Etwa 16-18 % der berufstätigen Menschen in Deutschland arbeiten im Schichtdienst.
Dies betrifft Mitarbeiter der Industrie, Gesundheitsbranche, Polizei und viele andere Berufe.
Der veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus und eine veränderte Lichtexposition im Schichtdienst kann circadiane Störungen und Schlafstörungen mit Müdigkeit und/oder Tagesschläfrigkeit auch während den Arbeitszeiten verursachen.
Weil circadiane Rhythmik nicht nur den Schlaf, sondern den ganzen Körper und Psyche beeinflusst,
zeigen Schichtarbeiter ein erhöhtes Risiko für zahlreiche körperliche und psychische Störungen.
In unserem Joint Symposium werden zunächst auf Grundlage systematischer Literaturrecherchen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Schichtarbeit und Schlaf, sowie zu Schichtarbeit-assoziierten psychischen und körperlichen Erkrankungen als Übersichtsreferate präsentiert.
Blaues Licht spielt eine wesentliche Rolle in der Synchronisierung circadianer Rhythmen, die durch Schichtarbeit gestört sein kann. In einer ersten großen Feldstudie wurde der Einfluss verschiedener Lichtexpositionen bei Industriearbeitern in Spätschicht untersucht, wobei die Effekte besonders deutlich bei zuvor übermäßiger Tagesschläfrigkeit waren, jedoch ohne negative Folgen für die Schlafdauer.
Mittlerweile zeigen einige Studien einen positiven therapeutischen Effekt der (online) Kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie auch bei Schichtarbeit-assoziierten Schlafstörungen. Vorgestellt werden die Studienergebnisse eines Vergleichs einer Onlinebehandlung mit einer face-to-face Behandlung.
17:40 Uhr
Schichtarbeit und assoziierte körperliche und psychische Erkrankungen
Andrea Rodenbeck, Göttingen (Germany)
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Andrea Rodenbeck, Göttingen (Germany)
Schichtarbeit wird mit den verschiedensten somatischen und psychischen Störungen in Verbindung gebracht. Bereits 2011 stufte die WHO (Nacht-)Schichtarbeit als wahrscheinlich krebserregend ein und die neuste Meta-Analyse zu Brustkrebs zeigt ein ansteigendes Risiko mit zunehmender Expositionsdauer. Aktuell kann auch ein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs angenommen werden, für andere Krebsarten bestehen nur vereinzelt Untersuchungen. Für alle anderen Störungen sind erst seit relativ kurzer Zeit Meta-Analysen verfügbar die vorgestellt werden sollen. So erhöht Schichtarbeit das Risiko kardiovaskuläre Ereignisse, Bluthochdruck, Typ 2 Diabetes und ein metabolisches Syndrom. Die Studienlagen sind aber für alle diese Erkrankungen eher schwach und nur bedingt aussagekräftig.
Schichtarbeit, vor allem Nachtarbeit, erhöht gesichert auch das Risiko an einer Depression zu erkranken. Dabei bleibt allerdings offen, ob es sich tatsächlich um eine unabhängige Assoziation handelt oder der durch Schichtarbeit gestörte Schlaf eine mittelnde Rolle spielt.
17:50 Uhr
Effekte verschiedener Beleuchtungen auf Schlaf, Schläfrigkeit und Wohlbefinden bei Industriearbeitern in Spätschicht
Alfred Wiater, Köln (Germany)
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Alfred Wiater, Köln (Germany)
Zielsetzung: In der BMBF-geförderten Studie ILIGHTS wurde die nicht-visuelle Langzeitwirkung verschiedener Beleuchtungssituationen mittels eines speziell entwickelten LED-Steuerungssystems auf die Vigilanz, Schläfrigkeit und den Nachtschlaf bei Industriearbeitern in der Spätschicht untersucht.
Teilnehmer und Methodik: Über jeweils 3-4 Wochen wurden bei 79 Arbeitern zwischen Oktober 2017 und April 2018 verschiedene Lichtsituationen mit unterschiedlicher Helligkeit, Lichtfarbe und Blauanteil untersucht. Mit Ausnahme der dynamischen Bedingung erfolgte die Lichtgabe kontinuierlich sowohl in der Früh- als auch in der Spätschicht. In der jeweils 3. bzw. 4. Beleuchtungswoche wurden der Insomnie Schweregrad (ISI), die Epworth Sleepiness Skala (ESS), die Stimmung (non-verbale Gesichtsskala), Schlafzeit, aktuelle Wachheit, Zufriedenheit mit dem Licht, die subjektive generelle Änderung des Befindens (PGI), die objektive Aufmerksamkeit (d2 Test) und Schläfrigkeit (Pupillographie, PUI) sowie die Schlaf-Wach-Rhythmik während der Spätschichten erfasst.
Ergebnisse: 34 Männer und 3 Frauen durchliefen alle Bedingungen. Die ANOVAs mit Messwiederholung zeigten signifikante Effekte hinsichtlich Stimmung, PGI, Zufriedenheit mit dem Licht als auch für die Aufmerksamkeit und PUI sowie einen Trend für die aktuelle Wachheit. PGI und die objektive Aufmerksamkeit verbesserte sich kontinuierlich im Zeitverlauf. Eine negative Wirkung auf den Schlaf zeigte sich nicht, auch nicht unter durchgehendem hellen blauen Licht. Die Verbesserungen waren bei Teilnehmenden mit pathologischer Schläfrigkeit stärker ausgeprägt.
Schlussfolgerungen: Dies ist die erste größere Feldstudie, die die Langzeitwirkung von Licht bei Spätschicht objektiviert. Die Ergebnisse bieten die Voraussetzung dafür, die biologische Lichtwirksamkeit bei Schichtarbeitenden zu optimieren.