Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Große Datensätze (Big Data) beherrschen die Schlagzeilen und gewinnen gerade rasante Bedeutung in der Psychiatrie. Große Stichproben, longitudinal, tief phänotypisierter Patienten verschiedener Diagnosen versprechen neue Typologisierungen und individuelle Verlaufsprädiktion. In diesem Symposium sollen die wichtigsten Ansätze allgemeinverständlich dargestellt und anhand von ersten Beispielen mögliche Einsatzgebiete aufgezeigt werden. Die Implikationen werden kritisch diskutiert.
Nach einer kurzen Einführung in die Anwendung maschineller Lernverfahren in der MRT-Diagnostik neurologischer und psychischer Erkrankungen wird Kerstin Ritter die Wichtigkeit der zugrundeliegenden Daten diskutieren und welche Rolle algorithmischer Bias spielt. Es werden verschiedene Anwendungen im Bereich Alzheimer und Schizophrenie vorgestellt.
Tim Hahn, Münster, stellt neu entwickelte Methoden der Unsicherheitsschätzung in hoch-dimensionalen Daten vor und geht auf Implikationen für Machine Learning-basierte, klinische Entscheidungssysteme in der Praxis ein.
Daniel Durstewitz wird tiefe Lernverfahren auf multi-modale Zeitreihendaten anwenden um Vorhersagen zu Verläufen machen zu können.
Nikos Koutsouleris, München, stellt neue Ergebnisse aus der PRONIA-Studie zur individualisierten Prädiktion der Verlaufs bei Patienten mit einem Hochrisiko-Stadium für psychotische Erkrankungen sowie Patienten mit einer depressiven Ersterkrankung vor und diskutiert mögliche computer-gestützte Prognosealgorithmen für die zukünftige Praxis der Prädiktiven Psychiatrie.
11:30 Uhr
Big Data und Machine Learning in der Psychiatrie: Stand der Forschung und mögliche Perspektiven für die klinische Zukunft
Kerstin Ritter, Berlin (Germany)
11:40 Uhr
Ich weiß, dass ich nicht weiß: Unsicherheitsschätzungen für Machine Learning Modelle in der Psychiatrie
Tim Hahn, Münster (Germany)
11:50 Uhr
Tiefes Lernen zur Inferenz psychiatrischer Dynamiken aus multi-modalen Zeitreihendaten
Daniel Durstewitz, Mannheim (Germany)
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Autor:in:
Daniel Durstewitz, Mannheim (Germany)
Psychiatrische Phänomene und Zustände sind nicht statisch, sondern entwickeln sich dynamisch in der Zeit. Dies ist zum einen wichtig für das Verständnis psychiatrischer Erkrankungen, zum anderen ermöglicht die Vorhersage dieser individuellen zeitlichen Verläufe unter verschiedenen Bedingungen und Ausgangsvoraussetzungen präventive Maßnahmen und frühzeitige Interventionen. Ein mächtiges Werkzeug im Bereich des maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz zur Vorhersage komplexer Zeitverläufe, z.B. in der Sprachverarbeitung oder in Kameraaufzeichnungen, sind Rekurrente Neuronale Netze (RNN). RNN sind eine spezielle Form von (tiefen) neuronalen Netzen, die über ‚synaptische‘ Rückkopplungsschleifen zeitliche Verläufe parsen und selbsttätig generieren können. Unsere Gruppe hat spezielle methodische Ansätze für solche RNN entwickelt, die über rein zeitliche Prädiktionen hinaus ein Verständnis der zugrundeliegenden, die beobachteten Zeitreihen generierenden Systemdynamik erlauben. Damit können RNN z.B. dynamische Modelle des individuellen Verhaltens lernen. Dies ermöglicht u.a., über die Simulation gelernter RNN, die individualisierte Vorhersage der Effekte spezifischer therapeutischer Maßnahmen. Mein Vortrag wird diese methodischen Ansätze, insbesondere auch in Bezug auf die Integration verschiedener Meßmodalitäten, und ihre möglichen psychiatrischen Anwendungen kurz vorstellen.