Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden in Deutschland über 360.000 Menschen auf Basis des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zwangssterilisiert. Im Rahmen der „Euthanasie-Aktion“ wurden mehr als 250.000 psychisch Kranke ermordet. Psychiater haben wesentlich zu diesen Aktionen beigetragen. Zentrale Akteure der psychiatrischen Fachgesellschaft befürworteten die Maßnahmen nicht nur, sondern unterstützten das Vorgehen gegen vermeintlich „wertloses“ Leben auch in der Praxis. Diese Verantwortung ist lange bestritten und verschwiegen worden. Gründe hierfür sind nicht nur auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene zu suchen, sondern auch im Selbstverständnis der psychiatrischen Fachgesellschaften im Nachkriegsdeutschland. Erst im Jahr 2010 hat sich die DGPPN zu den Verbrechen, die die Psychiatrie und einzelne Psychiater während des Nationalsozialismus begangen haben, öffentlich bekannt und internationale Kommissionen zur Erforschung dieses Teils der Fachgeschichte eingerichtet. Der Nutzen und Sinn dieser wissenschaftsbasierten, historischen Aufarbeitung für das Fach Psychiatrie, die Fachgesellschaft wie auch die Stellung des Psychiaters in der Gesellschaft sollen mit führenden Experten der deutschen Psychiatriegeschichte diskutiert werden. Eingeladen sind die Bearbeiter der von der DGPPN initiierten und finanzierten Forschungsprojekte, Hans-Walter Schmuhl und Steffen Dörre, sowie die Vorsitzenden der zuständigen Historikerkommissionen, Volker Roelcke und Heiner Fangerau. Aus der Perspektive der DGPPN wird Frank Schneider berichten. Neben den Erfahrungen mit der historischen Aufarbeitung der Geschichte und Nachgeschichte der NS-Psychiatrie in der DGPPN soll dabei im Fokus stehen, wie sich die bisherigen Bemühungen zu einem nachhaltigen Prozess der Erinnerung und Selbstreflexion in der Fachgesellschaft weiter entwickeln lassen.