Im Fokus des praxisorientierten Symposiums stehen evidenzbasierte Maßnahmen zur Resilienzförderung bei ausgewählten Risikogruppen. Angesichts der erhöhten Prävalenz stressassoziierter Erkrankungen ist die Stärkung der Resilienz als Maßnahme der Gesundheitsförderung hier hochrelevant.
Auf Basis eines systematischen Cochrane-Reviews befasst sich der Vortrag von Angela Kunzler mit dem aktuellen Forschungsstand zu Resilienzinterventionen bei Ärzten. Inhalte erfolgreicher Trainingsprogramme werden exemplarisch vorgestellt und die Effekte auf die psychische Gesundheit metaanalytisch betrachtet. Einflussfaktoren für die Wirksamkeit werden ebenfalls beleuchtet.
Andrea Chmitorz wird auf die besondere Belastungssituation von Pflegefachkräften eingehen und effektive Interventionen bei dieser Zielgruppe beleuchten sowie Handlungsempfehlungen ableiten, um die psychische Widerstandskraft der Pflegefachkräfte zu stärken.
Über ein Drittel der onkologischen Patienten leidet in den ersten fünf Jahren nach einer Krebsdiagnose unter den Symptomen einer stressassoziierten Erkrankung. Dadurch verschlechtert sich neben dem Verlust an Lebensqualität auch die Prognose der Erkrankung. Isabella Helmreich wird deshalb anhand der Daten eines systematischen Reviews effektive Intervention zur Stärkung der Resilienz und der psychischen Gesundheit für diese Zielgruppe präsentieren.
Im letzten Vortrag nimmt Andreas Heinz die Risiko- und Resilienzfaktoren für die psychische Gesundheit bei Menschen mit Migrationshintergrund in den Fokus. Nach aktuellen Meta-Analysen treten bestimmte psychische Erkrankungen wie Psychosen hier gehäuft auf. Gründe hierfür sind Traumatisierungen während der Migration oder Flucht, soziale Ausschließung und Diskriminierung. Im Vortrag werden die resilienzfördernden Faktoren (z. B. individuelle Ressourcen, soziale Unterstützung), aber auch die Risikofaktoren (z. B. schlechte wirtschaftliche Erfolgsaussichten) dargestellt und Handlungsempfehlungen abgeleitet.
16:00 Uhr
Interventionen zur Resilienzförderung bei Ärzten: Ergebnisse einer Metaanalyse
Angela M. Kunzler, Mainz (Germany)
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Autor:in:
Angela M. Kunzler, Mainz (Germany)
Hintergrund
Internationale Studien indizieren eine erhöhte Prävalenz von Burnout-Symptomen sowie psychischer Erkrankungen bei Ärzten. Ziel dieses systematischen Reviews mit Metaanalyse ist die Bewertung der Evidenz zur Wirksamkeit psychologischer Resilienzinterventionen bei Ärzten.
Methodik
Basierend auf einem Cochrane-Review im Gesundheitssektor wurden MEDLINE, Embase, CENTRAL sowie 11 weitere Datenbanken (Januar 1990 – Juni 2019), Trialregister und Referenzlisten durchsucht. Eingeschlossen wurden randomisiert-kontrollierte Studien zur Evaluation psychologischer Interventionen, welche das Ziel verfolgten, Resilienz, Hardiness oder posttraumatische Reifung bei Ärzten zu stärken. Die Trainingsprogramme wurden unabhängig von Darbietungsformat, Dauer oder theoretischer Fundierung berücksichtigt. Resilienz, Angstsymptome, depressive Symptome, Stress(-erleben) sowie Wohlbefinden dienten als primäre Outcomes. Die Studienselektion und Datenextraktion erfolgten zweifach und unabhängig. In Metaanalysen wurden standardisierte Mittelwertsdifferenzen (SMD) berechnet, zudem wurden Subgruppen- und Sensitivitätsanalysen durchgeführt.
Ergebnisse
Von den 38400 identifizierten Artikeln wurden 18 in das Review und 15 in die Metaanalyse eingeschlossen. Die Ergebnisse indizieren geringe Effektstärken zugunsten der Trainingsprogramme für Resilienz (SMD 0.40, 95% CI [0.13, 0.66], p=0.004) und Stress (SMD –0.29, 95% CI [–0.53, –0.06], p=0.02) zum Posttest, welche mittelfristig (>3≤6 Monate) anhalten. Es zeigte sich keine Evidenz für Effekte auf Angst- oder depressive Symptome sowie Wohlbefinden. In Subgruppenanalysen konnten überwiegend keine substantiellen Moderatoren der Wirksamkeit festgestellt werden.
Interpretation
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Ärzte von Resilienzinterventionen in Bezug auf die Verbesserung von Resilienz sowie die Reduktion von Stress profitieren können. Weitere Forschung von verbesserter methodischer Qualität (z. B. längere Follow-ups) ist erforderlich.
16:14 Uhr
Resilienzfördernde Interventionen bei onkologischen Patienten
Isabella Helmreich, Mainz (Germany)
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Autor:in:
Isabella Helmreich, Mainz (Germany)
Über ein Drittel der onkologischen Patienten leidet in den ersten fünf Jahren nach einer Krebsdiagnose unter den Symptomen einer stressassoziierten Erkrankung. Dadurch verschlechtert sich neben dem Verlust an Lebensqualität auch die Prognose der Erkrankung. Nicht nur während, sondern auch nach Abschluss der somatischen Behandlung erleben sich viele Betroffene mit ihrer Erkrankung überfordert, da die psychosozialen Folgen in der medizinischen Behandlung häufig nur unzureichend adressiert werden. Einen wichtigen Beitrag leisten hier Interventionen zur Resilienzförderung. Der Vortrag fasst die aktuelle Evidenz zur Effektivität von resilienzfördernden Interventionen bei erwachsenen Krebspatienten sowie der Subgruppe der jungen Erwachsenen (18 bis 39 J.) zusammen, um einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu geben sowie die Wirksamkeit der Interventionen kritisch zu beleuchten.
Mittels einer selektiven Literatursuche mit systematischen Anteilen in den Datenbanken PubMed und CENTRAL wurden randomisiert-kontrollierte Studien (RCT) zu dieser Thematik identifiziert und mittels statistischer Methoden (Berechnung gepoolter Effektschätzer) quantitativ zusammengefasst und analysiert (Ludolph et al., Dtsch Arztebl Int. 2019;116(51-52):865-872).
Es konnten 22 Studien mit insgesamt 2.912 Patienten eingeschlossen werden. Insgesamt sind die Studien inhaltlich und methodisch sehr heterogen und die Effekte zwischen den Interventionen schwanken stark. Die vorliegende Evidenz weist jedoch darauf hin, dass Krebspatienten bei entsprechendem Interesse und Motivation die Teilnahme an einer resilienzfördernden Intervention ermöglicht werden sollte. Die Intervention sollte unmittelbar nach der Diagnose, parallel zur somatischen Behandlung, erfolgen und wenn möglich mehr als 12 Therapiesitzungen umfassen. Zudem werden erste Ergebnisse hinsichtlich resilienzfördernder Unterstützungsangebot für junge an Krebs erkrankte Menschen vorgestellt
16:30 Uhr
Risiko- und Resilienzfaktoren für psychische Gesundheit bei Menschen mit Migrationshintergrund
Andreas Heinz, Berlin (Germany)
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Autor:innen:
Andreas Heinz, Berlin (Germany)
Ulrike Kluge, Berlin (Germany)
Menschen mit Migrationshintergrund haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten psychischer Erkrankungen, insbesondere auch schizophrener Psychosen. Aktuelle Metaanalysen zeigen hier ein etwa doppelt so hohes Risiko wie bei Menschen ohne Migrationshintergrund, bei Menschen mit Fluchterfahrung ist das Risiko, psychotisch zu erkranken, noch höher ausgeprägt. Für diese Erhöhung sind offenbar Traumatisierungen auf der Flucht sowie soziale Stress- und Ausschließungserfahrungen verantwortlich, da in den Herkunftsländern der jeweiligen Betroffenen keine erhöhten Psychoseraten gezeigt werden konnten. Zudem sind die Psychoseraten dann besonders erhöht, wenn Menschen mit Migrationshintergrund in Stadtteilen leben, in denen sie wenig soziale Unterstützung erfahren. Resilienzfaktoren, die solche Risiken vermindern können, beruhen neben individuellen Faktoren insbesondere auf sozialen Netzwerken. Wichtig für die Gesundheitsförderung sind zudem Versuche der interkulturellen Öffnung des Gesundheitssystems, die in Deutschland bislang allerdings nur ansatzweise umgesetzt worden ist, so dass entsprechende Einrichtungen des Gesundheitswesens nur in einzelnen Städten oder Regionen hinreichend zur Verfügung stehen.