Das Neuropeptid Oxytocin (OXT), das im Gehirn durch soziale, emotionale und stressvolle Stimuli in spezialisierten Hirnregionen freigesetzt wird, hat zahlreiche Wirkungen auf komplexes Verhalten und physiologische Funktionen. Im Menschen zeigen zudem vielfältige Studien, dass intranasal in hohen Dosen appliziertes synthetisches OXT vergleichbare Wirkungen hat und in der Hirnflüssigkeit (CSF) nachgewiesen werden kann. Intranasales OXT beeinflusst z.B. Sozialverhalten, Angst- und Furcht-Reaktionen und neuronal Aktivitätsmuster und gilt als potenzielles Therapeutikum zur Behandlung von sozialen und emotionalen Dysfunktionen.
In zahlreichen Verhaltenstests und Tiermodellen kann die akute Wirkung von intrazerebralem OXT näher untersucht werden. So wissen wir, dass endogenes OXT für das bei Ratte und Maus natürlich vorkommende soziale Präferenzverhalten essentiell ist; zudem kann OXT durch sozialen Stress (social defeat) induzierten Verlust dieses Sozialverhaltens wiederherstellen. Im Mausmodell für soziale Angsterkrankung, dem social fear conditioning Paradigma, lernen Mäuse während der Furcht-Acquisition einen normalerweise positiven sozialen Stimulus, d.h. Interaktion mit einem gleichgeschlechtlichen Artgenossen, mit einem negativen Ereignis (Fußschock) zu assoziieren. Das OXT-System des Gehirns, speziell OXT-Rezeptorinteraktionen im Septum – einer Region des limbischen Systems – ist für die Furchtauslöschung wichtig. Eine lokale Gabe von OXT oder die chemogenetisch induzierte Freisetzung von OXT beschleunigt die Auslöschung speziell der sozialen Furcht, nicht aber der nicht-sozialen Furcht. Dies weist darauf hin, dass OXT vor allem im Kontext von sozialen Dysfunktionen bedeutungsvoll ist.
Für die Behandlung von Psychopathologien, wie z.B. Autismus, Schizophrenie oder Angststörungen, ist jedoch eine chronische Behandlung notwendig. Daher haben wir untersucht, welche Folgen eine chronische Infusion von synthetischem Oxytocin in den Hirnventrikel über 15 Tage hinweg mittels osmotischer Minipumpen auf Verhalten, neurobiologische und physiologische Parameter hat. In der Tat verringerte chronisches OXT dosisabhängig die Dichte der OXT-Rezeptoren in verschiedenen Hirnregionen und erhöhte das Angstverhalten. Weiterführende molekularbiologische Untersuchungen zu den physiologischen und molekularen Konsequenzen von chronischer OXT-Gabe zeigen, dass detaillierte Studien nötig sind, bevor OXT als gängiges Therapeutikum für psychische Störungen eingesetzt werden kann.
Gefördert durch DFG (GRK 2174), BMBF und EU.