Die Arbeit im psychiatrischen Feld ist an sehr intensive Begegnungen und bisweilen auch an dadurch verursachte Belastung gekoppelt. Diese kann z.B. durch traumatische Erlebnisse direkt oder auch indirekt in Form von sekundären Traumatisierungen verursacht werden, für die unterschiedliche Risikofaktoren diskutiert werden (Hensel et al., 2015). Darüber hinaus leiden helfende Berufe aus dem Bereich der psychosozialen Versorgung besonders häufig unter berufsbedingtem Burnout und Stress. Studien zeigen eine hohe Prävalenz assoziierter Störungen und Arbeitsbelastungen vor allem bei psychiatrisch Pflegenden. Bislang ist jedoch wenig über individuelle Moderatoren dieses Zusammenhangs bekannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass vor allem individuelle, maladaptive Schemata einen Beitrag in der Entstehung von arbeitsbedingten Stressbelastungen und Burnout haben könnten. Dieser Zusammenhang wurde im deutschsprachigen Raum jedoch bislang kaum untersucht.
In Deutschland wurden zwei Prävalenzstudien durchgeführt, die das Ausmaß von sekundären Traumatisierungen bei psychiatrisch Pflegenden in unterschiedlichen psychiatrischen Settings überprüften. Das Phänomen wurde 2016 im Rahmen einer Ad-Hoc-Stichprobe (n = 1284) im überwiegend stationären Rahmen (Rixe & Luderer, 2017), 2020 anhand einer Klumpenstichprobe (n = 162) im ambulanten Versorgungskontext untersucht. Die Ergebnisse beider Studien belegen die Relevanz des Phänomens für die pflegerische Praxis. Darüber hinaus zeigen Ergebnisse einer Online-Studie distinkte maladaptive Schemata bei psychiatrisch Pflegenden, welche vor allem mit Aufopferung und überhöhten Standards zusammenhängen. Arbeitsbedingte Belastungen und Burnout hängen vor allem mit diesen Schemata zusammen. Aus den Studien lassen sich Möglichkeiten der Prävention und Gesundheitsförderung ableiten.
11:45 Uhr
Sekundäre Traumatisierungen unter psychiatrisch Pflegenden im ambulanten Setting
Katja Ossmann, Bielefeld (Germany)
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Autor:in:
Katja Ossmann, Bielefeld (Germany)
Hintergrund:
Unter der indirekten bzw. der sekundären Traumatisierung (ST) versteht man die Traumatisierung, die durch den Kontakt mit traumatisierten Menschen und der Auseinandersetzung mit deren traumatischen Erleben entsteht, obwohl die Person nicht unmittelbar dem Trauma ausgesetzt ist.
Wissenschaftliche Zielsetzung:
Diese Studie möchte die Punktprävalenz der ST von ambulant psychiatrisch Pflegenden während ihrer Tätigkeit in einem ambulanten psychiatrischen Setting erheben. Dabei sollen die sekundärtraumatisierten-assoziierten Symptome spezifisch für den ambulanten psychiatrischen Pflegekontext betrachtet werden.
Methodik:
Anhand einer Klumpenstichprobe wurde eine transversale Prävalenzstudie durchgeführt mit einer retroperspektiven Erfragung der Symptombelastung. Die Erhebung erfolgte anonym und freiwillig mithilfe eines Fragebogens. Die Befragung fand in Form einer Multi-Mode-Befragung statt, die eine Online-, eine Schriftliche- und eine Gemischte Befragungsvariante beinhaltet. Die Auswertung ist quantitativ und überwiegend deskriptivstatistisch erfolgt.
Ergebnisse:
Es beteiligten sich insgesamt 189 Pflegende, die in einem ambulanten psychiatrischen Setting arbeiten. Insgesamt gingen 162 Datensätze in die Bewertung ein. 76,5% (n = 162) der Gesamtstichprobe fühlen sich durch das Hören von Geschichten belastet. 18,5% (n = 162) der Gesamtstichprobe werden retroperspektiv als sekundärtraumatisiert klassifiziert. Davon zeigt ein Viertel eine schwere sekundäre Traumatisierung. Bei 2,4% (n =124) hält die Reaktionsdauer länger als 6 Monate an, weshalb von einem Chronifizierungsrisiko auszugehen ist.
Schlussfolgerung:
Das Ergebnis zeigt, dass die ST in der ambulanten psychiatrischen Pflege eine relevante berufsbedingte Belastung darstellt. Die Ergebnisse weisen auf Setting bezogene Besonderheiten im Kontext einer Sekundärtraumatisierung hin. Um einer ST in dem ambulanten psychiatrischem Arbeitsfeld entgegenzuwirken bedarf es kurativer und präventiver Interventione