Investigating the mechanisms of action and predictors of treatment outcomes has become central to the field of psychotherapy research, as it may establish the basis for an optimized, personalized treatment selection and design.
Towards this goal, uncovering the mechanisms of pathological avoidance behavior, which may prevent patients from engaging in exposure, has gained growing interest. Further, associative learning processes, including fear extinction and fear generalization, have been theorized to moderate outcomes of exposure-based treatments – with preliminary empirical support. Complementing investigations on avoidance and fear learning, predictive-modelling studies may support the a-priori identification of patients at risk for treatment-non-response. This symposium will cover recent advances regarding treatment-relevant (bio-)behavioral learning processes and present potential moderators and predictors of treatment outcomes in anxiety disorders.
First, Andre Pittig will present his work on low-cost and costly avoidance and their association with symptom severity in mixed anxiety disorders. Second, Jan Richter will focus on extinction learning in anxiety disorders. Based on data from the Germany-wide research network Protect-AD, he will discuss the relation between implicit and explicit markers of fear extinction and highlight its associations with exposure therapy outcomes. Third, Kati Roesmann will present behavioral and magnetoencephalographic evidence for associations between pre-treatment overgeneralization of fear and non-response to exposure therapy in spider phobia. The symposium will conclude with a presentation by Kevin Hilbert, who will discuss predictors for individual treatment success in anxiety and related disorders based on evidence from machine learning approaches.
Die Bedeutung der routinemäßigen Durchführung psychoedukativer Gruppen in der psychiatrischen Behandlung als TAU (treatment as usual) wurde sowohl in den Leitlinien für schwer psychisch Kranke (Riedel-Heller, et al, 2013/2019) als auch für schizophren erkrankte Patienten (Falkai et al, 2005/2019) mit der Zuerkennung des Levels A nochmals besonders unterstrichen. Insbesondere die Einbeziehung der Angehörigen wird in beiden LL als selbstverständliche Routinemaßnahme betrachtet.
Während in den achtziger und neunziger Jahren die Psychoedukation überwiegend von Ärzten und Psychologen durchgeführt wurde, hat sich das Therapeutenspektrum in den letzten beiden Jahrzehnten auf nahezu alle in der Psychiatrie tätigen Berufsgruppen bis hin zu den Peers ausgeweitet (Berninger, et al, 2016). Die damit einhergehende Kompetenzerweiterung bei den Akteuren hat zu einer erheblichen Bereicherung des therapeutischen Angebotes in vielen stationären, tagesklinischen, und vor allem komplementären Einrichtungen beigetragen und auch die Angebote der Selbsthilfeorganisationen ergänzt (Bäuml et al, 2016).
In diesem Symposium werden die Ergebnisse einer großen Umfrage (n>1000) unter allen psychiatrischen Berufsgruppen hinsichtlich ihres eigenen psychoedukativen Rollenverständnisses erläutert sowie kooperative Behandlungsmodelle bei der Durchführung psychoedukativer Gruppen für unterschiedliche Diagnosegruppen vorgestellt.
Abhängigkeitserkrankungen stellen bei älteren Menschen eine der häufigsten chronischen Erkrankungen dar. Neben Alkoholabhängigkeit, sind es die Behandlungen mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln, sowie mit Schmerzmitteln, die mit Abhängigkeitssyndromen im Alter verbunden sind . Die bei einer Langzeitverschreibung auftretenden Nebenwirkungen wie affektive Indifferenz, Antriebsarmut, kognitiv-mnestische Defizite, Stimmungsschwankungen und körperliche Missempfindungen werden häufig anderen Ursachen, insbesondere dem Alter oder der Grunderkrankung zugeschrieben. Auch im Alter sind Abhängigkeitserkrankungen mit häufigen Rückfällen verbunden, allerdings zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Verläufe sehr unterschiedlich sein können und beispielsweise die Abstinenz vom Suchtmittelkonsum nach jahrzehntelanger Abhängigkeit ebenso möglich sein kann wie ein Rückfall nach jahrzehntelanger Abstinenz. Im höheren Lebensalter bestehen grundsätzlich dieselben Therapieoptionen wie bei jüngeren Patienten, insbesondere bei Suchterkrankungen, die erst im Alter begonnen haben (late onset). Wenn ein erheblicher Suchtmittelkonsum vom frühen Erwachsenenalter an durchgängig bestanden hat, liegen neben diversen körperlichen Folgeerkrankungen häufig auch psychische und kognitive Beeinträchtigungen vor, die die therapeutischen Möglichkeiten begrenzen bzw. besondere Herangehensweisen erfordern; auch hier sind jedoch Remissionen möglich.
Die Arbeit im psychiatrischen Feld ist an sehr intensive Begegnungen und bisweilen auch an dadurch verursachte Belastung gekoppelt. Diese kann z.B. durch traumatische Erlebnisse direkt oder auch indirekt in Form von sekundären Traumatisierungen verursacht werden, für die unterschiedliche Risikofaktoren diskutiert werden (Hensel et al., 2015). Darüber hinaus leiden helfende Berufe aus dem Bereich der psychosozialen Versorgung besonders häufig unter berufsbedingtem Burnout und Stress. Studien zeigen eine hohe Prävalenz assoziierter Störungen und Arbeitsbelastungen vor allem bei psychiatrisch Pflegenden. Bislang ist jedoch wenig über individuelle Moderatoren dieses Zusammenhangs bekannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass vor allem individuelle, maladaptive Schemata einen Beitrag in der Entstehung von arbeitsbedingten Stressbelastungen und Burnout haben könnten. Dieser Zusammenhang wurde im deutschsprachigen Raum jedoch bislang kaum untersucht.
In Deutschland wurden zwei Prävalenzstudien durchgeführt, die das Ausmaß von sekundären Traumatisierungen bei psychiatrisch Pflegenden in unterschiedlichen psychiatrischen Settings überprüften. Das Phänomen wurde 2016 im Rahmen einer Ad-Hoc-Stichprobe (n = 1284) im überwiegend stationären Rahmen (Rixe & Luderer, 2017), 2020 anhand einer Klumpenstichprobe (n = 162) im ambulanten Versorgungskontext untersucht. Die Ergebnisse beider Studien belegen die Relevanz des Phänomens für die pflegerische Praxis. Darüber hinaus zeigen Ergebnisse einer Online-Studie distinkte maladaptive Schemata bei psychiatrisch Pflegenden, welche vor allem mit Aufopferung und überhöhten Standards zusammenhängen. Arbeitsbedingte Belastungen und Burnout hängen vor allem mit diesen Schemata zusammen. Aus den Studien lassen sich Möglichkeiten der Prävention und Gesundheitsförderung ableiten.
Bislang kamen die meisten Studienergebnisse zur Wohnversorgung aus Nordamerika und betrafen Obdachlose. Das bislang in diesem Kontext am meisten beschriebene und untersuchte Modell «Housing First» hat sich in multizentrischen Studien als vorteilhaft für die Wohnstabilität, die soziale Integration und die Lebensqualität der Betroffenen erwiesen. Sowohl in Westeuropa als auch für nicht-obdachlose Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen existierten bis vor Kurzem kaum grössere Untersuchungen zu überzeugenden Konzepten der Wohnrehabilitation.
In Deutschland und der Schweiz wurden in den letzten Jahren an verschiedenen Orten Versorgungsformen nach dem Paradigma «First place, then train» (Unabhängiges Wohnen mit flexibler Unterstützung, Wohn-Coaching, intensiv ambulant betreutes Wohnen) eingeführt. Diese Komplexinterventionen wurden nun seit 2018 in eng aufeinander abgestimmten Forschungsprojekten mit vergleichbaren Instrumenten und unterschiedlichen Studiendesigns in Westfalen, Bielefeld, Mecklenburg, Südwürttemberg, Bern und Zürich evaluiert. In diesem Symposium werden die Versorgungsangebote, die Studiendesigns und Ergebnisse der Baseline- und ersten Follow-up-Erhebung präsentiert.
Die Bedeutung der Ergebnisse für die Wohnversorgung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen vor dem Hintergrund der Paradigmen Teilhabe und Inklusion, die methodischen Herausforderungen und die zukünftigen Entwicklungen dieses Versorgungs- und Forschungsbereichs werden im Rahmen der Beiträge diskutiert.
Advance Care Planning (ACP) beschreibt einen Prozess, bei dem PatientInnen bei der Abfassung von Patientenverfügungen und Behandlungsvereinbarungen begleitet und unterstützt werden. Solche Vorausverfügungen ermöglichen es einwilligungsfähigen PatientInnen für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festzuhalten, in welche medizinischen Maßnahmen sie einwilligen und welche sie ablehnen.
ACP wird seit längerem als eine Möglichkeit zur Stärkung der Patientenselbstbestimmung angesehen. Leitlinien fordern, Vorausverfügungen auch in der Psychiatrie vermehrt in der Praxis einzusetzen. Empirische Studien zeigen jedoch, dass eine umfassende Implementierung von ACP nur langsam voranschreitet und die Anwendung von Vorausverfügungen im klinischen Alltag bislang noch selten ist. Professionelle berichten zudem, dass die Anwendung von Vorausverfügungen zu ethischen Konfliktsituationen führen kann. Auch Unsicherheit bezüglich rechtlicher Fragen, z.B. zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen und Behandlungsvereinbarungen, trägt in der Praxis zu einer nur zögerlichen Implementierung von ACP bei.
Das interdisziplinäre Symposium thematisiert ethische und rechtliche Herausforderungen bei der Anwendung von Vorausverfügungen in der Psychiatrie und verfolgt das Ziel, Hindernisse für die Implementierung von Vorausverfügungen zu identifizieren und Lösungsansätze aufzuzeigen. Aus medizinethischer Perspektive werden zunächst ethische Grundlagen zur Patientenselbstbestimmung und zum Konzept der Vorausverfügungen vermittelt. Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit offenen Fragen und Schwierigkeiten bei der Anwendung von Vorausverfügungen in der Psychiatrie aus rechtlicher Perspektive. Zwei empirische Beiträge stellen Ergebnisse einer qualitativen und einer quantitativen Studie dar, in denen die Sichtweisen von Klinikpersonal und von Professionellen zur Anwendung von Vorausverfügungen in der Psychiatrie untersucht wurden.
Auch, wenn die Hypothese einer entzündlichen Beteiligung bei zumindest Subgruppen psychisch kranker Patienten nicht neu ist, so können doch mit neueren Forschungsansätzen vermehrt Belege für diese Hypothese gefunden werden. Daher wollen wir die neuesten Befunde auf diesem Gebiet beleuchten. Mittlerweile gibt es gute Evidenz, dass es zumindest Subgruppen sowohl bei der unipolaren Depression als auch der bipolaren Störung gibt, die mit gesteigerten Inflammationsmarkern einhergehen, welche aktuell aber klinisch noch nicht identifiziert werden können. Aktuell werden verschiedene Studien mit medikamentösen und nicht-medikamentösen (wie z.B. Hyperthermie) Verfahren zur augmentativen antidepressiven Therapie bei unipolar depressiven Patienten und auch bipolaren Patienten durchgeführt mit zum Teil vielversprechenden Ergebnisse. Ein weiteres interessantes Thema ist die milde Encephalitis Hypothese, hiernach kommen Fälle von schweren psychischen Erkrankungen vor, welchen eine leichtgradige Encephalitis zugrunde liegt, ohne dass neurologische Symptome vorliegen. Schlüssel zur Diagnose einer psychiatrisch-klinisch relevanten milden Neuroinflammation ist die Liquordiagnostik und bildgebende Verfahren sowie Antikörperbestimmungen und andere Möglichkeiten, über die ein Überblick gegeben werden soll. Sowohl aus Kandidatengenstudien als auch aus hypothesen-freien genomweiten Assoziationsstudien Hinweise auf eine Beteiligung von Genvarianten aus inflammatorischen Signalwegen an der Risikoerhöhung für psychische Erkrankungen wie Schizophrenie, bipolare Störung und unipolarer Depression. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Möglichkeit genetischer Prädiktion von Therapieresponse, z.B. für Lithium bei der bipolaren Störung gibt es inflammatorische Kandidatengene.
Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein etabliertes Verfahren zur Behandlung schwerer und therapieresistenter depressiver und psychotischer Störungen. Sowohl für die Indikation Depression als auch Schizophrenie liegen Leitlinienempfehlungen für die Akut- und teilweise auch die Erhaltungstherapie vor. Eine zunehmende Evidenz spricht jedoch dafür, dass die EKT auch jenseits dieser etablierten Indikationen ein rasch und stark wirksames Verfahren darstellen kann, mit dem eine Vielzahl von Zielsyndromen adressiert werden können. Dieses Symposium soll auf der Grundlage aktueller Studien sowie eigener Fallberichte und -serien aufzeigen, dass die klinische Anwendung der EKT sich nicht auf die genannten klassischen Indikationen beschränken muss und sollte. Vielmehr kann die EKT auch bei klinisch wie ätiologisch heterogenen neuropsychiatrischen Syndromen erfolgreich zur Anwendung kommen. Dies trifft sowohl für komorbid bestehende als auch eigenständige Störungen zu. Konkret wird in den einzelnen Vorträgen die Evidenz zu folgenden Indikationen bzw. spezifischen Patientengruppen dargestellt: Dementielle und neurodegenerative Erkrankungen, Traumafolgestörungen, EKT bei schwangeren Patientinnen sowie im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Vor dem Hintergrund der potentiellen Wirksamkeit der EKT bei einem derart breiten Spektrum an Indikationen kann die Hypothese aufgestellt werden, dass trotz oder aber gerade wegen des oft kritisierten ‚unspezifischen‘ Wirkmechanismus zum Teil sehr spezifische klinische Effekte erzielt werden können. Angesichts der Häufigkeit therapieresistenter Verläufe neuropsychiatrischer Erkrankungen und der daraus resultierenden langfristigen Beeinträchtigungen betroffener Patienten sprechen die dargestellten Ergebnisse dafür, dass der Einsatz der EKT häufiger als bisher auch jenseits der etablierten Indikationen in Betracht gezogen werden sollte.
Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Große Datensätze (Big Data) beherrschen die Schlagzeilen und gewinnen gerade rasante Bedeutung in der Psychiatrie. Große Stichproben, longitudinal, tief phänotypisierter Patienten verschiedener Diagnosen versprechen neue Typologisierungen und individuelle Verlaufsprädiktion. In diesem Symposium sollen die wichtigsten Ansätze allgemeinverständlich dargestellt und anhand von ersten Beispielen mögliche Einsatzgebiete aufgezeigt werden. Die Implikationen werden kritisch diskutiert.
Nach einer kurzen Einführung in die Anwendung maschineller Lernverfahren in der MRT-Diagnostik neurologischer und psychischer Erkrankungen wird Kerstin Ritter die Wichtigkeit der zugrundeliegenden Daten diskutieren und welche Rolle algorithmischer Bias spielt. Es werden verschiedene Anwendungen im Bereich Alzheimer und Schizophrenie vorgestellt.
Tim Hahn, Münster, stellt neu entwickelte Methoden der Unsicherheitsschätzung in hoch-dimensionalen Daten vor und geht auf Implikationen für Machine Learning-basierte, klinische Entscheidungssysteme in der Praxis ein.
Daniel Durstewitz wird tiefe Lernverfahren auf multi-modale Zeitreihendaten anwenden um Vorhersagen zu Verläufen machen zu können.
Nikos Koutsouleris, München, stellt neue Ergebnisse aus der PRONIA-Studie zur individualisierten Prädiktion der Verlaufs bei Patienten mit einem Hochrisiko-Stadium für psychotische Erkrankungen sowie Patienten mit einer depressiven Ersterkrankung vor und diskutiert mögliche computer-gestützte Prognosealgorithmen für die zukünftige Praxis der Prädiktiven Psychiatrie.
Eine aktuelle Auswertung von umfangreichen Kassendaten (Wiegand et al. 2020) kommt zu dem Schluss, dass Menschen mit schweren Depressionen nach einem stationären Aufenthalt nur sehr selten eine leitliniengerechte ambulante Anschlussbehandlung erhalten. Gleichzeitig zeigen die Daten eine deutlich schlechtere Personalausstattung in Psychiatrischen Kliniken und eine dadurch niedrigere Therapiedichte im Vergleich zu psychosomatischen Kliniken. Die Ergebnisse werfen wichtige gesundheitspolitische Fragen auf - nicht zuletzt hinsichtlich der Versorgungsgerechtigkeit in Deutschland. Das Symposium macht sich zur Aufgabe, auf Basis der Studienergebnisse die Implikationen für die psychiatrische Versorgung aus Sicht der Krankenkassen, der Politik und des Fachs zu diskutieren.
The benefits of physical activity and structured aerobic exercise have been established in the general population as well as in people with schizophrenia. Exercise interventions have the potential to improve cognition and alleviate psychopathological symptoms as well as improve the physical health in this population. As much as the body of work in this research area has grown, there are still many questions to answer. In this symposium we will try to shed further light on basic mechanisms of how the impact of different exercise regimes might work and, even more important, how to implement exercise into the treatment schedule of our patients. John Engh will show first results of the impact of a high-intensity interval training, which means the implementation of anaerobic spurts into the endurance training. Berend Malchow focused in his recent work on the impact of resistance training alone on the well-being and psychosocial functioning of people with schizophrenia and how to implement it without having to go to a gymnasium on a regular basis. Wiepke Cahn will shift the focus of the symposium to the relationship between low physical activity and low cardiorespiratory fitness and mental and physical health in people with schizophrenia. Joseph Firth will present findings from the Lancet Psychiatry Commission on 'Lifestyle Psychiatry' to protect physical health and summarize advances in understanding on this topic and present clear directions for evidence based interventions in this field.
Im Rahmen des Symposiums werden Vertreter aus der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie auf Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und eigener Behandlungsdaten diagnostische und therapeutische Methoden vorstellen, die relavant sind für eine optimale therapeutische Versorgung in der Adoleszenz als wichtige Schnittstelle zwischen Jugend- und Erwachsenenalter.
Viele psychische Störungen haben ihren Beginn in der Adoleszenz. Dies kann zur Unterbrechung einer gesunden Entwicklung und ggf. zum Scheitern altersentsprechender Aufgaben führen, mit negativen Auswirkungen auf weitere psychosoziale Entwicklung, familiäres Umfeld und die Ausbildung. Gesellschaftliche Probleme entstehen insbesondere bei unbehandelten psychisch erkrankten Jugendlichen. Ca. 15% zeigen auch im Erwachsenenalter psychische, meist chronisch verlaufende Auffälligkeiten mit Notwendigkeit einer langdauernden Behandlung.
Frühzeitige diagnostische Maßnahmen, sowie eine störungsspezifische, leitlinienorientierte therapeutische und medizinische Behandlung können eine altersentsprechende Entwicklung ermöglichen, psychische Störungen des Erwachsenenalters vorbeugen bzw. deren Chronifizierung vermeiden.
Frau Prof. Philipsen wird Daten aus der BMBF-Studie sowie aus dem laufenden ESCA-late Projekt berichten, sowie Versorgungsstrukturen vorstellen, die für eine erfolgreiche Transition von ADHS benötigt werden.
Herr Prof. Kölch wird aktuelle Entwicklungen bei der Behandlung von Depression im Jugendalter präsentieren.
Herr PD Dr. Jähne wird einen Überblick geben über Medien- und Internetabhängigkeit und Mechanismen der Abhängigkeitsentwicklung bei Onlinespielen, sowie Risiken von Multi- Player-Rollenspielen, psychiatrische Komorbidität und Therapieprinzipien diskutieren.
Abschließend wird Frau Dr. Naab aktuelle Behandlungsergebnisse vorstellen, sowie Prädiktoren für den langfristigen Therapieerfolg bei der Behandlung von Jugendlichen mit Essstörungen vorstellen. Neueste Daten einer Katamneseuntersuchung von 140 jugendlichen Patienten mit Anorexia nervosa werden einfließen.
Im März 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ausbreitung des COVID-19-Virus zur weltweiten Pandemie erklärt. Sowohl die COVID-19-Pandemie als auch die dadurch ausgelösten Quarantänemaßnahmen können Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit haben. Durch die Verlagerung von medizinischen Ressourcen in Richtung medizinischer, intensivmedizinischer und Beatmungskapazitäten kam es vorübergehend zu einer Dysbalance, welche die Versorgung von Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen erschwerte. Um das Ausmaß psychischer Veränderungen im Kontext der COVID-19 Pandemie zu erfassen, wurden vielerorts Erhebungen durchgeführt. In diesem Symposium werden Ergebnisse der deutschlandweit durchgeführten „COVID-19 Umfrage Deutschland“ und der weltweit durchgeführten „Collaborative Outcomes Study on Health and Functioning during Infection Times (COH-FIT)“ präsentiert. Darüber hinaus werden Konzepte für das Management schwerer psychischer Störungen in der stationären Versorgung und im ambulanten oder häuslichen Bereich vorgestellt.
Aktuelle Modelle gehen von einer dimensionalen Verteilung von Merkmalsausprägungen des Schizophreniespektrums aus, welches von der gesunden Allgemeinbevölkerung über Risikostadien bis hin zu klinischen Populationen spannt. Die Untersuchung neurobiologischer Korrelate in verschiedenen Bereichen dieses Spektrums liefert wertvolle Erkenntnisse über pathophysiologische Mechanismen sowie mögliche Resilienzfaktoren, und ist zentral für die Translation zu Präventions- und Interventionsansätzen.
In diesem Symposium stellen vier Nachwuchswissenschaftlerinnen aktuellste Befunde nationaler und internationaler Verbundprojekte vor (FOR2107, PRONIA, TYPIA) aus verschiedenen Dimensionen des Spektrums und zu unterschiedlichen neurobiologischen Modalitäten dar. Im Fokus stehen dabei insbesondere erklärende Modelle und Mechanismen, die für Translation und klinische Intervention zentral sind.
Nach einem Überblick über genetische und umweltbedingte Risikofaktoren für das Schizophreniespektrum, werden deren Interaktionseffekte und mögliche Pathways über Veränderungen hirnstruktureller Parameter und funktioneller Netzwerke in der Allgemeinbevölkerung dargestellt. Es folgen Ergebnisse zur Variation von oberflächen- und volumenbasierten hirnstrukturellen, sowie hirnfunktionellen Parametern in unterschiedlichen Phänotypen des Schizophreniespektrums. Hier wird u.a. über unterschiedliche Korrelate von Positiv- und Negativdimensionen, sowie die Risikorelevanz psychosenaher Merkmale in der Allgemeinbevölkerung informiert. Zudem werden die Bedeutsamkeit solcher neurobiologischer Risikomarker für die durch machine learning-basierte, multivariate Ansätze gestützte Früherkennung, sowie eine neue niedrigschwellige Präventionsmaßnahme für Menschen mit erhöhtem Psychoserisiko, diskutiert.
Das Symposium verknüpft so eine Übersicht über die gesamte Breite des Schizophreniespektrums mit aktuellsten neurobiologischen Befunden aus großen Kohortenstudien sowie der Diskussion neuer Modellansätze.
Die neue Rechtslage zu Zwang und Gewalt entfaltet nicht nur ihre Wirkung in der Klinik, sondern koppelt sich über die Strukturen der Professionellen (Richter, Betreuer, Psychiater, Polizei, etc.) zurück in die sozialen Lebenswelt des Patienten. Damit sind die Angehörigen schon vor einer Einweisung als auch nach der Entlassung des Patienten von der neuen Rechtslage betroffen. Sind die Profistrukturen auf diese veränderte Rechtslage vorbereitet und wie wird den Angehörigen dabei geholfen?
Methoden der nicht-invasiven Hirnstimulation bieten sich an, die klassische Behandlung der Schizophrenie mit Antipsychotika und psychosozialen Interventionen zu ergänzen. Hirnstimulationstechniken werden aufgrund von spezifischen Hypothesen über veränderte Hirnfunktionen bei Psychosen eingesetzt und unterscheiden sich dabei von der breiten Anwendung von Psychopharmaka und Psychotherapie. Der pauschale Einsatz von repetitiver transkranieller Magnetstimulation (rTMS) oder transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) gegen Positivsymptome oder Negativsymptome konnte nicht umfassend überzeugen. Dagegen erscheint der Einsatz dieser präzisen Techniken bei einzelnen Symptomen im Sinne der Präzisionspsychiatrie vielversprechend. Dieses Symposium wird Beispiele aufzeigen, wie die Behandlung einzelner Symptome mittels rTMS und tDCS gelingen kann. Zielsymptome sind akustische Halluzinationen, kognitive Defizite, psychomotorische Verlangsamung oder gestörte semantische Kopplung von Sprache und Gestik. Die Vorteile und Herausforderungen in der klinischen Anwendung werden diskutiert. Nicht-invasive Hirnstimulation kann zum entscheidenden Impuls für die Einführung individualisierter Behandlungen für Menschen mit Schizophrenie werden.
Jüngste technische Entwicklungen ermöglichen den Einsatz VR und AR basierter therapeutischer Verfahren bei einer Vielzahl psychischer Erkrankungen wie z.B. bei den Angst-/Panikstörungen und der PTBS. Ebenso erlauben KI-basierte Untersuchungen großer Datensätze die Identifikation neuer Marker für die Diagnostik bei diversen psychischen Krankheiten sowie prädiktive Einschätzungen des Therapieerfolges.
Das Symposium soll, basierend auf den aktuellen technologischen Möglichkeiten einen Überblick über den Stand der Forschung geben und das Potential dieser Verfahren anhand ausgewählter Ansätze bei verschiedenen Krankheitsentitäten vorstellen.
Reduktion von Zwangsmaßnahmen gehören zu den großen Zielen in Psychiatrie und Psychotherapie. Im vorliegenden Symposium werden neue empirische Daten zu Strategien zur Reduktion von Zwangsmaßnahmen vorgestellt. X. Sauter stellt erste Erfahrungen einer Implementationsstudie zu den Empfehlungen der S3 Leitlinie Reduktion von Zwang vor (PrevCo). L. Mahler stellt die Ergebnisse einer randomisierten Studie zur Evaluation von Nachbesprechungen von Zwangsmaßnahmen vor. A. Bechdolf stellt die die 24 Monats-Effekte von „Safewards“ auf die Stationsatmosphäre, die Arbeitszufriedenheit und Zwangsmaßnahmen auf zwei Akutaufnahmestation dar. Safewards ist eine Teamintervention zur Erhöhung der Partizipation und Reduktion von Zwangsmaßnahmen auf Akutstationen. .x. Stefan stellte die Möglichkeiten von baulichen Maßnahmen zur Reduktion von Zwang im sinne einer Vorher- Nachher-Messung eines Umzuges einer psychiatrischen Abteilug in ein neues Gebäude dar.
Die Frage der Personalbemessung in der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik ist aktuell eines der gesundheitspolitisch am meisten umstrittenen Themen. Nachdem zum Ende des Jahres 2019 die Psychiatrie-Personalverordnung (PsychPV) nach knapp 30 Jahren außer Kraft getreten ist, besteht dringender Bedarf für ein umfassendes und vor allem zukunftsfähiges System der Personalbemessung in diesen Fächern. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat im Jahr 2019 die Erstfassung einer Richtlinie zur Personalbemessung in der Psychiatrie und Psychosomatik veröffentlicht. Die im GBA vertretenen Institutionen haben im Vorfeld äußerst kontrovers über die Ausgestaltung dieser Richtlinie diskutiert und auch nach Inkrafttreten zum Anfang dieses Jahres ist sie weiterhin Gegenstand gesundheitspolitischer Diskussionen. In diesem Diskussionsforum sollen aus den unterschiedlichen Perspektiven sowohl der aktuelle Stand, insbesondere aber auch die Überlegungen zur Weiterentwicklung der Richtlinie dargestellt und diskutiert werden.
Mit der grundsätzlichen Neuklassifikation der Persönlichkeitsstörungen im ICD-11 ab 01.01.2022 werden in diesem Jahr die Diagnostik der Persönlichkeitsstörungen einen großen Stellenwert einnehmen und die hierdurch sich ergebenden Veränderungen in der Therapieplanung. Während für die Borderline-Persönlichkeitsstörung, der einzigen verbleibenden diagnostischen Kategorie auf dem Gebiet der Persönlichkeitsstörungen, weiterhin störungsspezifische psychotherapeutische Programme zur Anwendung kommen können, werden sich die Interventionen bei den anderen Persönlichkeitsstörungen an Funktionsstörungen und prominenten Persönlichkeitsmerkmalen orientieren.
Bis zu einem Drittel aller Depressionen nehmen einen chronischen Verlauf von mehr als zwei Jahren. Die meisten Patienten berichten einen frühen Beginn vor dem 21. Lebensjahr und von frühen zwischenmenschlichen Traumatisierungen wie emotionaler Vernachlässigung oder Missbrauch, körperlichen Misshandlungen oder Vernachlässigung, oder sexuellem Missbrauch. Außerdem weisen persistierende depressive Störungen im Vergleich zu akut-episodischen Depressionen eine höhere Komorbiditätsrate, eine stärkere Beeinträchtigung der sozialen Leistungsfähigkeit und der körperlichen Gesundheit, ausgeprägteres Vermeidungsverhalten sowie einen feindselig-submissiven Beziehungsstil auf und zeigen häufigere Suizidversuche, Behandlungsversuche und Hospitalisierungen. In diesem Rahmen gelten sie auch als schwierig zu behandeln, etwa knapp die Hälfte scheint therapieresistent, wobei es keinen Konsens zur Definition des Begriffs Therapieresistenz gibt.
Chronisch depressive Patienten sprechen allgemein weniger gut auf psychotherapeutische und pharmakologische Behandlung an als akut episodisch Depressive oder sie benötigen höhere „Dosen“ und eine längere Behandlungsdauer, um eine Verbesserung zu erreichen. Ungefähr die Hälfte der persistierend depressiven Patienten sind Nonresponder auf Psycho- oder Pharmakotherapie, weitere 20% erreichen keine Remission. Zum Vergleich psycho- und pharmakologischer Ansätze liegen uneinheitliche Ergebnisse vor. Dabei ist die in den meisten Studien sehr kurze Behandlungsdauer zu berücksichtigen, in der sich die Wirksamkeit von Psychotherapie nicht voll entfalten kann. Dazu sind mindestens 18 Sitzungen nötig. In den gängigen Leitlinien wird eine Kombination beider Methoden empfohlen, die Behandlungspräferenz erwies sich dabei als Moderator für das Ansprechen auf die Therapie.
Taking action to reduce health inequalities is a matter of social justice. In developing strategies for tackling health inequalities we need to confront the social gradient in health not just the difference between the worst off and everybody else. There is clear evidence when we look across countries that national policies make a difference and that much can be done in cities, towns and local areas. But policies and interventions must not be confined to the health care system; they need to address the conditions in which people are born, grow, live, work and age. The evidence shows that economic circumstances are important but are not the only drivers of health inequalities. Tackling the health gap will take action, based on sound evidence, across the whole of society. The pandemic has exposed and amplified underlying inequalities in society that lead to inequalities in health.
A growing body of literature has recognized health disparities and has investigated the relationship between racial discrimination and poor health outcomes. Ethnic minority groups across the world face social and psychological challenges linked to their minority status, often involving racial discrimination. Racial discrimination is increasingly recognized as an important contributing factor to health disparities among non-dominant ethnic minorities. Institutional racism goes along with policies and procedures which reduce the access to mental health care. Cultural racism, both at the societal and individual level, negatively affects economic status and health by creating a policy environment triggering negative stereotypes and discrimination that are pathogenic and fostering health damaging psychological responses . There is evidence that experiences of racial discrimination are an important type of stressor that can alter the health status and lead to behavioral patterns which increase health risks. The persistence of institutional and interpersonal discrimination is driven by racism. Studies have shown that perceived and experienced racial discrimination is a significant risk factor for mental health.
In this symposium the first speaker will talk on “Emotional impact of racism and the handling of it“. The second speaker will have a talk on “Discimination, poor mental health and mental health - How can we overcome it?“. The third speaker will focus on Discrimination and racism in treatment procedures - What can we do, while the last speaker will discuss How do other countries deal with discrimination and racism - What can we learn from them?“. The plenary is invited to discuss all lectures with us.
Für die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung und Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Deutschland ergeben sich aus dem Umstieg von ICD-10(GM) auf ICD-11 verschiedene Vorteile, aber auch individuelle, systembezogene, therapeutische, gesundheitsökonomische und versorgungsbezogene Herausforderungen, welche in dem Symposium an klinischen Beispielen analysiert werden. Mögliche Herausforderungen betreffen u.a. das Mapping von diagnostischen Kategorien in ICD-10(GM) auf ICD-11 (und umgekehrt), Änderungen in Diagnosekriterien, neue diagnostische Kategorien, veränderte Prävalenzraten, erhöhten Kodieraufwand durch mögliches Komplexcoding und evtl. hiermit verbundene Kosten, Konsequenzen fehlender longitudinaler Diagnosekonsistenz für Schließlich Versorgungskonzepte, sowie erhöhten Trainingsbedarf bzgl. Diagnostik und Kodierung. Chancen liegen insbesondere in einer kategorial stärker präzisierten und dimensional individualisierten Klassifikation (z.B. durch Verlaufs-, Symptom- und Traitqualifier). Der Umstieg auf ICD-11 kann somit zu einer differenzierteren Symptom- und Verlaufsbeurteilung sowie - durch damit ermöglichte gezieltere Zusatzdiagnostik und therapeutische Indikationsstellung - zu einer optimierten Behandlungs- und Versorgungsqualität beitragen.
Im Rahmen einer allgemeinen Einführung zur Entwicklung der ICD-11, zur Metastruktur des neuen Kapitels 6 „Mental, Behavioural or Neurodevelopmental Disorders“ sowie störungs- übergreifenden wie -spezifischen Änderungen gegenüber Kapitel V(F) der ICD-10(GM) Psychischer und Verhaltensstörungen mit möglichen Auswirkungen auf die diagnostische Konsistenz (caseness) im Übergang der beiden Klassifikationsversionen und die Methoden zur Übergangsanalyse, wird Ulrich Vogel (Köln) Chancen und Herausforderungen der ICD-11 darstellen. Andreas Heinz (Berlin) wird aus Perspektive der DGPPN auf mögliche Auswirkungen auf die Versorgung in Deutschland am Beispiel Psychischer und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen in ICD-11 gegenüber ICD-10(GM) eingehen. Mit dem Kapitel der Affektiven Störungen in ICD-11, u.a. mit Einführung der Bipolar Type II Disorder, und resultierenden Chancen und Herausforderungen beschäftigt sich der Beitrag von Peter Falkai (München). Am Beispiel des Kapitels Schizophrenie und anderer primärer psychotischer Störungen der ICD-11 stellt Wolfgang Gaebel (Düsseldorf) neue diagnostische Kriterien und Leitlinien sowie Merkmale zur Symptom-, Schweregrad- und Verlaufscharakterisierung und deren Konsequenzen für Therapie und Versorgung vor.
Die Verbesserung der Versorgung psychisch kranker Älterer wird angesichts des demografischen Wandels und der damit assoziierten Zunahme gerontopsychiatrischer Krankheitsbilder ein zentrales Thema psychiatrischer Forschung. Durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Innovationsfonds des gemeinsamen Bundesausschuss besteht erstmals die Möglichkeit, erfolgreich implementierte Versorgungsmodelle direkt in die Regelversorgung umsetzen zu können. Wir stellen hier vier zentrale Versorgungsforschungsprojekte zu den Themen Demenz, Delir und Krankenhausversorgung vor, deren Ergebnisse die Versorgungspraxis nachhaltig verändern können. DemStepCare fokussiert auf die hausarztbasierte Demenzversorgung und implementiert an dieser konkreten Schnittstelle eine koordinierte Vernetzung zwischen Haus-, Facharzt und Klinik in einem regionalen Modell in Rheinland-Pfalz. Im Projekt PAWEL wurde in fünf Kliniken der Maximalversorgung in Baden-Württemberg an1560 älteren Patienten mit Elektivoperationen ein strukturiertes Delirpräventions- und –managementprogramm implementiert.
Auch unter optimaler Behandlung bleibt jede/r fünfte/r Patient/in mit Anorexia nervosa schwer krank. Für Fälle mit mehr als sieben Jahren Krankheitsdauer und besonders schwerer Ausprägung wurde der Begriff „severe and enduring anorexia nervosa“ (SEAN) geprägt. Die betroffenen PatientInnen haben typischerweise eine niedrige Lebensqualität und ein niedriges psychosoziales Funktionsniveau, und sprechen auf klassische Behandlungsansätze für Anorexie schlecht an. Entscheidend ist ob und wie es gelingt, Veränderungsmotivation bei der Patientin/dem Patienten zu wecken und ihn/sie in ein psychotherapeutisches Setting zu integrieren. Dieses Symposium bietet einen Überblick über neue wissenschaftliche Daten zu innovativen Behandlungsansätzen für SEAN-Patientinnen. Neben einem Überblick über Definition von SEAN und Therapiestudien werden Behandlungsergebnisse und Prädiktoren einer sehr großen deutschen Stichprobe von 3000 PatientInnen mit Anorexia nervosa sowie Einflussfaktoren auf das Outcome und Katamnese-Ergebnisse berichtet. Behandlungsansatz-übergreifend stellt sich die Frage, welche Therapieziele verfolgt werden können, wenn eine Normalisierung von Essverhalten und Gewicht höchstwahrscheinlich nicht erreichbar ist. Hier wird eine qualitative Studie präsentiert, die renommierte Anorexie-ExpertInnen zu Verläufen mit tödlichem Ausgang interviewte.
Das Symposium zu aktuellen Aspekten der Konsiliar- und Liaison-Psychiatrie fokussiert dieses Jahr die Diagnosen Anpassungsstörung, Belastungsreaktion und peripartale Depression. Der erste Beitrag (Michael Brinkers, Magdeburg) thematisiert die nach uneinheitlichen Kriterien vergebene Diagnose der Anpassungsstörung. Anhand von Daten aus einer universitären Schmerzambulanz, die an Tumorpatienten erhoben wurden, werden die differentialdiagnostische Abgrenzung zur F3-Depression, Unterschiede im Outcome sowie ein Diagnosewechsel mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur somatischen Schädigung dargestellt. Der zweite Vortrag (Tanja Zimmermann, Hannover) beschreibt die psychosozialen Belastungen von Krebserkrankten und ihren Angehörigen, die daraus resultierenden Stressoren für die Partnerschaft sowie die Inanspruchnahme psychoonkologischer Unterstützungsangebote. Vorgestellt werden die Ergebnisse zweier Studien, in denen 1869 Patienten zu ihrer Belastung im Rahmen des stationären Aufenthalts und 859 Patienten zum Einfluss der Krebserkrankung auf die Stabilität der Partnerschaft befragt wurden. Der dritte Beitrag (Marcel Reich, Berlin) beschäftigt sich mit Patienten einer interdisziplinären Notaufnahme, die vom psychologischen Bereitschaftsdienst gesehen werden und bei denen die Diagnose einer Belastungs- bzw. Anpassungsstörung gestellt wurde. Nach entsprechenden Kurzinterventionen musste nur 1 Person stationär aufgenommen werden, die verbleibenden Patienten konnten ambulant weiterversorgt werden. Das Abschussreferat (Susanne Simen, Nürnberg) stellt ein Screening für peripartale Depressionen vor, die bei 10-20% aller Schwangeren und Entbundenen auftreten, jedoch häufig zu spät einer Behandlung zugeführt werden. Präsentiert werden die ersten Ergebnisse eines Nürnberger Modellversuchs, an dem alle geburtshilflichen und neonatologischen Kliniken vor Ort sowie niedergelassenen Gynäkologen und Kinderärzte teilnehmen.
Menschen sind soziale Wesen - Zugehörigkeit und Bindung sind ein Grundbedürfnis des Menschen. Einsamkeit reflektiert das Erleben und erfasst die ganz subjektive Sicht des Einzelnen. Wenn wir hingegen von sozialer Isolation sprechen, ist eher ein objektives Maß gemeint, das sich am Umfang und der Dichte des sozialen Netzwerks festmachen lässt. Zahlreiche Beobachtungsstudien zeigen, dass Einsamkeit mit psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Depression, verbunden ist. Weniger bekannt ist, dass Einsamkeit auch mit körperlichen Erkrankungen, wie kardiovaskulären, assoziiert ist. Metanalysen verweisen auf eine erhöhte Sterblichkeit. Aktuelle Studien weisen auch auf ein erhöhtes Risiko für andere Erkrankungen, zum Beispiel Demenzerkrankungen, durch Einsamkeit und soziale Isolation hin. Das Symposium zeigt aktuelle empirische Ergebnisse aus großen deutschen Kohortenstudien. Susanne Röhr vom Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig stellt repräsentative bevölkerungsbasierte Ergebnisse zur Häufigkeit von sozialer Isolation in der deutschen Bevölkerung unter Berücksichtigung sozialer Determinanten aus der LIFE-Studie (n = 10,000) vor. Die Daten machen deutlich, dass die Prävalenz von sozialer Isolation sehr stark mit Faktoren wie Alter, Geschlecht und sozioökonomischen Variablen assoziiert ist. Damit können besonders vulnerable Gruppen identifiziert werden. Franziska Förster vom ISAP hat zu sozialer Isolation, Depression und Verwitwung geforscht und stellt Längsschnittdaten von Hochaltrigen aus der AgeCoDe-AgeQualiDe-Studie vor. Im dritten Beitrag geht Prof. Tesch-Römer vom Deutsches Zentrum für Altersfragen in Berlin empirisch der kontrovers diskutierten Frage nach, ob Internetnutzung ein Puffer gegen Einsamkeit darstellen könnte. Datengrundlage bilden Längsschnittdaten des Deutschen Alterssurvey (DEAS) zu verschiedenen Formen der Internetnutzung. Damit wird auch der Blick auf mögliche Interventionen gerichtet.
Die Abhängigkeit von Opioiden setzt die Betroffenen erheblichen medizinischen und psychosozialen Risiken aus. Die Anzahl der Hochrisikokonsumenten in Deutschland wird auf über 160.000 Menschen geschätzt, von denen sich nur etwa die Hälfte in Substitutionstherapie befindet. Die SARS-CoV-2-Pandemie hat die Situation verschärft, nicht nur für die therapeutisch nicht Erreichten, sondern auch für Personen in laufender Substitution.
Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren haben die Nutzung langfristiger therapeutischer Angebote beeinträchtigt, niedrigschwellige Harm-Reduction-Ansätze wurden vielerorts ausgesetzt. Dies erfolgte vor dem Hintergrund der hohen krankheitsimmanenten Risiken und Folgen der Opioidabhängigkeit, wie soziale Ausgrenzung, somatische und psychische Komorbidität, hohe Mortalität, wodurch neben den Betroffenen auch die Solidargemeinschaft erheblich belastet wird.
Da die zu erwartende längerfristige Ausbreitung von SARS-CoV-2 die Therapielandschaft für Hochrisikogruppen nachhaltig beeinflussen wird, ist es von gesellschaftlicher und suchttherapeutischer Relevanz bisherige Erfahrungen zusammenzufassen, um proaktiv Therapie- und Präventionsangebote auf neue Krankheitswellen ausrichten zu können.
Im vorgeschlagenen Symposium sollen verschiedene Projekte und Strategien dargestellt und erörtert werden:
- Wie hat sich die Suchtszene vor dem Hintergrund der SARS-CoV-2-Pandemie verändert?
- Welchen Einfluss hatten die staatlichen Maßnahmen gegen die Virusausbreitung auf Drogenmarkt, Zugang zur Therapie und Hilfsangebote?
- Durch welche Maßnahmen kann eine Substitutionsbehandlung auch unter Bedingungen von Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln regelrecht und medizinisch verantwortungsvoll aufrechterhalten werden?
- Wie kann in der aktuellen Situation nicht erreichten Drogenkonsumenten ein Einstieg in das Suchthilfesystem geboten werden und lassen sich Harm-Reduction-Ansätze, wie Naloxon-Take-home-Programme effizient schulen?
Einleitung
Die Zahlen der wohnungslosen Personen steigen in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich an. Zwischen psychischen Erkrankungen und Wohnungslosigkeit bzw. prekären Wohnverhältnissen gibt es komplexe Zusammenhänge. Einerseits kann Wohnungslosigkeit oder der drohende Wohnungsverlust als eine schwerwiegende Komplikation einer schweren psychischen Störung angesehen werden. Andererseits kommt es durch die Wohnungslosigkeit bzw. prekäre Wohnsituation zu einer Verschlechterung der Bedingungen für eine wirksame Behandlung der psychischen Störung.
Methode
Dieses Symposium präsentiert aktuelle empirische Studien zur Epidemiologie, Risikofaktoren, der psychiatrischen Versorgungssituation und präventiven Ansätzen gegen Wohnungslosigkeit bzw. Wohnungsverlust bei Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung
M. Brönner stellt die SEEWOLF-Studie aus dem Münchner Raum vor. Sie gibt Aufschluss über die Prävalenzen psychischer Erkrankungen bei wohnungslosen Personen und stellt die aktuellen Versorgungsstrukturen den Bedarfen wohnungsloser Menschen gegenüber.
Es folgt die Vorstellung der aktuell laufenden WohnLos-Studie. Es handelt sich hier um eine klinisch-epidemiologische Bestandsaufnahme von Wohnungslosigkeit und prekärer Wohnsituationen bei stationär und ambulant psychiatrisch behandelten Menschen in NRW. J. Heinz gibt eine Übersicht zur Konstruktion und methodischen Umsetzung der Studie und I. Hausleiter präsentiert erste Ergebnisse aus Routinedatenanalysen.
Schließlich geht H.J. Salize auf die prospektive Interventionsstudie MOTIWOHN im Raum Mannheim ein. Die Studie fokussiert Personen, denen der Verlust der eigenen Wohnung drohte und bei denen der Verdacht auf eine bislang unbehandelte psychische Störung bestand.
Die vier Beiträge spannen den Bogen über die verschiedenen Facetten und Ansätze zur Begegnung der wichtigen Problematik der Wohnungslosigkeit bei Menschen mit psychischen Störungen.
The relatively new field “Computational Psychiatry” aims to develop and apply state-of-the-art computational methods to improve the mechanistic understanding, classification, diagnosis, outcome prediction, and treatment of psychiatric disorders. As the computational methodology might seem daunting at first, this symposium will provide an accessible overview and introduction to current methods, and present exemplary recent results of clinical relevance.
Computational Psychiatry relies both, on data-driven, multivariate methods from machine learning, and on explicit mathematical models of neural and behavioral data. The combination of computational modelling and specifically tailored experimental paradigms allows for a mechanistic understanding of pathophysiology and therapy effects, via the individual estimation of model parameters and dynamic variables, which are often not directly accessible. In combination with machine learning methods, this yields meaningful, compressed representations of complex datasets, which distill the relevant structure and dynamics, yielding a solid base to better inform (patho-)physiological understanding and clinical decision-making.
Kai Ueltzhöffer will give a short overview over computational modeling from single neurons, via perception, learning, and cognition, to action and behavior. Isabel Berwian will present a study using computational modelling of effort-based decision making in depression. Decision time in the model could be used for prediction of relapse after discontinuation of medication. Christoph Korn will present behavioral and fMRI studies, which explore decision making under risk, approach-avoidance-conflicts and social conflicts from a computational perspective. Georgia Koppe will show how state-of-the-art methods from “deep learning” can be applied to analyze the dynamic structure of complex psychiatric time-series data.
Beim hochfunktionalen Autismus handelt es sich mit einer Prävalenz von über 1% um ein häufiges Phänomen. Die Diagnose ist assoziiert mit tiefgreifenden Beeinträchtigungen in sozialer Interaktion und Kommunikation sowie mit repetitiven, stereotypen Verhaltensweisen und Interessen. Des Weiteren sind Angst- und Affektive Störungen mit einer Prävalenz von über 50% behandlungsrelevante Komorbiditäten.
Zu den häufigsten Therapieanliegen gehören die Behandlung von Problemen in sozialer Interaktion wie dem Verstehen mentaler Zustände Anderer und sozialer Normen und Regeln. Hierbei kommt psychologisch-psychotherapeutischen Ansätzen – v.a. im Kontext fehlender pharmakologischer Behandlungsoptionen - eine besondere Bedeutung zu. Die therapeutische Versorgung von Menschen mit Autismus ist jedoch in Deutschland unzureichend realisiert. Im Vergleich zur Versorgungslage bei ähnlich prävalenten Störungen, sind Angebote in Therapie und Diagnostik reduziert und Wartezeiten deutlich erhöht.
In diesem Beitrag werden neue Therapieansätze für Kinder und Erwachsene mit Autismus vorgestellt, die an der Humboldt-Universität zu Berlin entwickelt und im Rahmen von internationalen Wirksamkeitsstudien evaluiert wurden. Es werden sowohl klassische Ansätze aus der kognitiven Verhaltenstherapie im Einzel- und (z.T. transdiagnostischen) Gruppensetting thematisiert, als auch neue Entwicklungen im Bereich digitale Interventionen, die zunehmend TherapeutInnen-unabhängig eingesetzt werden können. Ein besonderer Fokus wird auf Social Robotics und innovativer sensorbasierter Technologie liegen, die durch den Einsatz künstlicher Intelligenz im Bereich automatische Emotionsdetektion (z.B. Pulserkennung, faziale Ausdruckserkennung) eine Adaption der Trainingssysteme in Echtzeit erlaubt. Die besonderen Möglichkeiten und Herausforderungen, die mit diesen neuen Technologien assoziiert sind und die Chancen, die partizipative Forschung in diesem Kontext eröffnet, werden ebenfalls beleuchtet.
Im Fokus des praxisorientierten Symposiums stehen evidenzbasierte Maßnahmen zur Resilienzförderung bei ausgewählten Risikogruppen. Angesichts der erhöhten Prävalenz stressassoziierter Erkrankungen ist die Stärkung der Resilienz als Maßnahme der Gesundheitsförderung hier hochrelevant.
Auf Basis eines systematischen Cochrane-Reviews befasst sich der Vortrag von Angela Kunzler mit dem aktuellen Forschungsstand zu Resilienzinterventionen bei Ärzten. Inhalte erfolgreicher Trainingsprogramme werden exemplarisch vorgestellt und die Effekte auf die psychische Gesundheit metaanalytisch betrachtet. Einflussfaktoren für die Wirksamkeit werden ebenfalls beleuchtet.
Andrea Chmitorz wird auf die besondere Belastungssituation von Pflegefachkräften eingehen und effektive Interventionen bei dieser Zielgruppe beleuchten sowie Handlungsempfehlungen ableiten, um die psychische Widerstandskraft der Pflegefachkräfte zu stärken.
Über ein Drittel der onkologischen Patienten leidet in den ersten fünf Jahren nach einer Krebsdiagnose unter den Symptomen einer stressassoziierten Erkrankung. Dadurch verschlechtert sich neben dem Verlust an Lebensqualität auch die Prognose der Erkrankung. Isabella Helmreich wird deshalb anhand der Daten eines systematischen Reviews effektive Intervention zur Stärkung der Resilienz und der psychischen Gesundheit für diese Zielgruppe präsentieren.
Im letzten Vortrag nimmt Andreas Heinz die Risiko- und Resilienzfaktoren für die psychische Gesundheit bei Menschen mit Migrationshintergrund in den Fokus. Nach aktuellen Meta-Analysen treten bestimmte psychische Erkrankungen wie Psychosen hier gehäuft auf. Gründe hierfür sind Traumatisierungen während der Migration oder Flucht, soziale Ausschließung und Diskriminierung. Im Vortrag werden die resilienzfördernden Faktoren (z. B. individuelle Ressourcen, soziale Unterstützung), aber auch die Risikofaktoren (z. B. schlechte wirtschaftliche Erfolgsaussichten) dargestellt und Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Psychotherapie wird bei den meisten psychischen Erkrankungen in den S3-Leitlinien empfohlen, nachdem zahlreiche RCTs und Meta-analysen frühere Defizite in der Evidenzbasierung beheben konnten. Aber es gibt auch kritische Aspekte: So wurden z.B. Placebo Effekte in der Psychotherapie in der Bewertung von Studienergebnissen früher zu wenig berücksichtigt. Ebenso wurden Risiken und Nebenwirkungen über lange Zeit gar nicht beachtet. Besonders kritisch ist immer noch die unzureichende Versorgungssituation, insbesondere für Patienten mit schwereren Erkrankungen, die oft keinen Zugang zu Psychotherapie haben oder mit langen Wartezeiten rechnen müssen.
Im Rahmen des Symposiums sollen wichtige Themen der Psychotherapieforschung und deren wichtigste Herausforderungen für die Zukunft behandelt werden und dabei folgende Fragen beantwortet werden:
• Wie ist der langfristige, d.h. auch das Ende von Therapien überdauernde Nutzen von Psychotherapie in Relation zu somatischer Therapie oder deren Kombination zu bewerten?
• Was bedeuten Placebo Effekte bei psychischen Erkrankungen für die Anwendung von Psychotherapie, aber auch anderen Therapien?
• Wie kann der Transfer evidenzbasierter Psychotherapie in die Versorgung und der Zugang zu Psychotherapie in Zukunft noch besser gelingen?
• Wie sind Nebenwirkungen und Risiken von Psychotherapie in Relation zu den Risiken und Nebenwirkungen somatischer Therapie zu bewert
RECOVER ist das Synonym für ein Versorgungsmodell, welches eine gestufte, strukturierte und koordinierte Versorgung beinhaltet. Entwicklung, Implementierung, Erprobung und Transfer des Modells werden durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) von 2017 bis 2020 gefördert. Aktuell unterstützen 19 Krankenkassen das RECOVER-Modell.
Das RECOVER-Versorgungsmodell wurde am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf implementiert. Das Modell umfasst die Bildung eines regionalen Netzverbundes, welcher einen kurzfristi-gen Versorgungszugang, eine multiprofessionelle und interdisziplinäre biopsychosoziale Ein-gangsdiagnostik, die Verfügbarkeit eines Crisis Resolution Teams für akute Krankheitsphasen und gestufte Behandlung für vier Schweregradstufen von leicht bis schwere psychische Erkrankung beinhaltet.
Das Modell wird in einer randomisiert-kontrollierten Studie mit den Behandlungsarmen RECO-VER und Treatment-As-Usual über jeweils ein Jahr untersucht. Teilnahmeberechtigt sind Men-schen mit psychischen Erkrankungen ab dem 16. Lebensjahr. Die Rekrutierung endete im De-zember 2019. Die Studie untersucht neben Gesundheitskosten und Kosteneffektivität auch patientenbezogene Endpunkte in Bezug auf Symptome, Funktion, Lebensqualität und Zufriedenheit mit der Versorgung.
Während der Studienlaufzeit wurde das Modell in das Zentrum für Psychosoziale Medizin am Klinikum Itzehoe transferiert. Der Transfer beinhaltete die Modifikation des Modells an bestehende regionale Versorgungsstrukturen. Seit dem 1.1.2020 läuft die Erprobung in Itzehoe.
Im Rahmen des Symposiums werden die wesentlichen Strukturen und Inhalte des Modells, klinische und gesundheitsökonomische Daten bei Beginn der Behandlung, sowie der Transfer in den Kreis Steinburg dargestellt. In der gesundheitsökonomischen Analyse werden Aufnahmedaten mit einer Vergleichsstichprobe der Allgemeinbevölkerung gematcht und schweregradabhängige Versorgungskosten und Produktivitätsverluste ermittelt.
Die Häufigkeit psychiatrischer Notfallsituationen und Krisen wird oftmals unterschätzt, obwohl es Hinweise dafür gibt, dass sie in den letzten Jahren zugenommen haben. Die wichtigste diagnostische Maßnahme besteht darin, einen psychiatrischen Notfall in Erwägung zu ziehen und ihn zuverlässig zu erkennen. Die Therapieoptionen bei einem psychiatrischen Notfall am Einsatzort orientieren sich an der Leitsymptomatik, den Möglichkeiten für eine zielführende Diagnostik sowie allgemeine und spezifische therapeutische Maßnahmen. Allgemeine Maßnahmen umfassen u.a. eine adäquate Kontaktaufnahme, den Versuch, eine tragfähige und vertrauensvolle Beziehung herzustellen sowie eine syndromgeleitete Psychopharmakotherapie. Spezifische Maßnahmen orientieren sich an den speziellen psychiatrischen Krankheitsbildern. Im hier angemeldeten Fort- und Weiterbildungssymposium werden allgemeine Grundsätze zu psychiatrischen Notfällen vermittelt, nicht-pharmakologische und pharmakologische Therapiemöglichkeiten bei psychiatrischen Notfällen am Einsatzort vorgestellt sowie juristische Überlegungen diskutiert.
Bewegung und körperliche Aktivität haben eine positive Wirkung auf das Gehirn. Strukturiertes körperliches Training und Sport sind zunehmend in Leitlinien und evidenzbasierten klinischen Empfehlungen in der Prophylaxe und als Therapieverfahren etabliert. Die Effektstärken erreichen mitunter Werte der Pharmako- und Psychotherapie. Dennoch ist die Implementierung in den Behandlungskonzepten oftmals unzureichend oder optimierungsfähig. Das Symposium soll die aktuelle Evidenzlage zu Art und Dosis sowie Modalitäten bewegungstherapeutischer Interventionen bei den Krankheitsbildern der depressive Störungen, Schizophrenie, kognitiven Störungen und Angststörungen zusammenfassen. Dabei soll auch auf biologische Grundlagen und innovative Therapieformen, wie z.B. das Hochintensive Intervalltraining, eingegangen werden.
Mit der S3-Leitlinie für psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen wurde erstmals die Evidenz für ein weites Feld essentieller psychiatrischer Arbeit gesammelt und für die Praxis auf höchstem Leitlinienniveau aufbereitet. Die Leitlinie offenbart damit auch Forschungslücken, die in den kommenden Jahren wissenschaftlich bearbeitet werden müssen. Dabei kommt die Perspektive der Gesundheitsfachberufe in den Fokus: Hier werden viele der psychosozialen Therapien durchgeführt und durch die Gründung eigener wissenschaftlicher Fachgesellschaften findet hier eine Vernetzung statt, die bereits für innovative Forschungsprojekte genutzt wird. In diesem Symposium werden die Forschungslücken und –perspektiven, die sich aus der S3-Leitlinie ergeben, aufgezeigt (Uta Gühne, Leipzig). Dann werden beispielhafte Forschungsprojekte aus der sozialen Arbeit (Karsten Giertz, Neubrandenburg) aus der Ergotherapie (Lisa Weber, Gießen) und aus dem Bereich künstlerische Therapien (Kathrin Seifert, Bonn/Ottersberg) durchgeführt.
Die forensische Psychiatrie nimmt unter den medizinischen Disziplinen eine Sonderstellung ein. Neben der ärztlichen Tätigkeit, also der psychiatrischen Behandlung von psychisch erkrankten Straftätern, befasst sie sich auch mit rechtlichen Fragestellungen wie der Begutachtung zur Schuldfähigkeit oder mit Kriminalprognosen.
Im Rahmen des diesjährigen Nachwuchsprogrammes der Generation PSY wollen wir einen Einblick in das Tätigkeitsfeld der forensischen Psychiatrie geben. Neben der Zusammenarbeit mit Gerichten im Rahmen von forensisch-psychiatrischen Begutachtungen soll auch die ärztliche Behandlung in forensisch-psychiatrischen Kliniken (Maßregelvollzug) vorgestellt werden. Anhand von Kasuistiken zu Patienten mit einer Schizophrenie und zu Sexualstraftätern wollen die Referierenden einen Überblick über den klinischen Alltag und die Behandlungsoptionen im Maßregelvollzug geben.
Die Autismus-Spektrum-Störung ist eine schwerwiegende, lebenslange, tiefgreifende Entwicklungsstörung. Kernmerkmale sind bereits in der Kindheit vorliegende Beeinträchtigungen der sozialen Kommunikation sowie restriktive, repetitive Verhaltensweisen. Der Ausprägungsgrad, die sprachlichen und kognitiven Beeinträchtigungen variieren, jedoch ist die Mehrzahl der Betroffenen unterdurchschnittlich begabt und 80% weisen mindestens eine komorbide Störung auf. Der vielfältigen Pathologie und Heterogenität liegt eine komplexe genetische Ätiologie zugrunde, die mit einer reduzierten synaptischen Plastizität neuronaler Netzwerke einhergeht. Das Störungsbild ist mit einer deutlich reduzierten Lebensqualität sowie hohen familiären Belastungen verbunden. Zahlreiche andere Entwicklungs- und/oder psychische Störungen weisen Symptomüberlappungen zur Autismus-Spektrum-Störung auf. Daher hat die Differentialdiagnostik hohe Relevanz und die Diagnosestellung sollte durch eine spezialisierte Stelle erfolgen. Verhaltenstherapeutische Interventionen sind indiziert. In den State of the Art Vorträgen sollen die wesentlichen Bestandteile der Diagnostik und Differentialdiagnostik sowie auch die evidenzbasierten therapeutischen Interventionen entsprechend der neuen S3 Leitlinie für Kinder und Jugendlichen (Vortrag Kamp-Becker) sowie Erwachsene (Vortrag Vogeley) vorgestellt werden.
Die Entwicklung der Research Domain Criteria (Insel et al., 2010) in den Vereinigten Staaten vor ungefähr 10 Jahren wurde von der Überzeugung eingeleitet, dass psychiatrische Störungen besser auf neurophysiologischer Ebene abbildbar sind, wenn man einen dimensionalen Ansatz macht. Seitdem wurde dieser Ansatz auf verschiedene Krankheitsbilder angewandt und hat einige neue Einsichten erbracht. Allerdings ist bisher neue bahnbrechende Entwicklungen ausgeblieben. Vielmehr wurde im vergangenen Jahrzehnt deutlich, dass kausale Erkankungsprozesse auf verschiedenen physiologischen Ebenen ergeben und, das vor allem es keinen Anhalt gibt, das psychiatrische Störungen mono- oder oligo-kausal sind. Der geplante Vortrag wird in drei Segmente eingeteilt. Erstens werden die Gruende der multi-Kausalität herausgearbeitet und an einem Beispiel dargestellt. Zweitens werden dimensionale Ansätze für psychiatrische Störungen vorgestellt anhand einer Großstudie unseres Institutes (Victor et al., 2018). Drittens wird ein Beispiel angegeben, das aufzeigt wie groß der Einfluss des sozialen Umfeldes auf psychiatrische Störungen ist (Feng et al., 2019).
Seit Entdeckung der anti-NMDA-Rezeptor Antikörper 2007 wurde die Hypothese einer bislang klinisch nicht erkannten Subgruppe milder Enzephalitiden in Kohorten schwer psychisch Erkrankter beflügelt. Patienten mit anti-NMDA-Rezeptor Enzephalitis zeigen initial häufig katatone und paranoid-halluzinatorische Symptome. Eine kleine Subgruppe schizophrener Patienten kann inzwischen als autoimmune Enzephalitis oder als autoimmune Psychose klassifiziert und entsprechend immunmodulatorisch erfolgreich behandelt werden.
In diesem Symposium wird der aktuelle Stand des Wissens zu autoimmunen Psychosen versus (noch) idopathischen Schizophrenien, auch mit Bezug auf die in der Neurologie bereits etablierten autoimmunen Enzephalitiden, dargestellt. Weitere Überlegungen beinhalten die Milde Enzephalitis-Hypothese, neue klinische Erfahrungswerte und ein Ausblick auf die weitere Forschung im Zusammenhang mit dem internationalen Konsensus zu autoimmunen Psychosen (2020 in Lancet Psychiatry erschienen unter Beteiligung aller Vortragenden).
Im ersten Vortrag werden Überlegungen zur Nosologie psychotischer Störungen präsentiert und neue Vorschläge unter Einbezug aktueller Entwicklungen im pathophysiologischen Verständnis gemacht. Im zweiten Vortrag wird der Erstbeschreiber der „Milden Enzephalitis-Hypothese“ ein Update zu der von ihm formulierten Hypothese geben und den Weg hin bis zum internationalen Konsensuspaper zur Diagnosestellung einer autoimmunen Psychose darlegen und weitere Überlegungen internationaler Experten präsentieren. Im dritten Vortrag werden typische klinische Konstellationen bei Patienten mit autoimmunen Psychosen dargestellt werden. Dabei wird auch auf die besondere Rolle der Liquordiagnostik eingegangen werden. Im letzten Vortrag werden neueste diagnostische Entwicklungen sowie Therapieerfahrungen bei etablierten autoimmunen Enzephalitiden präsentiert und Empfehlungen für die Behandlung von Patienten mit gesicherten autoimmunen Psychosen gegeben.
Die Depression ist eine häufig durch Stress verursachte Erkrankung, bei der genetische Prädispositionen und Umwelteinflüsse interagieren und sich im klinischen Bild der Depression manifestieren. Ein neurobiologischer Mechanismus, der die Einflüsse von Umweltfaktoren und insbesondere Stress vermittelt, ist die synaptische Plastizität. Antidepressive Interventionen wie Medikation, Psychotherapie und Stimulationsverfahren können die Plastizität modulieren und einem depressiven Phänotyp entgegenwirken. Die synaptische Plastizität kann ein entscheidender Teil der Pathophysiologie der Depression und des Wirkmechanismus antidepressiver Interventionen sein. In diesem Symposium werden wir dieses Konzept näher beleuchten und dabei translational von neurobiologischer Forschung zu klinischen Studien vorgehen.
Claus Normann (Freiburg) stellt zunächst die Neuroplastizitätshypothese der Depression vor und beschreibt die Modulation synaptischer Plastizität in Tiermodellen der Depression und in-vitro in Hirnschnitten von Mäusen. Er zeigt Daten zu neuen Bindungsstellen von Antidepressiva abseits der Monoaminhypothese. Michael Nitsche (Dortmund) beschäftigt sich mit Methoden, mit denen beim Menschen Korrelate synaptischer Plastizität gemessen werden können und beschreibt deren Modulation durch Antidepressiva und Stimulationsmethoden. Christoph Nissen (Bern) erweitert diese Perspektive durch Studien an depressiven Patienten und fokussiert insbesondere auf die Rolle von Schlaf in der Modulation synaptischer Plastizität und in der Pathogenese der Depression. Er zeigt, wie Schlaf-spezifische Interventionen (Schlafentzug, auditorische closed-loop Stimulation) antidepressiv eingesetzt werden können. Martin Walter (Jena) fokussiert auf das schnell wirksame Antidepressivum Ketamin und dessen Effekt auf die Hirnplastizität. Erste Ergebnisse aus klinischen und Bildgebungsstudien legen nahe, dass Ketamin zur Augmentation von Psychotherapie eingesetzt werden könnte.
Etwa 16-18 % der berufstätigen Menschen in Deutschland arbeiten im Schichtdienst.
Dies betrifft Mitarbeiter der Industrie, Gesundheitsbranche, Polizei und viele andere Berufe.
Der veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus und eine veränderte Lichtexposition im Schichtdienst kann circadiane Störungen und Schlafstörungen mit Müdigkeit und/oder Tagesschläfrigkeit auch während den Arbeitszeiten verursachen.
Weil circadiane Rhythmik nicht nur den Schlaf, sondern den ganzen Körper und Psyche beeinflusst,
zeigen Schichtarbeiter ein erhöhtes Risiko für zahlreiche körperliche und psychische Störungen.
In unserem Joint Symposium werden zunächst auf Grundlage systematischer Literaturrecherchen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Schichtarbeit und Schlaf, sowie zu Schichtarbeit-assoziierten psychischen und körperlichen Erkrankungen als Übersichtsreferate präsentiert.
Blaues Licht spielt eine wesentliche Rolle in der Synchronisierung circadianer Rhythmen, die durch Schichtarbeit gestört sein kann. In einer ersten großen Feldstudie wurde der Einfluss verschiedener Lichtexpositionen bei Industriearbeitern in Spätschicht untersucht, wobei die Effekte besonders deutlich bei zuvor übermäßiger Tagesschläfrigkeit waren, jedoch ohne negative Folgen für die Schlafdauer.
Mittlerweile zeigen einige Studien einen positiven therapeutischen Effekt der (online) Kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie auch bei Schichtarbeit-assoziierten Schlafstörungen. Vorgestellt werden die Studienergebnisse eines Vergleichs einer Onlinebehandlung mit einer face-to-face Behandlung.
In dem Symposium werden aus unterschiedlicher Perspektive Ergebnisse zu Nebenwirkungen von Psychotherapien berichtet. Einstig wird ein Report über die Ergebnisse des BMBF-Projekt HARMS sein, in den untersucht wird, wir häufig in klinischen Psychotherapiestudien Nebenwirkungen und adverse Effekte eigentlich erfasst werden. Berichte und Klagen über Nebenwirkungen in der Richtlinientherapie und in einer teilstationären Therapie für Patienten mit Borderlinestörungen folgen, ehe die Ergebnisse einer ersten Repräsentativerhebung zu negativen Effekten der Therapie dargestellt wird.
Die meisten psychischen Störungen gehen mit emotionalen, motivationalen und kognitiven Beeinträchtigungen einher. Gleichzeitig treten diese Beeinträchtigungen auch als unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) unter Psychopharmakotherapie auf. In funktionell-bildgebenden Untersuchungen konnte die pharmakologische Modulation von neurofunktionellen motivationalen, emotionalen und kognitiven Komponenten durch Psychopharmaka aufgeklärt werden. Diese Untersuchungen bilden eine erste Grundlage für mögliche neurofunktionelle Mechanismen zur Ätiopathogenese dieser UAWs. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Diskussion zu Absetz- und Entzugsphänomenen von Antidepressiva ist festzuhalten, dass die Beeinträchtigungen bei einigen Betroffenen auch noch Jahre nach dem Absetzen persistieren können. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das Syndrom ‚Post SSRI Sexual Dys-function‘ (PSSD), das neben einer sexuellen Funktionsstörung auch eine reduzierte emotionale Reaktivität sowie kognitive und neurologische Symptome umfasst. Erste Fallberichte wurden bereits in den 90er Jahren veröffentlicht; im Juni 2019 entschied die European Medici-nes Agency, dass die betroffenen Produktinformationen angepasst werden müssen.
Trotz der Evidenz zu persistierenden UAWs werden die Beschwerden in der ärztlichen Konsultation oftmals nicht berücksichtigt. Für die Betroffenen gehen die Beschwerden jedoch mit einer Beeinträchtigung in mehreren Lebensbereichen und einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität einher. Betroffene sehen sich oftmals mit der Empfehlung einer erneuten Verordnung von Psychopharmaka konfrontiert. In diesem Symposium sollen daher nicht nur Ergebnisse der neurofunktionellen Untersuchungen zur monoaminergen Neuromodulation motivationalen Verhaltens und sexueller Reaktionen vorgestellt werden. Durch die Beiträge zweier Betroffener sollen diese Ergebnisse durch Berichte hinsichtlich der alltäglichen Beeinträchtigungen in einen klinischen Kontext gestellt werden.
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben komplexe Hilfebedarfe. Aufgrund der segmentierten und zergliederten sozialrechtlichen Strukturen in Deutschland kann dem kaum individuell und bedarfsangepasst begegnet werden. Das an Mindeststandards für die psychiatrische Versorgung orientierte Basismodell von Steinhart und Wienberg (2016) zeigt innovative Perspektiven für die Organisationsentwicklung regionaler psychiatrischer Unterstützungsstrukturen auf. Referent/innen aus unterschiedlichen Forschungs- und Versorgungsperspektiven aus verschiedenen Regionen in Deutschland haben interessante Projekte umgesetzt und können erste Erfahrungen und Ergebnisse präsentieren. So interessierte in dem Projekt „Leipziger Psychiatrie-Netzwerk – LeiP#netz“ vor allem, welche der vorgehaltenen Strukturen, Settings und Angebote die Umsetzung psychiatrischer Mindeststandards in einer großstädtischen Versorgungsregion garantieren, wo Fehl-/ Unter- oder Überversorgungsbereiche entsprechend der Funktionen des Basismodells ausgemacht werden können. Der Bereich Wohnen für schwer psychisch erkrankte Menschen stellt demnach eine besondere Herausforderung dar, worüber zu referieren sein wird. Das über den Innovationsfond geförderte multizentrische Projekt um Nils Greve kann als ein großer überregionaler Testlauf verstanden werden, gemeindepsychiatrische Versorgung effizienter und effektiver zu gestalten – unter Berücksichtigung individuell angepasster Bedarfe. Erste Ergebnisse sollen zur intensiven Diskussion anregen. Insbesondere auf ländliche Versorgungsstrukturen rekurriert das niedersächsische Modell, welches auf Ministerialebene Förderung und Unterstützung erfährt. Das notwendige Ineinandergreifen von Politik und Versorgung im Zusammenhang mit Veränderungen psychiatrischer Strukturen steht einmal mehr im Mittelpunkt des Beitrags von Ansgar Piel.
Psychiatrie und Gesellschaft befinden sich in einer unauflöslichen, aber auch sehr störbaren wechselseitigen Abhängigkeit. Psychiatrische und gesellschaftliche Aspekte stellen nicht selten verschiedene Seiten ein und desselben Themas dar. Psychische Erkrankungen bedeuten regelhaft für die betroffenen Menschen auch eine Veränderung in der Teilhabe am Leben – dies wiederum kann zu einer Verschlechterung der Erkrankung und/oder zu einer Beeinträchtigung der Gesundung führen. Das Bild von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist in der Öffentlichkeit auch heute noch geprägt von Vorurteilen, von Stigmatisierung und zeitweise auch von Diskriminierung. Das psychiatrische Fachgebiet wird nicht selten für gesellschaftliche Fragestellungen funktionalisiert, zeitweise instrumentalisiert und gegebenenfalls auch missbraucht. Dieses Symposium stellt die Breite der Thematik dar und versucht, Maßnahmen zur Stabilisierung des fragilen Gleichgewichts zwischen Psychiatrie und Gesellschaft aufzuzeigen.
Sogenannte Messie-Syndrome sowie pathologisches Horten sind Störungsbilder, die zu einer Vermüllung der Wohnung führen und somit eine große Belastung für die Betroffenen als auch ihre Familien darstellen. Ein „Messie-Syndrom“ ist kein wissenschaftlich anerkannter Begriff und bezeichnet ein durch Vernachlässigung des Wohnungsumfeldes entstandenes Vermüllungssyndrom, welches meistens auf unterschiedlichen psychiatrischen Erkrankungen beruht. Zu diesen zählen z. B. schwere Depressionen mit vermindertem Antrieb und dadurch bedingter Vernachlässigung der alltäglichen Aufgaben, Psychosen, bei denen oft aufgrund von Wahnideen, aber auch Negativsymptomen wie Antriebsarmut eine Verwahrlosung eintritt, sowie Suchterkrankungen, demenzielle Erkrankungen und auch Autismus. Bei einem Teil der Betroffenen mit einer vermüllten Wohnung besteht ein sogenanntes pathologisches Horten, bei dem die Betroffenen an der Schwierigkeit leiden, Gegenstände wegzuwerfen oder sich von ihnen zu trennen, unabhängig von ihrem tatsächlichen Wert. Die Betroffenen haben ein starkes Bedürfnis, bestimmte Gegenstände aufzubewahren, und ein großes Unbehagen beim Wegwerfen, was zur Anhäufung und Überfüllung der Wohnbereiche führt, die dann gar nicht mehr genutzt werden können. Dabei handelt es sich um eine Zwangsspektrumstörung, die oft schon im Jugendalter mit ersten Anzeichen beginnt, im Laufe des Lebens aber meist stärker wird und eine häufige, oft stark verheimlichte Störung bei älteren Menschen darstellt.
Bei Menschen mit pathologischem Horten kommt es häufig auch zum zwanghaften Erwerb von Dingen, z. B. durch zwanghaftes Kaufen bzw. Kaufsucht (bis zu 60 % der Betroffenen), zum zwanghaften Ansammeln kostenlos zu erwerbender Dinge und selten auch zum Diebstahl der gesammelten Gegenstände. Als ursächlich werden beim pathologischen Horten Veranlagungsfaktoren, aber auch frühkindliche Bindungsstörungen angesehen.
Grundsätzlich sind sowohl Messie-Syndrome als auch pathologisches Horten eher schwer zu behandelnde Krankheitsbilder, die auch wegen ihrer Verheimlichung oft unerkannt bleiben und im Falle einer Behandlungsbereitschaft oft eher eine therapeutische Herausforderung darstellen. Für eine Behandlung, an der sowohl Psychotherapeuten als auch Sozialarbeiter beteiligt sein sollten, ist gute Diagnostik der Ursachen der Vermüllung der Wohnung von großer Bedeutung.
In dem Vortrag sollen Diagnostik, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Messie-Syndromen und pathologischem Horten auch anhand von Fallbeispielen dargestellt werden.
Literatur:
Anne-Kathrin Külz & Ulrich Voderholzer: Pathologisches Horten. Fortschritte der Psychotherapie. Band 69, 2018, Hogrefe-Verlag.
Rieger M, Voderholzer U. Pathologisches Horten. PSYCHup2date, 2019, 415-430.