Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein etabliertes Verfahren zur Behandlung schwerer und therapieresistenter depressiver und psychotischer Störungen. Sowohl für die Indikation Depression als auch Schizophrenie liegen Leitlinienempfehlungen für die Akut- und teilweise auch die Erhaltungstherapie vor. Eine zunehmende Evidenz spricht jedoch dafür, dass die EKT auch jenseits dieser etablierten Indikationen ein rasch und stark wirksames Verfahren darstellen kann, mit dem eine Vielzahl von Zielsyndromen adressiert werden können. Dieses Symposium soll auf der Grundlage aktueller Studien sowie eigener Fallberichte und -serien aufzeigen, dass die klinische Anwendung der EKT sich nicht auf die genannten klassischen Indikationen beschränken muss und sollte. Vielmehr kann die EKT auch bei klinisch wie ätiologisch heterogenen neuropsychiatrischen Syndromen erfolgreich zur Anwendung kommen. Dies trifft sowohl für komorbid bestehende als auch eigenständige Störungen zu. Konkret wird in den einzelnen Vorträgen die Evidenz zu folgenden Indikationen bzw. spezifischen Patientengruppen dargestellt: Dementielle und neurodegenerative Erkrankungen, Traumafolgestörungen, EKT bei schwangeren Patientinnen sowie im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Vor dem Hintergrund der potentiellen Wirksamkeit der EKT bei einem derart breiten Spektrum an Indikationen kann die Hypothese aufgestellt werden, dass trotz oder aber gerade wegen des oft kritisierten ‚unspezifischen‘ Wirkmechanismus zum Teil sehr spezifische klinische Effekte erzielt werden können. Angesichts der Häufigkeit therapieresistenter Verläufe neuropsychiatrischer Erkrankungen und der daraus resultierenden langfristigen Beeinträchtigungen betroffener Patienten sprechen die dargestellten Ergebnisse dafür, dass der Einsatz der EKT häufiger als bisher auch jenseits der etablierten Indikationen in Betracht gezogen werden sollte.
11:54 Uhr
EKT in der Schwangerschaft
David Zilles-Wegner, Göttingen (Germany)
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Autor:in:
David Zilles-Wegner, Göttingen (Germany)
Schwerwiegende psychiatrische Störungen in der Schwangerschaft stellen eine besondere Herausforderung für die Behandlung dar, da sowohl der psychische und somatische Zustand der Schwangeren als auch die angewandte Therapie in ihren Auswirkungen auf das ungeborene Kind berücksichtigt werden müssen. Ist eine wirksame und verträgliche Pharmakotherapie nicht möglich oder nicht gewünscht, kann bei gegebener Indikation die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) in Betracht gezogen werden. Die aktuellen deutschen Leitlinien zur Behandlung der Unipolaren Depression, Bipolaren Störung und Schizophrenie beschreiben jeweils die Möglichkeit zur EKT in der Schwangerschaft unter den Voraussetzungen einer engen Indikationsstellung, sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung sowie spezifischer Anforderungen an das Behandlungssetting. Basis dieser Empfehlungen sind Fallberichten und –serien, die in verschiedenen systematischen Reviews zusammengefasst und bewertet wurden. Diese kommen aufgrund unterschiedlicher Methoden zu divergierenden Schlussfolgerungen und empfehlen die EKT einerseits als ‚effektive therapeutische Option mit nur geringen Risiken‘, andererseits lediglich als ‚Ultima Ratio‘. Betrachtet man die beschriebenen unerwünschten Ereignisse unter EKT, so sind diese qualitativ weitestgehend deckungsgleich mit den Komplikationen einer schweren psychiatrischen Störung in der Schwangerschaft per se, was eine klare Kausalitätszuordnung erschwert. Letztlich zeigt die Vielzahl erfolgreicher Behandlungsverläufe jedoch, dass EKT durchaus eine wirksame und sichere Therapieoption bei schweren psychischen Störungen in der Schwangerschaft sein kann. Grundlegend für die sichere Durchführung ist ein gut abgestimmtes, interdisziplinäres Management mit Einbezug der Fachgebiete Psychiatrie, Gynäkologie, Anästhesiologie und Neonatologie.