Seit Inkrafttreten des „Cannabis-als-Medizin-Gesetzes“ im März 2017 sind die Verschreibungszahlen für Cannabis-basierte Medikamente kontinuierlich gestiegen. Arzneimittelrechtlich zugelassen sind allerdings bis heute nur das Mundspray Nabiximols (Sativex®) zur Behandlung der Spastik bei Multipler Sklerose (MS), das Tetrahydrocannabidiol (THC)-Derivat Nabilon (Canemes®) zur Therapie von Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie und der Cannabidiol (CBD)-Extrakt Epidyolex® für die Behandlung von Krampfanfällen bei Lennox-Gastaut-Syndrom und Dravet-Syndrom. Darüber hinaus gilt die Wirksamkeit Cannabis-basierter Medikamente bei chronischen (neuropathischen) Schmerzen als erwiesen.
Wegen der häufig unbefriedigenden Behandlungsergebnisse etablierter Therapien kann es nicht überraschen, dass 50% bis 80% aller Menschen mit psychischen Erkrankungen Behandlungsmethoden der Komplementär- und Alternativmedizin nutzen. Aus Umfragen, aber auch einer ersten Zwischenauswertung der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfARM) durchgeführten Begleiterhebung ist bekannt, dass Cannabis-basierte Medikamente bei zahlreichen psychischen Erkrankungen entweder als Selbsttherapie genutzt oder ärztlich verordnet werden. Die Studienlage für psychische Erkrankungen ist allerdings nach wie vor schlecht. Erste Hinweise auf eine Wirksamkeit finden sich für Angststörungen, Depression und Schlafstörungen, aber auch für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), das Tourette-Syndrom und die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
In diesem Symposium geben wir einen umfassenden Überblick über aktuell verschreibungsfähige Cannabis-basierte Medikamente, stellen die Datenlage zur Wirksamkeit Cannabis-basierter Medikamente bei psychischen Erkrankungen vor, gehen auf klinisch relevante Neben- und Wechselwirkungen der verschiedenen Substanzen ein und beleuchten schließlich die Wirkungen von CBD als Arzneimittel, aber auch als Nahrungsergänzungsmittel.
16:00 Uhr
Welche Cannabispräparate gibt es?
Dennis Stracke, Berlin (Germany)
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Autor:in:
Dennis Stracke, Berlin (Germany)
Im März 2017 wurden mit dem neuen Cannabis-Gesetz die Verschreibungs- und damit auch die Erstattungsfähigkeit von Medizinalhanf (Cannabis) erreicht. Durch den erleichterten Zugang profitieren seither viele Patienten von Cannabis als zusätzliche Therapieoption. Im engeren Sinn fasst medizinisches Cannabis bzw. Medizinal-Cannabis Cannabisblüten zusammen, die für unterschiedliche medizinische Indikationen therapeutisch eingesetzt werden können. Unter medizinischem Cannabis werden aber auch weitere Darreichungsformen, wie Cannabis-Vollspektrum-Extrakte und Monopräparate, die nur Tetrahydrocannabinol/Dronabinol (THC) bzw. Cannabidiol (CBD) oder Kombinationen beider Cannabinoide enthalten, verstanden. Aktuell werden die Cannabisbasierten Arzneimittel anhand ihres unterschiedlichen Gehalts der beiden wichtigstigen Phytocannabinoide in THC-dominante, THC/CBD-balancierte und CBD-dominante Produkte spezifiziert. Die pharmakologischen Effekte werden dabei hauptsächlich von dem jeweiligen Gehalt an THC und CBD abgeleitet. Aus medizinischer Sicht spielen aber nicht nur inhalative und orale sondern auch oromukosal applizierbare Darreichungsformen eine wichtige Rolle. Mittlerweile existiert neben dem Fertigarzneimittel Sativex® auch ein Cannabisextrakt-basiertes Rezepturarzneimittel, dass über die Mundschleimhaut resorbiert wird. Aus Ermangelung zugelassener Fertigarzneimittel werden im Kontext der Cannabis- und Cannabinoid-Therapie derzeitig primär Rezepturarzneimittel, d. h. Arzneimittel, die in Apotheken geprüft und zubereitet werden, eingesetzt. Zusammenfassend ist hervorzuheben, dass Cannabisbasierte Arzneimittel eine sinnvolle Therapieoption darstellen – entweder als Mono- oder ergänzende Add-on-Therapie.
16:12 Uhr
Indikationen für Cannabis-basierte Medikamente in der Psychiatrie
Kirsten Müller-Vahl, Hannover (Germany)
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Kirsten Müller-Vahl, Hannover (Germany)
Seit langem ist bekannt, dass Menschen mit ganz unterschiedlichen psychischen Erkrankungen Selbsttherapien mit Cannabis durchführen und über zum Teil erstaunliche Symptomverbesserungen berichten. Die aktuell verfügbare Datenlage erlaubt allerdings für keine Indikation eine abschließende Bewertung zur Wirksamkeit der verschiedenen Cannabis-basierten Medikamente. Aus präklinischen Untersuchungen, Fallberichten, offenen unkontrollierten und – in geringer Zahl – kontrollierten Studien gibt es allerdings gut begründete Hinweise darauf, dass Cannabis-basierte Medikamente eine Behandlungsalternative darstellen könnten bei Patient*innen mit Angststörungen, Schlafstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), Tourette-Syndrom und Depression.
16:36 Uhr
Cannabidiol (CBD): Was ist dran am Hype?
Eva Hoch, München (Germany)
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Eva Hoch, München (Germany)
Öle, Kapseln, Kaugummi, Gummibärchen oder Kosmetik, viele Produkte mit dem Hauptwirkstoff Cannabidiol (CBD) werden derzeit im Bioladen, Supermarkt, Hanfshop und Internet beworben. Gleichzeitig ist CBD als Medikament für die Behandlung therapieresistenter Epilepsien für Kinder und Erwachsene zugelassen. CBD zählt, wie auch Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) zu den Hauptwirkstoffen der Cannabispflanze. Im Gegensatz zu THC hat CBD keine berauschende Wirkung. Vielmehr soll es stimmungsaufhellend, beruhigend, angstlösend, antipsychotisch, schmerzstillend und entzündungshemmend wirken. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die in Deutschland verfügbaren CBD-Produkte, ihren rechtlichen Status sowie ihre Kosten. Die aktuelle Datenlage aus klinischen Studien zu möglichen Indikationen, Neben- und Wechselwirkungen wird zusammenfassend dargestellt. Insbesondere der Einsatz von CBD im Rahmen der Behandlung psychischer Störungen soll diskutiert werden.