Aktuelle Modelle gehen von einer dimensionalen Verteilung von Merkmalsausprägungen des Schizophreniespektrums aus, welches von der gesunden Allgemeinbevölkerung über Risikostadien bis hin zu klinischen Populationen spannt. Die Untersuchung neurobiologischer Korrelate in verschiedenen Bereichen dieses Spektrums liefert wertvolle Erkenntnisse über pathophysiologische Mechanismen sowie mögliche Resilienzfaktoren, und ist zentral für die Translation zu Präventions- und Interventionsansätzen.
In diesem Symposium stellen vier Nachwuchswissenschaftlerinnen aktuellste Befunde nationaler und internationaler Verbundprojekte vor (FOR2107, PRONIA, TYPIA) aus verschiedenen Dimensionen des Spektrums und zu unterschiedlichen neurobiologischen Modalitäten dar. Im Fokus stehen dabei insbesondere erklärende Modelle und Mechanismen, die für Translation und klinische Intervention zentral sind.
Nach einem Überblick über genetische und umweltbedingte Risikofaktoren für das Schizophreniespektrum, werden deren Interaktionseffekte und mögliche Pathways über Veränderungen hirnstruktureller Parameter und funktioneller Netzwerke in der Allgemeinbevölkerung dargestellt. Es folgen Ergebnisse zur Variation von oberflächen- und volumenbasierten hirnstrukturellen, sowie hirnfunktionellen Parametern in unterschiedlichen Phänotypen des Schizophreniespektrums. Hier wird u.a. über unterschiedliche Korrelate von Positiv- und Negativdimensionen, sowie die Risikorelevanz psychosenaher Merkmale in der Allgemeinbevölkerung informiert. Zudem werden die Bedeutsamkeit solcher neurobiologischer Risikomarker für die durch machine learning-basierte, multivariate Ansätze gestützte Früherkennung, sowie eine neue niedrigschwellige Präventionsmaßnahme für Menschen mit erhöhtem Psychoserisiko, diskutiert.
Das Symposium verknüpft so eine Übersicht über die gesamte Breite des Schizophreniespektrums mit aktuellsten neurobiologischen Befunden aus großen Kohortenstudien sowie der Diskussion neuer Modellansätze.
13:24 Uhr
Hirnstrukturelle Korrelate von psychotic-like experiences
Ulrika Evermann, Marburg (Germany)
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Autor:in:
Ulrika Evermann, Marburg (Germany)
Psychose-nahe Erlebnisse (Engl.: psychotic-like experiences, PLE) bilden Phänotypen im Psychose-Spektrum abseits klinischer Diagnosen ab. Der dimensionale Forschungsansatz ermöglicht Untersuchungen, welche neue Erkenntnisse hinsichtlich der Krankheitsmechanismen psychotischer Spektrumsstörungen versprechen. In diesem Vortrag werden Ergebnisse zu den Zusammenhängen unterschiedlicher hirnstruktureller Paramater, PLE und deren Dimensionalität vorgestellt. Zuerst werden die Effekte dimensionaler PLE auf die kortikale Oberflächengyrierung, welche einen potenziellen Endophänotyp darstellt, so wie der Einfluß kognitiver Leistungen (IQ) auf solche Zusammenhänge diskutiert. Weitere vorzustellende Ergebnisse zeigen, dass Hirnstruktur bzw. Volumen der grauen Substanz präfrontaler Areale unterschiedliche Assoziationen zwischen PLE und Belastungsgrad durch positive PLE aufweisen. Patientenstudien weisen auf die Bedeutsamkeit medial temporaler Strukturen, bzw. Amygdala und vor allem Hippocampus. Zur Erweiterung der Befundlage im gesunden Spektrum untersuchten wir Hippocampus und Amygdala als mögliche Biomarker für PLE und schizotype Persönlichkeitsdimensionen bei gesunden Probanden. Abschließend wird eine Studie zur Machbarkeit einer Kurzintervention bei prodromalen Psychose-Syndromen vorgestellt.
13:36 Uhr
Entwicklung hirnstruktureller Surrogatmarker kindlicher Traumata bei Patienten mit psychiatrischer Erkrankung – Ergebnisse der PRONIA Studie
Theresa Lichtenstein, Köln (Germany)
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Theresa Lichtenstein, Köln (Germany)
Childhood trauma (CT) is associated with an increased risk for various psychiatric diseases. However, it is unknown whether CT represents an unspecific or diagnosis-specific risk factor for psychopathology and whether brain mediators for this relationship exist.
We addressed this question in the PRONIA (‘Personalised Prognostic Tools for Early Psychosis Management’) project (n=643) consisting of healthy controls (HC), patients with recent onset psychosis (ROP), recent onset depression (ROD) and individuals clinically at high-risk for psychosis (CHR). CT exposure was measured by CTQ, brain structure was assessed by VBM. Specifically, we tested whether (i) multivariate pattern analysis (MVPA) can be used to find a predictive CT pattern for transdiagnostic psychopathology and whether (ii) CTQ can differentiate between distinct psychiatric diagnoses and state-dependent psychopathology. Furthermore, we tested whether found CT profiles are associated with brain structure alterations.
We found that (i) patients and HC could be distinguished by their CT pattern based on single CTQ items with a balanced accuracy of 71.2% (sensitivity=72.1%, specificity=70.4%, p= < .001), while (ii) patient groups could not be differentiated based on CT pattern better than chance. Qualitative assessment of CT patterns revealed family climate measures from the subdomains ‘emotional neglect’ and ‘emotional abuse’ to be most predictive for CHR or ROP, while in the ROD group ‘physical abuse’ and ‘sexual abuse’ were found to be most important. The identified CT pattern was significantly associated with the current severity of depressive symptoms in the ROD and CHR groups. However, no associations between group-separating CT patterns and brain structure were found.
Our results indicate that CT poses a transdiagnostic risk factor for psychiatric diseases. While differences in the quality of CT exposure exist, diagnostic differentiation was not possible suggesting a multi-factorial pathogenesis.