Die Untersuchung des Liquors ist zur Differentialdiagnostik bei psychiatrischen Erkrankungen klinisch etabliert und hat aufgrund der Entdeckung von Autoantikörper vermittelten psychiatrischen Syndromen wie der NMDA-Rezeptorautoantikörper Enzephalitis zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Trotz langjähriger Forschung bleibt die Prävalenz von neuroimmunologischen oder neuroinfektiologischen Erkrankungen bei verschiedenen psychiatrischen Primärdiagnosen unklar und die Einordnung von pathologischen Liquorbefunden herausfordernd. Eine Präzisionspsychiatrie ist auf valide Biomarker angewiesen, welche bisher mittels blutbasierter molekularbiologischer Ansätze nicht etabliert werden konnten, sodass auch hier der Liquor vor herausragender Bedeutung sein könnte.
Das Symposium soll das Spektrum und die Relevanz der aktuellen Liquorforschung in der Psychiatrie darstellen und Ausblicke für zukünftige Forschungsschwerpunkte geben.
Niels Hansen (Göttingen) wird einleitend das Konzept und die Ziele des norddeutschen Registers zur Liquorforschung in der Psychiatrie (Consortium for Cerebrospinal fluid Analysis in Psychiatry-CAP) vorstellen und Daniel Lüdecke (Hamburg) im zweiten Teil des Vortrags Daten aus Hamburg zum unterschiedlichen Expressionsmuster von microRNA im Liquor bei Alzheimer Demenz im Vergleich zur frontotemporalen Demenz präsentieren. Der Vortrag wird weiterhin einen Ausbilck zur Relevanz von microRNA bei der Erforschung neuropsychiatrischer Erkrankungen diskutieren.
Inga Zerr (Göttingen) wird aktuelle Ansätze in der liquorgestützten Differentialdiagnostik demenzieller Erkrankungen weiter vertiefen und auf die Alzheimer Demenz als heterogene Erkrankung eingehen. Sie wird insbesondere mögliche Marker der Krankheitsprogression vorstellen und das Potential von Proteinaggregationsassays für den Nachweis von fehlgefalteten Proteinen bei neurodegenerativen Erkrankungen darstellen und diskutieren.
Sascha Sartorius (Mannheim) widmet sich anschließend in seinem Vortrag der Bedeutung von Liquorstudien im Bereich der Responseprädiktion bei affektiven Störungen und stellt Ergebnisse zu Veränderungen des Anti-Aging Proteins Klotho, sowie der A-Beta und Tau-Proteine im Liquor vor und nach einer Elektrokonvulsionstherapie vor.
Thomas Skripuletz (Hannover) wird abschließend die psychiatrische Liquorforschung aus der Perspektive der Neuroimmunologie beleuchten und hierbei insbesondere auf die Relevanz neuroimmunologischer Befunde bei psychiatrischen Patienten eingehen.
10:00 Uhr
Kleine Moleküle, großer Einfluß: miRNAs im CSF bei neuropsychiatrischen Erkrankungen
Daniel Lüdecke, Hamburg (Germany)
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Autor:innen:
Daniel Lüdecke, Hamburg (Germany)
Johannes Denk, (Germany)
Holger Jahn , (Germany)
Die meisten neuropsychiatrischen Erkrankungen weisen eine starke genetische Komponente auf. Diese allein kann das Risiko einer Person, eine psychische Störung zu entwickeln, aber nur teilweise erklären. MicroRNAs steuern die Aktivität von Genen und beeinflussen das Verhalten sowie die Reaktionen auf Umwelteinflüsse – zwei Prozesse, die bei psychischen Erkrankungen fehlreguliert sind. MicroRNAs interagieren mit Proteinen und können im CSF detektiert werden. Das macht sie robust gegenüber physiologischen Einflüssen in der Präanalytik und erlaubt eine schnelle, zuverlässige und kostengünstige Detektion mittels quantitativer PCR.
Wir möchten Ihnen anhand unserer Studien zeigen, dass differentielle Expressionsmuster zirkulierender microRNAs im CSF eine Klassifikation von Patienten mit Alzheimer und frontotemporaler Demenz erlauben und einen Ausblick auf den Einsatz als Biomarker bei weiteren neuropsychiatrischen Erkrankungen geben.
10:10 Uhr
Liquorgestützte Differentialdiagnostik rasch progressiver Demenzen
Inga Zerr, Göttingen (Germany)
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Autor:in:
Inga Zerr, Göttingen (Germany)
Neben der klinischen und neuropsychologischen Untersuchung sowie der zerebralen Bildgebung spielt die Liquordiagnostik eine bedeutende Rollte in der Differentialdiagnostik dementieller Erkrankungen. Gegenwärtig sind die Biomarker Amlyoid-β1-42 (Aβ1-42), gesamt-Tau und phospho-Tau-181 (pTau) für die Diagnostik der AD klinisch validiert und etabliert. Die Hinweise, dass es sich bei der AD um eine heterogene Erkrankung handelt, lassen hoffen, dass in Zukunft auch Biomarker zur Verfügung stehen werden, die die Krankheitsprogression widerspiegeln. Unter den rasch progressiven Formen der Demenz spielt die Diagnostik der Prionerkrankungen eine wichtige Rolle. Dabei kommen neben den Proteinen 14-3-3 auch Proteinaggregationsassays wie die PrPSc RT QuIC (Real Time Quacking Induced Conversion) zum Einsatz. Letztere Methode ist geeignet, auch andere fehlgefaltete Proteine nachzuweisen und wird möglicherweise in Zukunft bei weiteren Erkrankungen (zB M. Alzheimer, Demenz mit Lewy Körperchen, M. Parkinson) und in anderen Körperflüssigkeiten (zB Tränen, Saliva, Plasma, Urin) zum Einsatz kommen.
10:20 Uhr
Anti-Aging- und Alzheimer-Proteine im Liquor vor und nach einer Elektrokonvulsionstherapie
Alexander Sartorius, Mannheim (Germany)
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Autor:innen:
Alexander Sartorius, Mannheim (Germany)
Laura Kranaster, (Germany)
Liquormessungen helfen nicht nur bei der Suche nach Biomarkern im Sinne von State- oder Trait-Markern psychischer Erkrankungen, sondern auch bei der Suche nach therapeutischen Response-Prädiktoren. Zudem ermöglichen sie tiefere Einblicke in pathophysiologische Veränderungen durch erfolgte Therapien: Wir möchten über die Veränderungen des Anti-Aging Proteins Klotho, sowie der A-Beta und Tau-Proteine im Liquor vor und nach einer Elektrokonvulsionstherapie berichten.
10:30 Uhr
Psychiatrische Liquorforschung aus neuroimmunologischer Perspektive
Thomas Skripuletz, Hannover (Germany)
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Autor:in:
Thomas Skripuletz, Hannover (Germany)
Liquoranalysen sind entscheidend bei der Diagnostik von autoimmunen und infektiösen Erkrankungen am Nervensystem. In den letzten Jahren ist die Bedeutung des Liquors weiter gestiegen, so dass der Liquor seit 2017 einen festen Bestandteil der Diagnosekriterien der multiplen Sklerose darstellt. Seit der Entdeckung von Antikörpern ursächlich für autoimmune Enzephalitiden nimmt die Liquorforschung sowohl in der Neurologie als auch in der Psychiatrie rasant zu. Im Vortrag soll insbesondere auf die Schnittstelle zwischen Psychiatrie und Neuroimmunologie eingegangen und Erfahrungen sowie Daten aus einer interdisziplinären Ambulanz vorgestellt werden.