Menschen sind soziale Wesen - Zugehörigkeit und Bindung sind ein Grundbedürfnis des Menschen. Einsamkeit reflektiert das Erleben und erfasst die ganz subjektive Sicht des Einzelnen. Wenn wir hingegen von sozialer Isolation sprechen, ist eher ein objektives Maß gemeint, das sich am Umfang und der Dichte des sozialen Netzwerks festmachen lässt. Zahlreiche Beobachtungsstudien zeigen, dass Einsamkeit mit psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Depression, verbunden ist. Weniger bekannt ist, dass Einsamkeit auch mit körperlichen Erkrankungen, wie kardiovaskulären, assoziiert ist. Metanalysen verweisen auf eine erhöhte Sterblichkeit. Aktuelle Studien weisen auch auf ein erhöhtes Risiko für andere Erkrankungen, zum Beispiel Demenzerkrankungen, durch Einsamkeit und soziale Isolation hin. Das Symposium zeigt aktuelle empirische Ergebnisse aus großen deutschen Kohortenstudien. Susanne Röhr vom Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig stellt repräsentative bevölkerungsbasierte Ergebnisse zur Häufigkeit von sozialer Isolation in der deutschen Bevölkerung unter Berücksichtigung sozialer Determinanten aus der LIFE-Studie (n = 10,000) vor. Die Daten machen deutlich, dass die Prävalenz von sozialer Isolation sehr stark mit Faktoren wie Alter, Geschlecht und sozioökonomischen Variablen assoziiert ist. Damit können besonders vulnerable Gruppen identifiziert werden. Franziska Förster vom ISAP hat zu sozialer Isolation, Depression und Verwitwung geforscht und stellt Längsschnittdaten von Hochaltrigen aus der AgeCoDe-AgeQualiDe-Studie vor. Im dritten Beitrag geht Prof. Tesch-Römer vom Deutsches Zentrum für Altersfragen in Berlin empirisch der kontrovers diskutierten Frage nach, ob Internetnutzung ein Puffer gegen Einsamkeit darstellen könnte. Datengrundlage bilden Längsschnittdaten des Deutschen Alterssurvey (DEAS) zu verschiedenen Formen der Internetnutzung. Damit wird auch der Blick auf mögliche Interventionen gerichtet.
14:45 Uhr
Die Rolle der sozialen Isolation in der Beziehung zwischen depressiver Symptomatik und Verwitwung
Franziska Förster, Leipzig (Germany)
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Franziska Förster, Leipzig (Germany)
Hintergrund: Ziel der Studie ist die Untersuchung der Auswirkungen sozialer Isolation auf die Entwicklung depressiver Symptome bei verwitweten und verheirateten alten Menschen. Bisherige Forschung zeigt, dass Verwitwete häufiger weiblich, älter und niedriger gebildet sind. Genau diese soziodemografischen Faktoren stellen selbst ein erhöhtes Depressionsrisiko dar, unabhängig vom Familienstand.
Methoden: Für die Analyse wurden die Daten der Alterskohorten AgeCoDe/AgeQualiDe verwendet. Um mögliche Unterschiede zwischen verwitwete und verheiratete Personen in Alter, Geschlecht und Bildung auszuschließen, wurden die beiden Gruppen zunächst durch entropy-balancing in diesen soziodemografischen Faktoren angeglichen. Mixed-Regressionsanalysen wurden verwendet, um die Entwicklung depressiver Symptome bei verwitweten und verheirateten älteren Menschen in Abhängigkeit vom Risiko sozialer Isolation zu untersuchen.
Ergebnisse: Das Durchschnittsalter der Teilnehmer zu Beginn der Studie betrug 86 Jahre. 437 (63,06%) der Stichprobe waren weiblich. Es gibt keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf die Anzahl der depressiven Symptome zwischen Männern und Frauen in der Gruppe der Verwitweten (β = -0,40; 95% -CI = -0,85; 0,05), aber Witwen, bei denen das Risiko einer sozialen Isolation besteht, zeigen mehr depressive Symptome als solche ohne Isolationsrisiko. In der verheirateten Gruppe haben Frauen signifikant mehr depressive Symptome als Männer, aber isolierte und nicht isolierte Personen unterscheiden sich nicht.
Fazit: Insbesondere für Menschen, die ihren Ehepartner verloren haben, ändert sich das soziale Netzwerk erheblich und erhöht das Risiko einer sozialen Isolation. Dies ist ein Risikofaktor für die Entwicklung depressiver Symptome und sollte in der hausärztlichen Versorgung berücksichtig werden.